Seite 2 — Nr. 157
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Montag, 8. Juli 1929.
freiung von der Gewerbesteuer für alle Genossenschaften, deren Tätigkeit sich auf den Kreis ihrer Mitglieder beschränkt und bekr. Erhöhung des Gemeindeanteils an den Reichssteuerüberweisungen wurden ebenfalls abgelehnt.
Bei der Beratung der restlichen Kapitel des Finanzetats sprachen sich mehrere Abgeordnete für eine Erweiterung der Badeeinrichkungen inWildbad aus. Anerkennung fand dabei die Tätigkeit des jetzigen Badekommissars, gewünscht wurde eine stärkere Reklame. Abg. Dr. Mauthe (Dem.) verlangte eine Entscheidung in der Frage der Stuttgarter Schwarzwaldwasserversorgung. Abg. Dingler (B.B) wünschte, daß bei der Verpachtung der Domänen auch die Notlage der Landwirtschaft zum Ausdruck komme. Präsident Kuhn erklärte, daß für neue Bohrungen in Wildbad 50 000 -K in den Etat eingestellt seien. Falls neues Wasser gefunden werde, könne allen Mißständen abgeholfen werden. Erfreulich sei, daß alle Neuerungen in Wildbad aus den Einnahmen des Bads geschaffen werden konnten.
Präsident König von der Forstdirektion teilte mit, daß mit Bayern und Baden Verhandlungen wegen gemeinsamer Wildheye ausgenommen worden und daß infolge Wind- und Schneedrucks die Holzfällungen dieses Jahr größer als sonst sind.
Don kommunistischer Seite wurde beantragt, den Beitrag von 2 Millionen Mark für den Zeppelinbau zu strei- chen, da es sich um eine rein nationalistische Angelegenheit handle und in Friedrichshafen mit den Staatsgeldern verschwenderisch umgegangen werde. Diesen Ausführungen des Abg. Vollmer wurde von den Abgg. Gengl er (Z), Dr. Hölscher (BP.), Keil (S.) und Fischer (Dem ) entgegengetreten. Als die Kommunisten dem Abg. Keil zw riefen: Sie dürfen umsonst fahren, gab er ihnen unter großer Heiterkeit des Hauses prompt die Antwort: Sie werden noch liegen, auch ohne Luftschiff. Abg. Keil betonte, das Luft- chiff diene der Annäherung und Verständigung der Völker, nicht aber imperialistischen Zwecken. Der kommunistische Antrag wurde abgelehnt.
Zum Schluß gab es auch noch eine Wohnungsdebakke. Präsident Aichele von der Wohnungskreditanstalt teilte dabei mit, daß für das laufende Jahr 23 Millionen in Aussicht genommen und daß die Bescheide dieses Jahr nicht zu spät gekommen sind- Auf 15. Juni wurden 4226 Gesuche mit 12A Millionen Mark als erste Rate heschieden. Für die Kinderreichen wird besonders gesorgt werden.
Nachdem die Beratung des Finanzetats erledigt war, wurde das Staatshaushalksgeseh in 2. Lesung angenommen und schließlich wurden auch noch verschiedene Eingaben nach den Ausschußanträgen erledigt. Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, den 10. Juli statt. Auf der Tagesordnung stehen Kleine Anfragen und die 3. Lesung des Etats. Man hofft in zwei Sitzungen fertig zu werden. Dann beginnen die parlamentarischen Sommerferien.
Württemberg
Gründung des Deutschen Lustfahrtmuseums
Stuttgart, 8. Juli.
Die Luftschiffbau Zeppelin G. m. b. H. Friedrichshafen hat seit mehreren Jahren auf ihrer Werft ein Zeppelinmuseum «ingerichtet, das in Originalstücken, Modellen, Bildern, Dokumenten und dergl. den Werdegang des Zeppelinschen Werkes veranschaulicht. Am jedoch dem Museum einen Platz zu sichern, der leichter als Friedrichshafen für alle zu erreichen ist, die sich über den Luftverkehr unterrichten wollen, wurde Stuttgart als geeignetster Ort gewählt. Die Stadt hat die Räume des Wilhelmpalastes an der oberen Neckarstraße zur Verfügung gestellt. Das Ehrenprotektorat hat Reichspräsident von Hindenburg übernommen. Ein Ehrenausschuß ist in der Gründung begriffen. Ihm gehören aus den unmittelbar beteiligten Kreisen u. a. bereits an: Dr. Bolz, württ. Staatspräsident, Dr. Stegerwald, Aeichsverkehrsminister, Dr. Beyerle, württ. Justizminister, Graf von Brandenstein-Zeppelin, Dr. Eckener. Dr. Colsmann, Kommerzienrat Dr. Cuno, Reichskanzler a. D-, Hamburg-Amerika-Linie, Dr. Dehlinger, württemb. Finanzminister, Dr. Dornier, Friedrichshafen, Dr. Dürr, Friedrichshafen, Dr. Köhl, Hauplmann, Dr. Luther, Reichskanzler a. D., Ehrenvorsitzender des Deutschen Luftfahrtverbands, Dr. Maybach, Friedrichshafen.
Die Gründung erfolgt am öl. Geburtstag des Grafen Zeppelin, am 8. Juli.
Um die Sicherung des Flugplatzes Böblingen
Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Die vor einiger Zeit von der Ministerialabteilung für den Straßen- und Wasserbau anberaumte Verhandlung in der schwebenden Angelegenheit der Führung der 220 KV.-Leitung der Großkraftwerk Württemberg A.G. in der Umgebung des Flug. Platzes Böblingen fand am Freitag, den 5. dieses Monais unter Mitwirkung von Beamten des Innenministeriums und der Innenverwaltung, sowie des Wirtschaftsministeriums und unter Zuziehung von Vertretern der am Luftverkehr beteiligten Kreise und der Unternehmerin statt. Es wurden Vorschläge gemacht, von denen eine befriedigende Lösung der Angelegenheit erwartet werden kann. Der Vertreter der Unternehmerin wird binnen kurzer Frist eine Stellungnahme seiner Gesellschaft einholen. Ueber das Ergebnis der Verhandlungen wird nach deren Abschluß nähere Mitteilung folgen.
Slukkgart, 6. Juli.
Besuch von General hene. Der Chef der Heeresleitung, General H e y e, kam am Freitag abend im Auto in Begleitung einiger Offiziere von MüiUingen und hielt in der Alten Post Einkehr. Abends setzte er die Reise nach Berlin fort.
70. Geburtstag. Bürgermeister a. D. Dr. Heinrich Rettich vollendet am 7. Juli das 70. Lebensjahr. Er war der erste besoldete Gemeinderat in Stuttgart, dem vom König der seinerzeit neue Bürgermeistertitel verliehen wurde.
Vom Tage. Beim Einfahren für das Solitude-Mokorrad- rennen (Sonntag) überschlug sich am Samstag die Maschine des Münchner Fahrers Hans Uecker. Uecker wurde tödlich verletzt. Sein Beifahrer kam mit leichteren Verletzungen davon. Infolge von Reifenschäden erlitten ferner die Fahrer Toni Baühofer und Hablitzel Verletzungen.
Auf dem Bahndamm der Remstalbahn ließ sich ein 44- jähriger Mann vom Zug überfahren.
Nagold, den 8. Juli 1929.
Wohin du blickst, ist Komvf auf Erden Wohin du blickst. Kann Friede werden.
D e h m e l.
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Dienftnachrichteu.
Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurden ernannt: zum Oberzollsekretär der Zollsekretär Arnold bei dem Bezirkskommistariat (St.) Horb. Obersteuerinspektor Dillenz bei dem Finanzamt Horb an das Finanzamt Ellwangen versetzt. Regierungsrat Rapp Vorsteher des Hauptzollamts Horb, auf Ansuchen in den dauernden Ruhestand versetzt.
Regensonntag
Wieder ein Regensonntag! Wieder macht der Himmel ein griesgrämiges Gesicht. Zum Spazierengehen ist es nicht gerade verlockend. Doch ab und zu guckt ein kleines Stückchen blauer Himmel heraus. Vielleicht wirds doch besser. Aber wer sich von dieser Hoffnung verführen läßt und sich auf den Weg macht, der muß es büßen. Denn auf einmal regnet es wieder darauf los und man muß unterstehen oder sich schleunigst auf den Heimweg machen. Trotz dem Regenwetter ging es ab und zu lebhaft zu. Mehrere Autos passierten die Stadt, die ihre Insassen zu dem in Wart stattfindend. Kriegerv.-Iubiläum brachten. Auch Jugendliche sah man, die zu der in Pfalzgrafenweiler stattfindenden Tagung des Jugendbundes für Entschiedenes Christentum, gingen.
Wie gut hat es sich getroffen, daß gerade an einem solchen Regensonntag das Württ. Volkstheater in unserer Stadt weilt. Da geht man einfach ins Theater, da regnet es nicht und vor allem hat man ein paar Stunden nette Unterhaltung. Die Mitglieder des Theaters freuen sich natürlich auch, wenn sie ein gut gefülltes Haus haben und nicht vor leeren Bänken spielen müssen. Eine große Kinderschaar wartete mittags in kindlicher Ungeduld vor
Ulm, 7. Juli. Der glückliche Gewinner im Gefängnis. Die „Frankfurter Zeitung" meldet: Unter die von einem Frankfurter Lotterieeinnehmer verkauften Lose fiel bei der Ulmer Münsterlotterie ein Geldgewinn von 1000 RM. und 25 000 RM. Der Lotterieeinnehmer suchte durch Zeitungsanzeigen nach dem glücklichen Gewinner. Dieser sah, wie sich herausstellte, in Untersuchungshaft wegen Hei- ratsschwindel.
Ulm, 7. Juli. Amksunterschlagung. Wegen Un- kerschlagung von 345 Mark, die übrigens wieder erseht wurden, wurde der seit Jahren kränkliche Schultheiß L. von Erisdorf, OA. Riedlingen, vom Großen Schöffengericht zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt.
Leutkirch, 7. Juli. Schloßen von außergewöhn. lichemAusmaß. Ueber die Zeiler Höhen in Diepolds- hofen und Reichenhofen her nach Seibranz und Hauerz und abwärts nach Altmannshofen fiel kurzer, aber schwerer, strichweiser Hagel, dessen teilweise außerordentlich große Schloßen empfindlichen Schaden brachten. Ein in Schloß Zeit beschäftigter Beamter brachte in die Wirtschaft dort ein Hagelkorn von dem ungewöhnlichen Gewicht von 148 Gramm, dessen Rundung nicht durch die Oeffnung des Bierglases ging. Ein von Seibranz gebürtiger, in Leutkirch als Bäckergehilfe tätiger Bursche G. K. brachte von seiner Heimat ein Hagelkorn von 200 Gramm mit. Die Platten leine- elterlichen Hauses wurden völlig zertrümmert.
Vom bayerischen Allgäu» 7. Juli. Der Sturm auf dem Kemptener Fe st platz. Durch eine Windhose stürzte in Kempten die eben fertiggestellte Rutschbahn für das Schützenfest ein und begrub das Kasperltheater der Firma M. Maier-Kempten unter sich. Dieses wurde vollständig zertrümmert. Durch den Einsturz erlitten der 24 Jahre alte Taver Guggenberger aus München schwere Kopfverletzungen und der 28 Jahre alte Simon Gerlacher aus Füssen schwere Arm- und Beinverletzungen. Das Festzelt wurde auf einer Sette vollständig aufaerissen.
dem Vorhang.Ein Glockenzeichen wäre eigentlich bei einem so aufmerksamen Publikum gar nicht nötig gewesen. Willig ließen sich die jungendlichen Zuschauer in die Märchenwelt von „Rumpelstilzchen, der böse Zwerg" entführen.
Und wie die Kleinen die Geschichte mitlebten! Es waren ja alte Bekannte aus dem Märchenbuch und den Geschichten die Mutter oder Großmutter vor dem Schlafengehen oder an langen Winterabenden zum Besten gaben. Da war die schöne Müllerstochter, die mit Hilfe des Zwergs aus Stroh lauteres Gold spinnt und deshalb die Gemahlin des jungen Königs wird, da war Rumpelstilzchen, der helfende Zwerg, der dann als Lohn der Königin erstgeborenes Kind verlangt und darauf verzichten muß, weil man seinen Namen errät. Und der eingebildete König, der überaus lustige, dumme Peter, der dann doch den Namen des Zwergs erfährt, mit seiner Liesel, die er am Schluß kriegt.
Am Abend war der Traubensaal beinahe bis auf den letzten Platz besetzt. Scheffels bekanntes Versgedicht „Der Trompeter von Siickingen" war der alten Generation der Inbegriff sentimentaler, rührender Liebespoesie. Und die nach ihm komponierte Oper von Neßler eroberte im Siegeszug die Opernbühnen. Heute ist es ganz anders geworden. Man spricht von unerträglicher Sentimentalität, Gefühlsduselei und dergleichen. Und man macht sich ein bißchen luftig über die Reimereien des alten Scheffel und die schmalzigen Schmachttöne des Komponisten. Das so zahlreich erschienene Publikum am Sonntag Abend aber kümmerte sich wenig um solche Urteile. Eifrig und mit offensichtlichem Gefallen nahm es das Stück auf, das in geschickter, publikumssicherer Weise Scheffel und Neßler vereinigt, den Bedürfnissen einer kleinen Bühne angemessen. Die alte Geschichte von dem Trompeter und seiner großen rührenden opfermutigen Liebe zu seiner schönen, lieblichen Margarethe, der schmerzlichen Trennung und der glücklichen Wiedervereinigung. Ja, ja: Liebe und Tromyptenblasen nützen viel zu guten Dingen, auch ein
Aus Stadt und Land
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(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung 35)
Ihr Kopf stach wie von tausend Nadeln durchbohrt. Sie hatte gerade noch Zeit, sich hinter den großen Schrank zu stellen, als er schon aus der Türe trat. Einen Moment blieb er stehen, ging dann in sein Sprechzimmer und öffnete ein Kästchen, welches in die Wand eingebaut war. Sie verfolgte jede seiner Bewegungen, sah, wie er ein weißes Pulver auf einen Löffel schüttete und nach einem Glase Wasser griff.
Im nächsten Augenblick hing sie an seinem Halse, „Hans — mein Bub, mein Jung!"
„Mutter!" — Das Glas lag am Boden, desgleichen der Löffel, das weiße Pulver war verschüttet. — „Mutter, was tust du hier? — Ich dachte, du schliefest längst".
„Mein Bub! —"
„Mutter, sag doch!" — ,
„Mein Junge, hast du vergessen, daß du unser Einziger bist?"
„Was Hab ich denn getan, Mutter?"
Sie sah ihm starr in die Augen, dann nach dem weißen Pulver und dem zerbrochenen Glase. „Gift!" brachte sie mühsam hervor.
Er zog sie an sich und streichelte ihr Haar, das weiße Haar, das in Sorge um ihn grau geworden war. „Es ist nur ein wenig Morphium dabei, damit ich besser schlafen kann. Sonst ist das Puverchen ganz harmlos.
Sie wurde jedoch nicht ruhiger. „Warum hast du sie nicht zu deiner Frau gemacht?"
„Wen denn, Mutter?"
„Das Mädchen, das sich dir hingegeben hat".
„Mutter!"
„Ich hab's gesehen, Hans!" Ihre Hände hoben sich ihm entgegen. „Mein Bub". Ihr ganzer Körper zitterte und zuckte in Schluchzen.
„Mutter, wie kannst du?" — und plötzlich begriff er,
legte seinen Kopf gegen ihre Schulter und sprach kein Wort mehr.
Sie hielt es für ein Bekenntnis seiner Schuld. Ihre Hände begannen über seinen Rücken zu streicheln. „Sag mirs, mein Bub, — sag's deiner Mutter, wies gekommen ist."
Er schwieg.
„Mein Hanseljung! Hast mir immer alles erzählt, all deine Streiche, und wenn du Schulden hattest als Student weißt du das nimmer? — Und deine erste Lieb, mein Bub — die blonde Eret von Oberförsters, die hast du mir auch gestanden —"
Sie hielt ihn im Arm, als wäre er noch der kleine Junge von ehemals. Er rührte sich nicht.
„Sie können mir die Zunge Herausreißen, ich laste nichts verlauten — Nur eine Antwort gib mir, mein Hanselbub! Ist sie dir schon lange Weib gewesen? — Und warum bist du nicht zu ihr gegangen und hast sie alle Nächte hierher zu dir ins Haus gebracht?"
„Sie ist erst fünf Nächte bei mir, Mutter!"
„Fünf Nächte erst — und bist ihrer so rasch satt geworden?"
„Ich habe sie ja noch nie besessen, Mutter!"
„Nie besessen? — Und hast — und hast — ich Habs doch gesehen, wie sie die Arme um deinen Hals gelegt hat."
„Sie hält mich im Fieber für ihren Mann".
Die Greisin ließ den Sohn los. Ihr Gesicht wurde ganz hager, alt und verfallen. „Hans! —..Hast du das neunte Gebot vergessen, — das von des Nächsten Weib? — Nimmst einem anderen sein Heiligstes weg und machst es zur Dirne, und sie gibt sich dir! — Sie gibt dir! —"
„Mutter, ich sag dir doch —"
„Hans — mein Jung! Hast deine Hände aus ihre Brust gelegt, von der du zuvor das Hemd zurückgezogen hast — ich hab's gesehen".
Eine jähe Röte ging über seine Wange, aber er sagte nichts.
„Ist sie tot?"
Er schrak zusammen. „Warum soll sie tot sein?"
Sie atmete auf. „Wieviel wird sie verlangen? Zehntausend Mark? Vielleicht begnügt sie sich damit. Solche Frauen tun alles um Geld".
Ein- eigentümlicher Ausdruck lag um seinen Mund.
„Willst du sie dir ansehen, Mutter?"
„Um Gottes willen, nein! Hans, das kannst du nicht verlangen. Ich meine, ich müßte sie aus den Kisten reißen und ihr etwas ins Gesicht schleudern".
„Das wirst du nicht! Komm, Mutter!"
Sie w hrte sih. Sie woll.e ni-hi Ich schäm- mich, mein Jung, für dich und auch für sie. Ich bin zu alt für so etwas. Ich will die Frau, welche die Schande meines Sohnes teilt, nicht sehen — auch im Schlafe nicht".
„Wenn ich dich aber bitte, Mutter! Wenn ich dir schwöre daß sie mir nie zu eigen war, daß sie mir von Holzknechten todkrank ins Haus gebracht wurde, daß ich nicht einmal ihren Namen wußte, daß sie nur in ihrem Fieber He Arme um mich legte. Mutter, kommst du dann auch nicht mit?"
Sie ließ sich, wenn auch noch etwas widerstrebend, nach dem Zimmer führen, in dem die Fremde lag.
Er schaltete die Ampel ein. „Du wirst sie wecken", flüsterte sie warnend.
„Sie hat Morphium bekommen und wird nicht erwachen".
Er führte sie an der Hand nach dem Bette. Der blaue Schein fiel rieselnd weich über ihr Gesicht. Die Augen der Greisin hingen anden bleichen Zügen, glitten über das blonde Eelock, das über die Kisten rann, und blieben am den geschlossenen Augen liegen. Der Doktor fühlte, wie ihre Finger in den seinen zu zittern begannen.
„Kennst du sie, Mutter?"
„Weißt du's gewiß?" , .
„Ja, mein Bub! So gewiß, als ich mein eigenes erkennen würde". ,
Die Kranke regte sich, Er zog die Mutter hinaus und drückte die Tür hinter sich zu. „Hast du noch Zeit für innm Sorgenmutter? Wenn dich der Schlaf nicht quält —
„Junge, wie könnte ich jetzt schlafen!"
Sie saßen zusammen in seinem Arbeitszimmer auf dem kleinen Sofa. Er ließ sich von ihr Trude Marbots Leben- Liebe und Leid erzählen, wie es die Lena ihr berichte hatte.
„Glaubst du, daß sie mich nimmt, Mutter?'
(Fortsetzung folgt)