ürttemberg und Baden
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Mittwoch, 22. Januar 1969
Wirbel um die Wahl des Synodalpräsidenten
„Kritische Kirche“ äußert sich kritisch / Willi von Helden und Paul Heiland wurden Vizepräsidenten
Stuttgart (dpa). Der 53 Jahre alte SPD-Landtagsabgeordnete Willi von Helden (Göppingen) ist gestern in Stuttgart von der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zum ersten Vizepräsidenten gewählt worden. Von Helden, der am Montag bei der Präsidentenwahl dem seitherigen zweiten stellvertretenden Synodalpräsidenten Pfarrer Hans von Keler unterlegen war, kandidierte als einziger für dieses Amt und erhielt 68 von 76 abgegebenen Stimmen.
Der ebenfalls einzige Kandidat für das Amt des zweiten Vizepräsidenten, der bisherige erste Vizepräsident Paul Heiland (Stuttgart), wurde mit 62 von 74 abgegebenen Stimmen gewählt. Damit hat von Keler, mit dem die Synode erstmals in ihrer Geschichte einen Theologen an ihre Spitze gewählt hatte, zwei Laien zur Seite.
Von Keler, der bereits am Montag angekündigt hatte, er wolle mit sachlicher Arbeit die gegen ihn als Theologen von außerhalb der Synode geäußerten Bedenken widerlegen, erklärte gestern, daß er für das Amt nicht kandidiert hätte, wenn von Helden oder ein anderer Laie Aussicht auf eine Mehrheit gehabt hätten. Die Synode wählte
Bisher 87 000 Mark fiir Biafra-Kinderluftbriicke
Weitere Mittel werden dringend benötigt / Aufruf der kirchlichen Hilfswerke
Stuttgart. Seit dem Beginn der Biafra- Kinderluftbrücke am 23. Dezember sind bei der Aktion Brot für die Welt gezielte Spenden in Höhe von 87 000 DM eingegangen. Damit ist die Betreuung der bisher eingetroffenen 200 Kinder für den laufenden Monat zunächst gesichert. Wegen der noch für Januar befürchteten Offensive durch nigerianische Truppen wollen die Kirchen versu chen, so rasch wie möglich alle tausend für das Kinderdorf in Libreville/Gabun vorge-
ßU auf- den (ßiicläcliirm
ERSTES PROGRAMM 16.35 Tagesschau. 16.40 Nerven wie Drahtseile. Kampf mit Alligatoren. 17.05 Wir und der Kosmos. Der Aufbau des Alls. 17.55 Tagesschau. 20.00 Tagesschau mit Wetterkarte. 20.15 London (in Farbe) — Acht Gesichter einer Stadt. 20.50 Die Komödianten aus Prag (in Farbe). Ein Pseudospaziergang durch Prager Kabaretts und Chantants. Leitung der Sendung: Friedrich Sauer. 21.35 Historia de la Frivolidad (Geschichte der Frivolität). Eine Produktion des spanischen Fernsehens. Ausgezeichnet mit der goldenen Rose von Montreux 1968. 22.20 Tagesschau. Anschließend 22.40 Bundeskultusministerium — eine populäre Utopie? Ein Gespräch unter Leitung von Dr. Rudolf Walter Leonhardt. 23.35 Tagesschau.
REGIONALPROGRAMM 18.05 Ferien auf Lipizza. Thais wird Mutter (Wiederholung). 18.40 Abendschau Baden-Württemberg. 19.10 Sandmännchen. Die Stöpselfamilie. 19.20 Gefährlicher Alltag. Der Mörder mit der Dienstmarke. 19.54 Nachrichten aus Baden-Württemberg.
ZWEITES PROGRAMM 17.30 Nachrichten — Wetter. 17.35 Mosaik. Magazin für die ältere Generation. Anschließend Beispiele guter Taten. 18.05 Die Drehscheibe. 18.40 Lassie. Die Schwalben. 19.10 Kein Fall für FBI. Einmal kommt jeder dran. 19.45 Heute. Anschließend Der , Wetterbericht. 20.15 ZDF Magazin. Informationen und Meinungen zu Themen der Zeit. Anschi. Kurznachrichten. 21.00 Ramon Yendias Flucht. Fernsehfilm. Regie: Oswald Döpke. 21.45 Zum Beispiel Roy Black. Ein Schlagersänger und sein Publikum. 22.30 Nachrichten — Wetter.
Anklage wegen Bestechung
Ulm (dpa). Der erste Staatsanwalt an der Großen Strafkammer des Landgerichts Ulm, Dr. Erich Geiselhardt, hat nach achtmonatiger Ermittlungszeit gegen einen ehemaligen Stabsoffizier und Hilfsreferenten im Bundesverteidigungsministerium Anklage wegen zwei Verbrechen der fortgesetzten schweren passiven Bestechung, zwei Vergehen des Betrugs, jeweils in Tateinheit mit Untreue, und eines versuchten Betruges Anklage erhoben.
Der Stabsoffizier wird beschuldigt, den Staat um mindestens 20 000 Mark betrogen zu haben. Laut Anklageschrift hatte der Offizier im Verteidigungsministerium Einfluß auf die Vergabe von Werbeaufträgen der Bundeswehr. Dabei soll er eine Ulmer Werbeagentur besonders begünstigt haben und dafür großzügige Geschenke erhalten haben. Im Jahre 1967 habe der Ulmer Geschäftsmann einen Auftrag von über 150 000 Mark erhalten.
Bundesanwaltschaft sagt: „Kein Atomspionage-Ring“
Karlsruhe (AP). Nach den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe besteht kein Zusammenhang zwischen der Spionagetätigkeit der sowjetzonalen Agenten Harald Gottfried, Peter Möbius und Hans Wieczorek an verschiedenen Kemfor- schungs- und Entwicklungsinstituten in der Bundesrepublik. In einer Pressekonferenz in Karlsruhe dementierte Generalbundesanwalt Martin gestern damit Berichte vom Vortag, nach denen die Bundesanwaltschaft einem „Atomspionage-Ring“ größeren Ausmaßes auf der Spur sei.
Doch menschliches Versagen?
Nagold (dpa). Die polizeiliche Untersuchung des Nagolder Explosionsunglücks vom 13. Januar hat, wie jetzt mitgeteilt wurde, eindeutig ergeben, daß zum Zeitpunkt der Explosion im Sudhaus der betroffenen Brauerei ein Brenner eingeschaltet war. Dieser Brenner hätte nicht in Betrieb sein dürfen, weil zwischen Weihnachten 1968 und Ende Januar in diesem Bereich der Brauerei mit dem Sud pausiert werden sollte. Wie es dazu kam, daß der Brenner eingeschaltet war, steht nach Angaben der Polizei noch nicht eindeutig fest. Da ein technischer Fehler in der Schaltanlage kaum in Frage komme, könnte menschliches Versagen dazu geführt haben.
sehenen Kinder auszufliegen. Die Fertigstellung des Dorfes wird deshalb unter großen Anstrengungen vorangetrieben.
Wenn alle tausend Kinder im Dorf eingetroffen sind, benötigen Brot für die Welt und Caritas monatlich 360 000 DM zu ihrer Betreuung und Verpflegung. Da es sich ausschließlich um schwer durch Hunger erkrankte Kinder handelt, kostet die medizinische Betreuung und Versorgung eines Kindes durchschnittlich 12 DM täglich. Brot für die Welt und Caritas bitten alle deutschen Familien, monatlich die Betreuung eines Kindes für wenigstens einen Tag zu übernehmen. Wer die Betreuung eines Kindes für drei Monate übernimmt, kann Namen und Foto des von ihm betreuten Kindes vermittelt bekommen. Spenden nimmt entgegen: Brot für die Welt: Postscheckkonto Stuttgart 8001, Kennwort: Kinderluftbrücke; Caritas-Verband: Postscheckkonto Ludwigshafen 3500, Kennwort: Kinderluftbrücke.
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Freiburg (dpa). Lebensmittel im Wert von etwa 1,9 Millionen Mark, die für die Rettungsflüge der kirchlichen Hilfswerke von der Insel Sao Tome nach Biafra bestimmt sind, werden heute von Bremen mit dem Frachtschiff „Neptun“ verschifft.
Fahndung nach Ausbrecher
Stuttgart (AP). In der Nacht zum Montag ist aus der Landesstrafanstalt Freiburg der 28 Jahre alt Herbert Müller aus Beilstein im Kreis Heilbronn entwichen. Müller verbüßte in Freiburg eine Zuchthausstrafe von sechs Jahren wegen schweren Diebstahls. Nach Angaben des Landeskriminalamts muß sich Müller bürgerliche Kleidung beschafft haben. Außerdem dürfte er an beiden Händen erhebliche Verletzungen durch Stacheldraht erlitten haben. Einzelheiten über den Ausbruch wurden nicht mitgeteilt. Müller ist 171 cm groß, schlank, hat ein rundes, blasses Gesicht, rötliches, schütteres Haar, vorn eine Teilglatze, lange Arme und große, ungepflegte Hände sowie O-Beine.
Nach drei Wochen tot gefunden
Göppingen (NWZ). Mindestens drei Wochen lang lag in Göppingen in einem Sechsfamilienhaus ein 73jähriger 'pensionierter Lehrer tot in seiner Wohnung, bis er gefunden wurde. Die ganze Zeit über brannte im Zimmer des Lehrers Licht, doch die Nachbarn und die Mitbewohner glaubten, der alte Mann sei verreist und er habe nur vergessen, das Licht auszuschalten. Am 21. Dezember hatte der Mann mit einem Bekannten noch ein Konzert in Stuttgart besucht. Seitdem hatte man ihn nicht mehr gesehen. Polizeibeamte öffneten erst dann mit einem Sperrhaken die verschlossene Tür, als der Bekannte, mit dem der pensionierte Lehrer in Stuttgart im Konzert gewesen war, nach ihm schauen wollte und erklärte, es könne unmöglich sein, daß der Lehrer so lange nichts von sich habe hören lassen. Als Todesursache gilt Herzversagen.
gestern noch ihren Ältestenbeirsrt, dem fünf Laien und drei Theologen angehören.
Als einen Rückschlag für die Laienbewegung in der Kirche bezeichnete die Aktionsgemeinschaft „Kritische Kirche“ (KK) die Wahl des neuen Präsidenten der evangelischen Landessynode von Württemberg. In einer gestern veröffentlichten Stellungnahme der KK heißt es, unter der Leitung des neuen Präsidenten, Pfarrer Hans von Keler, könne die Synode „sicherlich kontinuierlich ihre Arbeit fortsetzen.“ Es sei jedoch zu bedauern, wenn das höchste Amt, das in der Kirche seither ein Laie innehatte, nun von einem Theologen eingenommen werde. Die KK stellt die Frage, ob eine Kirche des allgemeinen Priestertums es sich leisten könne, alle leitenden Positionen mit Theologen zu besetzen. Die Synode habe die Sicherheit dem Wagnis vorgezogen.
Eine Gruppe von Vikaren, die sich gegenwärtig an einer Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll aufhält, hat den Synodalpräsident von Keler in einem Telegramm zum Rücktritt aufgefordert.
Wallat Nachfolger von Stein?
Mannheim (dpa). Der Bremer Generalmusikdirektor Hans Wallat soll am Mannheimer Nationaltheater Nachfolger von Generalmusikdirektor Horst Stein werden, der nach Wien geht. Die Intendanz des Theaters hat bereits mit Wallat Verhandlungen über eine Übernahme der Stelle aufgenommen. Wallat war zuvor als Gastdirigent in Mannheim bei einer Aufführung von Wagners „Tristan und Isolde“ aufgetreten. Wie bekannt wurde, haben sich auch über 70 Orchestermitglieder des Nationaltheaters für Wallat ausgesprochen. Es soll ihm ein Vier-Jahres-Enga- gement von 1970 an angetragen werden. Sein Vorgänger, Stein, der zum ersten Kapellmeister der Wiener Staatsoper ernannt wurde, wird Mannheim 1970 verlassen. Wallat, der 1929 in Berlin geboren wurde, war von 1958 bis 1961 erster Kapellmeister am Opernhaus Leipzig. Von 1961 bis 1964 war er in gleicher Position in Stuttgart engagiert, von wo er an die Deutsche Oper Berlin ging. In Bremen ist Wallat seit 1965 Generalmusikdirektor.
DR. RICHARD JARECKI
Neuer Chef der Ulmer Staatsanwaltschaft
Stuttgart/Ulm (dpa). Der Stuttgarter Oberstaatsanwalt Günther Weinmann ist vom baden-württembergischen Justizminister Dr. Rudolf Schieler zum Leiter der Staatsanwaltschaft Ulm ernannt worden.
Wie das Ministerium gestern mitteilte, war Weinmann, der sein neues Amt am 1. Februar antritt, zuletzt Leiter der Spezialabteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart, die die Ermittlungen in schwierigen und umfangreichen Wirtschaftsstrafsachen, insbesondere Konkurs-, Bank- und Börsenstrafsachen führt. In seinen Händen lagen auch die Ermittlungen und die Vertretung der Anklage in dem umfangreichen Betrugsverfahren „Kronenberg“. Oberstaatsanwalt Weinmann stammt aus einer Stuttgarter Beamtenfamilie. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und dem juristischen Vorbereitungsdienst in Stuttgart trat er 1954 in den Justizdienst des Landes Baden-Württemberg ein. Im Jahr 1958 wurde er Staatsanwalt in Stuttgart. Acht Jahre später wurde er zum Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart ernannt.
„Boulett-Professor“ schweigt sich aus
Keine Angaben über die Höhe des Gewinnes / Preisträger und Freund Professor Barnards
Heidelberg (AP). Den „Professor“ nennen ihn die „Gewaltigen“ des Spielcasinos im italienischen San Remo, und der „Professor“ an deutschen und ausländischen Rouletttischen kein Unbekannter, macht seinem Titel alle Ehre. Mit wissenschaftlicher Akribie ging Dr. Richard Jarecki, wie der „Roulett- Professor“ mit bürgerlichem Namen heißt, kürzlich daran, eine Spielbank zu sprengen und hatte — wie bereits berichtet — Erfolg. Nach einem eigenen System, das er selbstverständlich nicht preisgibt, setzte er und gewann, gewann ununterbrochen, bis die Casino-Leitung in Zahlungsschwierigkeiten geriet und ihn aufforderte, zwei Wochen Pause einzulegen.
Über die Höhe des Gewinnes, den Jarecki, wissenschaftlicher Mitarbeiter am gerichtsmedizinischen Institut der Heidelberger Universität in der Abteilung für Verkehrsmedizin, an der italienischen Riviera erzielte,
schweigt er sich aus. „Ich frage. doch auch nicht, wieviel Geld andere Leute haben“, antwortete er Journalisten bei seiner Rückkehr aus dem Urlaub in Heidelberg.
Jarecki, der sich nach eigenen Angaben auch schon in deutschen Spielcasinos wegen seiner Spielkünste unbeliebt gemacht hat, geht jedoch die wissenschaftliche Arbeit vor. Im Mai vergangenen Jahres wurde ihm für seine Erfolge bei der internationalen Zusammenarbeit in der Medizin der Dag-Ham- marskjöld-Preis verliehen, den auch sein Freund, der Kapstädter Herzspezialist Dr. Christiaan Barnard, erhielt. Der „Roulett- Professor“ bewohnt mit seiner charmanten Frau und seinen drei Kindern eine Sieben- Zimmer-Wohnung in einem Appartement- Haus in der besten Heidelberger Wohngegend. In San Remo besitzt er ein Wochenendhaus, wo er jetzt mit seiner Familie einen einträchtigen Urlaub verbrachte.
JP
Lkw-Verkehr ist wieder einmal der Prügelknabe“
Stellungnahme der IHK Stuttgart zur Beschränkung des schweren Lkw-Verkehrs
Von unserer Stuttgarter Redaktion
Stuttgart. Grundsätzliche Bedenken zu der vorgesehenen „Verordnung zur Beschränkung des schweren Lkw-Verkehrs“ meldete der Verkehrsreferent der Industrie- und Handelskammer Stuttgart, Dipl.-Volkswirt Schmid, für den Verkehrsnetzweg in Stuttgart und den mittleren Neckarraum an. „Wir sind der Auffassung“, betonte Schmid gestern vor der Presse, „daß dadurch keine Entlastung des Verkehrs auftritt, sondern alles beim alten bleibt.“ In dem Gespräch wandte sich der Verkehrsreferent der IHK entschieden dagegen, den „Lkw-Verkehr wieder einmal zum Prügelknaben abzustempeln“. Uber die Notwendigkeit, die Wirtschaft zu hören, bevor der Innenminister die Koalitionsvereinbarung billigt (Termin: 15. März 1969), will die Industrie- und Handelskammer sowohl das Innenministerium als auch die Stadt Stuttgart unterrichten.
Die von den Koalitionsparteien des Deutschen Bundestages beschlossene Verordnung, die bekanntlich alle zur Beförderung von Gütern bestimmten Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t und darüber, sowie Anhänger hinter Lkw, treffen soll, sieht sowohl zeitliche — von Montag bis Freitag in der Zeit von 6—9 Uhr und von 16—19 Uhr — als auch örtliche Beschränkungen im Stadtgebiet, sofern die Stadtverwaltung selbst dies wünscht, bei überlasteten Bundesfernstraßen und während der Hauptreisezeit 1969 vor. Um die Übersichtlichkeit der Verordnung zu wahren und die Überwachung nicht zu sehr zu erschweren, können laut Verordnung keine kurzen Straßenabschnitte, sondern nur län-
Beachten Sie!
„Werde mich am Montag, 18 Uhr, vom hiesigen Fernsehturm stürzen“, diese „luftige“ Todesankündigung vertraute ein Unbekannter dem „Treffbuch“ beim Kartenhäusle am kleinen Schloßplatz in Stuttgart an. Ein Paar Seiten zurückgeblättert, hätte er sich ersparen können: „Töte unentgeltlich, Tel. 630599“, heißt es kurz und markant. Doch nicht alle Eintragungen zeugen von „Todesahnungen“. Im Treffbuch blüht auch Hoffnungsglück: „Ich, W. Schmid, S.-Vaihingen, suche für Party noch ein paar Mädchen aus gutem Hause“, und „suche gutaussehendes junges Mädchen. Habe viel Geld. Sehe sehr gut aus.“ Der Arme, er wird wohl kaum eine Chance haben, denn „Rolf ist der schönste Mann der Welt“, meint — Rolf, (der es wissen muß) und hinterließ für alle, die sich überzeugen wollen, Telefonnummer und Adresse. Von sich nicht so überzeugt schreibt ein Greenager: „Ich bin 12 Jahre alt und doof“. Ehrlich währt am längsten.
Den Vorschriften („Beachten Sie: erstens, zweitens, drittens ... achtens: Für andere Eintragungen, als persönliche Verabredungen, sollte das Treffbuch nicht benützt werden“), zum Trotz dient die zweckmäßige Einrichtung den meisten Schreibern nur zum Entladen ihrer Komplexe oder zum Vermittlungsbüro in Sachen Liebe, Herz und Heirat. „Bitte isch moschte einise desche Frau hairaten gön misch helfen. Ich bin türkische Automechanichen“. Ob wohl jemand seinem Wunsch entgegenkam? Rolf K. ist da schon etwas weiter, er weiß bereits, wen er will, und das beteuert er schwarz auf weiß und feierlich. „Hiermit gelobe ich hoch und heilig, daß ich Elisabeth S. zur Frau nehmen werde.“ Nicht zweimal wird Walter die Aufforderung gelesen haben: „Habe dich, am Treffpunkt leider verfehlt, bitte komme zu mir nach Hause, Gaby“, denn so mancher bekam beim Warten kalte Füße: „Jetzt stehe ich hier schon eine halbe Stunde. Ich bin ganz verzittert. Schluß! Wilhelm.“ Allergisch gegen die
Gesellschaft in jeder Beziehung zeigt sich ein junger Dichter und behauptet: „Wer zweimal mit der gleichen pennt, gehört schon zum Establishement.“ Ob er sich dennoch die Adresse des Diskussionsforums über die Großfamilie notiert hat? Wer weiß. Auch Leute mit Rang und Namen wissen die Einrichtung am Kartenhäusle zu schätzen, der Kaiser von China, Casanova, Mao und Dr. Richard Kimble — noch immer auf der Flucht, hinterließen einen Gruß, der jedoch vor der bangen Frage einer jungen Dame fast nichtig erscheint: „Ich sah dich gestern mit einer anderen. Liebst du mich nicfrt mehr?“
VIELE LIEBHABER findet das Treffbuch am Kartenhäusle, einer konnte sich sogar nicht mehr davon trennen — und klaute es trotz Kette und Schloß. Das zweite ebenfalls angekettete Treffbuch ist bereits zur Hälfte beschrieben.
(NWZ-Foto)
gere, zusammenhängende Straßen in die Verordnung aufgenommen werden.
Dazu Dipl.-Volkswirt Schmid: Für Stuttgart kämen dann sämtliche Straßenzüge in Betracht. Durch die besonderen topographischen Verhältnisse des mittleren Neckarrau- mes sei es schwierig, diese Maßnahmen zu übernehmen. Es bestünde kaum die Möglichkeit, (auf der B 10 in Richtung Göppingen beispielsweise gar keine), den Verkehr ab- oder umzuleiten. Nach Ansicht der IHK mache sich nunmehr das Versäumnis der letzten zehn Jahre, Straßen zu bauen, vor allem die Nord-Ost-Umgehung für Stuttgart, bemerkbar. Auch die zeitlichen Beschränkungen, hauptsächlich morgens von 6 bis 9 Uhr, erachtete der Sprecher der IHK als indiskutabel. Wenn ein Sperrverbot, dann kurz, und nicht für sechs Stunden, betonte er.
In den Verkehrsbeschränkungen anläßlich der Hauptferienzeit (27728.6. in den norddeutschen Bundesländern, daher Beschränkung des schweren Lkw-Verkehrs für die Autobahnabschnitte Frankfurt — Karlsruhe, Würzburg — Nürnberg — München — Salzburg, Nord-Süd-Richtung, und 11./12.7. in Nordrhein-Westfalen, Beschränkungen für die Strecke Köln — Frankfurt — Karlsruhe) sieht Schmid eine zusätzliche Störung des Autobahnverkehrs, da sämtliche Urlauber auf die Autobahn ausweichen würden, während der Lkw-Verkehr sich mittlerweile durch enge Ortstraßen zwängen müßte.
„Wenn es zu den Sperrmaßnahmen kommen sollte — wo sollen dann die Lkw bleiben?“, lautete die Frage des Verkehrsreferenten, der weitere Probleme in der Neubeschilderung und vor allen Dingen in der Erarbeitung neuer Arbeitszeiten, Ladenschlußzeiten, Versandgewohnheiten und der damit verbundenen rechtzeitigen Versorgung der Bevölkerung sieht: „Wenn die Lkw erst um 9 Uhr den Stuttgarter Großmarkt verlassen,'
muß die Hausfrau in Geislingen auf frischen Salat zum Mittagessen verzichten“. Die Forderungen der Wirtschaft lauten nach Worten von Schmid unter anderem: Verstärkter Straßenbau, Berufsverkehr soweit als möglich auf öffentliche Verkehrsmittel umlegen, das „Park- und Ride-System“ zu intensivieren, einen Verkehrsverbund zu schaffen und die Dauerparker aus dem Stadtzentrum verweisen.
MARKTBERICHTE
Stuttgart, 21. Januar. Ochsen nicht notiert, Auftrieb 1. Bullen A 304—318, B 284—302, Auftrieb 430. Kühe A 230—252, B 204—230, C 176 bis 200, D 140—160, Auftrieb 950. Färsen A 280—290, B 260—276, Auftrieb 380. Großvieh: Auftrieb 1761, langsam, kleiner Überstand. Kälber: A 440—466, B 400—430, C 330—390, Auftrieb 550, rege, geräumt. Schafe nicht notiert. Spitzen preise: Bullen A 326 (2 Stück), Übernotiz 33. Kühe A 264 (2 Stück), Übernotiz 16. Färsen A 294 (6 Stück), Übernotiz 17. Kälber A 476 (8 Stück), Übernotiz 29. Durchschnittspreise: Bullen A 311,9, Kühe B 217,5.
Ulm, 21. Januar. Ochsen nicht notiert. Bullen 3/310 A 290—308 (302,50), B 276—290, Auftr. 80, schleppend. Kühe 2/250 A 220—248, B 200—220 (207,09), C 170—192, D bis 168, Auftrieb 135, schleppend. Färsen 1/282 A 268—280, B 250—264, Auftrieb 39, schleppend. Kälber 1/460 A 446— 456, B 420—436, C 380—416, Auftrieb 153, langsam. Schweine 13/278 A 254—266, Bl 262—270, B2 262—272, C 262—274 (271,50, D 262—74, E 256—270, Gl 210—224, G2 190—204, Auftrieb 1173, langsam, geräumt. Lämmer, Hammel, Schafe nicht notiert, Schafe Auftrieb 25.
Göppingen, 20. Januar 1969. Auftrieb 183 St. Großvieh, 71 Kälber, 657 Schweine. Es wurden notiert: Bullen A 304—320. Kühe A 230—252, B 206—228, C 180—204. Rinder A 276—286, B 256 bis 272. Kälber A 442—466, B 416—436. Schweine B2 260—274, C 264—274, D 264—274. Bullen A Spitzenpr. 323 (1 St.), Übernotiz 1 St., Durchschnittspreis 307,8. Kühe A Spitzenpreis 262 (1 St.), Übernotiz 2 St. Kühe B Durchschnittspreis 216,5. Rinder A Spitzenpreis 290 (1 St.), Übernotiz 1 St. Schweine C Spitzenpreis 284 (6 St.), Übernotiz 12 St., Durchschnittspreis 269,2. Marktverlauf: Großvieh mittel, Kälber mittel, Schweine schleppend mit Überstand.
Heidenheim, 21. Januar 1969. Auftrieb: 14 Rinder, 36 Bullen, 34 Kühe, 42 Kälber, 357 Schweine, 11 Schafe. Preise: Rinder A 264—278, B 254—262. Bullen A 290—310, B 274—288. Kühe A 220—236, B 194—216, C 166—190. Kälber A 420—450, B 390—410, C 350—386. Schweine A bis C 246—266. Schafe nicht notiert.
SDS-Mitglied entschuldigte sich
Freiburger Rektor zog Anzeige zurück / Ersatz des Schadens wurde zugesichert
Freiburg (dpa). Mit einem Entschuldigungsschreiben an den Rektor der Universität Freiburg, Prof. Bruno Bösch, hat ein SDS-Mitglied die Zurücknahme einer gegen ihn gerichteten Anzeige wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und anderer Delikte errreicht.
Der Student war nach seinem Eingeständnis am „gewaltsamen Aufbrechen“ des Freiburger Rektorats vor einer Woche beteiligt, bei dem Brechstangen benutzt wurden. Er erklärte sich bereit, dafür zu sorgen, daß der Universität voller Ersatz für den entstandenen Schaden geleistet wird und er verpflichtete sich darüber hinaus, „künftig bei der Verfolgung meiner politischen Ziele im Rahmen der Universität auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten“.
In seinem Schreiben an den Rektor gebrauchte das SDS-Mitglied die respektvolle Anrede „Magnifizenz“ und unterschrieb als „Ihr sehr ergebener...“. Die Antwort des Rektors in dem von ihm veröffentlichten
Briefwechsel enthielt neben der Zusicherung, die Anzeige zurückzunehmen, die Erklärung, er werde versuchen, daß auch die Staatsanwaltschaft von Amts wegen auf eine Strafverfolgung verzichtet. Gleichzeitig deutete Prof. Bösch an, daß er auch die Anzeige gegen die übrigen Beteiligten zurücknehme, falls diese eine entsprechende Erklärung abgeben. Nach der Rektoratsbesetzung, bei der ein Sachschaden von schätzungsweise 2000 Mark entstand, wurde gegen mehrere Studenten Strafanzeige erstattet.
Haftbescltwerde eingereicht
Heidelberg (dpa). Haftbeschwerde hat der Anwalt der zwölf im Mannheimer Landesgefängnis inhaftierten Heidelberger Studenten, Dr. Walter Ammann, gestern eingereicht. Das Landgericht bzw. das Amtsgericht in Heidelberg hatten in der vergangenen Woche nach dem Haftprüfungstermin die Inhaftierung der Studenten aufrechterhalten.