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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Donncrstao, 11 Jul- igog

Was bedeutet die künftige Aufbauschule für Stadt u. Bezirk Nagold und für das angrenzende Gebiet? i,.

Von Oberstudiendirektor A. Bauser, M, d, L,

Angesichts der großen wirtschaftlichen Notlage und an­gesichts der ungeheuren äußeren Lasten, welche dem deut­schen Volk für 50 Jahre aufgebürdet werden sollen, kann man es verstehen, wenn man in weiten Kreisen unseres Volkes nichts hören will von Aenderungen im Schulwe- : sen, da man zunächst bei solchen Neuerungen nur befürch- ' tet, daß sie mehr kosten werden und nicht ohne weiteres ^ glaubt, daß die Aenderung auch eine Verbesserung bedeu­tet.

Es wäre aber sehr verfehlt, wenn man aus dieser rein gefühlsmäßigen Einstellung heraus über wichtige Bil­dungsfragen entscheiden wollte. Vielmehr muß gerade heute recht gründlich geprüft werden, ob es nicht möglich ist, unser Bildungswesen zu verbessern, zweckmäßiger zu gestalten, vielleicht da und dort auch zu vereinfachen und gar zu verbilligen. Gerade heute, wo Deutschland gezwun­gen ist, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu steigern und mit dem Ausland konkurrenzfähig zu bleiben, darf nicht vergessen werden, daß das Geistige auch der Hebel der Wirtschaft ist und daß eine leistungsfähige Wirtschaft auch ein leistungsfähiges, bestmöglichstes Bildungswesen zur Voraussetzung hat. Heute heißt es mehr als je: Prüfet alles, behaltet das Gute, aber auch: Das Bessere ist des Guten Feind!

Gerade auch die Schaffung von Aufbau schulen, die im Zusammenhang mit der geplanten Neuregelung der Lehrerbildung erfolgen soll, verdient die größte Beach­tung, insbesondere von seiten der Bevölkerung der Klein­städte und des flachen Landes. Man kann an unserem bis­herigen Bildungswesen vielleicht tadeln, daß es zu einsei­tig die größeren Städte bevorzugt habe, vielleicht auch, daß der ganze Charakter der Schule zu stark von der groß­städtischen Schule her bestimmt wurde. Demgegenüber be­deutet zweifellos gerade die Aufbauschule einen überaus wichtigen Schritt auf dem Wege zur Herstel­lung eines natürlichen und gesunden Gleich­gewichts und zu einer Ueberwindung der bisherigen mannigfachen Benachteiligung des Landes. ^

Die Aufbauschule ist bekanntlich eine neue Form der höheren Schulen, deren Eigenart darin besteht, daß sie die Schüler nicht sofort nach den 4 Erundschuljahren der Volksschule entnimmt, sondern daß diese erst nach sie­ben Volksschuljahren in die Aufbauschule übertreten und dann in weiteren 6 Jahren zur Hochschul­reife geführt werden. Es wird also der gesamte Unter­richtsgang der höheren Schule um 3 Jahre gekürzt.

Das hat zunächst den Vorteil, daß sich die Begabung und die Neigungen der Schüler deutlicher ausprägen können, ehe man darüber entscheiden muß, ob der Einzelne sich für ! den Unterricht an der höheren Schule eignet und einem höheren Berufe zugeführt werden kann. Bekanntlich leiden heute alle höheren Schulen daran, daß sie allzuviele Schü­ler mitschleppen müssen, welche sich für den mehr auf wis­senschaftliche Bildung eingestellte Unterricht der höheren Schulen nicht eignen und besser in der Volksschule eine mehr auf das Praktische abzielende, in sich ahgeschlossene deutsche Bildung erwerben würden.

Damit ist werter auch der andere große Vorteil verbun­den, daß alle die Kinder, welche das Elternhaus verlassen müßten, um die höhere Schule zu besuchen sei es, daß : sie ganz fortgegdben werden müßten oder täglich hin- und ! hergehen oder -fahren müßten noch drei Jahre länger > in der Erziehung des Elternhauses bleiben können, was ! sicherlich gerade in dem Alter vom 10.14. Lebensjahr ! sehr zu begrüßen ist.

Die Aufbauschule aber wird dann mit älteren und nach Begabung und Neigung bester ausgewählten Schülern ar­beiten können, wodurch wiederum die Erreichung ihres Zieles ermöglicht wird.

Die Aufbauschule ist die gegebene Sammel­schule für die Begabten vom Lande, für welche sonst der Zugang zu höherer Bildung und zu den höheren Berufen wesentlich erschwert und verteuert wird. Sie sind dazu besser geeignet als die bisherigen Landlatein- und , Realschulen, die ja in Württemberg in dieser Richtung si­cherlich sehr segensreich gewirkt haben, weil sie die Schü- ^ ler später aus der heimatlichen Volksschule herausneh­men und bis zur Hochschulreife führen können.

Wenn nun die bisherigen Lehrerseminare, beispiels­weise das Nagolder Seminar, zu solchen Sammelschulen ^ umgewandelt werden und nach wie vor mit Schülerhei­men versehen bleiben, so werden diese neuen Aufbauschm D len einmal die Schüler aus Stadt und der näheren Um­gebung zur Hochschulreife führen können; sie werden aber auch Schüler eines ganzen Landesteils wie bisher dem Lehrerberuf zuführen oder in einem verkürzten und ver­billigten Bildungsgang auf die Reifeprüfung vorberei­ten können. Für das Seminar Nagold war das Einzugs- j gebiet bisher der ganze württ. Schwarzwald von Tutt- lingen bis Herrenalb und Mühlacker. Auch die Aufbau- > schule Nagold wird die Begabten vom Lande aus diesem »

Gebiet aufnehmen können. Diese neuen Aufbauschulen i

werden nach wie vor den größten Teil der künftigen Volksschullehrer ausbilden können; sie werden aber darüber hinaus auch Schüler aus der betreffenden Stadt und ihrer näheren Umgebung zur Reifeprü­fung führen können, welche andere höhere Be­rufe ergreifen wollen; sie werden für ganze Landes­teile neue Möglichkeiten einer verkürzten und verbilligten höheren Bildung bieten. Das bedeutet in vielen Fällen nicht nur Verbesterung, sondern auch Vereinfachung und . Verbilligung. j

Die künftigen Aufbauschulen sollen im wesentlichen ! den Charakter der Deutschen Oberschule erhalten, >

d. h. einer höheren Schule, in welcher die deutsche Bildung, das deutsche Kulturgut stärker betont wird ! als in den bisherigen höheren Schulen. Trotzdem aber l wird es möglich sein, auf dem Wege der Gabelung oder des freiwilligen Unterrichts in diesen Aufbauschulen !

auch solche Schüler weiterzuführen, welche beispielsweise auf Latein nicht verzichten wollen oder können. Ueber- haupt wird es naheliegen, zwischen den neuen Aufbau­schulen und den bisher schon vorhandenen örtlichen Real- und Lateinschulen eine gewisse organisatorische Ver­bindung herzustellen, die ebenfalls wieder in verschie­dener Hinsicht eine Vereinfachung und Verbilligung mit sich bringen kann. Es sei beispielsweise nur daran erin­nert, daß es auf diese Weise ermöglicht werden könnte, die Einrichtung der naturwissenschaftlichen und physikali­schen Räume nur einmal einheitlich zu beschaffen, so daß sie zugleich bester und billiger gestaltet werden könnte. Warum sollten hier Stadt und Staat doppelte Ausgaben haben, die ja doch letzten Endes alle aus den Taschen der Steuerzahler bestritten werden müssen?

Diese kurzen Andeutungen sollen vorerst genügen, um zu zeigen, daß es sich bei der Aufbauschule um eine Neuerung handelt, die in mannigfacher Hinsicht eine Er- gänzung und Verbesserung unseres Bildungs­wesens, ja sogar eine Vereinfachung und Verbil­ligung bedeutet, eine Neuerung, durch welche vor al­lem auch die bisherige Benachteiligung des flachen Lan- §

des und der Kleinstädte gemildert oder beseitigt werden >

kann und welche Vorteile der verschiedensten Art für die Allgemeinheit wie für zahlreiche Einzelne in sich sckliekt,

Man kann es deshalb nur begrüßen, daß die Regie­rung beabsichtigt, in Bälde die Frage der Lehrerbildung und der Aufbauschule auch in Württemberg zur Klärung und zur Lösung zu bringen.

Araberaufstand in Südpersien

Teheran. 10. Juli. Der Aufstand in Südpersien hat da-« durch eine Verschärfung erfahren, daß sich ihm die arabi­schen Nomadenstämme angeschlossen haben. Der Kampf richtet sich, ähnlich wie in Afghanistan, gegen die den streng­gläubigen Mohammedanern verhaßten europäischen Neue­rungen, die der Schah in Persien einführen will. Die Re­gierungstruppen kämpfen vielfach mit Panzerwagen und Flugzeugen, die in Europa gekauft wurden.

Umschwung der Lage in China

Schanghai. 10. Juli. Amtliche Meldungen aus Nanking sprechen von einem völligen Wechsel der politischen Lage im Nordwesten. Sicher scheint jetzt, daß weder Ienshischan noch Fengjusiang für die nächsten Monate ins Ausland gehen. Statt dessen wird in Peking eine große Militär­konferenz abgehalten unter Beteiligung von Vertretern Tschangkaischeks, Jenshischans und Fengjusiangs sowie- Tschangsuehliangs, der inzwischen aus Mukden eingetrof- fen ist.

Württemberg

Skukkgark 10. Juli. Gemeindeanteile an der Einkommen-, Körperschafks- und Umsatz­steuer. Die Staatshauptkasse hat heute den Gemeinden als Abschlagszahlung auf ihre Anteile am Einkommen-, Körperschafts- und Umsahsteueraufkommen des Rechnungs­jahrs INS überwiesen: 2 Prozent ihrer Gesamkrechnungs- anteile im 8. Verteilungsschlüssel für die Einkomensteuer, 1 Prozent ihrer Gesamkrechnungsanteile im 8. Verteilungs­schlüssel für die Körperschafkssteuer. 0.14 RM. auf den Kopf der Wohnbevölkerung.

Ehrenvoller Ruf. Der Chef der Inneren Abteilung des Katharinenhospitals, Professor Frey, hat einen Ruf an die Universität Bern erhalten.

Krankheitsstatistik. In der 26. Jahreswoche vom 23. bis 29. Juni 1929 wurden folgende Fälle von gemeingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten in Württemberg amtlich gemeldet: Diphtherie 11 (tödlich); Genickstarre 1 (); Kinbettfieber 1 (2); Lungen- und Kehlkopftuberkulose 10 (24): Scharlach 62 (2); Paratyphus 1 (): Fleischver­giftung 1 ().

Die Gefährdung des Döblinger Flugplatzes

Stuttgart, 10. Juli. Die Regierung hat aus die Kleine Anfrage des Abg. Schees betr. den Flugplatz Böblingen fol­gende Antwort erteilt: Die am Flugplatz Böblingen und am dortigen Flugverkehr beteiligten Kreise haben im Dezember 1928 und im Januar 1929 Einwendungen gegen die von der Großkraftwerk Württemberg A.-G. beabsichtigte Führung der 220-KW.-Leitung in der Umgebung des Flugplatzes er­hoben.

Die Ministerialabteilung für den Straßen- und Wasser­bau hat darauf die Erteilung des polizeilichen Erkenntnisses bis zur Klärung der Frage, ob und in welcher Weise die be­absichtigte Linienführung den Flugverkehr in Böblingen gefährdet, ein st weilen ausgesetzt und die erforder­lichen Erhebungen eingeleitet. Sie hat auch der Unterneh­merin Kenntnis von den erhobenen Einsprachen gegeben und sie wiederholt ausdrücklich darauf hin­gewiesen, daß solange die Einsprachen weder zurück­genommen noch entkräftet seien, das polizeiliche Er­kenntnis nicht erteilt werden könne, und daß die Unternehmerin mit der Anordnung der Verlegung der Leitung auf ihre Kosten zu rechnen habe, falls sie die Leitung ohne Erteilung des polizeilichen Erkenntnisses er­richten sollte.

Die Unternehmerin hat trotz Kenntnis der Einsprachen und trotz der Hinweise der zuständigen Bekörde in der Umgebung des Flugplatzes zunächst die Masten erstellt und vor kurzem auch die Seile gezogen. Nach Abschluß der Erhebungen hat die Ministerialabteilung am 5. Juli d. 3. unter Mitwirkung von Beamten des Innenministeriums ind der Innenverwaltung sowie des Wirtschaftsministeriums mit Vertretern der am Luftverkehr beteiligten Kreise und der Unternehmerin verhandelt. Das Ergebnis der Ver­handlung läßt in Bälde eine befriedigende Lösung der An­gelegenheit erhoffen. Sollte die Unternehmerin zu der vor­geschlagenen Lösung nicht bereit sein, so wird das Innen­ministerium veranlassen, daß die zum Schutz des Flug- betri ebs und der daran beteiligten Personen erforder­lichen Maßnahmen ungesäumt getroffen wer­den. Die rechtliche Grundlage hierzu ist gegeben, da das polizeiliche Erkenntnis noch nicht erteilt ist. Auf die ihr am 13. Juni d. I. von der Ministerialabtelung für Bezirks­und Körperschaftsverwaltung auf Grund des Zwangsent- e anungsgesetzes erteilte Ermächtigung zur Vornahme von Vorarbeiten kann sich die Unternehmerin nicht berufen, da die Anbringung der Leitungsdrähte wie auch die Auf­stellung der Masten nicht als .Vorarbeit', sondern als Ausführung der Hochspannungsleitung anzusehen ist, überdies eine Zwangsenteignung in der Nähe des Flugplatzes gar nicht in Frage kam.

Wege aus der Wohnungsnot

Dom 12. bis 14. Juli findet in Stuttgart die erste deut­sche Eigenheimtagung statt, zu der aus allen europäischen Ländern die Vertreter des Bauspargedankens erscheinen werden. Auch der Chaireman des größten Bausparkonzerns der Welk und zugleich Direktor der größten englischen Bau­sparkasse. The Halifax Building Society, Sir Enoch Hill, weilt zur Zeit in Stuttgart, um dieser Tagung beizuwohnen. In einer Unterredung, die Sir Enoch Hill einem Mitglied der Redaktion derSüdd. Zeitung" gewährte, machte ei- einige interessante Ausführungen über die'Paufparbewegung in England. In der Hauptsache, so führte Sir Enoch Hill aus. sind es genau wie bei der Gemeinschaft der Freunde, Kaufleute, Beamte. Arbeiter und Handwerker, aus denen sich der Mitgliederstand zujammensetzt. Da die Gesellschaf­ten über ungeheure Kapitalien verfügen, werden den Bau­sparern bei Abschluß des Vertrags, d. h. wenn sie 25 Proz. eigenes Kapital besitzen, die restlichen 75 Prozent zu einem Zinssatz von 5A Prozent sofort ausbezahlt. Bis heute wur­den nach der Bilanz der Halifax-Gefellschaft 1.2 Milliarden Mark Baugelder ausbezahlt. In England bewegt sich die Höhe der Bausummen, wie bei uns. zwischen 13 000 und 16000 RM. In der Hauptsache werden auch dort Ein­

familienhäuser erstellt, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß z. B. ein Bauplatz (Haus mit Garten) in der Regel auf 600 bis 800 RM. zu stehen kommt.

Auf Befragen äußerte sich dann Sir Enoch Hill über das Problem des kommunalen Wohnungsbaus. Er erklärte, daß di« Gemeinden auch in England auf diese Weise, jedoch auch erst nach dem Krieg, versuchten, die Wohnungsnot zu beheben. Doch?: haben die Kommunen dort heute schon er- kannt, daß dieser Weg nicht aus der Sackgasse führe. D i e Stadt London hat z. B. ihreHäuser, die zu einem Preis von 1200 Pfund Sterling erstellt wurden, heute bereits wieder veräußert. Allerdings mit einem erheblichen Verlust, denn der Erlös betrug im Durchschnitt nicht mehr als 500 Pfund Sterling. Auch bei dem kommunalen Wohnungsbau in Deutschland könne es auf die Dauer nicht ohne große Verluste für Städte und Steuer­zahler abgehen.

ep. Waiblingen, 10. Juli. Landesversammlung des Eoang. Bunds. Die am 7. und 8. Juli in Waib­lingen abgehaltene Landesoersammlung des Evang. Bunds wurde durch zwei Festgottesdienste, in denen Stadtpfarrer Decker-Stuttgart und Dekan S t a h l - Göppingen d>e Predigt hielten, eröffnet. In der Festoersammlung am Nachmittag sprach nach einer Reihe von Begrüßungen von seiten der kirchlichen und städtischen Behörden und nahe­stehender Verbände der Vorsitzende, Oberschulrat Dr. Mo - sapp,Vom Ernst der Zeit". Er behandelte vor allem die Fragen der katholischen Aktion, der Weltanschauungsprofes- suren, der Mischehen, der Wiedertaufpraxis und des Kon­kordats. Von der deutsch-evangelischen Arbeit in Oesterreich entwarf Inspektor Pfarrer K i e s e r-Stetten aus eigener Anschauung ein farbenreiches Bild. Wie schon der Fest­gottesdienst wurde auch die wohlgelungene Festversammlung in der Turnhalle durch die Gesänge des Kirchenchors unter Leitung von Mus.-Dir. Sauer verschönt. Zu einer Paral­lelversammlung in der Stadtkirche hatte sich die Jugend aus Stadt und Land eingefunden.

Am Montag brachte die Abgeordnetenversamm­lung die Jahresberichte des Vorsitzenden, des Schatzmeisters und des Oesterreichischen Hilfsausschusses, an die sich eine eingehende Besprechung mancher wichtiger Fragen, wie der Wiedertaufe (wogegen eine Entschließung gefaßt wurde), Konkordat, Kalenderreform, Gestaltung der Landesoer­sammlungen anschloß. Für das nächste Jahr wurde der Hauptverein nach Tübingen eingeladen. Ein gemein­sames Essen mit verschiedenen Tischreden und einem Ausflug nach Buoch beschlossen die Tag"-

Aus Stadt und Land

Nagold, den 11. Juli 1929.

Wer sich den Magen verdorben hat, lobt die Mäßig­keit. Hans Marbach.

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Kommt der Sommer endlich?

Allem Anschein nach soll nach des Winters Mißvergnü­gen auch der Sommer uns zu einem Mißvergnügen wer­den. Kalendermäßig beginnt der Sommer am 21. Juni. Aber wie viele schöne, sommerliche heiße Tage haben wir in diesem Jahr eigentlich gehabt, vor und nach dem ka­lendarisch festgelegten Sommerbeginn? Ich glaube, man kann sie an den zehn Fingern abzählen. Im übrigen Re­gen, Regen, Regen unfreundliche kühle Tage, heftige Gewitter und Unwetter. Die neuen, eleganten Sommer­kleider und Sommerhüte sowie die neuen Badeanzüge der Damenwelt kommen kaum zu ihrem Recht. Sie führen fast nur ein Dasein in den Schaufenstern der Modegeschäfte, anstatt uns an ihren hübschen Trägerinnen zu entzücken. Die Gartenwirtschaftsbesitzer sehen, wenn's so weitergeht ihrem Bankerott kommen. Alles ärgert sich. Wer macht da noch Geschäfte? Einzig die Schirmfabrikanten und Eum- mimantelgeschäfte. Wenn es nochmals so kühl wird, wie es in den letzten Tagen war, auch noch die Kohlenge­schäfte. Was wichtiger ist: unsere Landleute sehen ihre Arbeit schwer bedroht.

Doch wie kann man über schlechtes Wetter resignieren, wenn es seit gestern schön ist? Ja, ja aber auch letzte Woche war's einmal schön, und wir haben uns schon da­rüber gefreut und schnell wars wieder aus mit der Herr­lichkeit.

Gestern morgen trat die Aenderung ein: aus zarter Morgenstimmung enthüllte sich langsam ein schöner Som­mertag. Es war kein plötzlicher Umschlag von Regen zu heißem Sonnenschein. Nein: allmählich trat blauer wol­kenloser Himmel aus dem Morgennebel hervor. Und erst allmählich muß sich die feuchte, kalte Erde von der Sonne wieder erwärmen lassen.

Wird der Sommer endlich kommen? Hoffentlich ja. Alle warten darauf: in erster Linie der Landmann und alle die, deren geschäftliches Interesse ihn braucht. Aber auch all die vielen, die sich tagtäglich an der schönen, som­merlichen Landschaft erfreuen wollen.

Württ. Dolkstheatec

Morgen Freitag gelangt auf viesleitigen Wunsch Franz und Paul von Schönthans unverwüstliches Lustspiel Der Raub der Sabinerinnen" zur Darstellung. Allen Freunden der heiteren Muse sei es bestens empsoll- len.