Die Staatsveriräge Preußens mit den Kirchen

Verhandlungen über de» Vertrag mit de« evang. Kirche».

TU. Berlin, 13. Okt. Wie der Amtliche Preußische Presse­dienst mitteilt, Hut bas preußische Staatsininisterium zu den bisherigen Verhandlungen über Len Abschluß eines evang. Kirchenvertrages Stellung genommen. Ein formulierter Vertragsentwurf wird Len evang. Kirchen unver­züglich zugeleitet werden. Das Staatsministerium beabsichtigt, die Angelegenheit möglichst bald einer endgülti­gen Losung entgegenznführen.

Die Bedeutung der Verträge des preußischen Staates mit Len Kirchen beider Konfessionen erörterte im Rahmen der K irchenverwaltungswoche Ministerialdirektor Trende - len bürg vom preußischen Kultministerium. Seine Aus­führungen haben sowohl im Hinblick ans die Persönlichkeit des Ncdners, der an dem Zustandekommen des Konkordates entscheidend beteiligt mar, als auch tm Hinblick auf die neue­ste Stellungnahme des preußischen Staatsministeriums zum evangelischen Staatsvertrag besonderes Interesse. Der Red­ner ging ausführlich auf die politischen Hintergründe und die Grundlagen des Prenßenkonkordats ein. Interessant war die Feststellung, daß dieReichsverfassnng hin­sichtlich des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche manche Zweifelsfrage offen lasse und die Stellung des Staates von vorneher- ein erschwere. Die Frage eines Reichskonkordats, wie Trendelenburg an Hand genauen Oucllenmaterials darlegte, vor 10 Jahren von der Ncichsregierung ernsthaft erwogen, sei durch die Aera der Länderkonkordate in den Hintergrund gedrängt worden.

Bei der Erörterung des evangelischen Staatsvertrages ging Trenöelenburg von der bekannten Entschließung des preußischen Landtags vom Juli 1929 aus. Die grundsätz­liche Streitfrage, ob überhaupt der Staat mit einer Innerstaatlichen Institution einen Vertrag schließen könne, ohne seine Staatshoheit zu gefährden, habe durch diese Ent­schließung ein für all« mal eine positive Entschei­dung gefunden. Zu dem Paritätsanspruch der evangeli­schen Seite stellte der Redner fest, daß die Parität und die Gleichzeitigkeit des Vertragsabschlusses ohne Zweifel die ide­ale Lösung sei, daß sich aber bei so großen politischen Aktio­nen nicht ohne weiteres eine Gleichzeitigkeit erreichen lasse. Dem Staat könne als dem Hüter der öffentlichen Ordnung das friedliche Zusammenleben zwischen den Religionsgesell- schaften nicht gleichgültig sein. Deshalb führe er die Ver­tragsverhandlungen mit Len evangelischen Kirchen nicht zu­letzt im Interesse der Förderung deskonfessionel­len Friedens.

Lobe gegen Diktatur uud Faschismus

Die Berliner Sozialdemokratie veranstaltete am Sonn­tag im Lustgarten eine Kundgebung gegen Diktatur und Faschismus, für Demokratie und Arbeiterrecht. Reichstags- Präsident Löbe führte u. a. aus:

Am Vorabend des Zusammentritts des Reichstages wolle die Sozialdemokratie der Neichstagsfraktion zeigen, Satz sie ihren Kampf im Parlament gestützt auf ihre Millionen po­litisch geschulter Anhänger beginnen könne. Mit Drohun­gen und Verspechungen hätten die Diktaturfreunde bei den letzten Wahlen eine große Anzahl Anhänger gewonnen. Die Sozialdemokratie werde den Gegnern ihren eisernen Willen und, wenn es notwendig wäre, die Arbeiterfaust ent­gegensetzen. Alles Las, was politisch rückwärts gerichtet sei, das Bank- und Industriekapital, die Grundbesitzer, warteten auf bas Bündnis mit den Nationalsozialisten. Auch der Faschismus werde und könne die Tributlasten nicht weg­schaffen. Hitler habe schon erklärt, neue Verträge nicht ein- gehen, die bestehenden aber erfüllen zu wollen. Auch die in­nere Wirtschaftskrise, die eine Weltkrise sei, könne Hitler nicht beseitigen. Fast eine Milliarde ausländischer Kredite seien gekündigt und infolgedessen eine große Menge deut­schen Goldes an das Ausland zum Schaden der deutschen Wirtschaft abgeführt worben. Die Krise könne nur durch or­ganisierte Tätigkeit überwunden werben, zu der die Sozial­demokratie die notwendigen Weisungen geben werde.

Das Heer der Wohlfahrtserwerbslosen

TU. Berlin, 13. Okt. Im Gegensatz zu den rückläufigen Unterstütztenzahlen der Arbeitslosenversicherung hat das Heer der Wohlfahrtserwerbslosen im Monat September eine neue bedeutende Vermehr» ng erfahren. Nach -er Erhebung des Deutschen Städtetages wurden in den Städten über 28 000 smit einer Gcsamtbevölkerung von 2S Millionen) am 80. September 479 009 Mohlfahrtserwerbslose lohne Familienmitglieder als Auschlagsempfänger) gezählt. Von diesen werden 63 000 als F ü r s o r g e a r b e i te r be­schäftigt. Gegenüber dem Ergebnis des Vormonats (445 000) ist für die genannten Städte eine neue Belastung der ge­meindlichen Wohlfahrtspflege um weitere 7,8 v. H., gegen­über dem 31. Dezember 1929 aber «ine Verdoppelung der zu betreuenden Erwerbslosen eingetreten. Außerdem erhielten in den Städten über 25 000 Einwohner am 30. Sep­tember 52 000 Empfänger von Arbeitlosenverstcherung und Krisenfürsorge laufende Zusatzunterstützungen.

Kleine politische Nachrichten

Zwanzigprozentige Kürzung der Ministergehälter und Staatsratbezüge in Baden. Das badische Staatsministe­rium hat einen einstimmigen Antrag seiner vier Mitglie­der beschlossen, mit Wirkung vom 1. November b. I. bis zur anderweitigen gesetzlichen Regelung der bisherigen Besol­dungsbezüge einstweilen das Grundgehalt, das den Mini­stern während ihrer aktiven Ministertätigkeit zusteht und die Bezüge des Staatsrats jeweils um 20 Proz. zu kürzen.

Drutschnationaler Amnestieantrag. Die deutschnationale Neichstagsfraktion hat als ihren ersten Antrag im Reichs­tag einen Gesetzentwurf über Straffreiheit eingebracht. Der Entwurf entspricht wörtlich demjenigen, den die Fraktion auch dem alten Reichstag vorgelegt hatte. Darnach soll Straferlaß gewährt werden sür die aus politischen Beweg­

gründen begangenen Straftaten, die im 8 4 des Gesetzes über Straffreiheit vom 14. Juli 1928 lTötungsLelikte) von der Straffreiheit ausgeschlossen worden sind. Der Straferlaß soll sich ausdohnen auf Nebenstrafcn, Stcherungsmahnah- men, rückständige Geldbußen und Kosten.

Der Ueberbrückungskredit.United Preß" berichtet über den Ueberbrückungskredit, bah er den Zweck habe, die Durchführung des Brüningschen Finanzplanes zu ermöglichen. Er werde deshalb in großem Maße davon ab­hängig sein, ob der Kanzler sein Programm im Reichstage durchbringen werde. Die Hauptanteile seien durch amerika­nische und schwedische Interessen vertreten. Für England und Frankreich würden je 10 Millionen Dollar genannt.

Jbsro-Amerikanisches Institut in Berlin. In Berlin wurde ein Jbero-Nmerikanisches Institut eröffnet, das aus großherzigen Stiftungen und Geschenken aus Süd- und Mittelamcrika über eine Bücherei von über 120 000 Bünden verfügt. Reichsaußenminister Dr. CurtiuS übcrbrachte die Glückwünsche der Neichsregierung. Er wies auf die Bedeu­tung des lateinamerikanischen Knlturkreises für die Arbeit gerade innerhalb des Völkerbundes hin und betonte zum Schluß die geistigen Beziehungen, die Deutschland durch Alexander von Humboldt mit den südamerikanischen Staa­ten angeknüpft habe.

Ein Schoberblock gegründet. In Wien ist nach langwie­rigen Verhandlungen eine Wahlgemeiuschaft gegründet worden, an deren Spitze Dr. Schober steht. Die Wahlge- mcinschaft besteht aus den Großöeutschen, dem Landbuud, dem Städtebnnd, dem Deutschen Gewerkschaftsbund, der Reichsorganisation der öffentlichen Angestellten, der Uöe- Partei und einigen anderen kleinen Parteien. Die Ver­handlungen, die mit der demokratischen Mittelpartei wegen eines Beitritts zu dieser Wwhlgemcinschaft geführt wurden, hatten kein Ergebnis.

Zusammenstöße zwischen Nationalsozialisten nnd Poli­zei. Bei dem Aufmarsch zu einer völkischen Kundgebung ge­gen den Gewaltfrieden, die am Sonntag in Wien stattsaud, kam es zu blutigen Zusammenstößen zwischen anmarschie­renden Nationalsozialisten und der Polizei. Unter Hinweis auf das bestehende Aufmarschverbot verlangte die Polizei, daß der in militärischer Ordnung marschierende Zug sich auflösen solle. Als die Nationalsozialisten dieser Aufforde­rung nicht nachlamen und in Pfuirufe ausbrachen, kam es zu Zusammenstößen. Mitglieder des Sturmtrupps der Na­tionalsozialisten hieben auf die Polizisten ein; in wenigen Augenblicken sah mau blutige Köpfe. Auf seiten der Natio­nalsozialisten gab es 2 Schwer- und 13 Leichtverletzte.

Versuchte Komnvnnistenkundgebnng vor der deutschen Ge­sandtschaft in Oslo. Am Sonntag nachmittag versuchten Kommunisten vor der deutschen Gesandtschaft in OSlo wegen der Verurteilung von Kommunisten in Deutschland (!) eine Kundgebung zu veranstalten. Etwa 1500 norwegische Kommunisten marschierten gegen das am Dammersvaien gelegene Gesandtschaftsgebäube. Die sofort herbeigerufeue Polizei riegelte die Straße ab und vereitelte jede Demon­stration.

Gemeinderatsersatzwahlen in Straß-urg »nd Solmar. Die Ersatzwahlen für die Gemeinderäte in Strahburg und Kolmar im Elsaß haben am Sonntag noch zu keinem Er­gebnis geführt. Für nächsten Sonntag sind Stichwahlen angesetzt. Trotz Einsatzes außerordentlicher Propaganda- mittel von französischer Seite stehen die durch den französi­schen Staatsrat ihrer Mandate als verlustig erklärten Auto- nomistenführer Schall in Straßburg und RossL in Kolmar mit den höchsten Stimmziffern an der Spitze.

Botschafter von Schubert in Rom

TU. Rom, 13. Okt. Der neue deutsche Botschafter beim Ouirinal, v. Schubert, traf am Sonntag um 7.20 Uhr in Rom ein. Er wurde am Bahnhof vom deutschen Botschafter beim Heiligen Stuhl, v. Bergen, sowie dem Geschäftsträger beim Ouirinal, Botschaftsrat Smend, empfangen. Ferner waren sämtliche Herren der deutschen Botschaft mit ihren Damen, die Vertreter der deutschen Institute und der deut­schen Kolonie anwesend. Von seiten des italienischen Außen­ministeriums wurde der neue Botschafter von dem Gesandten und Chef des Protokolls, Tegliani, begrüßt.

Militärzug in Brasilien abgestürzt

TU. London, 13. Otk. Bisher noch unbestätigten Gerüch­ten aus Sao Paulo zufolge entgleiste ein Eisenbahnzug, der 1000 Mann Regierungstruppen nach Santos bringen sollte, in einer Kurve und stürzte aus beträchtlicher Höhe ab. Di« meisten Soldaten sollen ihr Leben verloren haben. Weiter« Einzelheiten fehlen noch, insbesondere darüber, ob das Un­glück durch kriegerische Maßnahmen der Aufständischen ver­ursacht worden ist.

Aus aller Welt

Familientragödie in Berlin.

In Berlin hat der 33jährige Monteur Wilhelm Richter nachts seine 31jährige Ehefrau Maria, sowie seinen Rühri­gen Sohn Hans im Schlaf im Bett durch Zertrümmerung des Schädels gelötet und sich dann selbst erhängt. Richter war an einem Magenleiden erkrankt, für besten Ausheilung wenig Hoffnung bestand. Er nahm sich die Feststellung einer am Donnerstag vorgenommenen Untersuchung so zu Her­zen, daß er sich zu dem furchtbaren Verzweiflungsschritt entschloß.

D«r Neichstagssitznngssaal fertig.

Die Umbauarbeiten im Plenarsitzungssaal des Reichstages sind am Sonntag mittag abgeschlossen worden. Die Schreib- pulte sind nur in den ersten fünf Reihen erhalten geblieben; dafür sind im Hintergrund weitere Sitzreihen gewonnen wor­den. Auch in den Nischen und Ecken der Rückwand des Sit­zungssaales sind noch einig« Sitzplätze geschaffen worden. Als Ersatz für die Pulte ist zur Unterbringung des Drucksachen­materials, sowie der Abstimmungskarten für jeden Abge­ordneten am Stnhl des Vordermannes ein Kasten angebracht worden. Das Bild des Sitzungssaales hat durch die Um­bauten nicht gelitten. Der einzige Nachteil ist eine gewisse Unbequemlichkeit für die Abgeordneten.

Bogelmassenmor- mit Flugzeuge» eine abscheuliche Barbarei.

Nus dem Bogelschutzgebiet Peenemünde (Insel Usedom) wird berichtet: Peenemünder Fischer beobachteten zwei Ein- decker der Flugschule Warnemünde im Vogelschutzgebiet Peenemünderhafen. Die beiden Flugzeuge, die fast täglich diese Strecke befahren, wichen plötzlich vom Kurse ab, um in die aufsteigenden Entenschwärme hineinzujagcn. Zahlreiche Tiere wurden durch den starken Druck förmlich zermalmt. Tausende und aber Tausende von Federn bezeichneten den Weg, den die Flugzeuge genommen hatten. Die Fischer sam­melten abgeschlagene Flügel, Köpfe, Beine und Eingeweide der auf so grausame Weise getöteten Bügel und füllten da­mit einige Körbe. Viele Enten waren wie von einem schar­fen Messer durchschnitten. Die Ueberreste wurden gesammelt.

Schwere Strafen gegen Psarrerssamilien in Rußland.

Das Schicksal der im Dezember vorigen Jahres wegen sowjetfeindlicher Umtriebe in Leningrad verhafteten Pasto­ren und Gemeinöeglicder ist nach neunmonatiger Unter­suchungshaft nunmehr entschieden. Die beiden Pastoren Han­sen und Muß sind zu je 10 Jahren Straflager verurteilt worden unter gleichzeitiger Einziehung sämtlicher Habe. Die Pastorin Hansen hat 5 Jahre Straflager erhalten, ebenso auch eine Tochter des verstorbenen Bischofs Frcifcldt. Die Pastorin Muß und zwei weitere Töchter des Bischofs Frci- feldt erhielten drei Jahre Straflager. Alle übrigen Ange- schuldigten und Angeklagten, etwa 80, haben gleichzeitig je 3 Jahre Straflager erhalten. Nur einzelne wenige sind zu 3 Jahren Verbannung nach Ostsibirien verurteilt.

Hochwasser im Westen

Todesopfer des Hochwassers im Saargebiet.

Die vor einigen Tagen vermißt gemeldete Tochter dcS Schleusenwärters von Groß-Blittcrsdorf ist ein Opfer des Hochwassers geworden. Die Leiche des jungen Mädchens wurde etwa 100 Meter unterhalb der Schleuse aus dem Kanal gezogen. Noch zwei weitere Personen sind Opfer der Hochwasserkatastrophe geworden. Es handelt sich um einen 30 Jahre alten Mann aus Darmstadt, der in Großrog ln zn Besuch weilte und auf einem selbstgezimmerten Floß auf die hochgehende Rossel hinausgefahren war. Im ande­ren Falle handelt es sich um einen 6jährigen Jungen. Bedrohliche Lage im französischen UeberschwemmuugSgebiet

Die Ueberschwemmungen in den französischen Ostpro­vinzen nehmen einen immer bedrohlicheren Umfang an. Besonders in der Umgebung von Reims und Verdun kann man geradezu von einer Katastrophe sprechen. In Anbreville und Varcnne konnten die Bewohner der niedrigeren Stadt­viertel nur mit Mühe vor dem Ertrinken gerettet werden. Die Eisenbahnlinien sind an verschiedenen Stellen unterbro­chen. Die Umgebung von Verdun gleicht einem großen See. Auch in Reims mußten viele Häuser geräumt werden.

Katastrophale Ueberschwemmung in Lissabon.

Infolge schwerer Gewitterregen wurden die Straßen Lissabons teilweise bis zu zwei Metern hoch überschwemmt. Der Verkehr mutzte in vielen Bezirken eingestellt werden. Unter dem Druck des Wassers platzten die Hauptwasser­leitungen, wodurch das Straßenpflaster an vielen Stellen aufgerissen wurde. Die Fluten drangen auch in das Kriegs­ministerium, ins Innenministerium und in das Hauptpost­gebäude ein, sodaß die Beamten sich in die oberen Stockwerke zurückziehen mußten.

Aus den Parteien

Die Deutsche Demokratische Partei i« Württemberg bleibt

bestehe«.

Der Landesvorstand der Deutschen Demokratischen Par­tei Württembergs trat am Montag unter dem Vorsitz von GehMat Dr. Bruckmann zu einer Sitzung zusammen. Ge­genstand der Beratung war die durch die Vorgänge in der Retchsparteileitung der Staatspartei für die württ. Demo­kraten geschaffene Lag«. Es wurde einstimmig ein Beschluß gefaßt, in dem zum Ausdruck gebracht wirb, daß an der Tat­sache, - die Deutsche Demokratische Partei als Organi­sation und Partei seither unverändert fortbestanüen habe» nichts geändert werde. Sie werde ihrem Namen die Unter­bezeichnungLandesverband Württemberg der Deutsche» Staatspartei" beifügen und sei bis zur Klärung der endgül­tigen Organisation der Deutschen Staatspartei tm Reich als selbständige Parteiorganisation anzusehen. Zum Schluß heißt es in der Entschließung, die Deutsche Demokratisch« Partei Württembergs sei entschlossen, in der Richtung einer Politik der Sammlung aller unseren Staat bejahenden bür­gerlichen politischen Kräfte wetterzuschreiten.

Die württembergische Sozialdemokratie -ege« Beteiligung an der Reichsregierung.

Die Stuttgarter Sozialdemokratie faßte in ihrer letz­ten Mitgliederversammlung nach einem Referat des Reichstagsabgeordneten Aufhäuser eine Entschließung, in der es u. a. heißt: Die sozialdemokratische Partei Stutt­garts sieht bis auf weiteres die Frage der Beteiligung der Sozialdemokratie an der Reichsregierung nicht als akut an. Die Versammlung ersucht die Neichstagsfraktion, sich in sozialen Fragen von den bürgerlichen Mittelparteien nicht erpressen zu lassen. Die sozialdemokratische Politik im Reichs- tag ist zu bestimmen von der Beseitigung der für das arbei- tende Volk unerträglichen sozialen steuerpolttischen Bestim­mungen der Notverordnung, der umgehenden Inangriff­nahme der im Negierungsprogramm völlig außer Acht ge­lassenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen, vor allem der Behebung der Arbeitslosigkeit durch Streckung der Arbeits gelegenheiten in Form der Arbeitszeitverkürzung: durch staatliche Erhaltung und Stärkung der Konsumkraft im Sinne ihres Anglcichs an die Möglichkeiten des starken Produk- tionsapparatcs und der rücksichtslosen Bekämpfung aller die Konsum- und Steuerkraft beeinträchtigenden Pläne des Nc- gterungsprogrammes. Im entschlossenen Kampf für diese Notwendigkeiten werden Sozialdemokratie und Freie Ge­werkschaften letzten Endes auch außerparlamentarisch stark genug sein, um allen politischen Möglichkeiten ins Auge sehen und die Demokratie dem arbeitenden Volk erhalten zu kLE-

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