Oktober 192g.

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krierten BeilagenFeierstunden- Die Mode vom Tage-.

Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn llt 1.6V; Einzelnummer 10 L. Erscheint au jedem Werktage. Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Vezirk Nagold. Schriftleitung, Druck und Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: Haus-, Garten- und Landwirtschaft-

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Dienstag, den 29. Oktober 1929

Fernsprecher Nr. 28

103. Jahrgang

Die Landlagswahle« in Baden

zwei Sitze gewonnen. Was aber den Wahlen das besondere Gepräge gibt, ist das auffallende Zurückgehen der deutsch­nationalen Stimmen: die Partei verliert von den bis­herigen 9 Sitzen nicht weniger als 6. Die Rechtswähler sind teils zu dem erstmals mm auch in Baben aufgetretenen ChristlichenLolksdienst, besonders aber zu den N a- tionalsozialisten Äs der schärferen Tonart abgeschwenkt. Demokraten und Deutsche Volks­partei haben ihre Mandatszahl gehalten, in Wirklichkeit bedeutet dies aber im Verhältnis zur vermehrten Abgeord­nete nzohl ebenfalls einen Rückgang.

Das Gesamtergebnis ist nun folgendes (die Zahlen der letzten Wahlen sind in Klammern bei gefügt):

Zentrum

Sozialdemokraten

Deutfchnationale

Deutsche Volkspartei

Demokraten

Wirtschaftspartei

Kommunisten

Linkskomnmmisten '

Bolksrechtpartei

Gvang. Volksdienst

Nationalsozialisten

Christlich-Sozial«

Badischer Bauernbund

341 860 187 290

34 081 74 318 62 335

35 613 55169

1530 6 803 S5S28 66106 5105 26141

(283 404) (160 533)

93 727) 72 882) 66 842) 22 858) 47 304) - ) - ) - ) - )

34 Sitze 18 Sitze 3 Sitze

7 Sitze 6 Sitze 3 Sitze 5 Sitze

Sitze

Sitze

8 Sitze

(28)

(16)

Rückgang der Deutschnationalen, Dolkspartei und Demokraten Starker Zuwachs der Sozial­demokraten, Nationalsozialisten und des Zentrums

Nunmehr liegt das endgültige Wahlergebnis vor, nachdem wir gestern nur unverbindlich die Resultate ver­öffentlichen konnten.

Die badischen Landtagswahlen am Sonntag waren die ersten, die nach dem neuen Wahlgesetz durchgeführt wurden.

Dieses Gesetz ist durchaus auf die großen Parteien zu­geschnitten. Die Wahlkreise sind gegenüber dem vorigen Ge­setz verkleinert, woraus sich jetzt die größere Zahl der Man­date (88 gegen früher 72) erklärt. Die Wahlbeteiligung be­trug durchschnittlich etwa 65 o. H. Bemerkenswert ist das starke Anwachsen der Zentrumspartei. Auch die S o- zialdemokraten haben dank dem ne.:,-.. Wahlgesetz

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Nach 8 39 der Verfassung muß der neugewählt« Land­tag am 10. Tag nach erfolgter Wahl zufammentreten. Die erste Ätzung findet voraussichtlich am Mittwoch, den 6. No­vember, 11 Uhr statt. Erster Punkt der Tagesordnung P die Wahl des Landespräsidiums. Unter den wieder- gewählten Abgeordneten befinden sich auch die Minister Dr. Trunk (Justiz), Dr. Leers (Kultus und Unterricht) und Dr. Schmitt (Präsidium und Finanzen).

Der BerlSngervngsantrag abgelehnt

Berlin, 28. Okt. Reichsinnenminister Severing den Antrag des Reichsausschusses für das Volksbegehren, die Einzeichnungsfrist zu verlängern, obgelehnt.

In den amtlichen Rundfunkreden gegen das Volksbegeh- rmi war behmiptet worden, daß schon im Friedensvertrag eine unbegrenzt lange Dauer der Reparationen vorgesehen gewesen sei. Der Reichsausschuß für das Volksbegehren wies dies auf Grund des Artikels 233 des Versailler Ver­trags, der ausdrücklich die Reparationen aus 30 Jahre fest­setzt, als Irrtum nach. Halbamtlich wird nun zugegeben, daß nach dem Friedensverirag Deutschland allerdings sein« Zahlungen innerhalb 30 Jahren zu leisten habe, es sei Ä»er auch vorgesehen, daß im Fall eines Rückstands die Z<ch- lungsfrist verlängert werden könne.

Im Versailler Vertrag steht aber nichts davon, daß Deutschland auch für die Schulden der Verbündeten untereinander aufzukommen habe. Diese Bestimmung ist erst durch den Youngplan neu aufgestellt worden und nkr aus diesem Grund wird die Zah- lnngspflicht auf so unendlich lange Zeit, nämlich von 30 aus 59 Jahre ausgedehnt.

Für das Volksbegehren haben sich in Berlin bi« Oktober 190 007 Personen in die Listen eingetragen.

Bankenverschmelzung und Angestelltenschutz

Berlin. 28. Okt. Das Reichsarbeitsministerium hat di« Führer der Angestelltenverbände auf Donnerstag, 31. Okt., eingeladen, um ihnen das Ergebnis seiner Besprechung mit

den Vertretern der Deutschen Bank und der Diskontogesekl- schast mitzuteilen.

Kvimnmristenkrawall in Leipzig

Leipzig, 28 Okt. Zu einer kommunistischen Kundgebung hatten sich etwa 12 000 Teilnehmer eingefunden, in der Hauptsache uniformierte Mitglieder des verbotenen Rot- fr on tk äm pse rb u n d s. Me Polizeibeamten mußten bei der drohenden Haltung der Kommunisten unter An­wendung des Gummiknüppels die Räumung des Lindenauer Marktes durchführen. Unter den insgesamt 51 Festgenommenen befinden sich eine Anzahl Auswärtiger. Den Festgenommenen wurden Hieb- und Stichwaffen so­wie eine Anzahl Steine abgenommen. Mehrere Polizei­beamte wurden durch Skeinwürse verwundet- Auch Schüsse wurden auf die Polizei abgegeben, doch wurde durch sie niemand verletzt.

Beschwerde der Presse gegen Zeugniszwang

stiel, 28. Okt. Gegen einen Schriftleiter derKieler Neuesten Nachrichten" hatte die Staatsanwaltschaft Zwangsmaßnahmen angedroht, weil er in Wah­rung des Redaktionsgeheimnisses den Verfasser eines vom Gericht beanstandeten Artikels anzugeben sich weigert. Der Landesverband Schleswig-Holstein im Reichs­verband der Deutschen Presse hat nun gegen das Vorgehen der Gerichtsbehörde schärften Einspruch erhoben. Auch die Zeitung hat Beschwerde geführt.

Nt. 254 Gegründet 1827

Tagesspiegel

Gegenüber verschiedenen Berichten in Auslandsbläkkern wird halbamtlich erklärt, als deutscher Außenminister sei Dr. Lurkius in Aussicht genommen. Die weiteren Behaup­tungen. das Zentrum wünsche kür Stegerwald das Reichs- wirtschaftsministerium, wogegen die Deutsche Dolkspartei das Justizministerium und von Guerard (Z.) wieder das Verkehrsministerium erhalten solle, sei reine .Kombination".

Zu den deutsch-amerikanischen Verhandlungen über die Iributzahlungen an Amerika wird in Berlin halbamtlich mitgeleill, daß die Verhandlungen von Washington aus» j gingen, das sich vom Boungplan und der Tributbank unab­hängig hakten wolle. Von irgendwelchen Erleichterungen für Deutschland sei keine Rede.

Die Leiche des Fürsten Bülow wird am ZI. Oktober für das Publikum in Rom zum Besuch freigegeben. Um 10 Ahr abends desselben Tags erfolgt dann die Ueberführung des Fürsten nach Altona.

Der tschechoslowakische Ministerpräsident Udrzal überreichte im Hinblick auf die Neuwahlen dem Präsidenten der Repu­blik das Entlassungsgesuch des Kabinetts, das auch ange­nommen wurde.

Fürst Bülow f

' Rom, 28. Okt. Fürst Bülow ist heute früh 7 Ahr in seiner Villa Malta nach kurzem Todeskampf gestorben.

Die letzten Nachrichten über das Befinden des früheren RÄckskanzlers seit seinem ersten Schlaganfall, der eine rechtsseitige Lähmung zur Folge hatte, lauteten so ernst, daß mit dem Tod stündlich gerechnet werden mußte. Im Alter von mehr als 80 Jahren wurde sein Leben beschlossen, das reich war an Arbeit und Erfolgen, aber auch an drücken­den Erfahrungen und Fehlschlägen. Nach seiner Persönlich­keit gehört Fürst Bernhard v. Bülow unstreitig zu den Großen seiner Zeit. Ausgestattet mit außerordentlichen Gaben des Geistes und einer bezwingenden Liebenswürdig­keit war er als diplomatischer Vertreter des Reichs im Aus­land ganz an seinem Platze. Die freundschaftlichen Be­ziehungen zwischen Deutschland und Italien hat er als Botschafter in Rom in wirklicher Wärme zu erhalten ver­standen. Aber die Leitung der gesamten deutschen Außen­politik und schließlich der deutschen Politik überhaupt in die Hand zu nehmen, dazu fehlte ihm die Bismarcksche Ent­schlußkraft. Es war daher ein Mißgriff des Kaisers Wilhelm II., leider nicht der erste und nicht der letzte, als er Bülow 1897 von Rom abberief, damit er nach der kläglichen Kanzlerschaft des Fürsten Chlodwig Hohenlohe das Auswärtige Amt und drei Jahre später das Kanzleramt übernehme. Von da ab bereiteten sich die großen Entscheidungen vor, die im Jahr 1914 gerade zu dem Krieg führten, dem Bülow ausweichen wollte. Er sah das Verhängnis kommen, aber er fand nicht die Ent­schlußkraft, mit starker Hand und mit der gewaltigen Macht des Reichs und des verbündeten Oesterreichs Italien ist ja schon bald nach dem Weggang Bülows von Rom der englischen Ablockung vom Dreibund heimlich gefolgt das drohende Schicksal abzuwenden. Bekannt ist sein Wort in einer Reichstagsrede nach dem kläglichen Rückzug der deut­schen Politik in Marokko und auf der Konferenz von Alge- ciras:W ir werden doch nicht wegen Marokko vom Leder ziehen!" Nein, wegen Marokko allein gewiß nicht, so groß die deutschen Interessen dort waren. Aber es stand mehr auf dem Spiel als die Bergwerks­gerechtsame der Firma Mannesmann und anderer. Es handelte sich darum, die von England bereits mit dem Zweck der Niederschlagung des deutschen Weltwettbewerbs ein­gefädelte Einkreisung Deutschlands zu sprengen, und es handelte sich in letzter Linie um die E h r e Deutsch­lands. Damals war die Macht des Reichs zu Wasser und zu Land dem sich bildenden Feindbund gegenüber noch groß genug, um wenigstens durch ein kräftiges Ultimatum, wenn nicht durch einen Abwehrkrieg den Vernichtungsplan Eng­lands und den Rachedurst Frankreichs zu zügeln. Frank­reichs Rüstungen waren damals noch sehr mangelhaft, es hatte ja auch vor England im Faschoda-Streit einen jäm­merlichen Rückzug antreten müssen. Deutschlands Rüstun­gen staken in den ersten Anfängen; beide, jedenfalls aber Rußland, hätten einen Krieg nicht riskieren können.

In der Folge ist der Reichskanzler Bülow von den Bot­schaftern, besonders in Petersburg, immer wieder gewarnt worden es geschah nichts. Die Schuld trägt ja wohl de» Kanzler in diesem Fall nicht allein, vielleicht nicht einmal zum größeren Teil. Seine Stellung war erschüttert, als er nach dem Willen der Nation im November 1908 dem Kai­ser ernstlichen Vorhalt machen mußte, seinepersönliche Politik" ohne Verantwortung des Reichskanzlers einzu­stellen. Im folgenden Jahr erhielt Fürst Bülow den Ab­schied, und nun erfolgte der größte Mißgriff: Bethmann Hollweg wurde als sein Nachfolger berufen in einer Zeit, die eineneisernen" Kanzler erfordert hätte. Deutsch­lands Schicksal war besiegelt.

Fürst Bülow hat den Sturm herausziehen sehen. Als er aber des Amtes enthoben war, hat er sich von der Poli­

tik ganz zurückgezogen und sich an der Seite seiner kunst­sinnigen Gemahlin ganz einem schöngeistigen Leben im besten Sinn des Worts gewidmet. Obwohl er mit jeder Faser seines Herzens am deutschen Vaterland und Volks­tum hing, war es ihm in seiner Villa Malta, die ein Tem­pel für Kunst und Wissenschaft war, wohler als in der Weltstadt Berlin. Dies hinderte ihn aber nicht, bis in die letzten Jahre seines Lebens, als ihm der Tod die Gattin entriß, jedes Jahr mit ihr längere Zeit auf seinem idylli­schen Gut in Groß-Flottbeck bei Hamburg zu verweilen.

Das Kanzlerwort, daß man ihm (Hohenlohe) einst in Deutschland Denkmäler setzen werde, nicht für das, was er getan, sondern was er verhindert habe, wird sich wohl auch an Fürst Bülow nicht erfüllen. Aber er wird in der deutschen Geschichte fortleben Äs ein Staatsmann, der das Gute gewollt hat und dem Vaterland hätte noch manchen Dienst leisten können, wenn er auf dem Feld seiner eigent­lichen Begabung hätte fortwirken können.

Beileidstelegramm des Reichspräsidenten zum Tode des Fürsten Bülow

Berlin, 28. Oktober. Anläßlich des Ablebens des Fürsten Bülow hat der Herr Reichspräsident dem Bruder des Ver­storbenen in herzlichen Worten telegraphisch sein Beileid ausgedrückt.

Neueste Nachrichten

Der stampf um di« deutsche Sprache in Ostoberfchlefien

stattowitz, 28. Okt. Der Schulvisitator für die Volksschule, Schulinspektor Mangold, hat angeordnet, dah in allen Leh­rerkonferenzen der Minderheitsschule künftighin lediglich die polnische Sprache oerurendet werden darf.

Die Wahlen in der Tschechoslowakei

Prag, 28. Oktober. Nach den bis Montag mittag vor­liegenden Ergebnissen des ersten Wahlgangs aus 22 von 23 Wahlkreisen (es fehlt lediglich der Uzhoroder Wahlkreis^ »»langten MandÄ-- die Kommunisten 16, die ungarischen Lhriftlichsozialen 6, die deutsche Wahlgemeinfchaft 8, die deutschen Sozialdemokraten 14, die polnisch-jüdischen Parteien 1, di« deutsche Nationalpartei 3, die tschecho­slowakischen Nationalsozialisten 22, di« tschechoslowakischen Sozialdemokraten SO, die Liga gegen di« verbundenen Listen k (ihre Spitzenkandidaten Stribny und Gaijda sind gewählt), die tschechoslowakischen Nationaldemokraten 4, die tschecho­slowakische Dolkspartei 18, di« Republikaner 33, die deut­schen Christlichsozialen 6, die Gruppe Hlinka der slowaki­schen Volkspartei 13 (ihr Spitzenkandidat Tuka ist im Kaschauer Wahlkreis nicht durchgedrungen), die Gruppe Iuriga der slowakischen Volkspartei 0, die deutschen. Nationalsozialisten 4. Von der Gesamtzahl der 300 Abge- ordnctenmandate sind jetzt 182 besetzt.

Var Kabkmtt Dalodt«

Parts, 28. Okt. Das Kabinett Dekodier (Sozialradikak) ist gesichert, nachdem di« Sozialisten ihre Beteiligung zugksagt haben und Briand sich, wie vorauszusehen war, hat erbitten lasten, das Außenministerium wieder zu über­nehmen. Nach demEcho de Paris" wird sich das Kabi- nett folgendermaßen zusammensetzen: 5 Radikale, 4 Sozia­listen, 2 Anhänger der Fraktion Loucheur, 2 Linksrepubli­kaner, 1 Mitglied der unabhängigen Linken (Richtung Guernut). Daladier habe di« Absicht, ein selbständiges Postministerium und ein selbständiges Ministerium für die Handelsmarine zu schaffen.