Seite 2 Nr. 246

Nagoldcr TagblatkTer Gesellschafter"

Montag, 21. Oktober 1929.

Wie kann Württemberg feiner Landwirtschaft helfen?

Im Zusammenhang mit einer Besprechung des Buch» .Der Ertrag der bäuerlichen Familienwirtschaft' von Pro­fessor Dr. Munzing er-Hohenheim macht Frhr. von Stausfenberg im Wüät. Wochenblatt für Landwirt­schaft' Vorschläge, wie der württembergische Staat zu der Beseitigung der trosüosen Einkommensverhältnisse der bäuerlichen Betriebe beitragen kann. Er führt dabei u. a. aus: Der Bauernstand ist in der Entwicklung der letzten Jahrzehnte kulturell, finanziell und wirtschaftlich derartig vernachlässigt worden, daß er aus sich allein weder die in­nere, geschweige denn die finanzielle Leistungsfähigkeit auf­bringen wird, um die notwendige Umstellung zur Anpassung an die völlig veränderten Daseinsbedingungen zuwege bringen. Hier muß die im württ. Staat zusammengefaßte schwäbische Volksgemeinschaft helfend eingreifen und dem für diese Arbeit geschaffenen Organ der Landwirt­schaftskammer nicht nur die Mittel, sondern auch die gesetzlichen Voraussetzungen an die Hand geben, um wirk­lich helfen zu können. Für Kompetenzstreitigkeiten ist die Lage zu ernst. Notwendig sind zunächst Mittel. Eine genaue Erforschung unseres Staatshaushalts zeigte, daß weitaus das meiste für die Stadt und die mit ihrem Leben zusammenhängenden Berufe allsgegeben wird. Man hat dabei vollkommen vergessen, daß das Land nicht nur für sich selbst zu sorgen, sondern auf seine Kosten auch den Nachwuchs der Industrie und der Städte größtenteils zu erziehen hat. Ieden Pfennig, den der Staat frei bekommen kann, verwende er für das Land.

Was wir brauchen, sind billige und gut einge­richtete Schulen für den bäuerlichen Nachwuchs, de­ren Besuch der trostlosen Lage der Landwirtschaft nichk nur unentgeltlich, sondern sogar im Bedarfsfall gegen Entschä­digung ermöglicht werden sollte-Der Staat sollte wei­

terhin der die Grundlagen des Bauerntums zerstörenden Güterzersplitterung in einem vernünftigen und den sehr verschiedenen lokalen Verhältnissen angepaßten Feldbereinigung s- und Heimat st ättenge setz einen Riegel oorschieben und zugleich die Folgen einer un­

glücklichen Gesetzgebung durch ein mit weitgehenden Zwangsrechten ausgestattetes Zusammenlegungs­gesetz allmählich beseitigen. Der Staat muß die von den städtischen Automobilen zusammengefahrenen Stra­ßen in Stand setzen und dem Land ein WeggVsetz geben, das den Ansprüchen des Güterumsatzes und der Be- baung entspricht. Der Staat muß weiterhin die Ansätze, die im Eber- und Farrenhaltungsgesetz zur Förderung der Viehzucht gegeben sind, weiter aus­bauen, seine Aufsicht viel strenger ausüben als bisher und zur Förderung der Rationalisierung der Viehzucht höhere Mittel zur Verfügung stellen. Das Beispiel- und Versuchswirtschaftswesen auf allen Gebieten, insbesondere zum Ausprobieren der landw. Maschinen und Geräte und zum Studium der ländlichen Arbeitsmethode muß mehr als bisher gefördert werden. Der Bauer hat keinen übrigen Pfennig, den er für mangelhafte Maschinen und Geräte, wie sie ihm immer noch in Mengen angeboten

werden, ausgeben könnte_Der Staat muß sich auch des

Genossenschaftswesens mehr annehmen als bis­her. Man gebe sich keiner Täuschung hin, daß unser blühen- des Genossenschaftswesen in den Änfangsstufen der Ent­wicklung stecken geblieben ist und daß es nur auf einem Gebiet, dem Kreditwesen, einigermaßen genügt. Die ge­nossenschaftliche Maschinenverwertung, der genossenschaftliche Ein- und Verkauf spielen heute noch kaum eine Rolle.

Eins der trostlosesten Kapitel, das Professor Münzinger in feinem Buch behandelt, ist das landwirtschaftliche Bauwesen. Wir haben auf unfern Baugewerk- und technischen Hochschulen, die ja alle fast ausschließlich auf städtische Bedürfnisse zugeschnitten sind, Generationen von Fachleuten erzogen, die' vom landwirtschaftlichen Bau­wesen und seinen eigentümlichen Bedürfnissen nichts ken­nen. Was sie lernen, und was gerade der Bauer nicht brauchen kann, ist teuer bauen... Schulung der ländlichen Architekten für ihren Beruf ist eine der wichtigen Aufgaben > ländlicher Erziehung.

Die Frauenverbände zeigen den gedeckten Tisch in verschiedenartiger, reizvoller Art, und zwar stellt die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Hausfrauen Stuttgarts folgende Tische aus: 1 Kinder­tisch, 1 Tauftisch, 1 Hochzeitstisch, Abendtisch des jungen Ehepaares, sowie einen kleinen runden Tischaus der guten alten Zeit". Der Hausfrauenverein Cannstatt zeigt einen Rohkosttisch sowie einen für spezielles Geschirr (Zinn) eingerichteten Zinntisch und einen Kindertisch. Außer­dem in sehr humoristischer Aufmachung den Tisch: alssie" Abschied nahm, alssie" wiederkam. Der Kat h. Deutsche Frauenbund zeigt einen Erntedanktisch, einen Fischtisch und einen Tisch für größere Gesellschaft. Der .gedeckte Tisch" findet weitgehendes Interesse.

herbstgewitter. Nach den letzten ungewöhnlich warmen Tagen fetzte in der Nacht zum Samstag gegen 1 Uhr ein kurzes, aber heftiges Gewitter mit reichlichem Regen ein, das die Temperatur stark abkühlte. Das Wetter blieb frostig und regnerisch.

Versuchter Kindsmord. Um sich der Alimentenzahlung von 30 Mark monatlich für sein lediges Kind zu entziehen, versuchte im Juli d. I- der 27 I. a. ledige Pflästerer Her­mann Schulth von Vaihingen a. F. das bei Pflegeeltern untergebrachte Kind zu vergiften. Durch das Hinzu- kvmmen der Mutter des Kinds wurde er an d«c Ausführung veichindert. Er wurde heute von dem Stuttgarter Schöffen­gericht zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Staatsanwalt hatte 5 Jahre Zuchthaus beantragt.

Stuttgark, 20. Okk. Der Zeppelinbesuch abge­sagt. Nach einer Vereinbarung mit der Zeppelinbau- AG. und Dr. Eckener wurde der Besuch des Luftschiffs in Böblingen wegen des schlechten stürmischen Wetters für den 20. Oktober abgesagt. Die Landung soll bei halbwegs günstigem Wetter am Sonntag, den 27. Oktober ausge­führt werden. Die bereits gelösten Eintrittskarten behalten ihre Gültigkeit.-

Die Enttäuschung in Böblingen ist sehr groß. In Er­wartung eines Massenbesuchs hatten namentlich die Metz­ger und Bäcker sich vorgesehen. Einige Metzger sollen bis , zu 20 Stück Vieh geschlachtet haben.

Schnelloerbindung StuttgartTübingen. Ab 25. Oktober wird eine Kraftlinie eingerichtet: Tübingen (Hindenburg- plah) ab vorm. 9.23 Ilhr, Stuttgark an 10.50, Rückfahrt Stuttgart ab 9.20 Uhr abends, Tübingen an 10.45 Uhr. Der Echnellwagen hält nur in Degerloch, Echkerdingen, Steinen- bronn, Waldenbuch, Dettenhausen, Bebenhausen und Lustnau.

Wieder ein internationaler Dieb festgenommen. Seit einigen Tagen hat sich in vielen Großstädten des Reichs und sehr wahrscheinlich auch in Oesterreich, Polen, in der Tschechoslowakei und in Holland ein Diebessnesialist be­tätigt, der Stoffballen von auf der Straße abgestellten Roll­fuhrwerken der Güterbeförderer, während die Fahrleute die Frachtgüter austrugen, entwendet und jeweils in an­deren Städten abgesetzt hat. Bei Verübung eines solchen Diebstahls ist er am 9. Oktober in der Marienstraße er­tappt worden. Die von ihm in letzter Zeit erbeuteten Stoffe, können zum größten Test wieder beigebracht werden.

Zuffenhausen. 20. Okt. Eingemeindungsfrage. Bezüglich der Eingemeindung hat sich die Stadt Stuttgart neuerdings Vorbehalten, vom Vertrag zurückzutreten, wenn die Amkskörperschaft Ludwigsburg eine höhere Abfindung als 300 bis 350 000 Mark verlangen sollte. Da hierdurch eine neue Sachlage geschaffen ist, wird der hie­sige Gemeinderat am Dienstag dam Stellung nehmen.

Kupferzeit. 20. Okt. Uebertriebener Bericht. Der gestern gemeldeteRadau", den der Kupferzeller Ge­sangverein nach dem Bericht eines Heilbronner Vlatts im Eisenbahnzug angeblich gemacht haben sollte, hat sich, wie zu erwarten war, als ganz harmloser Vorfall (Rauchen im. Nichtraucher-Abteil) herausgsstellt. Die Notbremse war auai nicht von den Kupferzellern, sondern in einem ganz anderen Abteil gezogen worden: allerdings beschuldigte anfangs der Schaffner die Sänger, bis ihm kein Irrtum nachgewie­sen werden konnte. DasDemolieren" des Eisenbahn­wagens und der Station sind reine Phantasie.

Kirchengesangstag in Ulm

ep. Ulm. 20. Okt. Der Ev. Kirchengesangsver­ein für Württemberg veranstaltete am 19. und 20. Oktober unter starker Beteiligung in Ulm seinen dies­jährigen Kirchengesangstag. Die Festtaae wurden

eingeleitet mit einer zahlreich besuchten Mitglieder­versammlung am Samstag nachmittag ,m evange­lischen Gemeindehaus. Der Jahresbericht stellte e ne Zunahme der Mitgliederzahl fest. Der Verein zählt heute 650 korporative und 1400 Einzelmitglieder. Kirchcnmusik- direktoc Gölz hielt einen großangelegken Vortrag über Die Bedeutung der musica sacra für das kirchliche Ge­meindeleben". Viele Kirchenlieder des 16. und 17. Jahr­hunderts drängen sich als echte musica sacra auf, während das 19. Jahrhundert arm an solcher ist. Die neue Sing­bewegung kann unser Geschlecht wieder fähig zum rechten Singen machen.

Einen herrlichen Auftakt bildete die öffentliche Jo- Hann-Sebastian-Bach-Festaufführung am Samstag abend in der Dreifaltigkeitskirche. Der trefflich geschulte Almer Verein für klassische Kirchen­musik unter der Leitung von Fritz Hayn führte dis Kantate 117Sei Lob und Ehr dem höchsten Gott" und das gewaltige Magnisicat vor einer großen Zuhörer­schaft auf. Die Solisten und das Orchester leisteten Treff­liches. Beim Austritt aus der Kirche überraschten die von Hunderten kleiner Oellämpchen beleuchteten Häuser des Grünen Hofs". ,

Aus Stadt und Land

Nagold, den 21. Oktober 1929.

Wer die Liebe nur als ein Vergnügen ansieht, wird bald seine Vergnügungssucht in Liebesangelegenheiten aufgeben müssen.

Dienftnachrichten.

Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurde Zoll­amtmann Match el, Vorsteher des Hauptzollamts Horb, zum Regierungsrat ernannt.

Sicherem Vernehmen nach ist Herr Stadtpfarrer Voelter- Wildberg für die 1. Stadtpfarrstelle in Zuffenhausen in Aus­sicht genommen.

Ein stiller» Enttiiuschstng bringender Sonntag

Ockergelb sind die Blätter auf den lichten Bäumen ge­worden, wie müde Bögelein flattert eins ums andere als letztes Wahrzeichen des Sommers zur Erde und bedeckt sie mit einem bunten Teppich. Kahl und leer erscheint die Welt, harrend neuer Reize im winterlichen Gewand.

Regen war gestern die Parole, Stille herrschte im gan­zen Städtlein, denn wer mochte bei dieser Unbeständigkeit vor die Türe gehen. Etwas Enttäuschung über den abge­sagten Zeppelinbesuch (SieheWürttemberg") mag auch dabei mitgewirkt haben. Die Meldung traf hier leider verspätet ein, sodaß schon ein ganzer Teil Schaulustiger nach Böblingen abgereist war. Aber nicht nur hier ging es so, wo man hinhört, waren die Menschen nach Böblin­gen unterwegs, ja sogar aus dem Badener Land und sonst wo her. Mag dieses Vorkommnis von mancher Seite als Schwabenstreich hingestellt werden, unser Zeppelin ist uns doch mehr wert, als ihn anläßlich eines verschiebbaren Besuches durch ungutes Wetter gefährdet zu sehen. Wenn das Wetter gnädig ist, wird er ja nun am nächsten Sonn­tag angeflogen kommen.

Kirbe war auch gestern, obwohl nach außen hin nicht viel davon zu merken war) man machte sich eben einen extraguten Tag mit Speise- und Trank, mit Neuem und Zwiebelkuchen, mit Metzelsuppe und frischem Sauerkraut. Tuum quique! auf gut deutschJedem das Seine"!

Deutschland am Scheidewege"

Die Gegner des Joungplanes und Befürworter des Volks­begehrens sind rührig an der Arbeit, um die Oeffentlichkeit über diese beide Punkte auszuklären und ihr ihre Ansicht über ein notwendiges Verhalten in diesen Fragen zu übermitteln. Sprach in vergangener Woche ein nationalsozialistischer Abge­ordneter vor überfülltem Saal, so sprach gestern abend nach einleitenden Worten des Herrn W. Theurer vor ebenfalls einem sehr gut besetzten Traubensaal der frühere Landtagsabgeord­nete Bruno Roos aus Stuttgart, und zwar im Auftrag der Würti. Bürgerpartei, Ortsgruppe Nagold. Um es gleich vorweg zu nehmen, die fein geschliffene, von hoher Vaterlandsliebe und Idealismus getragene und vor allem rein

sachliche Rede des Herrn Roos fand außer bei einer aanz klei­nen Opposition ungeteilten Beifall. Wir wollen inackstebon den Zeilen versuchen, kurz die Richtlinien seiner Ausführungen wiederzugeben. ' ^ ^"

Er selbst (Roos) sei zwar eben immer Gegner des Nouno- planes gewesen, aber er habe auch Anfangs Zweifel über di- Richtigkeit des Volksbegehrens gehabt. Diele Unsicherheit habe er aber längst überwunden und er bezeichnet das Volkäbeaeb- ren nicht nur als erlaubt, sondern als zweckmäßige absolut notwendige und nationalpolitische Notwendigkeit. Roos geißelt das Verhallen der Reichsregierung zu dem Begehren, die an Stelle der pflichtgemäßen aufklärenden und sachlichen Ausfüh­rungen am Rundfunk Parteiwahlpauken primitivster Art halte Ausführungen, die von Schlagworten und beschimpfenden Aus­drücken trotzten. Der Redner weist in diesem Zusammenhang auf das immer wieder wahre Wort hin .Wer schimpft hat Unrecht!' Das ganze Gebühren zeige, daß rem Handeln der Regierung der Makel der Unwahrhafligkeii anhastei Da nun die Regierung diese sachliche Aufklärung nicht gcbe, so bleibe kein anderer Appell, als der an das deutsche Volk übrw Das Dawesgutachtcn sei der Ausgangspunkt zum Aoungplan gewesen, das Gutachten, das Dr. Slresemann selbst im °>ahre 1924 im Reichstag nur als annehmbar unter Festlegung ge­wisser Transferierung zugunsten Deutschlands erklärte. Diese vorgesehenen Schutzbestimmungen sind im Joungplan nun fort- gefallen und die deutsche Währung ist durch die notwendige Zahlungsweise in stemden Devisen in aller schwerster Gefahr. Habe der Dawesplan lediglich einen Versuch dargestellt, so Hilde der Joungplan das Endgültige, dem die Möglichkeit einer Re­vision genommen sei. Die Bearbeiter des Joungplanes halten uns eine Wainungstafel im Plan selbst aufgestellt, denn es heiße dann, daß Deutschland erst die finanzielle und kommerzielle Trag­fähigkeit des Joungplanes vsrstchtia überprüfen solle Die Schul­den des Joungplanes seien keine Staatsschulden mehr, die heule oder morgen bei einer eventl. Machtoerschiebunq abgestelll weiden könnten, hat doch d>r Feindbund sofort nach Unterzeichnung des Vertrages das Rechi, die deutschen Zahlungen zu kommerziali­sieren, d. b. zu piioaten Schulden resp. Zahlungssordemngm zu machen. Die dann im Handel ckfindlichen Schuldscheine müssen wir dann einlösen, kann es kommen wie es will, würde sonst stets und immer die Kreditfähigkeit des Staates darunter leiden. Als Beispiel führte der Redner die Hansestadt Danzig an, die erst 1908 auch eine Art kommerzialisierter Schulden aus der Zeit der napoleonischen Gewaltherrschaft über Deutsch­land bezahlt hat. Gegenüber dieser privaten, unbedingt in allen Fällen zu zahlenden Schuld des Joungplanes stehe die Dawesschuld, die entsprechend dem Dawesplan nur aus Ueder- schüssen der deutschen Wirtschaft bezahlt zu werden brauche. Die deutsche Wirtschaft habe aber rock keinen Ueberschuß eo zielen können, die Wirtschaft, ob groß oder klein, lieoe im Sterben. 30"/, der Unternehmen zahlen keine Dividende, Zusammenlegen der D-Banken wegen Mangel an Bankierungs- Möglichkeiten, Ueberfremdung der deutschen Industrie!! Der Ellenbogenraum werde immer kleiner und .... die Re­gierung hülle sich bei allen ihren Ausführungen in eisiges Stillsein über Rests schweigende Sterben der deutschen Wirt­schaft. Wohl würden beide Pläne, sowohl der Dawesplan wie der Joungplan, die Möglichkeit einer Inflation in sich bergen, jedoch mit dem Unterschied, daß bei einer Inflation infolge des Joungplanes wir verlieren, bei einer solchen aber durch den Dawesplan der Gegner verliere. Vielfach werde die Außen­politik der letzten Jahre als zwangsläufiges Geschehen hin­gestellt. Dies sei unwahr, denn ganz klar lassen sich die Fehler dieser bisher getriebenen Außenpolitik dokumentarisch festiegen. Der Redner führte sodann einige Beispiele in dieser Rich­tung an. Wenn Man weiiec behauptet habe, die Sachverstän­digem Gutachten in Paris seien unabhängig von politischer Seite gewesen, so stimme dies nicht, denn Schacht habe offi­ziell zugegeben, daß er von der Regierung beeinflußt worden sei und unter deren Druck gehandelt habe. Das Volksbegehren wolle nun das deutsche Volk vor einem grauenvollen Erwachen bewahren, so wie es erwacht sei aus dem Versailleroertrag I9>9, für den der Gegner seinerzeit im Falle der Ablehnung von deutscher Seite anerkanntermaßen bessere und leichtere Verträge vorbereitet hatte. Ganz vorsichtig berechnet bringe auch der Joungplan keine Zahlungserleicherung gegenüber dem Dawes­plan, im Gegenteil eine Mehrbelastung. Der Redner wies dies rechnerisch nach. Alles in allem: l. Der Joungplan zerschlage die Stützen der deutschen Währung, 2 verwandle die Staats­schulden in private Schulden und 3. schließe die Möglichkeit einer Revision aus. '

Bisher habe man dem Feindbund den Abschluß der Ver­träge leicht gemachr, da wir stets zu allem Ja und Amen ge­sagt haben und wenn wir aus dieser Notzeit herauskommen wollten, so müßten wir auch einmal den Mut besitzen, nein zu sagen. Äon einer Katastrophe bei der Ablehnung des Volks­begehrens könne gar nicht die Rede sein, denn zwangsläufig bleibe dann der Dawesplan in Kraft. Es bestünde dann die Möglichkeit zu neuen Verhandlungen, dis bei rer neuesten po­litischen Konstellation günstigere Abschlüsse versprochen würden.

Das Verbot des Stahlhelms entbehre das Ausmaß na­tionaler Würde und das Vorgehen Severings gegen die Beamtenschaft stelle einen glatten Bruch der verfassungs­mäßigen Rechte dieser Berufsschicht dar, ja, es schließe die Möglichkeit aus, als Beamter etwas anders zu sein als ein sich duckender Knecht der jeweiligen Regierungspar­teien. Die Angriffe gegen Hugenberg durch die demokra­tische Partei, Ortsgruppe Nagold, die ihn als Kapitalisten bezeichnen, seien erlogen, denn Hugenberg sei lediglich Verwalter von Geldern, die ihm aus der Wirtschaft zu treuen Händen zur Verwaltung gegeben wurden. Er kon­trolliere die Unternehmen im Namen seiner Geldgeber und habe eine Presse geschaffen als Gegengewicht gegen die jüdische Zeitungswelt. Wenn der Demokrat Koch ge­sagt habe, daß die Weimarerverfassung gut, aber was man aus ihr gemacht habe, unverantwortlich sei, so dürfe man der nationalen Front doch niemals das Recht zur Kritik dieser Verfassung absprechen. Merkwürdig seien auch die Zusammenhänge bei den großen Skandalen, bei denen stets die jüdischen ostgalizischen Raffkes mit den so­zialdemokratischen Würdenträgern Hand in Hand gingen. Durch das Volksbegehren wollten wir der Regierung den Rücken stärken zu neuen Verhandlungen und der Welt zeigen, daß Deutschland aus Männern bestehe, die für ihr Vaterland etwas einzusetzen bereu ! seien. Der viel umstrittene 8 4 würde sich niemals ! auf die Vergangenheit beziehen, würde also kei­neswegs die bisherigen Minister für ihre Vertragsav- ! schlüsse heranziehen wollen, vielmehr sei der lediglich sur ! künftige Zeiten geschaffen, um so der Außenpolitik gewls- ! sen Grenzen zu ziehen, einer Politik, die oft mit emer ! billigen und gefügigen Mehrheit des Reichstages geschaf­fen worden sei. Den besten Beweis für die erfolglose Aup senpolitik der letzten 10 Jahre habeStresemann selbst dum seine eigenen Worte gegeben, indem er an den Reichskanz­ler über die Enttäuschung durch Briand schrieb. Es sei des-

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