Seite 3 — Nr. 166
Nagolder Tagvlatt „Der Gesellschafter'
Donnerstag. 11. Juli 1928.
Gaufest des Zugendbundes für Entschiedenes Christentum
Am vergangenen Sonntag, den 7. Juli, feierten die Jugendbünde des Schwarzwaldgaus in P f a I z g ra- f e n w e i l e r ihr lOjähriges Jubiläum. Selbst das nicht gerade einladende Wetter konnte die Jugend- bündler nicht zurückhalten. In großen Autokolonnen, auch zu Rad und zu Fuß fanden sie sich schon frühzeitig am Festort ein, so daß eine stattliche Schar am Eemeindegot- tesdienst teilnehmen und ihre Zusammengehörigkeit mit der Kirche zum Ausdruck bringen konnte. Pfarrer Krumm sprach in einer der Jugendbundart konformen Weise über das Sonntagseoangelium. Anschließend an den Gottesdienst sammelte man sich auf dem von treuen Händen schön gerichteten Festplatz zur Weihe stunde, welche von Gauleiter Bischofs und E. C.-Sekretär Eeu gelin geleitet wurde. An Hand von Ebr. 12, 12 bis 15 wurden wir an unseres Glaubens Grund und Verpflichtung erinnert. Die Gastfreundschaft der Pfalzgrafenweiler deckte sodann einen reichen Tisch. Währenddessen gab der wackere Posaunenckor von Neubulach auf dem Marktplatz ein Platzkonzerr. Gegen 1.30 Uhr sammelte man sich zum Festzug, der sich in unabsehbarer Reihe durch die Straßen bewegte. Es mag selten so viel Jugend zusammengeströmt sein, und zu wissen, daß es sich um junge Leute handelt, die mit Ernst in der Nachfolge Christi stehen möchten, erhebt das Herz des Volksfreundes noch besonders. Auf dem Marktplatz schlossen sich die Reihen, und aus tausend jungen Kehlen erscholl das Lied von dem herrlichen König und der herrliche 23. Psalm. Mittlerweile hatte starker Regen eingesetzt. Das brachte uns zwar nicht aus der Stimmung, denn echte Iugendbündler sind doch keine Wetterchristen; aber es nötigte uns. den Festplatz links liegen zu lassen und uns in die Kirche zu begeben, welche uns der Kirchengemeinderat in so liebenswürdiger Weise überlassen hatte. Herrliche Posaunenklänge empfingen uns. Unter der bewährten Leitung von Hauptlehrer S p i e t H-Salmbach kamen frische Chöre von göttlichem Ruf an die deutsche Jugend zum Vortrag. Ein eigens für den Tag verfaßtes Gedicht wurde von einer einheimischen Schwester recht nett vorgetragen. Nicht zu vergessen die schönen Gitarrenchöre des Bezirks Heimsheim und Schopfloch.
Ueber das Thema des Tages „Entschieden vorwärts" sprachen in origineller Weise Missionssekretär Schaile, Hauptl. Bischofs und Jugendbundsekretär Eeugeli n.Eindringlich wurde der Mahnruf an die Jugend gerichtet: Heraus aus dieser Erde Lüsten! Sie wurde ermuntert zu gläubigem Hindurchdringen durch die Ver- stichswüsten; denn das Ziel ist herrlich und lohnt die Mühe, es geht hinein ins schöne Kanaan. Der gute E. C.- Geist, dieses Jmperabile unserer Bewegung, kam so recht sieghaft zum Ausdruck, so daß es den Teilnehmern recht warm ums Herz wurde und sie gern länger geblieben wären. Und wenn auch die Eingerosteten nach Judasweise ihre Stimme erhoben hatten: Was soll doch diese Vergeudung? — so standen wir doch allzumal unter dem Eindruck, den einst ein Bäuerlein vom Basler Missionsfest so formulierte: ,/s isch's Aeckerle wert gsei!" Im Kreise einer christusbewegten Jugend kommt man heraus aus der Enge seines Alltäglichen und wird der Gefahr des Krähwinkler-Christentums entrissen. Mit Gleichgesinnten zusammenzukommen, die im gleichen Dienst und Kampf stehen, ist Nahrung und Erquickung für die Seele unserer jungen Eottesstreiter, welche im Abendschatten von Tabors Höhen zurückkehrten zu Kampf und Versuchung, auf Herz und Lippen das Gebet des Liedes:
„Herr, nimm uns, de*ne Jugend,
Dir tief das Sehnen hegt,
Mach uns zu einer Jugend Von deinem Geist bewegt!"
Unsere heutige Unterhaltungsbeilage
enthält:
Sommerlied.
Eine Reiseplauderei v. H. Bethge.
„Giftmord als Beruf".
„Weltensystem", von Dipl.-Jng. Hachfeld.
Altensteig, 10. Juli. Neuerung am Bahnhof. Der Bahnhof Altensteig weist eine Neuerung auf. Zur Sicherheit des Betriebes und des Publikums wurde eine Abschrankung vorgenommen, so daß nun nicht mehr Motorradfahrer, Radfahrer, Kinderwägen etc. bis zum Trittbrett der Eisenbahnwagen fahren und den Personenverkehr stören können. Eine Bahnsteigsperre ist dagegen nicht vorgesehen.
Mötzingen, 10. Juli. Ernteaussichten. Die Heuernte ist in diesem Jahr gut ausgefallen. Qualität und Quantität des Heus befriedigen allgemein. Nun hat während des letzten Regentages das Gras wieder kräftig nachgeschoben. so daß auch guter Oehmdertrag in Aussicht steht. Das Wetter ist auch günstig gewesen für die Hackfrüchte. Die Kornfelder sind bis jetzt von Hagelschlag und allzu heftigen Platzregen verschont geblieben. Nur auf einigen Äeckern lagert die Frucht infolge der vielen Feuchtigkeit der letzten Zeit. Die Hopfen haben nunmehr Stangenhöhe erreicht und zeigen gesunde Eipfeltriebe. Einzelne Erkrankungen der unteren Pflanzenteile sind schon beobachtet worden; auch Blattläuse gibts genug. Bei den Obstbäumen sind leider die schönen Hoffnungen, die der Lenz erweckte, jetzt schon zum Teil zerronnen. Wohl zwei Drittel der kleinen Früchtchen sind abgefallen. Die Birnbäume versprechen immerhin noch einen ordentlichen Ertrag. Gut ist der Behang der Zwetschgenbäume. Mit den Nußbäumen, die in unsrem Ort ziemlich zahlreich sind, ist Heuer auch nicht viel los; sie scheinen im letzten Winter unter der Kälte gelitten zu haben. Hoffen wir. daß weiterhin kein Hagel und sonstiges Unwetter die Arbeit des Bauern zunichte macht.
Freudenstadt, 10. Juli. Wohlhabende Gemeinden. In In der Gemeinde Hörschweiler erhalten die Bürger je 50 Mark bar, 8 Rm. Scheiterholz und drei Haufen Reisig für das Jahr 1929 als Bürgergabe. — Die Gemeinde Tumlingen verteilt an die Bürger je 6 Rm. Scheiterholz und anfallendes Reisig. Das Wichtigste aber ist, daß die beiden Gemeinden keine Umlage auf die Ertragskataster erheben. ^
Das Stuttgarter Mikrophon im Kloster „Hirsau."
Am 14. Juli wandert das Mikrophon des Südfunks zum zweitenmal hinaus, um an Ort und Stelle unter Leitung des bekannten Rundfunk-Künstlers, L. Struve, den Zyklus „Unsere Heimat" fortzusetzen und damit praktische Heimatkunde unter Beteiligung einer sehr grossen Zahl von Rundfunkhörern in allen Teilen Württembergs und Badens zu treiben. Diesmal ist das im Schwarzwald gelegene, romantische Kloster Hirsau, das von den Verwüstern der Pfalz zerstört worden ist, Ziel der Wanderung. Heimatdichter und Lokalkenner werden vor das Mikrophon treten, um von der Geschichte dieser Klosterruine und der neuzeitlichen Entwicklung des Städtchens Hirsau zu plaudern. Unter Mitwirkung hervorragender Kräfte von verschiedenen Theatern sollen außerdem Szenen der gegenwärtig in Hirsau zur Aufführung gelangenden Klosterspiele im Rundfunk wiedergegeben werden.
Letzte Nachrichten
Grubennnaliick in England
London, 11. Juli. In der Milfraen-Grube in Blaena- von in der Grafschaft Monmouthshire ereignete sich am Mittwoch mittaa ein schweres Explosionsunglück. Die Rettungsarbeiten, die sofort in Angriff genommen wurden, waren durch die Entwicklung von Giftgasen außerordentlich erschwert. Erst nach stundenlangen Anstrengungen ge- »ang es, sechs Tote zu bergen. Neun Bergarbeiter haben schwere Brandwunden davongetragen: einer davon ist lebensgefährlich verletzt. Zwei Bergleute werden noch vermißt. Die Rettungsmannschaften mußten verschiedenemale zurückgezogen werden, da neben der Entwicklung von Giftgasen ständig Einstürze im Schacht erfolgten. Die Ursache der Explosion steht noch nicht fest; zur Zeit der Explosion arbeiteten etwa 6V Mann in der Grube.
Die franz. Antwortnote vor dem Londoner Kabinett.
London, 10. Juli. Das englische Kabinett beschäftigte sich in seiner Sitzung am Mittwoch mit der letzten französischen Antwortnote. In gut unterrichteten politischen Kreisen erwartet man, daß Paris schließlich doch noch in der Streitfrage um den Tagungsort der Regierungskonferenz nachgeben und sich mit London einverstanden erklären wird. Diese Annahme ist insofern nicht ganz von der Hand zu weisen, als wesentliche sachliche britische Zugeständnisse vortiegen, in der letzten britischen Kundgebung zur Räumungsfrage und der wahrscheinlichen Unterstützung der Haltung Frankreichs in der Saarfrage, sodaß Paris das Nachgeben in den formellen Fragen nicht allzu- sckwer gemacht wird. In anderen Kreisen dagegen beurteilt man die französische Hartnäckigkeit in der Frage des Tagungsorts ernster und hält ein Zurückweichen auch heute noch nicht für sicher. In jedem Fall dürften nun die Vorverhandlungen bald in ein entscheidendes Stadium treten.
Keine Hilfe für „H 47".
London, 10. Juli. Die Versuche, durch Taucher oder Unterseeboote eine Verbindung mit dem gesunkenen U- Boot herzustellen, hatten keinen Erfolg. Bei der schweren See ist es den mit deutschen Taucheranzügen ausgerüsteten Tauchern der englischen Marine nach Ansicht der Sachverständigen nicht möglich, bis zur Tiefe des gesunkenen Bootes hinabzusteigen.
Sendefolge des Siidd. Rundfunk A G.
Donnerstag, II. Juli:
1N.M: Schallplattenkonzert. II 00: Nachrichtendienst. 12.00: Wetterbericht. Anschließend: Schallplattenkonzert. 18 45: Nachrichtendienst. IS.1S: Nach, inittagskonzert. 18 . 00 : Zeitangabe, Wetterbericht, Landwtrtschastsnachrichten. 18.10: Vortrag: Aus Chicagos Unterwelt. 18.45: Aerzteoortrag: Gute und schlechte, gesunde und kranke Augen 10.15: Berufskundlicher Dortrag: Stu- dium und Berus des Architekten. 1« 45: Vortrag: Das Werden des einigen Nolles im Heidentum. 20.15: Michael Kramer (Drama von Gerhard Haupt- Mann). 21.45: Gastkonzert. 22.45: Nachrichtendienst.
Handel und veik'ehr
Berliner Dollarkurs, 10. Juli. 4,195 lg.» 4,203 B.
Dt. Abl.-Anl. 50.50.
Dt. Abl.-Anl. ohne Ausl. 10.
Berliner Geldmarkt, 10. Juli. Tagesgeld 6,5—9 o. H-, Monats- geld 9,15—10,25 o. H., Warenwechsel 7,75 o. H.
Privatdiskoni: 7,375 o. H. kurz und lang.
Erhöhung der süddeutschen Zinkblechpretse. Die Süddeutsche Zink- blechhändlcrvercinigung Frankfurt a. M. hat die Preise mit Wirkung ab 9. d. M. um rund 2 v. H. erhöht, nachdem am 2. Juli eine Ermäßigung um 2,5 o. H. oorgenommen worden war.
Das Gold der Well. Seit der Entdeckung Amerikas wurden schätzungsweise 31 540 Tonnen Gold im Wert von 84 Milliarden Mark gewonnen. Nach Abzug von 10 Prozent durch Schisfsunter» gang. Schatzvergrabungen usw. verblieben etwa 28 400 Tonnen. Die aus alter Zeit noch vorhandenen Goldmengen (Deutschland galt bis ins Mittelalter als das goldreichste Land der Welt) sind demgegenüber nicht von Belang. Die Vereinigten Staaten verbrauchen für medizinische, industrielle und gewerbliche Zwecke lähr» lich rund 112 Tonnen Gold, d. h. 19 Proz. der jährlichen Goldgewinnung. Für Währungszwecle (Goldmünzen und Barren) werden etwas weniger als zwei Drittel, für zahntechnische und verschiedene industrielle Zwecke mehr als ein Drittel verwendet.
3n der deutschen Blaschlnenlndustrle ist nach einer Mitteilung des Vereins Deutscher Maschinenbauanstalten im Juni d. I. eine leichte Belebung festzustellen.
In der Baumwollweberei hält die rückläufige Geschäftsbewegung an.
Stillegung einer Glashülke. Die seit 60 Jahren bestehende Glashütte Vopelius in Sülzbach (Sargebiet), die mehrere Hundert Arbeiter beschäftigte, wird aus 15. Juli stillgelegt.
Schweinepreise. Aalen: Milchschweine 55—70. — Ludwlgsbnrg, Milchschweine 50—65. — Rotenburg: Milchschweine 50 — 77. — Schwenningen: Milchschweine 45-50, Lauser 95. — Tuitling-a, Milchschweine 38—48. — Waiblingen: Milchschweine 60—67, Läufer 78—82 ^ d. St.
Aruchlpreise. Aalen: Kernen 12 60, Weizen 12.20—13, Roggen 11—11.50, Gerste 11.50—12, Hafer 10—ll. — Heldenheim: Kernen 13, Weizen. 11.50, Hafer 10—1l.20. — Leukkirch: Roggen 18, Gerste 24. Hafer 22—23. — Nördlinaen: Weizen 12—12.60. Raa-
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