Der Widersinn der Weichselgrenze

Ei» Franzose über di« Zustände a» der deutsch-polnische«

Grenze.

TU. Paris, 11 . Jan. Jacques Kayser, der im Aufträge der radtralsoztalistischenRepubliqne" eine Rundreise durch Deutschland gemacht hat, berichtet jetzt über seine Eindrücke in Ostpreußen, insbesondere an der deutsch-polnischen Grenze. Es schreibt u. a.:

-Der Korridor, der Ostpreußen vom übrigen Deutschland trenne, sei eine Herausforderung des gesunden Menschen­verstandes. Die polnische Grenze, die sich in 20 Meter Ent­fernung an der Weichsel entlang ziehe, habe das Leben der dort wohnenden deutschen Bevölkerung in ihren Grundlagen erschüttert. Der Damm, den die Deutschen errichtet hätten, um den jährlichen Ueber- schwemmungen des Flusses Einhalt zu gebieten, sei an fünf Stellen von der Grenze durchschnitten. Damit jedoch nicht genüg, habe man z. B. Gransee und Bischofswerber von ihren Bahnhöfen getrennt und mit einem Schlage das ganze Wirtschaftsleben erschüttert. Bischofsworder, vor 15 Jahren noch eine blühende Stadt, liege heute in Agonie. Kayser be­richtet sodann über dt? Zerstöruicg der Münsterivalder Weich­selbrücke durch die Polen. Der Zugang zum Korridor, den man Deutschland versprochen und ihm bet Kurzebrake ge­geben habe, sei illusorisch, denn der Uebergang sei nur den­jenigen gestattet, die mit allen notwendigen Papieren aus­gerüstet seien und auch nur zu bestimmten Tagesstunden.

Die Schlußfolgerung, die Kayser aus seinen Beobachtun­gen zieht, geht dahin, daß man dieblutende Grenze" durch eine gerechtere Grenzlinie ersetzen müsse, wenn man sich nicht sogar der Auffassung anschlteßen wolle, daß die Frage der Grenzregelung weniger wichtig sei, da doch bas ganze Problem des Korridors endlich einmal gelöst wer­den müsse.

Griechenland und die Revislonssraqe

TU. Nom, 11. Jan. Ventzelvs hat sich vor seiner Abreise aus Nom in einer Erklärung an die italienische Presse mit der Frage der griechisch-bulgarischen Verstän­digung beschäftigt. Griechenland sei bereit, den Hafen von Dedeagaisch Bulgarien zur Benutzung zur Verfügung zu stellen, da Griechenland auch nicht den kleinsten Teil seines Gebietes abtreten könne. Griechenland würde es jedoch lie­ber sehen, wenn Bulgarien einen Zugang zum Meere über Saloniki annchme, da so die großen Kosten für den Ausbau von Dedeagatsch zum Handelshafen vermieden würden.

In einer Unterredung mit einem Vertreter dcSTemps" erklärte Vintzclos, daß Griechenland keiner Gruppe von Mächten betzutreten gedenke. Griechenland wolle mit Italien auf bestem Fuß stehen, da es viel unabhän­giger sei, wenn es nicht das Bedürfnis habe, zu oft die fran­zösisch: vder englische Hilfe gegen Italien in Anspruch zn nehmen. Die griechisch-bulgarischen Verhandlungen würden sicherlich zu einem für bhide Kxile günstigen Ergebnis füh­ren. In der N e v t s t o n s f r a g e wiederholte Vrnizelos seine Auffassung, daß die Verträge nicht endgültig feien. Im Völkerbundspakt sei die Nevisionsfrage geregelt. Wenn man sie jetzt aufrolle, so werde dadurch die Krise durch Hinzufügung verwickelter politischer Fragen noch verschärft.

Kleine politische Nachrichten

Die neue Danziger Negierung gewählt. Der Danziger Volkstag wählte eine neue Rechtsrcgierung, die nach der ab­geänderten Verfassung aus 6 besoldeten und 6 unbesoldeten Senatoren besteht. Zum Senatspräsidcnten wurde an Stelle von Dr. Sahm Dr. Ziehm <Dntl.j mit 43 Stimmen der Koalitionsparteien (Deütschnationale, Zentrum, Block der Nationalen Sammlung) und der Nationalsozialisten gewählt. Dt: Kommunisten, Sozialdemokraten und Polen enthielten sich der Stimme.

Der Tonfilm1911" von der Zensur zngelafscn. Im preu­ßischen Ministerium des Innern fand die erneute Prüfung des Nichard-Oswald-Tonfilms1914" statt. Nachdem einige Stellen im Film abgcändert worden sind und der Kriegs­schuldforscher Dr. Fischer einen Vortrag gehalten hatte, zog bas Auswärtige Amt seinen Einspruch zurück. Darauf wurde der Tonfilm1911" von der Filmprüfstelle unbeanstandet zur Vorführung auch für Jugendliche zugelassen.

Neuorganisierung der spanisch:» Fliegertruppe. Durch eine königliche Verordnung wurde di: Neuorganisierung der spanischen Fliegertruppe verfügt. Naclf dieser Verordnung fallen die bisherige Selbständigkeit der Truppe, insbesondere ihre eigene Uniform und die eigenen Rangabzeichen fort. Die Verordnung bringt eine Neucinteilung der Truppe in vier Fliegerbataillone, von denen je eines in Gctafe, Se­villa, Leon und T'tuan stationiert wird.

151 Millionen E'.nmohner in Nnfzland. Wie der Vor­sitzende des Rates der Volkskommissare, Moletow, in der Sitzung des Zentralvollzugsausschusfes mittcilte, stellt sich die gegenwärtige Vevölkcrungszahl Sowjctrußlauds auf 161 Millionen gegenüber 1(9,6 Millionen im Jahre 1925. Die jährlich: Zunahme beträgt 3,5 Millionen.

Die Krisis der Selbstverwaltung

Einer in der ZeitschriftDie Gemeinde" veröffentlichten Zuschrift über die Krisis der Selbstverwaltung ist folgendes zu entnehmen: Die Schwierigkeiten, die der Selbstverwaltung erwachsen sind, liegen nicht darin, bah die Gemeinden außer­stande wären, sich selbst zu verwalten, oder daß es am guten Willen oder an der Fähigkeit dazu fehlt, denn die glänzen­den Erfolge der Selbstverwaltung im letzten Jahrhundert beweisen direkt das Gegenteil. Der Grund sür die verfah­renen Zustände ist vielmehr in der allgemctnen Not, die durch den verlorenen Krieg verursacht ist, und nicht zuletzt in der Beseitigung der stnanziellen Beweg­lichkeit und in der fehlerhaften Verteilung der Lasten zwischen Reich, Ländern und Gemeinden zu

Wirtschaftskrise auch in Frankreich

Zunehmende Arbeitslosigkeit, gleichwohl keine Senkung der Preise

Die Folgen der Goldhamsterei

Während die allgemeine Wirtschaftsdepressto» fast schon die ganze Welt in Mitleidenschaft gezogen hatte, gab es ein Volk, das gegen sie gefeit schien, wo Handel und Gewerbe blühten und man was für ein Land mit gut entwickelter Industrie heute besonders viel besagen will keine Arbeits­losen kannte, sondern im Gegenteil noch ausländische Hilfs­kräfte in großer Zahl heranzog: Frankreich. Seit geraumer Zeit indes deutete mancherlei darauf hin, daß auch hier nicht alles Gold war, was glänzte, und obgleich die kürzlich ge­stürzte Negierung Tardieu es mit bemerkenswertem Geschick verstand, die Verhältnisse im rosigen Licht erscheinen zu las­sen, so kann man diese optimistische Auffassung heute beim besten Willen nicht länger aufrecht erhalten. Es besteht kein Zweifel mehr, daß die Weltkrise auch Frankreich erfaßt hat.

Wie auch anderswo, tritt der wirtschaftliche Niedergang am deutlichsten in der Industrie in Erscheinung, und zwar in Form der Arbeitslosen. Deren Zahl sie wird amtlich mit etwa 10 999 angegeben ist z. Zt. scheinbar noch sehr nied­rig; sie würde aber erheblich anders anssehen, verstünde man nicht, durch allerlei Hilfsmittel den wahren Stand der Dinge zu verschleiern. Durch Feierschichten, Verkürzung der Ar­beitszeit usw. vermeidet man die völlige Entlassung zahl­reicher Arbeitnehmer. Wird jedoch die der Arbeiterklasse insgesamt auf diese Weise verloren gehende Lohnsumme ent­sprechend umgerechnct, so dürste dies eine Ziffer ergeben, die etwa'der von einer Million Arbeitslosen entspräche. Am schlimmsten betroffen sind die Metall- und Textilindustrie, aber Entlassungen oder Kurzarbeit sind auch in der Grnben- industrie und im Baugewerbe an der Tagesordnung.

Eigentümlicherweise ergeben dabei im Gegensatz zu anderen Ländern die Preisverhültnissc ein für den Fran­zosen höchst unerfreuliches Bild. Während noch 1928 der Großhandelsindex der im Lande erzeugten Fabrikate zu dem der eingcführtcn sich wie 619 zu 659 verhielt, hat stcy das Bild heute völlig verschoben: 565 zu 895! Vor allem ist jedoch, besonders im Vergleich zu anderen Ländern, das Ver­hältnis zwischen Groß- und Kleinhandelspreisen und in Ver­bindung damit der Lebenshaltungsindex außerordentlich verschlechtert.

Hand in Hand damit geht eine dauernd sich steigernd: Verschlechterung der Handelsbilanz, die, vor 2 Jahren noch stark aktiv, für das letzte Jahr aber mit über 8 Milliarden Franken, fast.1,4 Milliarden Mark, passiv geworden ist. Der Einfuhrüberschuß dürfte in Zukunft noch um so mehr zn- nehmcn, je mehr im Anslande die Lebenshaltungskosten sinken, die Löhne und damit die Gestehungskosten fallen und dir betreffenden Länder wettbewerbsfähiger werden. Wie es heißt, haben sich die jüngsten Kabinettssitzungen der neuen Negierung Steeg bereits mit der Frage beschäftigt, ob man nicht durch entsprechende Zollerhvhnngen dem Nebel steuern soll, was natürlich der ersehnten Senkung der Lebenshal­tungskosten geradenwegs entgegenarbeiten müßte. Und eine Erhöhung der Zollmaucrn würde sich zudem in einem Lande, das die Welt vor nicht allzu langer Zeit mit dem Paneuropaplan bedacht hat, über den Mitte Januar ei»

Sonderausschuß des Völkerbundes in Genf seine Beratun­gen beginnt, besonders eigenartig ausnehmen. Es kann da­her nicht überraschen, daß einflußreiche Kreise sich gegen eine derartige Politik ivenden und vielmehr das Nebel an seiner wahren Wurzel zn packen empfehlen, nämlich durch Bekämp­fung des Zwischenhandels, der hier wie anderswo zu ganz ungerechtfertigten Preiserhöhungen führt, vder aber durch eine den Verhältnissen besser angepaßte Goldpolttik

Damit kommen wir zu einem Punkte, dem viele nicht nur einen wesentlichen Teil der Schuld an der Verschärfung der Weltkrise betmcsscn, svndcrn der auch für die unerfreuliche Höhe der Lebenshaltungskosten in Frankreich verantwortlich zu machen ist: der s. Zt. von Poincarö eingeführten und von seinen Nachfolgern fortgesetzten Goldhamstcre» Diese hat ganz unerwartete Folgen gezeitigt. Seit der Stabilisierung des Franken und der Wiedereinführung der Goldwährung ist nämlich die Bank von Frankreich gesetzlich verpflichtet, nicht nur alles auf dem inneren Markt erscheinende Gvld anzukaufen, sondern auch für jeden erworbenen Barren einen entsprechenden Betrag Noten auszugeben. Mit der Folge, daß bei einem Goldbestand von 52 Milliarden Jstayken der Notenumlauf heute über 75 Milliarden beträgt. Die so ent­standene Inflation wäre noch bedeutend schlimmer, hatte die Bank die ihr zustehende Möglichkeit der Notenausgabe voll ausgenutzt. Denn da die gesetzlich vorgeschriebe»« Deckung des Notenumlaufs 86 Prozent beträgt, stände nichts im Wege, wenn sie für den doppelten Betrag des jetzt umlaufen­den Papiergeldes Noten in den Verkehr brächte.

Natürlich läßt sich eine Inflation, die an) zu hohem Gold­bestand beruht, nicht mit einer solchen vergleichen, die auf einen Mangel an Edelmetall zurückzusühren ist. Jeder Fran­zose weiß, daß die Goldbestände seiner Zentralbank im Falle internationaler Verwicklungen von unschätzbarem W rte sein können, und erträgt, wenn auch seufzend, die daraus sich er­gebenden hohen Preise.

Da angesichts dieser Lage eine Milderung der Krise von der Gvldseite kaum möglich sein dürste, scheint man gewillt, ihr auf einem anderen Wege beizukommcn, der sich allein für Frankreich eignet, aber auch nur teilweise» Erfolg ver- ,pr,cht. Man will, um der Arbeitslosigkeit der Einheimi- cchcn zu steuern, zu Massenentlassungeii von ausländische» Arbeitern schreiten. Die 1,7 Millionen Fremder erscheinen vielen Franzosen schon längst als unerwünschte Gäste, die man, zumal unter den heutigen Verhältnissen, je eher je lieber in ihre Heimatländer abschicben möchte. Schon hat sich die Industrie- und Handelskammer in Lyon in diesem Sinne ausgesprochen, und die Fälle mehren sich, wo sich die Aus­länder beschweren, daß bei Arbeiterentlassungcn sie allein berücksichtigt" .werden. Daß die bestehenden Verträge einem derartigen Vorgehen eutgegenstchen, wird dabei geflissentlich > übersehen. Hier liegt ein Problem, das der Regierung in ihren Beziehungen zu ihren östlichen Freunden, den Pole« und Tschechen, die einen ausschlaggebenden Teil der frem­den Arbeiter stellen, noch mancherlei Schwierigkeiten machen dürfte.

Die Arbeitslosigkeit bei uns und den anderen

In

beitslv

der zweite» Dczemberhälfte hat sich die Zahl der Ar- I trägt nunmehr 4,5 fen u..i weile :: 8 !>»'>>> vee.'.erl. Die Gesamtzahl be- * den Schatten stellt.

Millionen, ein Stand, der alles weit in was bisher überbau«)! zn verzeichn-": war

Unsere gra,

üung gewährt einen tiberblick

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über die Weltarbeitslosigkeit. Die Spitze halten bemerkrns- werterweise die Vereinigten Staaten mit etwa 6 Millionen. Deutschland ist ihnen beträchtlich nahegerückt. Das einzige

Land, das von der Weltwirtschaftskrise bisher so gut wie verschont wurde, ist Frankreich, das mit 4899 Arbeitslose» dieses Problem erst kennen zu lernen beginnt.

suchen. Vom Standpunkt der ländlichen Selbstverwaltung aus, so heißt es schließlich, kann den Negierungen und Parla­menten der Vorwurf nicht erspart werden, daß sie bewußt oder unbewußt die Selbstverwaltung schon deshalb zerschla­gen, daß sie nichts tun oder getan haben, um einen vernünf­tigen Finanz- und Lastenausgleich zwischen letstungssähigcn und leistungsschwachen Städten und Gemeinden herzustellen, so baß die kleinen Selbstvcrmaltungskörprr fast durchweg außerstande sind, ihre Pflichtaufgaben noch zu erfüllen. Die Gemeinden sind sich wohl bewußt, daß mit den Rechten der Selbstverwaltung auch Pflichten verstunden sind, die restlos erfüllt werden müssen, und sie werden sicherlich von selbst alles tun, um die Verhältnisse nach Möglichkeit zu meistern. Bedingung dafür ist aber nach der in der Zuschrift bekunde­ten Ausfassung, baß Reich und Länder die Voraussetzungen für ein verantwortliches Arbeiten in der Selbstverwaltung schaffen und damit den ersten Schritt tun. um die jetzigen Krisenerscheinungen in der durch allerlei außerhalb ihres Machtbereiches liegenden Maßnahmen bedrohten Selbstver­waltung zn beseitigen.

Vermischtes

Menschrnkörper und Propeller.

Eine aufsehenerrengende Beziehung zwischen dem Bau des menschlichen Körpers und einem Propeller hat der eh - inalige Oberarzt am Magdeburger Krankenhaus,

We inert gemacht. Er fand heraus, baß alle Teile oe menschlichen Körpers nach dem gleichen Prinzip gebaut sind, wie ein Propeller, daß sieverwrungen" sind. Diese Ent- deckung hat für alle Gebiete der Anatomie und der Medizin, ta für alle Gebiete des menschlichen L bens überhaupt eine Bedeutung, die sich heute noch gar nicht übersehen läßt.

»

Hornissen töten fünf Personen.

Ein Schwarm von Hornissen überfiel e.ne Farm im bra­silianischen Staate Rio Grande bv Sul und griff die Be­wohner an. Der Farmer wurde schwer verl tzt, währerr- seine Frau und seine vier Kinder getötet wurden. ^