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Amts- unä Anzeigeblall für äen Oberamlsbezirk (!alw
Nr 283
Mittwoch, den 3. Dezember 1930
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Zn clerSlaät lOSoläpsennige wöchentlich mit HrSgerlohn Post-Sezugsprei» 40 Soiä- psennige ohne Besteügelcl
Schluß äer Anzeigenannahme 8 Uhr vormittag»
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Zernsprecher Nr. S
verantwort!. Lchrtfllettmig: Zrieckrich Han» Scheele , Druck: unä Verlag äer A. Oelschlöger'schen vuchäruckerei
Jahrgang 103
Der Kampf um die Notverordnung beginnt
Eine, Knappe Reichstags-Mehrheit für das Kabinett erwartet — Aufhebungscmträge der Nationalsozialisten, Deutschnationalen und Kommunisten
— Berlin, 9. Dez. In brr heutigen Plenarsitzung des Reichstags steht formell der Haushalt für 1931 zur ersten Beratung. Den Hauptgegenstand der Verhandlungen wird aber die Notverordnung bilden, da die Aufhebungsanträge der Kommunisten und Nationalsozialisten sofort mit der Beratung verbunden werden dürften. Es ist also anzn- nehmen, daß die Entscheidung des Reichstages über das neue Gefetzgebungswerk der Regierung Ende dieser Woche fällt.
lieber die Lage im Reichstag herrscht ganz allgemein die Ausfassung, daß die Anträge ans Aushebung der Notverordnung mit einer knappen Mehrheit abgelehnt werden. Der Kanzler kann auf die Stimmen des Zentrums, der Bayerischen und der Deutschen Volkspartei, des Christlich-sozialen Volksdienstes, der Staatspartei, der linksstehenden Bauerngrnppe« und der sozialdemokratischen Fraktion rechnen. Auch der Volksnationaleu dürfte er sicher fein. Rechnet man die Stimmen der Wirtschaftspartet der Opposition zu, so kommt für die Regierung ein Plus von 10 bis 20 Stimmen heraus.
Bleibt Bredt Neichsjustizminister?
Neichsjustizminister Bredtist gestern aus Marburg nach Berlin zurückgekehrt und hat bald nach seinem Eintreffen mit dem Reichskanzler eine längere Rücksprache gehabt. Eine Entscheidung über den angekündigten Rücktritt des Ministers ist in dieser Aussprache nicht gefallen. Prof. Vredt, der bekanntlich eben erst von einer längeren Krankheit genesen ist, wird noch einen kurzen Urlaub antreten. Nach seiner Rückkehr, mit der man Mitte nächster Woche rechnet, wird dann die Entscheidung darüber fallen, ob der Neichsfustiz- niinister seinen Entschluß, ans dem Amte auszuscheiden, aufrecht erhält.
In politischen Kreisen, die der Neichsregierung nahe- ftehtn, ist man der Auffassung, daß angesichts der dann völlig veränderten Lage — bis dahin ist die Entscheidung über das Schicksal der Notverordnung gefallen — erst recht kein Anlaß mehr bestehe, seine Demission aufrecht zu erhalten.
Nationalsozialistische Anträge im Reichstag.
Im Reichstag hat die nationalsozialistische Fraktion eine» Antrag eingebracht, in dem die sofortige Außerkraftsetzung der Verordnung des Reichspräsidenten zur Sichernng der Wirtschaft und Finanzen vom 1, Dezember 1S8V verlangt wird.
Die Nationalsozialisten haben im Reichstag ferner folgenden Antrag eingebracht: Um die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Reichskabinetts Brüning zu schaffen und ihm die rechtmäßige Grundlage seiner Existenz endlich zu sichern, spricht der Reichstag, in dem er über alle sonstigen auf die gegenwärtige Neichsregierung be-
4.U. Berlin, 8. Dez. Der Auswärtige Ausschuß des Reichstages nahm gestern mehrere Entschließungen zu den Vorgängen bei den polnischen Wahlen an. In einer Entschließung der DVP., des Zentrums und der Bayerischen Volkspartei mit Zusätzen der Deutschnationalen gab der Ausschuß seiner Empörung über die Gewaltakte Ausdruck, die von Polen unter Bruch von Recht und Vertrag gegen die deutsche Minderheit verübt worden find. Die deutsche Min- dcrheit sei in ein Gefühl vollkommener Rechts- und Schutzlosigkeit versetzt. Die Vorgänge seien umso ernster, als sie ein Glied in der langen Kette von Vorgängen seien, die klar ein auf die Bedrückung, Verdrängung und Vernichtung der Minderheit gerichtetes System erkennen lassen.
Der Ausschuß halte den Beweis für erbracht, daß eine solche offene Bedrückung nur mit stillschweigender Billigung und Ermutigung seitens der polnischen Behörden möglich war. Von der Neichsregierung werde» Maßnahmen erwartet, nm die Polen zur Aenderung ihres Kurses z» zwingen, und den geschädigte» Minderheitsangehörigen eine angemessene Entschädigung z« verschossen.
Sodann nahm der Ausschuß Entschließungen der Deutsch- nationalen, der Nationalsozialisten und des Landvolkes an, in denen n. a. die Negierung ersucht wirb, die Ratifikation des dentsch-polnischcn Liqnidationsabkommens nicht z« vollziehen und alle Verhandlungen mit Polen über den Abschlnß eines Handelsvertrages »der sonstige Abkommen unverzüglich abznbrechcn. Darüber hinaus soll die Regierung unverzüglich auch die Aufhebung des Retchstagsbeschlus- ses beantragen, durch Len dem Liquidationsabkom- men zugestimmt wurde.
Weiter nahm der Auswärtige Ausschuß eine national- 'vzialisti sche Entschließung an, die die Neichsregierung
zugnehmenden Anträge, Erklärungen und Formeln zur Tagesordnung übergeht, dem Reichskabinett Dr. Brüning Las Vertrauen aus.
Es handelt sich hierbei um einen ausgesprochen technischen Antrag, Ser so gefaßt ist, daß er alle anderen Anträge ausschließen soll und zuerst zur Abstimmung kommen muß. Für ein solches Vertrauensvotum werden die Sozialdemokraten nicht stimmen können und wollen, und der Antrag würde also vermutlich abgelehnt, da die Nationalsozialisten selbstverständlich gegen ihn stimmen. Damit wäre die Regierung gestürzt.
Die Anträge der Deutschnationalen.
Die deutschnationale Fraktion beschloß u. a. im Reichstage nachstehende Anträge einzubringen:
Der Reichstag wolle beschließen, die Verordnung -es Reichspräsidenten zur Sichernng von Wirtschaft «nd Finanzen vom 1. Dezember 1930 außer Kraft zu setze«.
Der Reichstag wolle beschließen: Die Reichsregierung wird beauftragt, unverzüglich durch amtliche Noten den Tributmächten mitzuteilen, daß Deutschland nach der Verstümmelung seiner Grenzen, namentlich im Osten, nach der Leistung eines ungeheuren Milliardenbetrages von Tributen und nach völliger Erschöpfung seiner Kapitalkraft nicht mehr in der Lage ist, die immer weiter ansteigende Zahl erwerbsloser Volksgenossen zu ernähren und damit die Revision des Versailler Vertrages und der auf ihm beruhenden Tributlasten verlangt.
Der Reichstag wolle beschließen: Die Reichsregierung wird beauftragt, unverzüglich durch amtliche Noten allen Mächten zu eröffnen, daß nach der weitgehenden Aufklärung der historischen Tatsachen durch unparteiische Forschung bas deutsche Volk das tm Versailler Vertrag ihm abgepreßte Bekenntnis der Schuld am Weltkriege widerruft.
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Konferenz -er Lan-rvirtschaftsminister.
Amtlich wird mitgeteilt: Im Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft fand gestern eine Konferenz mit den Landwirtschafts- und Ernährungsministern der Länder statt. Reichsminister Dr. h. c. Schiele erörterte in eingehenden Darlegungen die Gesamtlage der Landwirtschaft und die z. Zt. schwebenden wichtigen agrarpolitischen Maßnahmen. In der eingehenden Diskussion, an der sich die Vertreter fast aller Länder beteiligten, wurde sowlchl den teils durchgesührten, teils eingeleiteten Maßnahmen zugestimmt. Hierbei wurde insbesondere die Notwendigkeit betont, in Zukunft das Gebiet der bäuerlichen Veredelungswirtschaft stärker in den Rahmen der agrarpolitischen Fürsorge einzubeziehen.
ersucht, auf Grund der vom Vertreter der deutschen Republik selbst festgestellten Weigerung der Mehrzahl der Teilnehmer des vorbereitenden Abrüstungsausschusses, ihren Abrüstungsverpflichtungen nachzukommen, -ie -««tsche Vertretung ans Genf sofort znrückznbernfen »nd nur einen Beobachter dort zu belassen.
Wie das Nachrichtenbüro des V. -. Z. zu den Beratungen tm Auswärtigen Ausschuß hört, wurde die nationalsozialistische Resolution auf Zurückziehung der deutschen Vertretung aus Genf mit 13 Stimmen der Nationalsozialisten, Kommunisten, Christlich-Sozialen, Deutschnationalen «nb Landvolkpartet gegen 12 Stimmen der Sozialdemokraten, Zentrum, Deutsche Volkspartei und Bayrisch« Volkspartei bei Stimmenthaltung der Wirtschaftspartei angenommen. Eine Reihe anberer Anträge wurde abgelehnt, darunter ein Antrag auf Aufstellung eines Grenzschutzes gegen Polen aus 100000 Erwerbslosen .
Die Verzinsung der Althypotheken vor dem Reichsrat
TU. Berlin, 8. Dez. Der Reichsrat beschäftigte sich am Dienstag mit der Verordnung über die Durchführung des Gesetzes über die Fälligkeit und die Verzinsung der Aufwertungshypotheken. Die Reichsregierung schlägt für -ie Aufwertung dieser Hypotheken ab Januar 1932 einen Zinssatz von 7)4 Prozent vor. Im Reichsrat beantragte Preußen, den Zins nur mit 7 Prozent festzusetzen, da die Landwirtschaft 7)4 Prozent nicht ertragen könne und eine zu starke Erhöhung des Zinssatzes auch die Preis sen- kungsaktiou illusorisch machen würde. Der preu-
Tages-Spiegel
I« Reichstag wir- hente -er Kampf um -ie neue Notverordnung -es Kabinetts beginnen. M«n rechnet -«mit, -atz -ie Anträge ans Aufhebung mit 10 bis 2» Stimmen Mehrheit abgelehnt werden.
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Der AnswLrtige Ausschuß «ahm mehrere «egen Polen gerichtete Entschließungen a«. Auch forderte er die Abberufung -es deutsche« Abrüstnugsvertreters ans Genf.
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In Gens wurden gestern -ie deutschen Anträge auf Einberufung -er Abrüstungskonferenz zum Nooembcr 1981 und auf -aS Verbot schwerer Angriffswaffen abgelehnt.
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Die Kabinettsbildung in Wie« Lnrch Dr. Ender ist infolge -er ablehnenden Haltnng der Lan-volkpartei gescheitert.
ßische Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit 3K gegen 27 Stimmen abgelehnt und die Verordnung in -er Fassung -ex Regierungsvorlage genehmigt.
Es kam dann noch zu einem Zwischenfall. Staatssekretär Weißmann-Preußen wies darauf hin, daß die Regierungen von Braunschweig und Thüringen ihre Vertreter instruiert hätten, für den Zinssatz von 7)4 Prozent zu stimmen, obwohl die Nationalsozialisten im Reichstag beantragt hätten, daß all« Leute, die einen Zins über 5 v. H. nähmen, wegen Wuchers bestraft werden sollten. Der braunschweigische Vertreter erwiderte, daß man die Entwicklung der Gründe seiner Regierung selbst überlassen müsse. Der thüringische Vertreter bemerkt«, es sei eigenartig, an der Stelluugnahure einer Regierung deshalb Kritik zu üben, weil eine der in dieser Regierung vertretenen Parteien einen gewissen Standpunkt eingenommen habe.
D«s HaushaltSgesetz für 1981.
Aus dem Entwurf eines Neichshaushaltsgesetzes wird dem „Berliner Börsencourier" u. a. mitgeteilt:
Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, bis zu 150 Millionen Reichsmark im Wege des Kredites so lange und so wett zu beschaffen, als die Lurch die Veräußerung von Vorzugsaktien der Deutschen Reichsbahngesellschaft flüssig zu machenden Deckungsmittel noch «icht in vollem Umfang zur Verfügung stehen.
Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt: a) Zur Aufrechterhaltung des Betriebes der Neichshauptkasse bis zu 500 Millionen Reichsmark im Wege des Kredites flüssig zu machen; bj der Reichsmonopolverwaltung für Branntwein zur Schaffung eines Betriebsmittelfonds bis zu 75 Millionen Reichsmark zur Verfügung zu stelle».
Im Rechnungsjahre 1931 dürfen in den Hoheitsvermaltungen freiwerdende besetzbare Planstellen LeS unteren und einfachen mittleren Dienstes, soweit sie nicht mit entbehrlichen Beamten oder soweit sie nicht tm Wege der Versetzung oder innerhalb der gleichen Laufbahn tm Wege der Beförderung besetzt werden, nur mit geeigneten Wartegeldempfängern oder mit Versorgungsamvärtern besetzt werden. Das gleiche gilt für 50 Prozent der frei werbenden Stellen -es gehobenen mittleren Dienstes.
Streikunruhen in Chemnitz
TU. Chemnitz» 8. Dez. Die Chemnitzer Straßenbahner find gestern in einen Streik getreten. Grund ist die angekündigte Einführung der 40-Stunbenwoche ohne Lohnausgleich. An einigen Straßenbahnhöfen kam es zu Zusammenstößen zwischen Arbeitswilligen und Streikenden; die Arbeitswilligen wurden überall vor den Depots von starken Streikposten beschimpft und z.T. tätlich angegriffen. Die Polizei mußte teilweise vom Gummiknüppel Gebrauch machen. An verschiedene« Stelle« -er St»-t wurde« barika-enartige Hin-erniffe errichtet, «m -e» Stratzenbahnverkehr z» unterbinde«. Hierzu wurden Holzkohlen, umgeworsene Lastwagen usw. verwendet. Teilweise wurden die Schienen durch Holz und Steine verkeilt ober durch losgeriffene Zaunlatten verstärkt. Es ist der Polizei teilweise unter Mithilfe der Feuerwehr gelungen, die Hindernisse inzwischen wieder zu beseitigen. In der Dresdener Straß« wurde versucht, einen Straßenbahnwagen umzuwcrfen. Außerdem sind Wagen a« verschiede»«» Stelle» der Gta-t «it Steine« heworse« worden, wobei Fensterscheiben zertrümmert wnrden. Eine Anzahl Personen wurde festgenommen. Der Direktion ist es gelungen, mit Hilfe der Arbeitswilligen den Straßenbahnverkehr teilweise wieder aufzunehmen. Die polizeilichen Maßnahmen sind verstärkt worden, u. a. hat sich das Polizeipräsidium entschlossen, infolge der Ausschreitungen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bedeuten und deren Wiederholung nicht ausgeschlossen scheint, mit sofortiger Wirkung ein Verbot von Versammlungen unter freiem Himmel, Auf- und Umzüge und irgendwelche Versammlungen für den Stadtbezirk Chemnitz auf Grund -es entsprechenden Artikels der Reichsverfassung zu erlassen.
Entschließungen des Auswärtigen Ausschusses
Protest gegen Polen — Abberufung des deutschen Abrüstungsvertreters aus Genf