Amtsblatt für den Kreis Calw

Calw Freitag, 29. Oktober 1948 _ Nr- 43

Erhöhung der Mehl- und Brotpreise ab 25. Oktober

Nach Mitteilung des Wirtschaftsministeriums Preisaufsichtsstelle Tübingen ha­ben ab Montag, den 25. 10. 1948 die seitherigen Mehl- und Brotpreise keine Gültigkeit mehr. An ihre Stelle treten folgende neue Preise:

1. Erzeugnisse aus Roggen

I. Mehlpreise

Type 1740 Type 1800

. je 100 kg je 100 kg

Grundpreis

Frachtausgleich

Großhandelsspanne

Bäckerpreis

DM 31.50 0.70

_T80

DM 34

DM 30.05 0.70

1-80 DM,32.55

2. Erzeugnisse aus Weizen Type 1600

je 100 kg

Grundpreis DM 31.50

Frachtausgleich 0.70

Großhandelsspanne 2.

Bäckerpreis DM 34.20

Type 1050 Grieß Type 550

je 100 kg

DM 42.20 Aufschlag z. Preis

0.70 der Type 1050

2. DM 2.25 je 100 kg

DM 44.90

II. Brotpreise

a) Für Roggenbrot, Mischbrot und Weizenbrot

aus Weizenbrotmehl Type 1600 _ 42 Dpfg. je kg

b) Weißbrot aus Weizenbrotmehl Type 1050 58 Dpfg. je kg

c) Weizenkleingebäck Type 1050

d) Laugenware Type 1050

e) Kleingebäck und Laugenware aus sonstigem Mehl

46 g 92 g

4,5 Dpfg. 9 Dpfg.

5 Dpfg. 10 Dpfg.

4 Dpfg.' 7 Dpfg.

III. Handelsspan

a) Handelsspanne für Getreide seither

Verteileraufschlag je 100 kg DM 0.40

Kosten der Beförderung je 100 kg DM 0.20 Großverteileraufschlag je 100 kg DM 0.10

n e n

ab 25. 10.

DM 0.55 DM 0.40 DM 0.15

1948

b) Großhandelsspanne für Mehl seither ab 25. 10. 1948

für Erzeugnisse aus Weizen je 100 kg DM 1.80 DM 2.

für Erzeugnisse aus Roggen je 100 kg DM 1.80 DM 1.80

c) Die Kleinhandelsspannen für Mehl gelten in der seitherigen Höhe bis auf weiteres (§ 92 der tAO. der H. V. G. u. F. vom 1. 7. 1948).

Calw, 23. Oktober 1948.

Landratsamt Preisbehörde

Maßnahmen

zur Sicherung der Ernährungslage Das Landwirtschaftsministerium von Württemberg-Hohenzollern gibt bekannt:

Im Gefolge der Währungsreform haben die eingetretenen Lockerungen im Wirt­schaftsleben in der Öffentlichkeit den Ein­druck hervorgerufen,' daß nun auch die Ernährungslage ein freieres Wirtschaften mit Nahrungsmitteln gestatte. In Wirklich­keit hat sich jedoch nichts an der Tatsache geändert, daß Westdeutschland nur einen Bruchteil seiner Nahrungsmittel selbst er­zeugt und aus wohlbekannten Gründen auch die Importe auf ein bestimmtes Maß be­schränkt bleiben müssen. Bei dieser nach wie vor bestehenden Mangellage kann an eine Aufhebung der Bewirtschaftung von Nahrungsmitteln nicht gedacht werden. Der

An unsere Bezieher!

Das Amtsblatt regelmäßig und aufmerk­sam zu lesen, liegt im Interesse eines je­den Kreisangehörigen. Es ist das alleinige amtliche Verkündigungsorgan der Behör­den des Kreises und enthält alle amtlichen Veröffentlichungen. Der Bezugspreis mit 50 Pfennig im Monat ist so niedrig gehal­ten, daß niemand auf das in unserem Kreis in jedem Haus gelesene Amtsblatt zu verzichten braucht.

Die Schriftleitung.

freie Verkauf von Nahrungsmitteln, beson­ders von Fleisch, hat einen Umfang an­genommen, der die weitere Versorgung ge­fährdet. Das Landwirtschaftsministerium wird besonders im Hinblick auf die inzwi­schen eingetretene Erhöhung der Preise für landwirtschaftliche Produkte sofort ge­eignete Maßnainppn ergreifen, um in Zu­sammenarbeit mit der Landespolizei und der Staatsanwaltschaft die Ordnung auf dem Lebensmittelmarkt wieder herzustellen. Mit aller Schärfe werden Erzeuger, Händ-

SxMumetaktioH:

In Wald und Feld liegt noch viel Geld!

Sammelt:

Brombeer-Ranken, Pilze, Hage­butten, Wacholderbeeren, Eicheln, Blutwurzeln.

Kreiswirtschaftsamt.

ler und auch Gaststätten bei Verstößen gegen die weiterhin gültigen Bewirtschaf­tungsbestimmungen zur Rechenschaft gezo­gen. Es ist vorgesehen, die Übertretung der Bestimmungen auch mit Schließung der Ge­schäfte und Entzug der Handelserlaubnis zu bestrafen. Diese Maßnahmen sind im In­teresse der gerechten Versorgung der Ge­samtbevölkerung.

Neugliederung unseres Kreises

Von Dr. E. Weller

Die Verhandlungen der württembergi- schen und badischen Regierungsvertreter in den vergangenen Wochen und Monaten über einen Zusammenschluß von Württem­berg und Baden zu einem einheitlichen Süd­westdeutschen Staat haben in unserem eige­nen engeren Bezirk die öffentliche Diskus­sion über eine Neueinteilung deb Kreises Calw erneut ausgelöst. Während man auf der Landesebene aus verwaltungs- und staatsrechtlichen Erwägungen, wie auch aus politischen und wirtschaftlichen Gründen die Schaffung eines größeren Landesgebiets durch Zusammenlegung von Württemberg und Baden erstrebt, zeigt sich auf der Kreisebene vielfach die umgekehrte Ten­denz. Es wird die Wiederherstellung der alten im Jahre 1938 aufgelösten Oberämter gefordert. Diese Bestrebungen sind aller­dings nicht neu. Sie zeigten sich bereits im Jahre 1938, als aus den ehemaligen Ober­ämtern Calw, Nagold und Neuenbürg der Großkreis Calw geschaffen wurde. Schon damals ist gegen die Auflösung der Ober­ämter Nagold und Neuenbürg Sturm gelau­fen worden. Der Kampf hat sich jedoch mehr hinter den Kulissen abgespielt, da die damalige gelenkte Parteipresse im allge­meinen .kritische Stimmen zu Maßnahmen der Staatsregierung nicht veröffentlichte.

Die Neuschaffung des Kreises Calw auf Kosten der Oberämter Nagold und Neuen­bürg heute einfach als nationalsozialistische Gewaltmaßnahme abzutun, würde jedoch den Tatsachen nicht gerecht werden. Der Plan hierfür ist nicht erst im dritten Reich gefaßt worden, sondern geht schon auf frü­here Jahre zurück. Als in den Krisenjahren 1929/1930 auch für das Land Württemberg Sparsamkeit oberstes Gebot wurde, hat der damalige Reichssparkommissar auf Wunsch der württ. Staatsregierung ein eingehendes Gutachten über die Reform der Landes­verwaltung Württembergs, erstattet. Nach dem Vorschlag des Reichssparkommissars sollten nicht nur aus Sparsamkeitsgründen, sondern auch aus wirtschaftlichen, finanz­politischen und verwaltungsmäßigen Er­wägungen die damals bestehenden 61 würt- tembe'rgischen Oberämter auf 23 verringert werden, wobei das neue Oberamt Calw aus dem Stamm der Oberämter Calw, Nagold un<f Neuenbürg gebildet werden sollte. Im Januar 1931 hat das württembergische Staatsministerium zu diesen Vorschlägen gegenüber dem Landtag Stellung genom­men. Staatsministerium und Landtag einig­ten sich dahin, die Zahl der 61 Oberämter um mindestens 20 zu verringern, diesen Plan jedoch nicht auf einmal, sondern nach dem Grad der Dringlichkeit nach und nach zur Ausführung zu bringen. Es darf also davon ausgegangen werden, daß die Neu­gliederung der Kreise auch ohne das dritte Reich vonstatten gegangen wäre, und daß die Neugliederung des Kreises Calw im Jahre 1938 auf den Vorschlag des Reichs­sparkommissars vom Jahre 1930 und die Entschließung des Staatsministeriums und des Landtags vom Jahre 1931 zurückgeht.

Mit dem Hinweis auf diesen Vorgang soll den interessierten Kreisen das Recht zur Kritik nicht abgeschnitten werden, sofern gewichtige Gründe für die Wiederherstel­lung des alten Zustandes ins Feld geführt werden können. Auf der anderen Seite spre­chen aber auch gewichtige Gründe für die endgültige Beibehaltung des jetzigen Zu­stands, wobei einzelne kleinere Korrektu­ren nicht ausgeschlossen sind. Das richtige Ergebnis kann nur durch objektives Ab­wägen von Gründen und Gegengründen er­mittelt werden.