Mittwoch, 22. Januar 1969
Zum Zeitgeschehen
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„Thema 1“ der Araber In Nahost fürchtet man die Israelis
Überfall nur ein Gesprächsthema / Wann kommen sie wieder? / Und die Russen wird man auch nicht los
Von unserem Redaktionsmitglied Karl Michaelis
In Latakia, Syriens Hafenstadt am Mittelmeer, und Alexandria, Ägyptens Tor zur Welt, das gleiche Bild: Auf den Kais große Warenstapel, die deutlich zeigen, wie weit der Ostblock seinen Handel mit den arabischen Ländern ausgeweitet hat. Kisten, die Maschinen und Maschinenteile enthalten, Brückenteile und Kräne kommen — den Herkunftsbezeichnungen nach — aus Rußland, Polen, der DDR und der Tschechoslowakei. Schiffe mit dem roten Ring und dem Sowjetstern am Schornstein sind in der Überzahl, zu ihnen gesellen sich DDR-Schiffe und jugoslawische. Der Westen ist nur spärlich vertreten, Italien hat dabei Übergewicht.
Schon vor dem Einlaufen wurden wir dar- j auf aufmerksam gemacht, daß in den Häfen das Fotografieren strikt verboten ist. Den Grund sieht man sofort nach Passieren der Einfahrt: lange Reihen russischer und einheimischer Kriegsschiffe, deren Geschütze auf die Einfahrten gerichtet sind, um einen erwarteten Feind sofort unter Feuer nehmen zu können. In den Hafenbecken kleinere graue Schiffe, deren Radarschirme unablässig kreisen, um feindliche, d. h. israelische Flieger rechtzeitig zu entdecken,
Von Alexandria machen wir einen Abstecher nach Kairo. Unser ägyptischer Chauffeur scheint zunächst für Nasser sehr eingenommen zu sein. „Früher verdiente ich 30 bis 40 Piaster (drei bis vier Mark) am Tag“, sagt er. „Nasser hat dafür gesorgt, daß ich heute anderthalb Pfund (etwa 15 Mark) bekomme und damit meine Familie ernähren kann.“ Aber daß Nasser die Russen ins Land geholt hat, gefällt ihm nicht. „Die werden wir nicht wieder los, das war gar nicht gut“, meint er.
Ein arabischer Rechtsanwalt bestätigt mir später, daß der Chauffeur recht hat. Nasser hat viel für die kleinen Leute getan. Ich halte ihm vor, was ich gesehen habe: Fellachen, die noch mit dem alten Holzpflug mühselig ihre Felder bestellen. Mein Gesprächspartner nickt zustimmend. Aber, so erklärt er, die Fellachen, die jetzt erstmals ein kleines Stück Land als Eigentum bekommen haben, können sich keine modernen Maschinen leisten. Sie würden hoffnungslos verschulden und sofort wieder unter die Gewalt der Großgrundbesitzer kommen, deren Macht immer noch nicht gebrochen ist. Aber müßte der Staat nicht helfen, fragte ich. Der hat andere Sorgen, ist die Antwort. Er muß sein Geld für Verteidigungszwecke ausgeben, denn die Israelis können jeden Tag kommen.
Ein Goldschmied, dem ich bei der Arbeit zusah, war erst sehr zurückhaltend. Er hat — wie die meisten Geschäftsleute in den
Hafenstädten — für die Russen keine Sympathien. Er denkt noch an die Zeit, da die englischen und amerikanischen Matrosen kamen. „Damals haben wir gut verdient“, läßt er sich vernehmen und macht eine geringschätzige Bemerkung über die russischen Matrosen. Aber was können diese armen Kerle dafür, daß sie kein Geld zum Ausgeben haben? Sie bekommen kaum Landurlaub und wenn, dann kommen sie mit Rubel und Kopeken, die man ihnen hier nicht abnimmt.
In einer Hafenkneipe trinken Arbeiter ihren Kaffee. Für den ungewohnten Gast, der ich bin, wird bereitwillig Platz gemacht. Bald ist ein Gespräch im Gange, bei dem es wieder um die Anwesenheit der Russen geht. Man sieht sie nicht gern und glaubt nicht, daß man sie bald wieder los wird. „Aber das ist eine Folge der israelischen Ag
Der Alkohol spielt in der Schweiz die Rolle eines „geduldeten Volksschädlings“, obwohl sich der Verbrauch in angemessenen Grenzen hält: 1941 hatten die Eidgenossen jeweils 153 Franken, davon 16 für hochprozentige Spirituosen ausgegeben. Auch die Konsumwelle der Nachkriegsjahr,e vermochte bis 1965 nicht höher als zur 327-Franken- Marke pro Kopf und Jahr zu schwappen. Trotzdem wird der Verbrauch von Weingeist und Brennspiritus in engen Schranken gehalten. Selbst die schweizerische Bundesverfassung widmet den einschränkenden
gression“, meint einer und gibt damit das Stichwort. Die Angst vor den Israelis ist riesengroß. „Es war schrecklich“, sagt einer, der im Juni 1967 dabei war. „Sie kamen von allen Seiten.“ Er hatte Glück und rettete sein Leben.
Keiner wünscht den Krieg, aber alle fürchten ihn. „Wollen denn die Israelis den Krieg“ frage ich. Alle glauben es, denn sie hören es tagtäglich im Rundfunk, lesen es in den Zeitungen und sehen es auf den Plakaten, welche Israelis als blutrünstige Mörder hinstellen, die es auf die arabischen Kinder abgesehen haben.
Auch unser Kapitän bekommt das zu spüren. Unser Frachter ist schon etwas ältlich und fährt noch mit Dampf. Der Schornstein qualmt fürchterlich. Auch im Hafen, denn die Winden werden ebenfalls mit Dampf betrieben. Der Offizier eines wenige Meter entfernt liegenden kleinen Kriegsschiffes kommt an Bord und fordert kategorisch, die Qualmerei abzustellen, andernfalls müßten wir den Hafen verlassen. Man könnte ja auf dem Radarschirm die israelischen Flieger nicht rechtzeitig erkennen, wenn sie kommen. Unser Kapitän macht sich darüber keine Gedanken. Der Offizier hat ihm nichts zu^ sagen, und solange der Hafenkommandant* ihm keine Anweisung gibt, wird weiter gequalmt, bis das Schiff entladen ist.
Maßnahmen eineinhalb Seiten. Ihr Kern, in Artikel 32 festgehalten, lautet: „Die Gesetzgebung ist so zu gestalten, daß sie den Verbrauch von Trinkbranntwein und dementsprechend dessen Einfuhr und Herstellung vermindert.“
Andererseits sichert der moralisch begründete Kampf gegen den Alkohol dem Staat eine gute Einnahmequelle. Von den Reineinnahmen aus den Monopolgebühren fließt die Hälfte in die staatliche Alters- und Hinterbliebenenversicherung. Die andere Hälfte wird an die Kantone verteilt. Das waren 1966 rund 46,25 Millionen Franken (1 sfr. = 0,91 DM). Jeder Kanton hat die Auflage, mindestens zehn Prozent dieser Einnahmen wieder zur Bekämpfung des Alkoholismus zu verwenden.
Die „Alkohol-Artikel“ der Verfassung hängen wie ein Damoklesschwert über jedem trinkfreudigen Eidgenossen: Verdoppelt einer seinen Konsum und verhilft er so dem Staat zu Mehreinnahmen, so folgt gleich der Hammerschlag in Form höherer Abgaben. 1965 hatte die Regierung in Bern die letzten drastischen Gebührenerhöhungen vorgenommen, konnte aber den Branntweinverbrauch damit nicht eindämmen. Da brach im vergangenen Jahr eine Discountwelle über die Schweiz herein. Eine Reihe von Fialialunter- nehmen, Kaufhäusern und Einzelhändlern sagte der Preisbindung den Kampf an und verbilligte Markenspirituosen erheblich. Das wiederum rief das „Schweizerische Komitee gegen den Alkoholismus“ auf den Plan, das aus Angst um die Volksgesundheit neben einer höheren fiskalischen Belastung auch Verkaufs- und Reklamebeschränkungen forderte. Der Bundesrat, die Schweizer Regierung, gab nach und bescherte den Schweizern eine unangenehme Überraschung. Die Geschäftswelt, die sich noch rechtzeitig eingedeckt hatte, kam ihren Kunden entgegen. So lange der Vorrat reicht, soll zum alten Preis verkauft werden. Allerdings gilt eine Einschränkung: Pro Käufer gibt es nur zwei Flaschen.
Beispiel einer Karikatur aus einer arabischen Zeitung (Juni 1967). Der Text besagt: „Die Faust der arabischen Streitkräfte: O Zionisten, ins Meer mit euch!“
Schnaps Bern hängt die Flasche höher
Der Alkohol gilt als geduldeter Volksschädling / Von Klaus Bering, Genf
Die Schweizer Regierung hat die Eidgenossen mit einer kalte Dusche im neuen Jahr bedacht. Als Damm gegen eine befürchtete Schnapswelle wurden die Monopolabgaben für ausländische und einheimische Alkoholika am 1. Januar um durchschnittlich 50 Prozent erhöht. Das bedeutet einen Aufschlag von drei bis vier Franken auf jede Flasche Whisky, Cognac oder Kornbranntwein.
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Ein Spezial-Starfighter trainiert in den USA künftige Raumfahrer. Mit einer zusätzlichen Rakete am Seitenleitwerk ausgerüstet, schießt das Flugzeug in einer ballistischen Kurve bis in Höhe von 30 km. Mehrere Minuten erlebt der Pilot so das Gefühl der Schwerelosigkeit. Zusätzliche kleine Düsen in den Tragflächen, der Nase und im Heck ermöglichen ihm, das Flugzeug — ähnlich wie ein Raumschiff — zu steuern. In diesen Höhen wirken nämlich wegen des geringen Luftwiderstandes die normalen Ruder nicht mehr voll. Unser Bild zeigt einen Astronauten-Starfighter beim Aufstieg. Links oben ein Pilot vor einer zusätzlichen Steuerungsrakete. (Foto: dpa)
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Witze aus Ulbrichts Reich
Ohne Wirkungsbereich
In Prag veranstaltet die Regierung ein Festessen. Auch die Presse ist eingeladen, als Ehrengast sogar ein SED-Journalist.aus der „DDR“. Der bemerkt erstaunt an der großen Tafel einen Gast in Marineuniform.
„Wer ist denn das?“ fragt er einen tschechischen Kollegen.
„Das ist unser Marineminister.“
Der SED-Journalist wundert sich. „Marineminister? Aber Ihr Land hat doch gar keine Marine!“
„Na und“, fragt der Tscheche zurück. „Sie haben in der DDR ja auch einen Justizminister!“
Er ist nicht so verrückt
Der Staatsratsvorsitzende Ulbricht will eine Irrenanstalt besuchen. Der Anstaltsleiter bereitet seine Pfleglinge auf den hohen Besuch vor. Er bringt ihnen bei, am Ende der Rede, die Ulbricht halten wird, in den Ruf auszubrechen: „Es lebe die große sozialistische Sowjetrepublik, die uns befreit hat!“ Nach einiger Übung klappt es ganz gut. Be
ruhigt sieht der Anstaltsleiter dem Besuch entgegen.
Ulbricht kommt, besichtigt die Anstalt und begibt sich schließlich auch in den Tagesraum, wo die Anstaltsinsassen versammelt sind. Dort hält er eine kurze Rede. Kaum hat er sie beendet, rufen die Versammelten laut und vernehmlich:
„Es lebe die große sozialistische Sowjetrepublik, die uns befreit hat!“
Ulbricht freut sich sehr. Plötzlich sieht er einen an der Wand lehnen, der nicht in den Ruf eingestimmt ist. Er spricht ihn an:
„Warum hast du nicht mitgerufen?“
Der andere zuckt die Schultern: „Ich gehöre doch nicht zu den Verrückten. Ich bin der Wärter!“
Schnellwuchs
Walter Ulbricht kommt von einer Moskaureise zurück. Als er den neuen Anzug aus der Sowjethauptstadt anziehen will, passen weder Jacke noch Hose. Er ruft seine Frau.
„Sieh ’mal her, Lotte, in Moskau hat doch alles gepaßt.“ Darauf Lotte: „Dann mußt du da drüben ja wieder sehr klein gewesen sein!“ (np)
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EIN ZUKUNFTSROMAN VON ARTHUR C. CLARKE
13
Was hatte das zu bedeuten? Er betrachtete das Gebiet mit einer Lupe. Die Spur endete in einem kleinen, diffusen Punkt, dem er einen Durchmesser von etwa zweihundert Metern zusprach. Es war wirklich merkwürdig — es schien beinahe, als sei die „Selene“ aus dem Gebirge herausgekommen und dann wie ein Raumschiff davongeflogen.
Tom nahm zuerst an, sie sei explodiert und habe daher diesen Hitzefleck hinterlassen, aber dann wären auf jeden Fall zahlreiche kleine Wrackteile zurückgeblieben, die infolge ihrer Leichtigkeit auf dem Staub schwimmen müßten. Den Staubschlitten wären sie kaum entgangen, als sie an dieser Stelle vorbeifuhren — und ein schmaler Streifen bewies, daß sie tatsächlich auch dort gesucht hatten.
Es mußte also eine andere Erklärung geben, obwohl die Alternative absurd zu sein schien. Es war fast unmöglich, sich vorzustellen, daß ein so großes Objekt wie die »Selene“, ohne jede Spur zu hinterlassen, im Meer des Durstes versinken konnte, nur weil in dieser Gegend ein Mondbeben stattgefunden hatte. Er konnte schließlich nicht den Mond rufen und mit einer einzigen Fotografie als Beweis behaupten: „Ihr sucht am falschen Ort“. Obwohl er vorgab, die Meinung anderer bedeute ihm nichts, schreckte Tom davor zurück, sich lächerlich zu machen. Bevor er diese phantastische Theorie weitergeben konnte, mußte er weitere Beweise sammeln. Durch das Teleskop zeigte sich das Meer jetzt als flacher, glatter
Lichtsee. Das Infrarotauge half hier nicht mehr weiter. Die Hitzespuren waren völlig verschwunden, schon seit Stunden von der Sonne ausgelöscht.
Tom stellte das Instrument auf höchste Empfindlichkeit ein und suchte das Gebiet ab, wo die Spur ihr Ende gefunden hatte. Vielleicht war trotz des Sonnenlichts ein kleiner Rest der Wärmestrahlung zu entdecken. Denn die Sonne stand noch niedrig, und ihre Strahlen besaßen noch nicht die mörderische Gewalt, die sie gegen Mittag erreichen würden.
War es Einbildung? Er hatte den Verstärker voll aufgedreht, und von Zeit zu Zeit glaubte er, einen winzigen Hitzeschimmer genau in dem Gebiet zu erkennen, wo die Spur abgebrochen war.
Es war alles unzuverlässig — keineswegs jene Art von Beweis, die ein Wissenschaftler brauchte, vor allem, wenn er sich damit an die Öffentlichkeit wagte. Wenn er schwieg, würde nie jemand etwas erfahren — aber sein ganzes Leben lang würde ihn dann der Zweifel plagen. Wenn er andererseits mit dieser Behauptung auf den Plan trat, konnte er falsche Hoffnungen erwecken, sich lächerlich machen oder gar beschuldigt werden, daß er persönliche Vorteile suche.
Aber irgendeine Entscheidung mußte er treffen. Zögernd nahm er den Hörer ab. „Hier Rawson“, sagte er. „Verbinden Sie mich mit Port Roris — Blitzgespräch.“
An Bord der „Selene“ war das Frühstück
ausreichend, aber keineswegs appetitanregend gewesen. Ein paar Passagiere, die Kekse und komprimiertes Fleisch, einen Klecks Honig und ein Glas lauwarmes Wasser keineswegs für eine anständige Mahlzeit hielten, beschwerten sich'. Aber der Commodore blieb hart: „Wir wissen nicht, wie lange wir mit unseren Vorräten auskommen müssen“, sagte er, „und ich fürchte, daß warme Mahlzeiten nicht in Frage kommen. Wir wissen nicht, wie wir sie herstellen sollen, und außerdem ist es bereits viel zu warm in der Kabine. Tut mir leid, auch mit Tee und Kaffee ist Schluß. Offengestanden kann es keinem von uns schaden, ein paar Tage diät zu leben.“
Erst jetzt fiel ihm Mrs. Schuster ein. Hoffentlich faßte sie das nicht als persönliche Beleidigung auf. Sie wirkte wie ein gutmütiges Flußpferd, hingestreckt über eineinhalb Sitze.
„Die Sonne ist eben aufgegangen“, fuhr Hansteen fort, „die Suchabteilungen dürften unterwegs sein, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie uns finden. Man hat vorgeschlagen, darauf Wetten abzuschließen. Miss Morley wird die Einsätze kassieren.
Jetzt zu unserem Programm für den heutigen Tag. Professor Jayawadene — vielleicht teilen Sie uns mit, was das Vergnügungskomitee vorgesehen hat.“
Der Professor war klein und zierlich, seine sanften, dunklen Augen wirkten riesengroß. Man sah, daß er die ihm übertragene Aufgabe sehr ernst genommen hatte, denn seine zarte, braune Hand umklammerte einen dicken Stoß von Notizblättern.
„Wie Sie wissen“, sagte er, „ist meine Spezialität das Theater — aber damit können wir hier nicht viel anfangen. Es wäre sehr nett, wenn wir ein Stück lesen könnten, und ich habe auch schon daran gedacht, ein paar Rollen herauszuschreiben. Unglücklicherweise ist nicht genügend Papier vorhanden. Wir müssen also etwas anderes unternehmen.
Es befindet sich nicht sehr viel zu lesen an
Bord. Aber wir haben zwei Romane — die kommentierte Ausgabe eines der klassischen Western, „Mein Freund Shane“, und diese neue historische Romanze, „Orange und Apfel“. Ich bin der Meinung, daß wir diese Bücher vorlesen. Hat jemand etwas einzuwenden — oder einen besseren Vorschlag?“
„Wir wollen Poker spielen“, erklärte eine Stimme entschlossen.
„Aber Sie können doch nicht die ganze Zeit pokern“, protestierte der Professor und bewies damit, wie wenig er vom Kartenspielen verstand.
Der Commodore beschloß, ihm Hilfe zu leisten. „Beides kann ja nebeneinanderlaufen“, meinte er. „Außerdem würde ich Vorschlägen, daß Sie von Zeit zu Zeit eine Pause einlegen, weil die Spielkarten nicht mehr allzulange halten werden. Nun, mit welchem Buch fangen wir an? Und wer meldet sich freiwillig als Vorleser? Ich bin gern bereit, anzufangen, aber man braucht ja ein bißchen Abwechslung —“
„Ich bin dagegen, daß wir unsere Zeit mil .Orange und Apfel“ verschwenden“, erklärte Miss Morley. „Es ist glatter Schund, und zum Teil sogar — äh — unanständig.“
„Woher wissen Sie denn das?“ fragte David Barrett, der Engländer, der den Tee gelobt hatte.
Miss Morley rümpfte nur verächtlich die Nase. Professor Jayawadene machte ein unglückliches Gesicht und sah den Commodore hilfesuchend an. Hansteen wich seinem Blick aber aus. Es konnte sehr gefährlich werden, wenn sich die Passagiere nur auf ihn verließen. Soweit wie möglich sollten sie auf eigenen Füßen stehen.
„Also gut“, sagte der Professor. „Um jedem Einwand vorzubeugen, fangen wir mit .Mein Freund Shane“ an.“
Man hörte ein paar protestierende Rufe: „Wir wollen .Orange und Apfel“!“, aber überraschenderweise blieb der Professor fest.
„Es ist ein sehr langes Buch“, sagte er, „ich glaube nicht, daß wir Zeit genug haben, es vor unserer Rettung auszulesen.“ Er räusperte sich, wartete auf weitere Einwände und begann dann mit wohlklingender, wenn auch ein wenig singender Stimme vorzulesen.
„ .Einführung — die Rolle des Wildwestromans im Zeitalter der Raumfahrt. Von Carl Adams, Professor für Englisch an der Universität Chikago.“ “
Die Pokerspieler wurden unsicher; einer von ihnen betrachtete nervös die abgenutzten Blätter, die als Karten dienten. Die übrigen Zuhörer hatten es sich, teils erwartungsvoll, teils gelangweilt, bequem gemacht. Miss Wilkins überprüfte in der Kombüse die Vorräte. Die melodiöse Stimme fuhr fort.
Es scheint ganz gut zu klappen, dachte der Commodore. Eine Stunde würde genügen. Bis dahin würde Professor J. die Einführung hinter sich gebracht und den Roman selbst angefangen haben. Dann konnte man sich wieder mit etwas anderem beschäftigen — vielleicht gerade bei einer aufregenden Stelle des Buches, damit die Zuhörer darauf zurückkommen wollten.
Ja, der zweite Tag unter dem Staub hatte bisher gut begonnen. Aber wie viele Tage würde es noch dauern?
Die Antwort auf diese Frage hing von zwei Männern ab, die instinktiv eine Abneigung gegeneinander gefaßt hatten, obwohl sie fünfzigtausend Kilometer voneinander entfernt waren. Während der Chefingenieur dem Bericht Dr. Rawsons lauschte, wurde er von zwiespältigen Gefühlen überfallen. Der Astronom hatte eine sehr unglückliche Art, mit Menschen umzugehen. Er spricht mit mir, dachte Lawrence, zuerst mehr amüsiert als verärgert, als sei ich ein zurückgebliebenes Kind, dem man alles in einfachsten Ausdrücken zu erklären hat.
(Fortsetzung folgt)