September 1929.
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Mit den illustrierte» Beilagen „Feierstunden" „Unsere Heimat", „Die Mode vom Tage".
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i jedem Werktage. — Verbreitetste Zeitung im ! O.-A.-Bezick Nagold. — Schriftleitung, Druck und i Verlag v. G. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold
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Nr. 207
Gegründet 1827
Mittwoch, den 4. September 1S2S
Fernsprecher Nr. 29
103. Jahrgang
Wieder im Heimathafen
„Graf Zeppelin" unter stürmischem Jubel 8.48 Uhr gelandet — In rund 15 Fluglagen um die Welt
Friedrichshafen. Das Luftschiff „Graf Zeppelin" ist heute früh 8.48 Uhr unter dem brausenden Jubel einer unübersehbaren Menschenmenge glatt gelandet, nachdem es bereits 8 25 Uhr über dem Landeplatz eingetroffen war.
Arledrlchshafen, 3. Sept. Vom Luftschiff „Graf Zeppelin" ging die Funkmeldung «in, daß es sich am Dienstag vormittag 9 Uhr d. Z. auf 37.50 Grad nördlicher Breite und 15.30 Grad westlicher Länge befinde und Richtung auf Kap Finisterre genommen habe.
Eine neue Amerikafahrk
Anfang Oktober wird „Graf Zeppelin" wieder nach Amerika fahren.
Beflaggung bei der Ankunft des „Graf Zeppelin"
Das Staatsministerium hat angeordnet, daß am Tag der Ankunft des Luftschiffs „Graf Zeppelin" in Friedrichshafen die staatlichen Gebäude in Stuttgart und Friedrichshafen beflaggt werden.
Aus Anlaß der Rückkehr des „Graf Zeppelin" werden, einer Anregung des Reichsministers Severing zufolge, auch in Sachsen Schulferien veranstaltet. Der Tag ist unterrichtsfrei.
Die Wettfahrt des «Graf Zeppelin". Dis Fahrt um den Erdball bemißk sich im ganzen auf rund 34 400 Kilometer. (Der Aequator mißt 40 000 Kilometer.) Diese ungeheure Strecke legte das Luftschiff von Lakehurst bis Lakehurst in rund 12 Fahrttagen zurück und im einzelnen: 8.—10. August Lakehurst—Friedrichshafen 8200 Km. in 5516 St., 15.—19. August Friedrichshafen—Tokio 11247 Km. in 102 St., 23. bis 26. August Tokio—Los Angeles 9653 Km. in 80 St., 27. bis 29. August Los Angeles—Lakehurst 5300 Km. in 52 Stunden. Dazu kommen die weiteren 8200 Km. Lakehurst— Friedrichshafen vom 1.—4. Sept. Insgesamt hat also das Luftschiff — die letzte Route ist noch nicht genau bekannt — 42 000 bis 43 000 Km. in rund 15 Flugtagen zurückgelegt. ^
Eintreffen der Ehrengäste in Friedrichshafen.
Friedrichshafen, 3. Sept. Heute Abend trafen Staatspräsident Dr. Bolz, der bayrische Ministerpräsident Held, der badische Staatspräsident Schmidt, der württ. Finanzminister Dr. Dehlinger hier ein und sind heute Abend Gäste des Leiters des Deutschen Auslandsinstituts, Generalkonsul Dr. Wanner aus dessen Eutshof Reutenen bei Lindau. Später trafen auch der Reichsverkehrsminister Stegerwald, der amerikanische Botschafter Schurman, der deutsche Botschafter in Washington, von Prittwitz, der württ. Justiz- und Wirtschaftsminister Dr. Beyerle und der sächsische Gesandte in Berlin, Gottschakk, ein. Die Stadt ist bereits völlig überfüllt. Die Hauptstraßen sind dicht beflaggt. In den Straßen stauen sich die Kraftwagen. Alle Nebenstraßen sind in Parkplätze verwandelt. Friedrichshafen hat noch nie einen solchen Verkehr gesehen. Zahlreiche Fremde müssen die benachbarten Städte und Ortschaften aufsuchen, um noch Unterkunft für die Nacht zu finden.
Weitere Zeppelin-Meldungen siehe Seite 3
Die in der Arbeitsgemeinschaft der Württembergischen Presse verbundenen Zeitungsverleger und Redakteure unserer heimatlichen Tagespresse widmen in stolzer Begeisterung über den glücklichen Abschluß der von seiner Werft in Friedrichshafen ausgehenden und die kühnsten Erwartungen Lbertreffenden Fahrt des Luftschiffes die nachstehende öffentliche Kundgebung:
,Mj Melin" W Grch!
llmbraust vom ehrenden Jubel einer ganzen Welt, ist „Graf Zeppelin" in seinen schwäbischen Heimathafen am Bodensee zurückgekehrt. Da ist es der Presse Württembergs besonderes Bedürfnis, den Heimkehrern, den Führern und der Besatzung in herzhafter Freude ein Wort aufrichtiger Begrüßung zu sagen.
Enger noch als sonst man sich hier im Schwabcnlande mit den Weltfahrern verbunden gewußt und teils in bangender Sorge, teils in siegesgewissem Vertrauen jeden Funkspruch erwartet, der von dieser an Gefahren und Erfolgen überreichen Fahrt Kenntnis gab. Als erhebendes Vorzugsrecht empfanden es die württmbergischcn Zeitungen, Vermittler sein zu dürfen zwischen den Landsleuten in der Heimat und den Landsleuten in dem Weltluftschiff, das der Schwabe Ludwig Dürr gebaut und das die Männer von Friedrichshasen, mit Hugo Eckener an der Spitze, so sicher durch die Lüfte steuerten.
Da soll es auch ein Vorrecht der württ. Presse sein, gemeinsam den Zurückkehrenden Willkomm und Dank zu sagen. Wir wissen, welch opferfreudige Hingabe bei Führung und Mannschaft es bedurfte, um in nimmermüder Wachsamkeit, Entschlossenheit u. Selbstzucht allen Anforderungen gerecht zu werden, welche diese neue Aufgabe stellte.
Die Heimat ist stolz auf ihre Leistung, die deutschem Werk und deutscher Tat aufs neue die Bewunderung aller Völker der Erde gewann. In diesem Gefühl grüßen wir sie bei ihrer Rückkehr auf schwäbifchen Boden. Vor allem gilt Glückwunsch und Dank dem verehrten Führer der Fahrt, Dr. Hugo Eckener, den wir ehedem zu den Männern der Presse zählen durften und der, wenn er auch heute noch in der Ferne weilt» den Jubel der Heimat in erster Linie auf sich beziehen darf. Vielleicht mag dieser Jubel etwas weniger laut sich äußern als die Ehrenkundgebungen in fremden Ländern. Aber er trägt dafür die echte Vlutwärme innerer Verbundenheit.
Dr. Hugo Eckener u. Dr. L. Dürr bleiben die getreuesten Verwalter und Vollstrecker des Erbes, das Graf Zeppelin hinterlassen hat. Die württembergische Presse weiß diese Treue in hohem Maße zu schätzen und wird sie stets in besonderen Ehren halten.
Arbeitsgemeinschaft der württembergischen Presse:
Carl Esser Dr. Hcinr. Dröse
Verlegervorsitzender Redakteurvorsitzender
Gelungene Symbolik des „Völkerbundskonzerts"
Zur Eröffnung der herbstlichen Tagung des Völkerbunds in Genf veranstaltete der internationale Rundfunk am Sonntagabend ein Konzert. Die Veranstaltung darf als woh l- gelungen bezeichnet werden insofern, als sie vom Wesen des Völkerbunds ein charakteristisches Bild gab. Erst wurde durch den Fernsprecher zwischen Zürich, Paris. London, Berlin und einigen anderen Hauptstädten endlos geschwätzt, bis man sich über den Beschluß des Konzerts verständigt hatte. Als man dann endlich in Gang gekommen war, war in der Hauptsache nur die erste Violine zu hören, und die saß — in Paris. Am wenigsten vermochte Berlin mit seinem Klavierpart durchzudringen, der doch — man spielte die Meditation von Bach-Gounvd auf Johann Sebastians eigenstem Flügel — von Rechts wegen die Führung hätte haben sollen. Konnte das Wesen des Völkerbunds vollkommener ausgedrückt werden als durch diese musikalische Symbolik?
Ueber den zweiten Programmpunkt ist das Konzert nicht hrnausgediehen. Dann hatte man so viel Zeit vertrödelt und sich so weit auseinandergespielt, daß der Rest des Programms der Vertagung anheimfiel. Die großen Ka
nonen d-rs Völkerbunds sollen das Konzert als „feinsinnige Huldigung" befriedigt zur Kenntnis genommen haben und können nun mit frischen Kräften in Genf an die Arbe-1 gehen, Europa gegen eine allzu rasche Wiederkehr friedlicher- Zustände zu „sichern". Man kann nicht sagen, daß der Ruhm des Völkerbunds in den letzten Jahren merklich gestiegen sei. Briand, der alte Fuchs, sagte sich: Es muß etwas geschehen. Und Briand sprach das große Wort von den Vereinigten Staaten Europas, die er nun s — nachdem Deutschland die untragbare Tributlast bis 1988 ! aufgepackt worden — umgehend in Szene setzen wolle.
Ja, warum soll Briand die Vorherrschaft Frankreichs, für die er arbeitet, zur Abwechslung nicht auch einmal als j „Vereinigte Staaten von Europa" ausmachen. Bisher ging j die Vorherrschaft unter der Firma „Regelung des Frie- ! dens". Aber nachdem im Haag alles und noch mehr erreicht ist. ist es auch für die innerfranzösische Politik zweckmäßig, ein neues Firmenschild aufzuziehen. Also „Vereinigte Staaten Europas". Jeder Franzose weiß, wie das gemeint ist. Was der erste Napoleon durch den französischen Militarismus vergeblich zu erreichen strebte, die dritte Re-
Tagesspiegel
Die Reichsregierung soll beabsichtigen, ein Weißbuch über die Haager Konferenz zu veröffentlichen.
Die Rheinlandkommission soll nach der Räumung der zweiten Zone von Koblenz nach Wiesbaden verlegt werden. — Die Wiesbadener hatten sich schon gefreut, von der Fremdenplage erlöst zu werden.
Die Räumung des besetzten Gebiets durch die Belgier foS erst Ende November durchgcführt sein.
Im Völkerbund hielt Mac Donald eine Rede, in der er die Errungenschaften des Völkerbunds und der Welk pries, deren große Etappen Locarno und Haag seien.
Der Führer der indischen Moslems, Mohamed Ali» fordert in einem Aufruf alle Mostems in Indien auf, feierlich zu ge- lclen, wenn es nötig sein sollte, ihr Leben und ihr Eigentum für die Erhaltung der Heiligkeit Jerusalems zu opfern und sich gegen das britische Mandat und die Erklärungen Balfours übe? die Nakionalniederlassung für Juden zu wenden.
Havas veröffentlicht heute nachmittag folgende auffallende Mitteilung: Der Gesundheitszustand Poincares ist befriedigend. Die Temperatur ist nach wie vor normal. Es wird erst am Ende der Woche eine neue Untersuchung stattfind«».
In Jerusalem hält die Spannung an. Aus der Klagemauer wurden von Arabern Steinschichten ausgebrocheu.
Das Reiw skabinett, das unter dem Vorsitz Dr. Strese- manns tagte, billigte einstimmig das Ergebnis der Haager Konferenz.
publik erreicht es bei geregeltem Frieden mühetos durch den französischen Kapitalismus.
Also betreiben wir die französische Vorherrschaft unter der Firma „Vereinigte Staaten. Europas". Daß die Lage, aus Grund deren Briand die neue Illusion hatte aufsteigen lassen, sich für ihn inzwischen wieder etwas verschoben habe, haben, wie es scheint, viele noch nicht bemerkt. Briand hat begonnen, sich für die „Vereinigten Staaten Europas" künst- tich zn erhitzen, als er die Schwierigkeiten spürte, die der englische Schatzkanzler Sn owden ihm zu machen entschlossen war. Im Haag ist es dem ersten Komödianten unter den europäischen Staatsmännern nicht ohne Mühe gelungen, die finanziellen Zugeständnisse, die dem hartnäckigen Snow- den gemacht werden mutzten, in der Hauptsache aus den breiten Buckel des allzeit geduldigen deutschen Michels, in zweiter Linie ans Italien und die kleineren Staaten abzu- laden. Aber die Entente cordiale war dabei doch einer starken Belastungsprobe unterlegen. Die Engländer haben jedoch allzeit nach dem Wort des Königs Pyrrhus von Epirus gehandelt, daß man seinem geschlagenen Feinde goldene Brücken bauen solle. Und so sehr geschlagen war Frankreich doch gar nicht. Der eigentliche Geschlagene war der deutsche Michel! Um so mehr Aulaß für die englische Politik, die Fäden- zwischen London und Paris, die zeitweise so gefährlich angespannt gervesen waren, neu zu knüpfen. Aber Snowden war noch nicht wieder in London, da hatte sein Kollege Henderson schon eine glühende Liebeserklärung an die französische Adresse vom Stapel gelassen, in der er versickerte, die britische Arbeiterregierung wolle guie Beziehungen zu allen Völkern, selbstverständlich, ober a m nächsten ihrem Herzen stehe doch Frankreich mit seiner nationalsozialistisch gestimmten Regierung.
Die französische Presse nimmt dankend zur Kenntnis, daß die englische Ärbeiterregierung an der Entente cordiale als der Grundlage ihrer europäischen Politik festzuhatten wünscht und setzt im übrigen ihre Hoffnungen auf Briands bewährte Kunst der Menschenbehandlung, der den weichen Max Donald — der kantige Snowden hat in Gens nichts zu juchen — schon eiMvickeln werde.
Das Völkerbundskonzert — ein Versager. Die Ueber- tragung des Völkerbundskonzerts, am Sonntag abends 8.30 Uhr beginnend, wurde im Mitteldeutschen Sender schon nach wenigen Minuten Musizierens wegen grober Klangstörung abgebrochen. Bekanntlich wurde dieses Konzert im Züricher Sender vom Klavier aus geleitet, während sich die Mitglieder des ausführenden Kammerorchesters auf Berlin, London, Mailand, Paris, Wien und Zürich verteilten. Der ausgedehnte Apparat von Radio- und Telephonleitung» welcher u. a. jedem Spielenden den Gesamtklang vermittelte und ihn mit dem Dirigenten direkt verband, scheint nun doch so erhebliche Leitungsgeräusche zu bedingen, daß von richtiggehender Musik nicht mehr die Rede sein konnte. Die Geduldsprobe für die Rundfunkteilnehmer war nicht gering. Endlich um 23 Uhr kam das erlösende Wort, nach endlosem Hin und Her: „Bitte, geben Sie jetzt Ihre zwei Takte vorl" Darauf begann Gounods „Mediation", übermächtig in Violine, aber durch Mißklänge in der von Nebengeräuschen öbertönten Jnstrumentenbegleitung gestört. Die folgende --haconne von Purcell klang so gemeckert, als sänge ein -tarker Chor das Wort „Liebesqua" wie „Li li li li, be be des, qua qua qua qua."