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Politik

Samstag, 4. Januar 1969

Kompromiß zeichnet sich ab

Berlin (NWZ). Die deutsch-sowjetischen Verhandlungen über die Einrichtung einer gemeinsamen Luftverbindung zwischen Frankfurt und Moskau sollen Mitte dieses Monats fortgesetzt werden. Wie jetzt aus gut unterrichteten Kreisen Westberlins verlau­tet, hat sich bei den bisherigen Verhandlun­gen ein vager Kompromiß abgezeichnet. Die Lufthansa-Maschinen sollen in Prag Zwi­schenstation machen. Die Flugzeuge der Aero- flot dagegen sollen in Schönefeld, das am östlichen Stadtrand von Berlin liegt, zwi­schenlanden. Jedoch sollen die Äroflot-Ma- schinen den Berliner Luftraum sowie die Luftkorridore zwischen Berlin und der Bun­desrepublik nicht berühren. Eine Benutzung der Luftkorridore durch Äroflot-Maschinen wollen die Westalliierten auf keinen Fall zulassen. Auf Grund von Kontrollratsbe- schlüssen nach dem zweiten Weltkrieg sind die Luftkorridore den Amerikanern, Briten und Franzosen Vorbehalten.

Anerkennungsbefürworter sind dumme Politiker

Berlin (AP). Bundestagsvizepräsident Ri­chard Jaeger warnte gestern auf der 14. ge­samtdeutschen Tagung des Coburger Con­vents und der deutschen Sängerschaft in der Berliner Kongreßhalle nachdrücklich vor einer Anerkennung des Sowjetzonenregimes als DDR und nannte die Befürworter eines solchen Schrittesdumme Politiker und schlechte Europäer. In seiner von den über 400 überwiegend jugendlichen Tagungsteil­nehmern, die sämtlich farbentragenden und schlagenden studentischen Verbindungen angehörten, teilweise deutlich zurückhaltend auf genommenen Rede betonte Jaeger den Vorrang der Sicherheitspolitik im Rahmen der NATO und an der Seite der Vereinigten Staaten für die Bundesrepublik als Voraus­setzung von Freiheit, Frieden und Einheit in Deutschland.

US-Bombenhagel auf Vietkong-Stützpunkte

Größter Lufteinsatz seit Beendigung der Angriffe auf Nordvietnam

Saigon (AP/dpa). Angesichts von Anzeichen verstärkter militärischer Aktivität in dem 120 Kilometer langen Invasionskorridor, der von der kambodschanischen Grenze nach Saigon verläuft, haben die amerikanischen Luftstreitkräfte in Südvietnam zu massierten Schlägen gegen mutmaßliche Aufmarsch- und Nachschubstützpunkte der Kommunisten ausgeholt. Achtstrahlige Düsengiganten vom Typ B 52 und Trägerflug­zeuge der vor der Küste patrouillierenden amerikanischen FlugzeugträgerCoral Sea undConstellation haben am Donnerstag und gestern das A-Shau-Tal in zahlreichen Einsätzen mit Bomben aller Kaliber eingedeckt.

Nach Mitteilung des US-Hauptquartiers haben allein die hochfjiegenden B-52-Bom- ber in acht Einsätzen Bombenteppiche über dem Gebiet nordwestlich von Saigon und im Mekong-Delta abgeworfen. Die Präventiv- Operationen wurden von amerikanischen Patrouillenbooten und Infanterie unter­stützt. In der Nacht zum Freitag wurden drei verschiedene Stützpunkte der südviet­namesischen Regierungstruppen nördlich und nordöstlich der südvietnamesischen Hauptstadt von kommunistischen Verbänden mit Granat- und Raketenwerfern beschos­sen; dabei gab es eine Anzahl Verwundeter. 50 Kilometer südwestlich von Da Nang ka­men 12 südvietnamesische Zivilisten bei einer Minenexplosion ums Leben, 16 Perso­nen wurden verletzt. Im Norden und Westen von Saigon erbeuteten alliierte Einheiten mehrere Waffen- und Lebensmitteldepots.

Nach einer Meldung von Radio Hanoi hat der Vietkong in der Küstenprovinz Binh Din einenVolksrevolutionsrat zur Übernahme der Macht gebildet. Bereits am Sonntag war in der weiter nördlich gelegenen Pro-

Kommunisten bleiben hart

Hanoi und NLF; Konferenz nur an ungeteiltem rundem Tisch

Paris (dpa). Nordvietnam und die Süd­vietnamesische Nationale Befreiungsfront (NLF) wollen nur dann an der geplanten Viererkonferenz mit den USA und Südviet­nam teilnehmen, wenn aus der Form des Konferenztisches eindeutig hervorgeht, daß vier gleichberechtigte Partner miteinander verhandeln. AlsWinkelzüge und Vorwän­de lehnte die NLF gestern die amerikani­schen Kompromißvorschläge ab, die am Vor­tage über die Form des Konferenztisches und Verfahrensfragen unterbreitet worden wa­ren.

Der stellvertretende Leiter der NLF-Dele- gation, Tran Hoi Nam, bekräftigte die For-

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Da das russische Hochdruckgebiet sich mit einem Ausläufer westwärts bis nach Nordwest­deutschland ausgedehnt hat, setzt sich eine schwache östliche Strömung über dem Süden Mitteleuropas durch, mit der Teile der alten, vorübergehend verdrängten Kaltluft wieder zurückfließen. Voraussichtlich bleibt Süd­deutschland in der Randzone des Hochdruck­gebietes, auch wenn sich später die Fronten eines Tiefs im Nordmeer über Westeuropa nach Südosten ausbreiten.

Samstag meist bedeckt, strichweise leichter Schneefall. Schwache nordöstliche Winde. Höchsttemperaturen in den Niederungen im Südwesten des Landes noch wenig über null Grad, im Nord- und Ostteil nicht mehr über null, in den Hochlagen anhaltender leichter Frost. Sonntag leichter Frost, nicht ganz stö­rungsfrei, etwas Schneefall möglich.

derung Hanois, daß die Konferenz an einem ungeteilten runden Tisch stattfinden müsse. Auf einer Pressekonferenz erklärte der NLF-Vertreter, die Amerikaner klammerten sich mit ihren Tischvorschlägen an den Ge­danken einer Konferenz derzwei Seiten, um das Zusammentreffen einer Viererkon­ferenz zu verhindern.

Auf einer Geheimsitzung mit dem zweiten Mann der nordvietnamesischen Delegation, Oberst Ha Van Lau, hatte der stellvertre­tende amerikanische Delegationschef Cyrus Vance, am Donnerstagabend die neuen Tischvorschläge unterbreitet. Der Vertreter Hanois beharrte jedoch darauf, daß die Ge­spräche an einem runden ungeteilter)' Tisch ' stattfinden sollten, um so der NLF den glei­chen Status wie den übrigen Verhandlungs­partnern -zu- geben. Außerdem sblle auf Tischfähnchen oder eine Beschriftung für die verschiedenen Delegationen verzichtet werden. Das Los solle entscheiden, wer auf der Eröffnungssitzung als erster das Wort ergreifen solle.

vinz Quang Ngai nachBeseitigung der süd­vietnamesischen Herrschaft ein Volksrevo­lutionsrat ausgerufen worden.

Kossygin fordert politische Lösung der Vietnam-Frage

Moskau (dpa). Der sowjetische Minister­präsident Alexej Kossygin hat sich am Frei­tag für die Beseitigung der internationalen Krisenherde als Voraussetzung für einen Weltfrieden ausgesprochen. In einem Inter­view mit dem japanischen Massenblatt Mainichi Shimbun forderte er eine soforti­ge Beendigung des Vietnam-Krieges, die Beseitigung der Folgen der israelischen Ag­gression im Nahen Osfen, eine Atmospäre der Zusammenarbeit in Europa und die Ver­wirklichung weiterer Maßnahmen auf dem Gebiet der allgemeinen Abrüstung. Eine po­litische Regelung der Vietnam-Frage, so be­tonte Kossygin, würde das internationale Klima erheblich verbessern.

Aus der Armee ausgestoßen

Athen (AP). Der frühere Privatsekretär und Adjutant König Konstantins von Grie­chenland, Oberstleutnant Michael Arnaoutis, ist unehrenhaft aus der griechischen Armee ausgestoßen worden.

Dem Freund und Berater des im Exil le­benden Königs wird im griechischen Regie­rungsanzeiger vorgeworfen, desertiert zu sein. Nach dem Staatsstreich der Militärs in Griechenland am 21. April 1967 war Ar­naoutis als Militärattache nach London ver­setzt worden. Als der 27 Jahre alte griechi­sche Monarch nach dem Scheitern seines Ge- genputsches am 13. Dezember 1967 nach Rom flüchtete, verließ Arnaoutis seinen Posten in London und schloß sich dem König an.

Kein neuerBummelstreik?

Hamburg (dpa). DerBummelstreik der Flugsicherungsbeamten wird wahrscheinlich nicht wieder aufgenommen. Wie der Leiter der Berufsgruppe öffentlicher Dienst in der Deutschen Angestellen-Gewerkschaft (DAG), Heinz Groteguth, gestern in Hamburg mit­teilte, spricht alles dafür, daß das Ultimatum der Flugleiter hinfällig wird, weil ein von Bundesinnenminister Benda angefordertes Gutachten eine Reihe von Verbesserungen der Besoldung und Beförderungsmöglichkei­ten für die Fluglotsen enthalten soll. Das Gutachten ist vom Präsidenten des Bundes­rechnungshofes, Volkmar Hopf, ausgearbei­tet worden. Genaue Einzelheiten darüber seien noch nicht bekannt, sagte Groteguth. Die DAG und der Verband deutscher Flug­leiter hatten die AktionDienst nach Vor­schrift für einen Monat unterbrochen und der Bundesregierung eine Frist bis zum 10. Januar eingeräumt.

Noch uneinig über Wahltermin

Bonn (dpa). Über den Termin der Bundes­tagswahl herrscht zwischen den Koalitions­parteien in Bonn noch keine Einigkeit. Wie gestern bekannt wurde, denkt die CDU/CSU an Mitte September, während die SPD die Wahl lieber im Oktober stattfinden lassen würde. Ein Gespräch zwischen den Regie­rungsparteien über diese Frage steht nach Angaben der CDU allerdings noch aus.

Kurz gestreift

Die Zweite Große Strafkammer des Westber­liner Landgerichts hat gestern das Verfahren gegen den SDS-Angehörigen Rudi Dutschke wegen Landfriedensbruchs vorläufig eingestellt.

Mit neuen Zäunen, Minen und anderen Sperren sowie mit dem Ausbau ihres Überwa­chungssystems hat die Grenztruppe der DDR die Zonengrenze in Niedersachsen im vergan­genen Jahr noch schärfer abgeriegelt.

Die Ermittlungen im Fall des Flottillenad­mirals Hermann Lüdke, der am 8. Oktober 1968 erschossen neben seinem Wagen in der Eifel aufgefunden wurde, werden fortgesetzt.

Der 30jährige Grieche Georgios Klamourides, der ein Verkehrsflugzeug der Fluggesellschaft Olympic Airways mit Waffengewalt zum Kurswechsel nach Ägypten gezwungen hat, be­findet sich in Kairo noch immer in Polizeige­wahrsam und wird weiterhin verhört.

Der demokratische Senator Edward Kennedy ist gestern von der Fraktion seiner Partei im Senat zum stellvertretenden Fraktionsführer gewählt worden.

Der Ministerpräsident der neuen tschechoslo­wakischen Bundesregierung, Oldrich Cernik, versicherte dem sowjetischen Regierungschef Kossygin gestern telegrafisch die Bündnistreue des Prager Kabinetts zur Sowjetunion.

Sowjetische Zeitung rügt Zatopek

Auch tschechoslowakischer Schachgroßmeister unter Beschuß

Mpskau (AP). Jüngstes Opfer der sowjeti­schen Pressepolemik gegen liberalgesinnte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in der Tschechoslowakei ist gestern der frühere TsihhüSbäloWäkische' Olyrnjofesiegef Emir Za­topek geworden. Die ZeitungSowjetskij Sport, das Organ der staatlichen sowjeti­schen Sportorganisation, warf dem dreifa­chen Goldmedaillengewinner von Helsinki, einstmals von der sowjetischen Presse in

Alliierte Pläne

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Hanoi

Pariser Puzzle: Dauerstreit um die Tischform

(Die Zeit)

den. höchsten ..Tönen, gefeiert,, vor,..,ejj, sei .in dasLager der rechtsgerichteten, anti-sozia­listischen Kräfte übergewechselt.

, In ,einem langen..Artikel, dessen Signum auf die Wiedergabe der offiziellen Meinung schließen läßt, verurteilte das Blatt Zatopek wegen seiner öffentlichen Erklärungen ge­gen die Wiedereinführung der Pressezensur in der CSSR und gegen den sowjetisch- tschechoslowaki sehen Truppenstationie­rungsvertrag. Die Zeitung nannte Zatopek einenpolitischen Karrierejäger, dem es nichts ausmacht, mit den Feinden seines Heimatlandes Ball zu spielen.

In der gleichen Ausgabe nahmSowjetskij Sport auch den tschechoslowakischen Schachgroßmeister Ludek Pachman unter Beschuß, dem die Zeitung vorwarf, er habe auf der Schacholympiade in Lugano im letz­ten Herbst einige sowjetische Spieler in fal­schen Verdacht gebracht, indem er behaup­tete, er habe sie für seine gegen die Invasion gerichteten Ansichten gewinnen können. Pächman habe die sowjetischen Spieler verleumdet.

Hl

Harte Vergeltung übte Israel für das At­tentat arabischer Terroristen auf eine Passa­giermaschine der israelischen Fluggesell­schaft El Al in Athen, bei dem ein Passagier getötet und eine Stewardeß verletzt worden war. Ein israelisches Sonderkommando lan­dete mit Hubschraubern auf dem libanesi­schen Flughafen Beirut und zerstörte dort zwölf Flugzeuge arabischer Gesellschaften und eines aus Ghana. Menschen kamen da­bei nicht zu Schaden. Das israelische Vor­gehen wurde sofort von allen großen und kleinen Mächten auf das schärfste abgelehnt. Vom Weltsicherheitsrat wurde Israel ein­stimmig verurteilt, allerdings wurde wohl auf amerikanischen Einspruch hin von Sanktionen abgesehen. In Tel Aviv ist man vor allem über die Haltung der befreunde­ten Großmächte verbittert, die zwar den Anschlag in Athen bedauert, aber nicht da­gegen protestiert hatten, und sich nun einem solchen Schritt gegen ihr Land angeschlossen haben. Es hat aber den Anschein, daß die Welt durch diese Ereignisse auf den Gefah­renherd im Nahen Osten erneut aufmerksam gemacht worden ist. Man kann eine rege diplomatische Tätigkeit registrieren, bei der sich vor allem die Sowjets und Frankreich engagieren und an deren Ende möglicher­weise eine Lösung für den Nahost-Konflikt steht.

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Entführt wurde ein Flugzeug, das der Luftverkehrsgesellschaft des griechischen Millionärs Onassis gehört. Kurz nach dem Start von Heraklion auf Kreta zwang ein bewaffneter Grieche den Piloten, die Ma­schine, die nach Athen fliegen sollte, nach Kairo zu steuern. Dort ist sie später glatt gelandet. Der Täter gibt an, er habe sich dadurch den griechischen Militärbehörden entziehen wollen.

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Die Vietkong haben am Neujahrstag drei Amerikaner, die im vergangenen Jahr in ihre Hände gefallen waren, freigelassen. Die Unterhändler ließen nicht erkennen, ob wei­tere Gefangenen-Freilassungen erfolgen werden.

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In der Tschechoslowakei ist am Neujahrs­tag das neue Bundesgesetz in Kraft getre­ten, nach dem der Staat nun aus zwei gleich­berechtigten Republiken, der tschechischen und der slowakischen, besteht. Ungeklärt ist immer noch das Schicksal des Parlaments­präsidenten Smrkovsky, und damit hängen bereits drohende Sturmwolken über der neuen Föderation. Der slowakische KP-Chef Husak fordert nämlich nach wie vor, aus Proporzgründen das Amt des Präsidenten der neuen Bundesversammlung mit einem Slowaken zu besetzen. Dagegen wurden von, vielen Seiten Protestaktionen angekündigt für den Fall, daß man Smrkovsky kalt stel­len werde.

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Die DDR hat kurzfristig eine neue Rege­lung für dengrenzüberschreitenden Reise­verkehr' erlassen, mit der die Liste der Ar­tikel, die als Geschenke mit nachdrüben genommen bzw. nach dort eingeführt Wer- deh dürfen, stärk eingeschränktworden ist. Auch die Ausfuhr aus der DDR ist neu ge­regelt worden. Genaue Einzelheiten werden sich aber erst aus der Praxis ergeben.

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Der Winter hat zum Jahresbeginn gezeigt, was er kann. Lang anhaltende Schneefälle ließen zwar die Wintersportler zu ihrem Recht kommen, brachten aber starke Er­schwerungen für den Verkehr. Im Großraum Stuttgart war am Donnerstag der Zugver­kehr den ganzen Tag über gestört, weil drei der vier Hauptgleise zwischen der Landes­hauptstadt und Bad Cannstatt nicht benutzt werden konnten. Dazu kam der Bruch einer Fahrleitung auf der Strecke StuttgartUlm. Am Nachmittag setzte Tauwetter mit Regen ein. Der Verkehr kam wieder in Schwung, doch besteht jetzt die große Gefahr, daß die tauenden Schneemassen zu Hochwasser führen. mi.

FEUILLETON:

Dem Geheimnis der Schöpfung abgelauscht

Zum 85. Todestag Gregor Mendels, des Entdeckers der Vererbungsgesetze

Die Freude an der Natur hatte Johann (mit dem Mönchsnamen Gregor) Mendel von Vater und Mutter geerbt. Die Mutter war die Tochter eines Gärtners; der Vater, Sol­dat in den napoleonischen Kriegen, über­nahm den bäuerlichen Hof in Heinzendorf im mährischen Kuhländchen, wo Gregor Mendel am 22. Juli 1822 geboren wurde, und widmete sich gärtnerischen Versuchen. Auch während seiner Studien in Brünn und Wien bevorzugte Gregor Mendel vor der abstrak­ten Philosophie und Theologie die Natur­wissenschaften, denen er als Mönch und später als Abt des Augustinerkonvents in Altbrünn treu blieb. Schon als Knabe waren ihm die Ergebnisse bei der Aufzucht von Pflanzen und beim Pfropfen der Bäume auf­gefallen; er vermutete, daß diese nicht zu­fällig sein konnten, ahnte eine Gesetzlich­keit dahinter und versuchte sie zu ergrün­den. Er tat es auf dem exakten Wege des Versuchs, nicht durch Spekulation.

Auf wenigen schmalen Beeten des Klo­stergartens begann er 1854 an verschieden­farbigen Speiseerbsen seine Versuche, die er acht Jahre lang fortsetzte. Er beobachtete das Ergebnis der Kreuzung an Tausenden von Pflanzen durch mehrere Generationen und gelangte zur Erkenntnis einer Gesetz­lichkeit innerhalb der Vererbung, welche sich mathematisch klar darstellen ließ. Er hatte der Natur ein Geheimnis abgelauscht, eines ihrer Urgesetze, das der Menschheit bisher verborgen geblieben war.

Am 8. Februar und 8. März 1865 ent­wickelte Gregor Mendel in einer Sitzung des Naturforschenden Vereins in Brünn seine Forschungsergebnisse; 1866 legte er sie in einer bescheidenen Broschüre von 47 Seiten unter dem TitelVersuche über Pflanzen- Hybriden vor. Was im Protokoll desNa­turforschenden Vereins über Gregor Men­dels Vorträge vermerkt worden war, galt nun auch für die Broschüre:Fragen wur­den nicht gestellt, eine Diskussion fand nicht statt. Gregor Mendels Forschungsergebnisse

fanden keine Beachtung. Der bescheidene, aber seiner Sache sichere Mann quittierte diese Nichtbeachtung mit den Worten:Mei­ne Zeit wird schon kommen.

Trotz der Enttäuschung beschäftigte sich Gregor Mendel, forschend und beobachtend, das Webwerk der Natur belauschend, bis zu seinem Lebensende auf den verschiedensten naturwissenschaftlichen Gebieten, um wie er es selbst aussprachdie Einheit im Entwicklungspläne des gesamten organi­schen Lebens zu erkennen.

Am 6. Januar 1884 starb er 62jährig. Ein langer und prunkvoller Leichenzug geleitete den Toten zu der Gruft des Augustinerkon­vents auf dem Brünner Zentralfriedhof. Die letzten Ehren galten dem verdienten und beliebten Abt, der Forscher war unbekannt.

Doch seine Zeit kam. 1900 entdeckten gleichzeitig und unabhängig voneinander drei Forscher die schon von Mendel gefun­denen, aber unbekannt gebliebenen Gesetze: Hugo de Vries in Amsterdam, Carl Correns in Tübingen und Erich von Tschermak-Sey- senegg in Wien. Groß war ihr Erstaunen, als sie feststellten, daß die Gesetze schon 34 Jahre vorher von einem Mönch in Brünn entdeckt und dargestellt worden waren. Aus Hochachtung vor dem ersten Entdecker ga­ben sie den Vererbungsgesetzen dessen Na­men, unter dem sie weltbekannt wurden.

Josef Mühlberger

Die lesbische Queen

Early Moming, ein Stück, das von der angeblichen lesbischen Beziehung der Köni­gin Victoria und Florence Nightingale han­delt, verursachte bei seiner Premiere in Stockholm höchst widersprüchliche Reaktio­nen beim Publikum. Fünfzig Personen ver­ließen voller Wut das Theater.

Das Stück, das außer dieser lesbischen Be­ziehung auch noch von Kannibalismus und Sadismus handelt, stammt von Edward Bond. Es war in England nur in einer Pri­vatbühne aufgeführt worden, nachdem Lord

Chamberlain die britische Zensurstelle, die im September aufgelöst worden war die Aufführung des Stückes verboten hatte.

Im Gegensatz zur Reaktion des Publikums widmete die Stockholmer Presse dem Stück ausgezeichnete Kritiken.Dagens Nyheter, die größte Morgenzeitung Skandinaviens, nenntEarly Moming einmakabres aber brillantes Spiel.Svenska Dagbladet warnte die Zuschauer mit schwachen Nerven vor dem Besuch des Stückes, findet aber die Aufführung fehlerlos. Eine solche ungestü­me Groteske wie dieses Stück von Edward Bond könne nur konzipiert werden von einemverzweifelten Wunsch nach Wahr­heit. Beide Zeitungen bringen seitenlange Besprechungen des Stückes. (dpa)

Verlagsnachrichten

DerFischer Weltalmanach für das Jahr 1969, herausgegeben und verfaßt von Prof. Dr. Gustav Fochler-Hauke, erschien zum 10. Male als Taschenbuch in der Fischer- Bücherei des S. Fischer-Verlages, Frankfurt/Main. In der gleichen Reihe er­schienenProzeß in Nürnberg, ein Doku- mentarstück von Rolf Schneider undPar­ty-Schule von Wolfgang Eberts.

Hochaktuelle Themen werden in drei neuen, bei Eugen Diederichsin Düs­seldorf vorliegenden Büchern behandelt. Uber den Umsturz der Tabus berichtet George Paloczi Horvath in seinem Band Sex, der den Leser mit den Problemen der sexuellen Revolution vertraut macht und Aufschlüsse über die Umgestaltung der Be­ziehung zwischen den Geschlechtern in den verschiedenen Ländern und Kontinenten vermittelt Unter dem TitelDie Pille legt Richard Kaufmann im selben Verlag eine Untersuchung der Bevölkerungsexplo­sion, Geburtenregelung und Familienpla­nung vor. Wolfgang Nette schließlich ver­öffentlicht einenDDR-Report, der einen Eindruck vom deutschen Dilemma, von Wirtschaft und Wissenschaft, Hausfrauen amsozialistischen Herd und von Rentner- Reisen gibt.

Die Tschechoslowakei Schnittpunkt der Entscheidungen von Rudolf Hilf, die ErzählungDer Tag, an dem Beaumont sei­nen Schmerz kennenlemte von Jean-Marie

Gustave le Clezio und der zweite Teil von Elias Canettis EssayDer andere Prozeß zu Kafkas Briefen an Felice sind Beiträge des neuen Heftes der ZeitschriftNeue Rundschau, herausgegeben im S. Fi­scher Verlag, Frankfurt/Main. Außerdem enthält das Heft den BeitragWallenstein mit 40 von Golo Mann und Zbigniew Her­bertsVersuch, die griechische Landschaft zu beschreiben.

Neue Taschenbücher

Der neue Opernführer von Hellmuth Steger und Karl Howe bespricht ausführlich 243 Opern aus vier Jahrhun­derten, von Monteverdi bis zu Henze, Zim­mermann und Nono. Das Taschenbuch kam in der ReiheGoldmanns gelbe Taschenbü­cher (Verlag Wilhelm Goldmann, München) heraus.

Der jüdische Krieg von Lion Feucht- wanger,Abschied Roman von Johannes R. Becher,Schwarze Oliven von Lawrence Durrell,Kamele trinken auch aus trüben Brunnen von M. Y. Ben-Gavriel,Die Ge­heimwaffen des dritten Reiches von David Irving,Die ersten neun Monate des Le-

Auf Vorschlag des Architekten Professor Walter Gropius hat das Bauhaus-Ar­chiv den Industriellen Rosenthal aus Selb (Oberfranken) zum ersten Vorsitzenden ge­wählt. Rosenthal tritt die Nachfolge des im letzten Jahr gestorbenen Prinzen Ludwig von Hessen an.

Die beabsichtigte Schließung der Kasse­ler Musikakademie ist abgewendet worden. Nachdem sich das Land Hessen be­reit erklärt hat, 60 Prozent der Personalko­sten für die berufsbildende Abteilung der Musikakademie zu übernehmen, hat die Stadtverordnetenversammlung den am 5. Juni 1967 verhängten totalen Aufnahme­stopp für die berufsbildenden Fachklassen der Musikakademie mit sofortiger Wirkung aufgehoben.

Die Graphische Sammlung der Stuttgarter Staatsgalerie zeigt bis 12. Januar außer ihrer Hauptausstellungamerikani-

bens von Geraldine Lux Flanagan,Hei­ratsmarkt von Georgette Heyer,Abc der liebevollsten Sätze gesammelt von Egon Jameson undRasen, Rosen und Radies­chen von Gisela Gramenz und Kaspar Lentow sind neue Rororo-Taschen- bücher des Rowohlt-Verlages, Reinbek bei Hamburg. Im selben Verlag erschienen als Rororo-KlassikerCleopatra Sophionisbe von Daniel Casper von Lohenstein,Martin Buber von Gerhard Wehr als Rororo-Bild- monographie.

Zeit für ein Lächeln heitere Prosa von Rudolf Hagelstange undEin ernstes Leben, Roman von Heinrich Mann sind Bände der Fischer-Bücherei des Ver­lages S. Fischer, Frankfurt/Main. AlsBü­cher des Wissens in der Fischer-Bücherei erschienAmerika die unfertige Gesell­schaft von Herbert von Borch.

Als einenBeitrag zur Vertiefung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Pakistan hat das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart eine 178 Seiten umfassende Pakistan-Ausgabe derZeitschrift für Kulturaus­tausch vorgelegt.

sehe und englische Graphik der Gegenwart in der Eingangshalle die 21 großen Folk- wang-Entwürfe von Oskar Schlemmer. Im Studiensaal sind die schönsten Aquarelle und Zeichnungen von Adolf Hölzel, Emil Nolde, Paul Klee, Franz Marc und E. W. Nay zu sehen. Außerdem wird eine Samm­lung der ersten Zeitungen ausgestellt.

Ein Liebesdrama während der deut­schen Besatzung Frankreichs im zweiten Weltkrieg ist Gegenstand eines bei Grasset erschienenen Romans, der mit dem französi­schen LiteraturpreisPrix Interallie ausge­zeichnet wurde. Der Roman heißtLe petit Matin von Christine de Rivoyre.

Eine Neufassung von SchillersDerne- t r i u s-Fragment von Ludwig Berger wird am 16. März in einer szenischen Lesung in der Berliner Akademie der Künste uraufge- führt werden. Die szenische Lesung wird vom Zweiten Deutschen Fernsehen aufge­zeichnet und am 4. April ausgestrahlt.

Kleine Kulturnachrichten