Seite 4 — Nr. 187
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Montag, 12. August 192g.
darf sich der Theaterfreund den morgigen Abend wiederum frei machen, denn das
Württ. Bolkstheater
hat den „Dollarkönig" von Vlumenthal und, Kadelburg, ein reizendes Lustspiel, als Abschiedsvorstellung vorgesehen. Wir wünschen dem scheidenden Ensemble gerne volles Haus.
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Herrenberg, lO. Aug. Tödlicher Unglücksfall. Vor 14 Tagen ist der bei der Brauerei Wulle, Niederlage Herrenberg, bedienstete Bierführer Christian Den gl er durch Hufschlag beim Pferdeputzen schwer am Kopf verletzt worden. Nachdem er 10 Tage bewußtlos im Bezirkskankenhaus lag. verbrachte man ihn in die Tübinger Klinik Der Schwerverletzte ist doit heute früh gestorben. Eine Witwe mit 8 Kindern trauern um den fleißigen Vater, der nur fünfzig Jahre erreichte.
Kayh, lO. Aug. Jugendliche Scharfschützen. Am Donnerstag, den 8. August, nachmittags gegen 3 Uhr, kamen zwei kleine Knaben mit einander in Streit. Der 5'/- Jahre alte Waller Braitmaier ging in sein elterliches Haus und gab in Abwesenheit seiner Ellern und Großeltern aus einer Zimmerflinte zwei Schüsse auf den 6 Jahre alten Hermann Noppe! ab. Einer der Schüsse traf den Noppe! in den Kopf und verletzte ihn so schwer, daß er noch in der Nacht in der chirurg. Klinik gestorben ist.
Gerichtssaal
Tübingen, 10. Aug. Beleidigung vor der Großen Straf« Kammer. Gestern kam eine Angelegenheit zur endgültigen Entscheidung die alle gerichtlichen Instanzen durchlaufen hat und viermal verhandelt wurde. Es handelte sich nm die mit der am tO. Juni v. I. in Wildberg stattgefundenen Stadtschultheißenwahl zusammenhängenden Beleidigungsklage des damaligen Kandidaten Schultheißen Berkhemer von Affaltrach gegen den Viehhändler Hermann Hopser von Reringen. Das Schöffengericht Tübingen verurteilte am 29. Nov. v. I. Hopfer wegen verleumderischer Beleidigung des Schultheißen zu 200 Geldstrafe, gegen dieses Urteil legte Hopfer Berufung ein, die Erfolg hatte, denn die Strafkammer sprach ihn unter Anerkennung des Z 193 (Wahrung berechtigter Interessen) frei; gegen dieses Urteil legte aber der Privatkläger Berkhemer Revision beim Oberlandesgericht ein, dieses hob das Urteil der Strafkammer auf und verwies die Sache zur Wiederverhandlung an die Strafkammer zurück und somit wurde sie gestern wieder verhandelt und zur endgültigen Entscheidung gebracht. Der Staatsanwalt führte in seinem Plaidoyer aus, der Angeklagte habe die von ihm eingezogenen Erkundigungen nicht so wiedergegeben wie er sie gehört habe, denn er hat die für Berkhemer gün'tig lautenden Punkte, wie z. B. die Aeuße- rung Leois »er würde B. nur ungern scheiden sehen" nicht erwähnt. Das Oberlandesgericht hat ihm den Schutz des Z 193, Wahrung berechtigter Interessen, zuerkannt, wie dies die Strafkammer auch tat, aber dieser Paragraph trifft nur zu, wenn nicht in leichtfertiger Weise gehandelt wird. Der Angeklagte hat aber in leichtfertiger Weise gehandeli, weil er sich nichl über die Glaubwürdigkeit der Auskünfte vergewissert hat. Sein Antrag ging deshalb dahin, das Urteil des Schöffengerichts aufrechtzuerhalten. Das Urteil lautete: Der Angeklagte wird wegen Beleidigung zu der Geldstrafe von 100 Mark oder zehn Tagen Gefängnis, sowie zur Tragung der Kosten des Verfahrens verurteilt. Dem Prioatkläger steht außerdem das Recht zu, das Urteil auf Kosten des Angeklagten binnen eines Monats an den Rathäusern in Wildberg und Affaltrach anschlagen zu lassen.
Letzte Nachrichten
Das angebliche Ergebnis der Besprechung Briand- Stresemann.
Paris, 12. Aug. Die Liberte macht über die langen Unterhaltungen, die am Samstag zwischen Stresemann u. Briand stattfanden, folgende Angaben: Die beiden Staatsmänner hätten ihren Meinungsaustausch in 4 Abschnitte eingeteilt:
1. die finanzielle Frage. Beide Minister hätten die eventuelle Aufhebung der Konferenz ins Auge gefaßt, falls Snowden auf seiner hartnäckigen Haltung bestehen bleibe (?)
> 2. Bezüglich der Räumungsfrage des Rheinlands soll
Briand zugestanden haben, daß die Räumung nicht mehr von den positiven Arbeiten der Finanzkommission abhän- § gig sei. Da Henderson bereits mitgeteilt habe, daß England seine Truppen bis Weihnachten zurückziehen werde und da auch die andren Mächte ausgesprochen haben, deren Einzelheiten in den kommenden Wochen von Vertretern des französischen und des belgischen Ceneralstabs vorgelegt werden sollen.
3. In der Frage der Feststellungs- und Versühnungs- kommition habe Stresemann sich auf das Entschiedenste geweigert nachzugeben.
4. Die Saarfrage sei unter dem Gesichtspunkt der Locarnopolitik und der europäischen Zusammenarbeit geprüft worden. Briand habe die wirtschaftliche und finanzielle Seite angeschnitten, worauf Stresemann sich einverstanden erklärt haben soll, eine Regelung der Frage zu prüfen.
Die beiden Staatsmänner, so schließt die „Liberte" ihren Bericht, sollen ihrer Freude darüber Ausdruck gegeben hab?n, daß sie ein Gebiet gemeinsamer Verständigung gefunden hätten.
Vor einem englischen Schritt in der Frage der Rheinlandräumung.
Haag, 12. Aug. Die englische Abordnung auf der Konferenz beabsichtigt, wie die Telegraphen-Union von bestunterrichteter Seite erfährt, in den kommenden Verhandlungen des politischen Ausschusses den Antrag zu stellen, nunmehr offiziell auf die Tagesordnung die Frage der Festsetzung des Anfangstermins für die Rheinlandräumung zu setzen. Man erklärt in englischen Kreisen, entschlossen zu sein, die Räumungsfrage auf dieser Konferenz unter allen Umständen endgültig zu klären. Selbst wenn die Konferenz infolge der englisch-französischen Krise über die Verteilung der deutschen Tributleistungen zusammengebrochen wäre, so würde von englischer Seite beantragt worden sein, daß der politische Ausschuß unabhängig von dem Scheitern der finanziellen Verhandlungen seine Arbeiten weiter fortsetzt. In einem solchen Fall hätte England beantragt, Mitte Septbr. als Beginn der endgültigen Räumung festzusetzen und gleichzeitig an die beiden anderen Vesatzungsmächte Frankreich und Belgien die Forderung gerichtet, sich diesem Vorschlag anzuschließen. Die französische Regierung würde durch einen derartigen Vorstoß taktisch sich in einer außerordentlich schwierigen Lage befinden.
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Die Bischofskonferenz ln Fulda. am Dienstag, den 6. August, zusammentrat, ist am Donnerstag beendet worden.
Karl Nagel Sv Jahre. Am 9. August feierte der Deutschamerikaner Karl Nagel in St. Louis (Missouri) in erstaunlicher körperlicher und geistiger Frische den 80. Geburtstag. Er gehörte in den Jahren 1909 bis 1913 dem Kabinett Taft als Handelsminister an, der zweite Deutsche, der nach Karl Schurz einen amerikanischen Ministerposten bekleidete. Nach dem Weltkrieg stellte er sich an die Spitze des großen Hilfsausschusses, der für Deutschland so Großes getan hat.
Belgische Hundertjahrfeier. 3m nächsten Jahr feiert der belgische Staat sein lOOjähriges Bestehen. Aus diesem Anlaß sollen in Antwerpen eine internationale Ausstellung für Seefahrt und Kolonialwesen und in Lüttich eine solche für Industrie und ihren Arbeitsprozeß veranstaltet werden. Bis jetzt haben 40 Länder ihre Beteiligung zugesagt.
Sport
vom Dornier-Flugschiss. Der Chef des spanischen MMäcflug- fvesens, Oberst Kindel an, traf in Altenihein ein, vesichtigte ditz Dornierwerft und machte einen Probeslug des Do. X mit.
Stark mik Rakekenhilfe. Zum ersten Mal gelang am Freitag einem Junkersflugzeug ein Start mit Raketenunterstützung auf der Elbe bei Dessau. Der erste Versuch vor einigen Wochen mißlang durch seitliche Explosion der Zündung. Dagegen hatte der Start mit 6 Ladungen vollen Erfolg. Die Versuche sollen fortgesetzt werden. Bei 6 Zündungen soll ein Flugzeug mit 5000 Kilo Höchst-
veialtung glatt in vte Höhe gevraqi weroen, was sonst aus «in» andere Art. insbesondere durch eigene Motorenkrast. nicht mva- uch wäre. "
trafen aus Budapest Carberry 10.41 Uhr, Miß Spooner 104» Uhr. Broad 10.51 Uhr und Kirsch 10.89 Uhr in W ien ein. Broad lst um 11.02 Uhr und Kirsch um 11.04 Uhr weitergeslogen.
Handel und Verkehr
Die Ausgaben des Reichs
Die Fachzeitschrift „Wirtschaft und Statistik" veröffentlicht eine interessante Uebersicht über die Rechnungsjahre 1925 —1929, di» erkenntlich macht, in welchem Matz die Reichsausgaben in diesem Zeitraum gewachsen sind. Die betreffenden Zahlen sind für 1925 fertige Rechnungsergebnisse, für 1929 Voranschlag in Millionen! Mark. Behördenaufwand (ohne Wehrmacht) 1925 659,7, 1929 827,6; Allgemeine Staatsausgaben 3239,5 bzw. 5210,9. Darunter Kriegspensionen, -renten usw. 1371,1 bzw. 1614,7; Londoner Abkommen 291,3 bzw. 1540,5; Schuldendienst! 103,5 bzw. 463,3; Zuschüsse Kur Sozialversicherung 259,4 bzw. 468,2s! Erwerbslosenfürsorge 159 bzw. 309,1; Innere Kriegslasten (be- setztes Gebiet, Grenzgebiete) 571,4 bzw. 229,5; Polizei (Hauptfach- lich Zuschüsse an die Länder) 189,5 bzw. 195,3; Verkehrswesen,
171.4 bzw. 167,3; Landwirtschaft 26 bzw. 77,3; Wohnungswesen! 21,1 bzw. 23,7. Wehrmacht 633,3 bzw. 740,9 (davon Heer-
476.5 bzw. 546, Marine 156,8 bzw. 194,9). Gesamtausgaben 4532,5 bzw. 6779,4 Millionen Mark.
Reichsbankdiskonk 7,5, Lombard 8,5 v. H. . -
privakdiskont 7,125 v. H. kurz und lang.
Diskonterhöhung? Angesichts der Diskonterhöhung der amerikanischen Bundes-Reservebank in Neuyork von 5 auf 6 v. H. wird von den Leitern der europäischen Staatsnotenbanken die Möglichkeit einer Diskonterhöhung erörtert.
Nach der Erhöhung des Diskontos der Neuyorker Federal Re» servcbank erlebten die amerikanischen Börsen einen „schwarzen Freitag". In Neuyork fielen die Jndustrieaktien bis zu 15 Punkten. In Neuyork rechnet man damit, daß die Bank von England ihren Diskontsatz ebenfalls erhöhen werde. Die aus Europa kommenden Meldungen, in denen für die Diskonterhöhung der Neu- yorter Federal Reserve Bank politische Beweggründe genannt werden, berechnet man als falsch. Es handelte sich um eine rein börsentechnischs Maßnahme.
Zahlungsschwierigkeiten in Wien. Die Pelzwarenfirma B. Weit, zenbaum u. Co. ist mit 360 000 Mark Schulden zahlungsunfähig« Gläubiger sind hauptsächlich Leipziger Fikmen. — Die Weingrotz- handluvH K. Pfeiffer und Söhne strebt mit 480 000 Mark Ver» Kindlichkeiten einen Vergleich an. — Die Ledergroßhandlung N- u. S. Steiner hat bei 720 000 Mark Schulden di» Zahlungen »hUs Mellt. ,, - - - ' ' -
Fruchtschranne Nagold.
Markt am 10. August 1929.
Verkauft:
30,70 Ztr. Weizen Preis pro Ztr. Dü 13.00—13.80
4 , Gerste alt , » » » 12.00
4 „ Gerste neu » » » » 10,50—11.00
5,80 » Haber , , , »11.80
Wegen des Erntegeschästes Zufuhr schwach, Handel lebhaft, alles verkauft.
Nächster Fruchtmarkt am Samstag, den 17. Aug. 1929.
Schweinepreise. Gaildorf: Milchschweine 40—50 RM. — MÜN» singen: Milchschweine 39—55 RM. — Plieningen a. §.: Milchschweine 40—48, Läufer 70 bis 80 RM. — Winnenden: Milch- schwelne 45—60 RM.
Schweinepreise. Biberach: Läufer 70—87, Milchschweine 50 bi»! 70 ./l. — Jllerlissen: Ferkel 43—56 — Sulz a. 7t.: Milch-!
schweine 35—57 — Wangen i. Allgäu: Ferkel 40—53 --i
Weilderskadt: Milchschweine 32—49 ^
Vetter
, Im Westen liegt Hochdruck, der auf die Wetterlage einwirkt. > Für Dienstag ist deshalb zwar mehrfach aufheiterndes, aber noch?! nicht beständiges Wetter zu erwarten.
Famllien-Rachrichte«
Gestorbene: Franz Schepler, 2lJ., Liebenzell. — Christian Dengler, Bierführer, Herrenberg. Vermählte: Lr. Frik — Mina Dietsch, Stuttgart- Alt e n st e i g
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Mit dieser Vorstellung nehme, ich Abschied von Nagold ».sage denTheater- besuchern herzl. Dank für die Unterstützung meines Unternehmens u. ich bitte, mich und mein Ensemble in gutem Andenken zu halten. Für morgen bitte ich noch um zahlreichen Besuch. Ente gut, alles gut! Hochachtend I. Mangold, Direktor.