Dienstag, 14. Januar 1969
Aus aller Welt
Seite S
Daumenlutschen galt bereits als Sünde
Bernadette Hasler wurde von der „heiligen Mutter“ systematisch in einen Sündenwahn hineingetrieben
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DIE ERSTEN FOTOS von dem zwei Tage alten Sohn der dänischen Prinzessin Benedikte und ihres Mannes, Prinz Richard zu Sayn-Witt- genstein-Berleburg, haben nicht etwa Journalisten „geschossen“, sondern die glückliche Mutter selbst: Aus Gründen der Hygiene konnten die zahlreichen Fotografen nicht in das Zimmer der Prinzessin in der Frankfurter Universitätsklinik. Statt dessen nahm Prinz Richard von den Pressevertretern zwei Kameras entgegen, band sich eine Atemschutzbinde vor den Mund und schlich auf Zehenspitzen ins Krankenzimmer. „Ich selbst kann zwar nicht fotografie- i Wenig später dann verteilten die Journali- ren, aber meine Frau kann es“, erklärte er I sten untereinander die Schnappschüsse des
entschuldigend den wartenden Fotografen. I Neugeborenen.
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Polizeischutz für die Ofarims
Anonymer Anrufer sprach in Köln Morddrohungen aus / Grund: ein arabisches Lied
Von unserem, Mitarbeiter W. Häusler z. Z. Zürich
Zürich (Eig. Bericht). Zentraler Punkt am vierten Verhandlungstag im Prozeß gegen Sektenvater Josef Stöcker (61), seine Geliebte Magdalena Köhler (54) und die vier mitangeklagten Schweizer Folterknechte vor dem Zürcher Schwurgericht waren Leben und Sterben der 17jährigen Schülerin Bernadette Hasler aus Hellikon (Kanton Aargau).
Als die „heilige Familie“ — laut Botschaft Anfang 1958 — die Bundesrepublik verlassen mußte, „weil Gefahr durch die Kirche und die Justiz drohte“ (sie waren wegen Verdacht des Betrugs international ausgeschrieben worden) und bei Familie Hasler in •Hellikon unterkam, begegnete • ihnen erstmals die damals zehnjährige Bernadette. Zeugen bekunden, daß es sich um ein heiteres, folgsames, gutmütiges und hübsches Mädchen gehandelt habe. Doch die „heilige
Hannover (dpa). Mit einer anonymen Bombendrohung hat ein Unbekannter am Sonntagabend ein amerikanisches Düsenflugzeug mit 152 Insassen auf dem Flug von Athen nach Westberlin zur Landung in Hannover gezwungen. Erst nach einer mehrstündigen Durchsuchung auf dem Flugplatz Hannover-Langenhagen, bei der kein Sprengkörper gefunden werden konnte, setzte die Chartermaschine gestern morgen gegen 1 Uhr ihren Flug fort.
Der Bombenalarm war nach einem anonymen Anruf beim Berliner Büro der amerikanischen Chartergesellschaft „Modern Air“ ausgelöst worden. An Bord der vierstrahli- gen Maschine vom Typ „Coronado“ befanden sich außer der zehnköpfigen Besatzung 142 deutsche Urlauber und griechische Gastarbeiter.
Der Flugkapitän war über Funk von der Bombendrohung verständigt worden, als
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Polizist erschoß Arbeiter
Herne (dpa). Der 21jährige Arbeiter Friedhelm Witkowski, der wegen mehrerer Straftaten von der Polizei gesucht wurde und am Sonntagabend in einem Obdachlosenasyl in Herne verhaftet werden sollte, ist bei einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Fahndungsbeamten durch Pistolenschüsse tödlich getroffen worden.
Nach den ersten Informationen waren drei Polizeibeamte in Zivil zu dem Obdachlosenasyl gefahren, nachdem bekannt geworden war, daß sich der von mehreren Gerichten Gesuchte dort aufhielt. Ein Kriminalbeamter ging allein in das Obdachlosenasyl, um Witkowski zu verhaften. Der Arbeiter flüchtete jedoch in ein Nebenzimmer. Andere Asylbewohner versuchten, den Kriminalbeamten wegzudrängen. Im Verlauf der tätlichen Auseinandersetzungen, an denen sich Witkowski beteiligte, griff der Kriminalbeamte zur Pistole und gab mehrere Schüsse ab, von denen zwei Witkowski in den Bauch und Oberschenkel trafen.
Chris Howland geht
Hannover (dpa). Chris Howland, Deutschlands bekanntester Disc-Jockey, hat am Wochenende im NDR-Funkhaus Hannover die letzte Fernsehsendung „Musik aus Studio B“ produziert. Sie wurde gestern in Farbe ausgestrahlt. In den Sendungen, die zu den beliebtesten unter den Show-Darbietungen gehörten, hatte der kauderwelschende „Heinrich Pumpernickel“ sechs Jahre lang Nachwuchstalente und Arrivierte des Show-Geschäfts vorgestellt. Im Februar wird noch einmal ein Zusammenschnitt aus den besten „Studio-B“-Sendungen der letzten sechs Jahre ausgestrahlt.
Mutter“ Magdalena sah tiefer: Bernadette sei unaufrichtig, heuchlerisch und sittlich gefährdet, konstatierte sie. Sie schloß das u. a. auch daraus, daß Bernadette noch am Daumen lutschte. Sie verstand es, die Eltern zu überreden, Bernadette in die „Pflege“ ihrer Schwester nach Singen zu geben. Dort sollte sie auf den „richtigen religiösen Weg“ gebracht werden. Doch sie kam ins Fegefeuer.
Die nicht weniger religiös pervertierte Hildegard Roller, die Schwester Magdalenas, erzog die Mädchen nach ihrer eigenen Methode. Die im „Pflegenest“ untergebrachten Kinder (auch solche, deren Eltern nicht der Sekte angehörten, sondern vom Jugendamt dorthin verwiesen wurden) durften vor dem Kirchgang und Frühstück untereinander nicht sprechen, mit anderen Klassenfreundinnen untertags nicht Zusammentreffen und Besucher wurden bereits an der Gartenpforte abgefertigt. Wenn bei der morgendlichen Toilette ein Mädchen unbeabsichtigt
sich die Maschine in etwa 9000 Meter Höhe über Fulda befand. Er steuerte daraufhin sofort den Flugplatz Hannover-Langenhagen an. Nachdem die Passagiere ausgestiegen waren, wurde die Maschine auf einem abgelegenen Teil des Flugfeldes von Kriminalbeamten untersucht. Kurz nach 1 Uhr gab die Polizei die Maschine für den Weiterflug nach Berlin-Tegel frei.
Kein Strafprozeß um Lawinenunglücke
Wien (dpa). Um die Lawinenunglücke auf der Tauernstraße, denen im Januar 1965 drei holländische Studenten und drei Monate später 14 schwedische Studentinnen und Studenten zum Opfer gefallen sind, wird es keinen Strafprozeß geben. Nach diesen Katastrophen, die weit über Österreich hinaus Aufsehen erregt hatten, leitete die Staatsanwaltschaft Untersuchungen ein, in denen festgestellt werden sollte, ob die freiwilligen Mitarbeiter des Lawinenwamdienstes ein Verschulden treffe. Im späten Winter 1967 entschloß sich die Anklagebehörde, über die Schuldfrage ein Salzburger Schöffengericht entscheiden zu lassen.
Da schaltete sich die Salzburger Landesregierung ein und ersuchte den österreichischen Bundespräsidenten Franz Jonas in einem einstimmig gefaßten Beschluß, das Verfahren niederzuschlagen. Diese Situation erforderte neue langwierige Untersuchungen, in die sich auch das Justizministerium in Wien eingeschaltet hat.
Das Verfahren war von Anfang an umstritten. Vor allem wurde gegen ein Gerichtsverfahren mit der Begründung argumentiert, daß für Katastrophen dieser Art kein Mensch zur Verantwortung gezogen werden könne, schon gar nicht Leute, die sich freiwillig für diesen Dienst zur Verfügung gestellt haben.
Polizei stellte zwei Lastwagen voll Diebesgut sicher
Münsingen (dpa). Zwei Lastwagen mit gestohlenen wertvollen geschnitzten Heiligenfiguren, mit Zinngeschirr, Jagdwaffen und Elektrogeräten im Wert von über 100 000 DM konnte die Polizei gestern in Münsingen beschlagnahmen. Um weiteren Ermittlungen nicht vorzugreifen, teilte die Polizei lediglich mit, daß sie erste Hinweise von einem Mann bekommen hat, der in den frühen Morgenstunden in einer abgelegenen Gegend ein verdächtiges Auto mit fremdem Kennzeichen beobachtet hatte. Zwei Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, die vermutlich in einem benachbarten Ort wohnen, konnten festgenommen werden.
ein anderes in die Seite stieß, galt dies bereits als „unkeusch“ und Sünde.
Vor diesem Hintergrund baute sich dann im Laufe der Jahre das Geschehen in Ring- wil (Kanton Zürich) auf. Dorthin war Bernadette an Ostern 1966 gebracht worden, wo eine intensive „Erziehung und Gewissenserforschung“ durch das Sektenpaar betrieben werden sollte. In den Wochen bis zum 14. Mai 1966 hörte Bernadette von der „heiligen Mutter“ wiederholt die Schimpfwörter „Teufelshure“, „Satansweib“ und andere „Schmeicheleien“, wodurch sie systematisch in einen Sündenwahn hineingetrieben wurde, der in einem 330 Seiten umfassenden „Sündenbekenntnis“ Bernadettes gipfelte, das ihr Magdalena diktierte.
„Ich liebe den Teufel. Er ist schön. Er besucht mich fast jede Nacht. Er ist viel besser als Gott. Ich möchte nur- noch dem Teufel gehören“, schrieb die völlig apathisch gewordene Bernadette. Und Magdalena frohlockte: „Habe ich es nicht immer gesagt, sie steckt mit dem Teufel im Bunde.“ Dennoch versuchte Bernadette bei Ex-Pater Stöcker die Beichte abzulegen. Magdalena verhinderte es. Bernadette wurde störrisch. Magdalena gab den vier Folterknechten, den drei Brüdern Bärmettler und Emilio Bettio, den Auftrag, das „gemeine Luder“ und die „verlogene Sau“ zu verprügeln. Erstmals am 8. letztmals am Abend des 14. Mai nach einem ausgedehnten Champagnergelage.
Was die Prügler dann taten, mußte unweigerlich zum Tode des Mädchens führen. Der gerichtsmedizinische Befund lautete: Schwerste diffuse Blutergüsse in den beiden Gesäßbacken, über die Innenseite des linken Oberschenkels und den Damm bis zum Genitale und in die Leistengegend reichend, mit schwerer Zertrümmerung und weitgehender Verflüssigung des Unterhautgewebes mit weit um sich greifenden Bluterguß. Diese Verletzungen führten zu einer massiven Fettembolie der Lungen, welche die unmittelbare Todesursache darstellt. Der Teufel war ihr ausgetrieben — das Werk vollendet. „Wir konnten nicht anders. Es war der Befehl Gottes“, sagte Magdalena.
Rom (dpa). Eine neue Spur hat sich im „Fall“ des 13 Monate alten Babies Tamara ergeben, das im Dezember in einem Hotel des italienischen Riviera-Badeortes Bordi- ghera offensichtlich ausgesetzt wurde. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA berichtete, ist im Hotel „Colibri“ ein Foto des deutschen Kindermädchens von Tamara gefunden worden. Die 18jährige namens Sibylle war am 20. Dezember, zehn Tage nach Abreise des angeblichen Vaters, ebenfalls verschwunden. Anhand des Fotos soll nun geklärt werden, ob das Mädchen mit der Deutschen identisch ist, die früher mit einem Florenzer Industriellen befreundet war.
Dieser Industrielle, ein gewisser Lapo Ma- netti, hat nämlich erklärt, daß seine ehemalige Freundin ihn im vergangenen Jahr in Florenz mit einem Baby besucht habe. Die Behauptung, er sei der Vater des Kindes, habe er zurückgewiesen, der jungen Frau jedoch mit Geld ausgeholfen. Es wird nun vermutet, daß das Kindermädchen der kleinen Tamara und die ehemalige Bekannte des Industriellen eine Person sein könnten.
Diese Vermutung liegt nahe, weil außerdem bekannt wurde, daß das Kindermädchen am 12. Dezember zusammen mit Tamara nach Florenz fuhr, um dort den Industriellen zu sprechen. Sie traf den Mann jedoch nicht an und kehrte nach Bordighera zurück. Dann verschwand Sibylle spurlos.
Mysteriös bleibt damit weiterhin die Rolle eines gewissen Hermann Reinhart aus Deutschland, der als der verschwundene Vater des Kindes genannt wurde. Bei seiner Abreise nach Spanien hatte dieser Mann gesagt, er werde in ein paar Tagen zurückkommen. Später erkundigte er sich noch te-
Köln (dpa). Die Konzerte des israelischen Künstlerehepaars Ester und Abi Ofarim in München und Köln finden unter Polizeischutz für die beiden Sänger statt, weil ein anonymer Anrufer telefonisch Morddrohungen ausgesprochen hat. Bereits beim Gastspiel der Ofarims am vergangenen Wochenende in der Nürnberger „Meistersingerhalle“ war die Polizei zugegen.
Der anonyme Anrufer meldete sich am Mittwoch vergangener Woche bei der westdeutschen Konzertdirektion in Köln, die für den Manager der Deutschland-Tournee, die Düsseldorfer Intereuropa-Production Berenbrock und Co, die Kölner Veranstaltung betreut, und erklärte mit stark fremdländischem Akzent: „Hören Sie, die Ofarims kommen nicht lebend aus Köln“. Er wieder-
lefonisch nach dem Befinden seiner „Tochter“ und versprach, sie sofort abzuholen. Dabei war es jedoch geblieben.
Das Kind ist weiterhin in der Obhut der Familie des Hotelbesitzers und wird liebevoll betreut. Bei der Polizei gingen bereits von verschiedenen Familien an der Riviera- Küste Bittgesuche ein, Tamara adoptieren zu dürfen.
Vor Borkum gesunken
Den Haag (dpa). In der Westeremsmündung vor Borkum ist gestern nach Meldungen von Küstenfunkstationen das norwegische Schiff „Lisianne“ (5 384 BRT) gesunken. Das Schiff war mit dem 5 236 BRT großen libanesischen Schiff „Heimos“ kollidiert. Wie das deutsche Motorschiff „Rugia“ (497 BRT) funkte, konnte es alle Besatzungsmitglieder des Norwegers an Bord nehmen. Die „Lisianne“ hatte Notsignale gefunkt. Das libanesische Schiff meldete, daß es seine Reise nach Bremen fortsetze.
Winternacht überlebt
Lindau (dpa). Eine Winternacht im Freien bei fünf Grad Kälte überlebte ein Amerikaner in Lindau am Bodensee. Der Mann, der Schlaftabletten genommen und sich zum Sterben in den Schnee gelegt hatte, kam gestern, wie das Lindauer Krankenhaus mitteilte, nach zwei Tagen Bewußtlosigkeit wieder zu sich. Der Amerikaner wollte, wie er sagte, aus dem Leben scheiden, weil seine Rente für Januar noch nicht eingetroffen war. Er wohnte seit Monaten in einer Lindauer Pension. Der Mann erlitt schwere Erfrierungen.
holte die Drohung dreimal, bevor er wieder auflegte. Die Kölner Agentur wandte sich inzwischen an die Polizei, die einen verstärkten Schutz der Kölner Veranstaltung übernehmen wird. Auch das Hotel, in dem die Ofarims in Köln wohnen werden, wird polizeilich überwacht.
Sowohl die Westdeutsche Konzertdirektion in Köln als auch die Inteuropa-Production Berenbrock in Düsseldorf erklärten gestern übereinstimmend, dem Vorgang sei keine besondere Bedeutung zuzumessen. Solche Drohungen kämen bei Ofarim-Toumeen immer wieder einmal vor, ohne daß es bisher zu wirklichen Störungen gekommen sei.
Als einen der möglichen Gründe für die Drohung nannte die Düsseldorfer Agentur die Tatsache, daß die Ofarims jetzt auch ein Lied in arabischer Sprache in ihr Programm aufgenommen haben, das in Israel seit langem gesungen werde.
Bei Hilfsaktion getötet
Ottersweier (dpa). Seine Hilfsbereitschaft mußte der 79jährige Altbürgermeister Bernhard Lorenz aus Ottersweier mit dem Leben bezahlen. Zusammen mit drei anderen Männern hatte Lorenz in seiner Heimatgemeinde versucht, einen Personenwagen aus einem Schneehaufen zu schieben. Dabei wurden die Männer von einem anderen Pkw erfaßt, der auf der vereisten Straße ins Schleudern kam. Lorenz erlitt schwere Verletzungen, an deren Folgen er kurze Zeit später im Kran-, kenliaus starb. Eine weitere Person wurde verletzt.
Ganz kurz
Durch Brandstiftung ist gestern morgen das Münchner Nachtlokal „Pferdestall“ gegenüber dem Hofbräuhaus völlig zerstört worden. Nach den Ermittlungen der Polizei hat sich der Täter möglicherweise am frühen Morgen in dem Lokal einschließen lassen. Zehn Menschen, die über dem Nachtlokal wohnten, mußten von der Feuerwehr über Drehleitern in Sicherheit gebracht werden. Der Schaden wird auf rund 800 000 Mark geschätzt.
Mit 471 Passagieren an Bord ist das 22 592 BRT große britische Passagierschiff „Car- mania“ in der Nacht zum Montag bei der zu den Bahamas gehörenden Insel San Salvador auf Grund gelaufen. Wie ein Sprecher der Cunard-Reederei, der das Schiff gehört, mitteilte, wurde von den meist amerikanischen Fahrgästen niemand verletzt Die „Carmania“ befand sich auf einer Kreuzfahrt von Port Everglades (Florida) in die Karibische See.
Bombendroltung zwang zur Landung
Amerikanische Düsenmaschine unterbrach Athen-Berlin-Flug / Falscher Alarm
Neue Spur im „Fall Tamara“
Das Baby wurde in Italien ausgesetzt / Welche Rolle spielt das Kindermädchen?
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