Donnerstag, 16. Januar 1969
Zum Zeitgeschehen
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Gestern in Washington Letzte Botschaft der „lahmen Ente'
Präsident Johnson verabschiedete sich mit ausgeglichenem Haushalt / Planung schon im Sinne Nixons
Von den Korrespondenten Ulrich Mulert und Hans-Jürgen Höfer
Mit einem Nachfolger in Wartestellung und nur noch wenigen Tagen im Weißen Haus nennen ihn die Amerikaner respektlos einen „Lame-Duck“-Präsidenten — eine „lahme Ente“. Lyndon B. Johnson hat sich trotzdem bemüht, das Haus der Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen und dem schleichenden Übel der Inflation in seinem letzten Budget für das Haushaltsjahr 1969/70 energischer als vorher zu Leibe zu rücken. Richard M. Nixon übernimmt nun zumindest einen Entwurf, der die seit langem vergeblich geforderte finanzpolitische Disziplin zeigt.
Nach dem Rekorddefizit des Haushaltsjahres 1968 mit 25,4 Milliarden Dollar hat Johnson für seinen 1970er Entwurf sogar einen Überschuß von 3,4 Milliarden Dollar zustande gebracht. Erreichen ließ sich dieser Überschuß nur mit der unpopulären Fortsetzung des zehnprozentigen Aufschlages auf die Einkommen- und Körperschaftssteuer.
Neue Flugzeuge, Schiffe und Raketen Komplett neu entwickelte Superflugzeuge,' atomgetriebene Flugzeugträger, Begleitschiffe, „sehr schnelle“ Unterseeboote und die jüngste Generation der Interkontinentalraketen schüttet das US-Budget über die Streitkräfte wie ein Füllhorn aus. Der neue Haushaltsplan, der mit 81,542 Milliarden Dollar (326,168 Milliarden DM) nur um rund eine halbe Milliarde Dollar über dem noch
Peter-Paul Henckel, Pressereferent im Bundesgesundheitsministerium, wurde kürzlich von seinem sechsjährigen Töch- terchen Tanja gefragt, bei wem , er denn jetzt arbeite. Als der Vater den Namen „Frau Strobel “ nannte, rief die Kleine spontan aus: „Dann bist Du ja jetzt der Strobel-Peter ...“
bis zum 30. Juni laufenden Finanzjahr liegt, bewilligt den Waffengattungen einen Nachholbedarf, der erstens die strategischen Anschauungen Robert McNamaras gründlich revidiert und zweitens den Anforderungen der Generalstabschefs so nahe kommt wie seit Jahren nicht mehr.
Als nahezu sensationellen Sieg kann die US-Luftwaffe verbuchen, daß der von McNamara hartnäckig als „überflüssig im Raketenzeitalter“ abgelehnte neue Bomber kommt. Für AMSA —• die „Fortschrittliche fliegende und bemannte strategische Luftplattform“ — steigt das Budget um 50 Millionen Dollar auf 77 Millionen Dollar. Fast ein Dutzend neuer Flugzeugtypen vom U-Boot-Abwehr-Flugzeug bis zum Flottenjäger und einem F-15 genannten vollkommen neuen Jagdbomber werden ausreichend
finänziert, um ihre Entwicklung und in einigen Fällen auch schon die Serienproduktion voranzutreiben.
Die US-Marine kann 510 Millionen Dollar (2,04 Milliarden DM) für den zweiten großen Atomflugzeugträger der Nimitz-Klasse ausgeben und erhält nebenher die Mittel für atomgetriebene Begleitschiffe, Unterseeboote und andere konventionelle Kriegsschiffe. Um 140 Millionen Dollar auf 492 Millionen Dollar (1,9 Milliarden DM) steigen Produktion und Umrüstung der neuen Poseidon- Unterseebootrakete, die zusammen mit der Minuteman III als Träger von Mehrfachsprengköpfen das Rückgrat der nuklearen Schlagkraft bildet.
Schließlich hat sich das Pentagon entschlossen, die Bestellung von rund 50 C-5, „Galaxy“-Riesen-Düsentransportern um 100 Prozent zu erhöhen. Zusammen mit der ersten Bewilligung von 187 Millionen Dollar für die sogenannten „Vorwärts-Logistik- Schiffe“ ergibt sich eine beträchtliche — wenn auch noch in der Zukunft liegende — Verstärkung der amerikanischen Luft- und Seebrückenkapazität.
Der Haushaltsplan nimmt wesentliche Entscheidungen voraus, die letzten Endes von den Kongreßausschüssen noch endgütlig genehmigt werden müssen. Er bietet jedoch bereits ein Bild, das sich mit den bisher bekannten Plänen der Nixon-Regierung weitgehend deckt und die Übereinstimmung zwischen dem scheidenden Verteidigungsminister Clark Clifford und seinem Nachfolger Melvin Laird überdeutlich unterstreicht: Mit den Sowjets kann nur von einer Position der überlegenen Stärke aus verhandelt werden.
Weniger Geld für Weltraumprogramm
Für das zivile Weltraumprogramm der USA im kommenden Jahr sind in dem Haushaltsvoranschlag 3 947 Millionen Dollar vorgesehen. Diese Summe liegt um 300 Millionen Dollar unter den im laufenden Finanzjahr für das Programm bereitgestellten Mitteln und um 2 Milliarden Dollar unter der Rekordsumme, die im Jahre 1966 für das Programm verausgabt wurden.
Die angeforderte Summe wird ausreichen,
um das Weltraumprogramm im Jahre 1970 auf der gleichen Höhe zu halten wie im laufenden Haushaltsjahr, da die kostspieligen Entwicklungsarbeiten an dem Apollo-Projekt abgeschlossen sind.
In der Gesamtsumme sind neben ausreichenden Mitteln zur Finanzierung des Mondlandeprogramms mit den Flügen von Apollo-9, Apollo-10 und Apollo-11 bis zum Juli 1969 neue Titel zur Finanzierung von fünf Raumflügen vorgesehen, die nach Abschluß des Apolloprogramms in den Jahren 1971 und 1972 durchgeführt werden sollen. Hierbei soll unter Benutzung der für das Apollo-Programm entwickelten Anlagen
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EIN ZUKUNFTSROMAN VON ARTHUR C. CLARKE 8
Copyright by Wilhelm Goldmann-Verlag München
Pater Ferraro hatte seine wissenschaftliche Karriere als Geophysiker begonnen, hatte dann aber umgesattelt und war Seleno- physiker geworden — obwohl er diese Bezeichnung nur in besonders pedantischen Augenblicken verwandte. Kein Mensch wußte mehr über das Innere des Mondes. Seine Informationen bezog er von ganzen Instrumentenbatterien, die strategisch über die gesamte Mondoberfläche verteilt waren.
Diese Instrumente hatten eben ein paar sehr interessante Resultate gemeldet. Um neunzehn Uhr fünfunddreißig Minuten siebenundvierzig Sekunden Mondzeit hatte sich in der Regenbogenbucht ein größeres Beben ereignet; es kam ein wenig überraschend, weil dieses Gebiet als besonders stabil bekannt war. Pater Ferraro setzte seine Elektronenrechner in Tätigkeit, um den Zentralpunkt dieser Störung zu ermitteln. Dann ging er zum Mittagessen. Dabei erfuhr er von seinen Kollegen, daß die „Selene“ verschwunden war.
Selbst das größte Elektronengehirn vermag es dem menschlichen Verstand bei der Verbindung anscheinend unzusammenhängender Tatsachen nicht gleichzutun. Pater Ferraro führte den Löffel kaum zum erstenmal zum Mund, als er zwei und zwei addiert und eine völlig plausible, aber unheilvoll irreführende Lösung gefunden hatte.
„ — und das, meine Damen und Herren, ist unsere Situation“, schloß Commodore Hansteen. „Wir sind nicht unmittelbar in Gefahr, und ich habe nicht den geringsten Zweifel, daß man uns bald aufspüren wird.
und Geräte eine große Raumstation in eine Kreisbahn um die Erde gebracht werden, in der Astronauten bis zu 56 Tage die Erde umkreisen werden.
Nixon stimmt Steuerplänen zu
Der künftige amerikanische Präsident Nixon, der am Montag sein Amt übernehmen wird, hat sich mit der von Johnson vorgeschlagenen vorläufigen Beibehaltung des zehnprozentigen Aufschlags auf die Einkommens und Körperschaftssteuer einverstanden erklärt. Nixon, der im Wahlkampf diese erhöhten Abgaben als „Kriegssteuer“ kritisierte und ihre Abschaffung nach dem 30. Juni nächsten Jahres gefordert hatte, erklärte: „Bis die neue Regierung und der neue Kongreß sicher sind, daß die Tatsachen eine Senkung oder Abschaffung erlauben, werde ich den Vorschlag Präsident Johnsons auf eine Beibehaltung dieser Steuer unterstützen.
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Aufruf zum Haß Aktion „Signal DDR 20
Pankow-Regime verstärkt Militarisierung des öffentlichen Lebens
Von unserer Berliner Korrespondentin Liselotte Müller
Unter dem Motto „Signal DDR 20“ wurde am Dienstag in Mitteldeutschland eine wehrpolitische und wehrsportliche Massenaktion gestartet, die der verstärkten Militarisierung des öffentlichen Lebens dienen soll. Die Jugend wurde aufgerufen, hohe wehrsportliche Leistungen zu vollbringen, die vormilitärische Ausbildung zu verbessern und durch Taten zur Stärkung der DDR-Verteidigung heizutragen. Außerdem soll mit der Aktion, so erklärte Generalleutnant Kunath, der Haß der Jugendlichen gegen die westdeutschen Machthaber entwickelt werden, „die den Status quo in Europa verändern wollen.“
Rendezvous im Weltraum?
Vier Kosmonauten umkreisen die Erde
Ein letztes Winken vor dem Start: Unser Bild, aufgenommen in Moskau vor einem sowjetischen Fernsehschirm, zeigt die drei Kosmonauten gestern vor ihrem Start mit „Sojus 5“. Das andere Bild zeigt sie bei früherer Gelegenheit im Kreml-Gelände in Moskau. Von links nach rechts E. Chrunow, W. Schatalow (der tags zuvor mit Sojus 4 in den Weltraum startete), B. Wolynow und A. Jelissejew. Diese Art von Publicity, die das staatlich gelenkte sowjetische Fernsehen beim Start von Sojus 4 und Sojus 5 machte, erinnert fast an amerikanische Verhältnisse, vor allem die Tatsache, daß schon während des Experiments das Fernsehen laufend berichtet.
Für zwei der drei Kosmonauten des sowjetischen Raumschiffes „Sojus 5“, das am Mittwochmorgen von Baikonur in Kasachstan auf den Spuren von „Sojus 4“ in die Erdumlaufbahn geschickt wurde, ist ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Zweimal stand der 34jährige Raumschiffkommandant Boris Wolynow aus Irkutsk als Ersatzmann bereit, beim Raumflug von V. Bykowski im Juni 1963 und für „Sojus 3“ — Kommandant G. Beregowoi im Oktober vergangenen Jahres.
Der andere Oberstleutnant in „Sojus 5", Jewgeni Chrunow, 35 Jahre alt und aus der Gegend von Tula stammend, wäre der erste Mensch gewesen, der frei im Weltraum schwebte — wenn im März 1965 Alexej Leo- now etwa durch Krankheit ausgefallen wäre. Er wurde zusammen mit Leonow auf dieses Experiment vorbereitet. Mit Spannung beobachtete er damals das Aussteigen Leonows aus dem Weltraumschiff auf der Femsehscheibe. „Alles in Ordnung“, stellte er aufatmend fest. „Jetzt können auch andere das Abenteuer im Weltraum wagen.“
Der 1934 geborene Flugingenieur Alexej Jelissejew ist der Zivilist an Bord von „Sojus 5“. Er stammt aus dem „Ziolkowski- Land“, wie man bei den Kosmonauten scherzhaft sagt, aus der Gegend um Kaluga. Dort hatte der 1935 verstorbene „Vater der sowjetischen Raumfahrt“, Konstantin Ziol- kowski, gelebt, mit kleinen Raketen experimentiert und kühne Zukunftpläne entworfen.
Die drei Kosmonauten aus „Sojus 5“ sind verheiratet. Wolynow hat einen zehnjährigen Sohn und eine dreijährige Tochter. Chrunow einen neunjährigen Sohn und Jelissejew eine achtjährige Tochter. Die Ehefrauen der Kosmonauten sind berufstätig. Tamara Wo- lynowa ist Metall-Ingenieurin und arbeitet in einer Fabrik. Swetlana Chrunowa unterrichtet als Lehrerin und Larissa Jelissejewa ist wiederum Ingenieur. Die Mutter von Kosmonaut Jelissejew, Walentina Iwanow- na, hat den Doktorgrad der chemischen Wissenschaft (das entspricht dem westlichen Dr. habil.) und hält als Professor Vorlesungen in Moskau. (dpa)
Bis dahin müssen wir versuchen, das Beste daraus zu machen.“
Er verstummte und betrachtete die ihm besorgt zugewandten Gesichter. Die möglichen Störfaktoren hatte er bereits erkannt — jener kleine Mann mit dem nervösen Gesichtszucken, diese säuerlich blickende, ältere Dame, die an ihrem Taschentuch zerrte. Vielleicht neutralisierten sie einander, wenn er es fertigbrachte, daß sie sich nebeneinandersetzten ...
„Captain Harris und ich — er führte das Kommando, ich berate ihn nur — haben einen Plan ausgearbeitet. Das Essen wird einfach und rationiert sein, aber es dürfte ausreichen, zumal Sie sich ja körperlich nicht zu betätigen brauchen. Ein paar der Damen möchten wir bitten, Miß Wilkins behilflich zu sein — sie hat eine Menge zusätzlicher Arbeit und braucht Unterstützung. Unser größtes Problem ist offengestanden die Langeweile. Hat übrigens jemand Bücher bei sich?“
Es wurde in Handtaschen und Körben gekramt. Die Ausbeute bestand schließlich in einer Reihe von Mondführem — einschließlich sechs amtlichen Handbüchern, einem Bestseller mit dem Titel „Orange und Apfel“, der sich mit dem unwahrscheinlichen Thema einer Romanze zwischen Nell Gwynn, der Mätresse Karls des Zweiten von England, und Sir Isaac Newton beschäftigte, einer Ausgabe von „Mein Freund Shane“ mit Anmerkungen einer Einführung in den logischen Positivismus August Comtes und einer älteren Ausgabe der New York Times. Keine
Im Rahmen der Aktion „Signal DDR 20“, die erst im Oktober am 20. Jahrestag der DDR-Gründung abgeschlossen wird, werden Rundtischgespräche Jugendlicher mit Offizieren und Soldaten der Volksarmee sowie der sowjetischen Streitkräfte, mit Reservisten und Parteiveteranen stattfinden. Außerdem will man Geländeläufe und Manöverspiele veranstalten. Dabei sollen die Jugendlichen ihre Kräfte und ihr Können mit Armeeangehörigen messen.
Die DDR-Volksarmee hat in den letzten Monaten innerhalb des Warschauer Paktes an Gewicht gewonnen. Sie konnte den Titel „unzuverlässigste Armee des Ostblocks“ an die Truppen der CSSR abtreten. Moskau trug dieser Entwicklung Rechnung, indem es DDR-Generale in die Kommandozentralen des Warschauer Paktes aufrücken ließ. Auch die Militärakademie „Friedrich Engels“ in Dresden wird heute von den sowjetischen Militärexperten voll anerkannt. Sie und die Moskauer Frunse-Akademie gelten als die hochqualifiziertesten Kaderschmieden der östlichen Truppen.
Um diese Stellung der Volksarmee inner
sehr reichhaltige Bibliothek, aber bei sorgfältiger Rationierung ließen sich damit die kommenden Stunden schon überbrücken.
„Ich denke, wir rufen einen Vergnügungsausschuß ins Leben, der die Verwendung dieses Materials entscheiden soll. Sie wissen jetzt über unsere Lage Bescheid. Gibt es irgendwelche Fragen — ist Ihnen irgend etwas unklar?“
„Ich möchte gern folgendes fragen, Sir“, erklärte die englische Stimme, die den Tee gelobt hatte. „Besteht eine Chance, daß wir wieder auftauchen? Ich meine — wenn dieser Staub dem Wasser ähnelt, werden wir dann nicht früher oder später wie ein Korken an die Oberfläche kommen?“
Der Commodore war ratlos. Er sah Pat an und meinte: „Das ist etwas für Sie, Mr. Harris. Besteht diese Aussicht?“
Pat schüttelte den Kopf. „Ich fürchte, daß es das nicht geben wird. Es trifft natürlich zu, daß uns die Luft innerhalb des Rumpfes tragfähig macht, aber dieser Staub entwickelt einen enormen Widerstand. Es kann sein, daß wir einmal wieder an die Oberfläche gelangen — in ein paar tausend Jahren.“ Der Engländer ließ sich anscheinend nicht so leicht entmutigen. „Ich habe bemerkt, daß sich in der Luftschleuse ein Raumanzug befindet. Kann nicht irgend jemand das Boot verlassen und hinaufschwimmen? Dann weiß die Suchabteilung wenigstens, wo wir sind.“
„Ich bin fest davon überzeugt, daß das unmöglich ist“, erwiderte Captain Harris. „Ich bezweifle, ob ein Mann den Widerstand des Staubes überwinden könnte — und natürlich wäre er völlig blind. Woher soll er wissen, wo oben ist? und wie wollen Sie die Außentür der Luftschleuse hinter ihm schließen? Wenn der Staub erst einmal hereingeflutet ist, kann man ihn nicht mehr entfernen.“
Er hätte noch mehr sagen können, ließ es aber dabei bewenden. Vielleicht mußten sie noch einmal auf diesen verzweifelten Ausweg zurückgreifen, wenn bis Ende der Woche keine Rettung in Aussicht war. Aber
halb des Warschauer Paktes zu halten und wenn möglich auszubauen, hat die DDR die militärischen Ausgaben von 5,8 Milliarden 1968 auf 6,3 Milliarden für 1969 erhöht. Außerdem entfaltete Ostberlin eine starke Militärpropaganda mit dem Ziel, die' Position der Truppe auch innerhalb der DDR zu stärken. In einem Aufruf zum 20. Jahrestag der DDR-Gründung wurden die DDR- Volksarmeeangehörigen aufgefordert, „ihre militärische Meisterschaft ständig zu vervollkommnen und das Waffenbündnis mit der Sowjetunion zu pflegen.“
Der Aufruf forderte von den mitteldeutschen Arbeitern Planerfüllung, patriotischen Elan und Leistungswillen. Die Studenten wurden ermahnt, Pioniertaten bei der Überführung der Forschungsergebnisse in die Produktion zu vollbringen. Die Künstler sollen neue Werke schaffen und dadurch internationales Ansehen erlangen. Das Komitee zum 20. Jahrestag der DDR, das unter Vorsitz von Ulbricht tagte, beschloß die Herausgabe einer Plakette, die als „sichtbares Zeichen des Bekenntnisses zu unserem sozialistischen Staat“ getragen werden soll.
mit diesem Alptraum durfte man sich jetzt noch nicht befassen.
„Wenn Sie keine weiteren Fragen haben“, meinte Hansteen, „schlage ich vor, daß wir uns miteinander bekannt machen. Wir müssen uns aneinander gewöhnen, ob wir wollen oder nicht, also werden wir einmal feststellen, wer wir sind. Ich werde die Kabine abgehen, und vielleicht wären Sie so nett, der Reihe nach Ihren Namen, den Beruf und die Heimatstadt anzugeben. Sie zuerst, Sir.“
„Robert Bryan, Ingenieur im Ruhestand
— Kingston, Jamaika.“
„Irving Schuster, Rechtsanwalt, Chicago
— und meine Frau Myra.“
„Nihal Jayawardene, Professor für Zoologie an der Universität Ceylon, Peradeniya.“
Während sich die Passagiere weiter vorstellten, dachte Pat Harris wieder dankbar an den einzigen Glücksfall in dieser Situation. Charakter, Ausbildung und Erfahrung stempelten Commodore Hansteen zum geborenen Anführer. Er hatte bereits begonnen, diese zufällige Ansammlung von Einzelpersonen zu einem Team zu formen. Diese Dinge hatte er gelerrit, während seine kleine Raumschiff-Flotte Woche um Woche in der gräßlichen Leere zwischen den Planeten hing. Pat Harris, der dreißig Jahre jünger war und das Erde-Mondsystem nie verlassen hatte, beobachtete diesen stillschweigenden Kommandowechsel nicht mit Mißmut.
„Duncan McKenzie, Physiker am Observatorium Mount Stromlo, Canberra.“
„Pierre Blanchard, Buchhalter, Clavius City.“
„Phyllis Morley, Journalistin, London.“
„Karl Johannsen, Ingenieur für Nucleonik im Stützpunkt Tsiolkovski auf der Rückseite des Mondes.“
Das war’s. Eine Ansammlung von beachtlichen Talenten, wenn auch nicht besonders aus dem Rahmen fallend, denn alle Leute, die auf den Mond kamen, besaßen etwas Außergewöhnliches — selbst wenn es nur Geld war. Aber alle in der „Selene“ versammelte Geschicklichkeit und Erfahrung konn-
f \h)oher ?,
... Pflicht;und Schuldigkeit ^
Selbstverständliche Pflicht und Schuldigkeit. Tätigkeit, die nicht gleich nach Entlohnung fragt.
Als Graf Dohna für Bemühungen seines Haushofmeisters C. L. Mayer eine besondere Belohnung erwartete, weil es ihm gelungen war, die berühmte Tänzerin Barbarina im Jahre 1744 an den Hof Friedrichs des Großen in Berlin zu holen, antwortete der König: „Kriegt nichts! Hat nur seine verfluchte Schuldigkeit getan.“ So berichtet der Autor Louis Schneider in der Berliner Zeitschrift „Der Bär“ vom 10. Januar 1880. — Der Ausdruck wurde bald abgeändert in: „Verdammte Pflicht und Schuldigkeit.“
(Copyright Cosmospress Genf)
te, so schien es Harris, nichts zur Erleichterung ihrer Lage beitragen.
Das stimmte nicht ganz, wie Commodore Hansteen gleich beweisen sollte. Er wußte sehr gut, daß sie nicht nur mit der Angst, sondern auch mit der Langeweile zu kämpfen hatten. Sie waren auf sich selbst zurückgeworfen; in einem Zeitalter totaler Unterhaltung und Nachrichtenberieselung waren sie plötzlich von der Menschheit abgeschnitten, Radio, Fernsehen, Telefax, Zeitungen, Filme, Telefon — mit alledem konnten sie ebensowenig anfangen wie die Steinzeitmenschen. Sie glichen einer vorgeschichtlichen Sippe, die sich in einer menschenleeren Wildnis um das Lagerfeuer versammelte. Selbst auf dem Flug zum Pluto war man nie so einsam gewesen, dachte Commodore Hansteen. Es hatte eine hervorragende Bibliothek und zahlreiche andere Unterhaltungsmöglichkeiten gegeben, ja, sogar eine Unterhaltung mit den inneren Planeten war möglich gewesen. Aber auf der „Selene“ gab es ja nicht einmal ein Spiel Karten...
Das war eine Idee.
„Miß Morley! Als Journalistin haben Sie doch sicher ein Notizbuch?“
„Ja, wieso, Commodore?“
„Enthält es zweiundfünfzig leere Blätter?“ „Ich glaube schon.“
„Dann muß ich Sie bitten, sie zu opfern. Schneiden Sie die Blätter bitte heraus und machen Sie ein Spiel Karten daraus. Besondere künstlerische Fähigkeiten sind nicht erforderlich — man muß nur darauf achten, daß die Beschriftung auf der Rückseite nicht zu erkennen ist“
„Und wie mischt man Karten, die aus dünnem Papier bestehen?“ fragte jemand.
„Ein interessantes Problem für unseren Vergnügungsausschuß. Ist hier jemand, der sich in dieser Beziehung etwas zutraut?“
„Ich war früher auf der Bühne“, erklärte Myra Schuster etwas zögernd. Ihr Mann sah keineswegs erfreut aus, aber der Commodore war begeistert
(Fortsetzung folgt)
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