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Mit den illustrierten BeilagenFeierstunden" Unsere Heimat",Die Mode vom Tage".

Bezugspreise: Monatlich einschließlich Trägerlohn 1.60; Einzelnummer 10 -Z. Erscheint an jedem Werttage. Verbreitetste Zeitung im O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung. Druck und Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Mit der landwirtschaftliche« Wochenbeilage: Hans-, Garten- und Landwirtschaft"

Anzeigenpreise: Die 1-spaltige Borgiszeile oder deren Raum 20 -L, Familien-Anzeigen IS Reklamezeile 60 Sammelanzeigen 50 Aufschl. Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Ausgaben und an besonderen Plätzen, wie für telephonische Aufträge und Chiffre-Anzeigen wird keine Gewähr übernommen. : : :

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Nr. 157

Gegründet 1827

Montag, den 8. Juli 1929

Fernsprecher Nr. 20

1VS. Jahrgang

EinWKdeß Reichsrats gegen dieAendttW des Minnggeseges

Das sogenannte Brüning-Gesetz (benannt nach dem volks­parteilichen Reichstagsabgeordneten Brüning als Antrag­steller) besagte in seiner ursprünglichen Fassung vom 3. Sep­tember 1925, daß die Lohnsteuer gesenkt werden müsse, wenn sie in drei aufeinanderfolgenden Monaten je mehr als 100 Millionen Mark erbrächte. Sie wurde zu einer Zeit geschaffen, wo die Steuern dieser Art in ihrem Erträg­nis stark überwogen, wo insbesondere das Aufkommen aus veranlagungspflichtigen Einkommen sehr gering war. Die Zeiten haben sich seitdem sehr gewandelt. Der Anteil der Besitzsteuern ist ständig gestiegen. So wurde denn auch die kurze Befristung für die im Brüning-Gesetz vor­gesehene Lohnsteuersenkung bereits im Dezember 1927 mit Wirkung vom 1. Januar 1928 an geändert: die Sen­kung sollte erst eintreten, wenn während eines Jahrs das Erträgnis über 1300 Millionen Mark hinausgeht.

In der Vereinbarung der Regierungsparteien zum dies­jährigen Reichshaushaltplan wurde die Senkung der Lohnsteuer fallen gelassen, aber es wurde be­stimmt, daß in den nächsten fünf Jahren die über 1300 Millionen Mark hinausgehenden Erträgnisse der Lohnsteuer künftig in Höhe von 75 Millionen den knappschaftlichen Pensionsversicherungen zugute kommen und der Rest für den Ausbau und die Erhaltung der Invalidenversicherung verwendet werden sollen. Diese Vereinbarung wurde von der Reichstagsmehrheit am 28. Juni d. I. angenommen.

Der Reichsrat hat nun gegen die neue Abänderung des Brüning-Gesetzes Einspruch erhoben mit der an sich rich­tigen Begründung, daß der Reichstagsbeschluß einen Ein­

griff in das geltende Recht des Finanzaus­gleichs darstellt, nach dem ohne Vorbehalte 75 v. H. des Ertrags der Einkommen- und Körperschaftssteuer an die Länder zu überweisen sind. Die Lohnsteuer ist aber ein Teil der Einkommensteuer, keine Steuerart für sich. Das erhellt am besten daraus, daß sie für die über 9200 Mark hinausgehenden Gehalteinkommen lediglich eine Abschlags­zahlungsregelung für die Einkommensteuer darstellt.

Der Reichsrat macht weiterhin geltend, daß durch eine solche, den Grundsätzen eines Haushaltplans zuwider­laufende Verwendung der Reichshaushalt unklar und ver­wickelt wird. Außerdem beanstandet der Reichsrat die Dauer von fünf Jahren, während er sich nach dem An­trag Preußens mit einer zweijährigen Frist ab finden wolle. Die Ausschüsse des Reichsrats hatten nur eine einjährige Frist bewilligt. Ein Antrag Bayerns, von der Begründung vorläufig abzusehen und lediglich Ein­spruch zu erheben, fand nicht die genügende Unterstützung. Der Reichsrat faßte den auffallenden Beschluß, weil infolge seines Einspruchs das vom Reichstag beschlossene Gesetz erst in Kraft treten kann, wenn sich Reichstag und Reichsrat über die Geltungsdauer geeinigt haben oder der Reichstag seinen weitergehenden Standpunkt mit Zweidrittel­mehrheit aufrecht erhält.

Der Reichsratsbeschluß stellt ein Neues in der Parla­mentsgepflogenheit dar. Ein Einspruch ist zwar schon öfters ausführlich begründet worden, aber es ist bis jetzt noch nicht vorgekommen, daß die dem Beschluß beigegebene Begrün­dung den Beschluß selbst wieder aufhebt.

Neueste Nachrichten

Beschlösse des Lutherischen WelrkonvenLs

Kopenhagen, 7. Juli. Der Lutherische Weltkonoent nahm In seiner Schlußsitzung eine Reihe wichtiger Entschließungen an. In der Bekenntniserklärung wurde das Festhalten am reformatorischen Erbe erneut feierlich betont. Eine weitere Entschließung nimmt auf die 400-Jahrfeier von Luthers Kleinem Katechismus Bezug, der für die Jugendunterwei­sung unentbehrlich sei. Angesichts der schwierigen Lage vieler lutherischen Kirchen hält der Weltkonvent eine organisierte Hilfsaktion für notwendig und empfiehlt dem Vollzugsaus­schuß auch weiterhin die Leitung einer solchen Hilfsaktion der lutherischen Kirchen. Die Einheit der lutherischen Kirchen soll durch persönliche Fühlungnahme führender Vertreter der verschiedenen Kirchen, durch eine organisierte Jnformations- tätigkeit sowie durch Unterstützung von Theologiestudieren-' den aus Minderheitenkirchen gefördert werden. Die soziale Frage soll unter Wahrung des inneren Charakters des Christentums und seiner eigentlichen religiösen Aufgaben in gründlicher Weise studiert und die Ergebnisse in einer um­fassenden Kundgebung bekanntgegeben werden. Doch richtet der Weltkonvent schon jetzt an alle lutherischen Kirchen einen

Aufruf zu einer stärkeren Aktivität in den sozialen Fragen der Gegenwart, um dadurch ein Christentum der Tat auf allen Gebieten des praktischen Lebens zu bekunden.

Der Organisationsplan, den Freiherr v. Pechmann (München) als Vorsitzender des Organisationsausschusses vortrug, wurde einstimmig angenommen. Für den nächsten Zusammentritt des Weltkonvents wurde Chicago als Ta­gungsort in Aussicht genommen.

Ablehnung bayerischer Vesoldungswünsche

München, 7. Juli. Im Besoldungsausschuß des Bayr. Landtags erklärte Finanzminister Dr. Schmelzte bei der Beratung zahlreicher Eingaben von Beamten mK Gehalts­erhöhung: Der Fehlbetrag im bayrischen Staatshaushalt belaufe sich auf 44 Millionen, es sei also unmöglich, die Wünsche der Beamtenschaft zu erfüllen. Sollte eine Ver­schlechterung der Reichsfinanzlage eintreten, so stehe man so­gar vor der Gefahr, daß die Beamtengehälter abgebaut wer- den müssen. Der Ausschuß lehnte darauf die Eingaben ab.

Einstellung der Zwangsenkeignungen in Südkirol

Innsbruck, 7. Juli. Die faszistischeAlpenzeitung" in Bozen weih aus Rom zu berichten, Mussolini habe An­weisung gegeben, daß die weitere Enteignung von bereits kultivierten Grundstücken deutscher südtiroler Bauern im Etschtal durch die Opera Nazionale eingestellt werde. Statt 125 Hektar sollen nur 8 Hektar bebauten Bodens in Unter­mais bei Meran zur Abrundung des schon früher enteigne- ten Grundes den deutschen Besitzern zwangsweise, wenn auch egen Entschädigung, weggenommen werden. Diesen Boden rauche man notwendig zur Abrundung der neuen italieni­schen Dorfsiedlung Victoria.

Ränmungsvorbereitungen

Koblenz, 7. Juli. Die französischen Besehungsbehörden sind mit einer Speditionsfirma in Koblenz in Verbindung getreten und haben ihr den Auftrag für die Abbeförderung des Heeresmaterials erteilt für den Fall, daß Koblenz

undEhrenbreitstein in nach st er Zeit ge­räumt würde- Pertinax bestätigt, daß der französische Generalstab im Rheinland von Paris aus beauftragt wor­den ist, Vorbereitungen für die Räumung der Koblenzer Zone zu treffen. Die deutschen Behörden werden von der Maßnahme nicht in Kenntnis gesetzt, bis die Rheinlandkom­mission bei der Reichsbahn unmittelbar die Züge zur Ab­beförderung anfordert.

Dem englischen Hauptquartier im Besetzungsgebiet ist von der englischen Regierung der Befehl übermittelt wor­den, die Truppenübungen in der Eifel und in der Gegend von'Simmern sofort einzustellen.

Seine Abtrennung der Saarfrage

Berlin, 7. Juli. Die Reichsregierung erklärt, daß das Saargebiet zugleich mit dem Rheinland geräumt werden müsse. Der Poungplan stelle ausdrücklich fest, daß De u t sch- land nunmehrvon allen Kontrollen befreit und alle durch den Krieg entstandenen Fragen erledigt fein sollen. Die von Frankreich vorgebrachten Gründe für die Einsetzung einer dauernden Ueberchachungs- kommission seien nicht stichhaltig, da Frankreich sich nicht nur an den Völkerbund, sondern auch an die im Lo- carnovertrag vorgesehene Dergleichskommission wenden könne, wenn es glaube, daß von deutscher Seite der Versail­ler Vertrag verletzt worden sei. Die Reichsregierung stehe auf dem Standpunkt, die Frage sei gegenstandslos, ob Eng­land allein oder zusammen mit Frankreich und Belgien räumen sollen, denn der Poungplan verlange die Räumung schlechthin.

In Berlin ist man sich bewußt, daß der Räumung noch ernste Schwierigkeiten enkgegenstehen.

Sie Haben s gut vor!

Paris, 7. Juli. Der Führer der Militärpartei, General Piremau wendet sich imEcho de Paris" gegen die bal­dige Rheinlandräumung. Die Räumung sei nur denkbar, wenn Deutschland unter dauernde schärfste Ueberwachung gestellt werde. Die hiefür vorgeseheneFeststellungs- -und Dergleichskommission" sei für Frankreich nur dann an­nehmbar, wenn nicht nur auf dem linken, sondern auch auf dem rechten Rheinufer, und zwar in einer Breite von 50 Kilometer ein äußerst starkes Ueberwachungssystem ein­geführt wird, das die Aufgabe hätte, im Fall einer deut­schen Drohung (!) und eines Zusammenstoßeswichtige Dienste zu leisten", Frankreich mit Nachrichten zu versehen, zu warnen und nötigenfalls auch selbst sofort Sicherheits­maßnahmen zu treffen. Die Ueberwachungsorgane müßten die Möglichkeit und die Mittel haben, sofort die Rhein- brücken zu zerstören. Denn nur mittels der Rheinbrücken könnten die deutschen Truppen einenüberraschenden Ein­bruch" in das französische Gebiet machen.

Die schlotternde Angst vor den Deutschen ist in Frank­reich anscheinend unüberwindlich.

' Zu der Rede des Außenministers Henderson, der im Unten» Haus schleunige und vollständige Räumung der Rheinlands verlangte, sagt dasEcho de Paris". Nach dieser Rede eines Führers der englischen Arbeiterpartei bleibe der französischen Regierung nichts anderes übrig, als die abziehenden briti­schen Truppen in Wiesbaden durch französische zu ersehen, wenn sie nicht das SpicHzeug Deutschlands und der sozialisti­schen Internationale werden wolle.

Tagesspiegel

Bei den Wahlen zur Studenkenvectrekung an der Ber­liner Universität hat die nationale Studentenschaft eine starke Mehrheit erreicht.

Mac Donald beabsichtigt, mehrere Mitglieder der Ar­beiterpartei für die Peerswürde vorzuschlagen, um die Ver­tretung der jetzigen Regierung im Overhaus zu verstärken.

Wegen Meinungsverschiedenheit» ist das portugiesische Kabinett zurückgetreken.

England beharrk auf London

Paris, 7. Juli. Der britische Botschafter Lord TyreIl hat dem Minister Briand ein Schreiben des britischen Kabi­netts übergeben, worin dieses darauf beharrt, daß die Re­gierungskonferenz über den Poungplan usw. An­fang August inLondon abgehalten werde. Die schweben­den Fragen sollen in einem Zug in kürzester Zeit erledigt werden ohne Aufteilung der Konferenz in mehrere Verhand­lungsabschnitte.

Die faszistischen Sekretäre sind Staatsbeamte

Mailand» 7. Juli. Das Gericht in Ancona hat entschie­den, daß die politischen Sekretäre der Faszistischen Partei in den einzelnen Ortschaften als Staatsbeamte zu be­trachten seien. Ein Bürger, der das Gesuch eines solchen Sekretärs um einen Geldbeitrag für die faszistische Kinder­organisation in unziemlicher Form abgelehnt hatte, wurde wegen Beamtenbeleidigung zu 35 Tagen Gefängnis ver­urteilt.

Mordanschlag auf bulgarische Minister

Sofia, 7. Juli. In Anwesenheit des Ministerpräsidenten Liaptschew und des Ministers Wassilew war gestern die neue Moschee im Rhodopegebirge eingeweiht worden. Als die Minister und die übrigen Gäste aus der Heimfahrt im Kraftwagen in di« Nähe des Ortes Kritschim bei Philippopel kamen, wurde der als letzter fahrende Kraft­wagen ar°s der Dunkelheit beschossen. Die Wagen, in denen der Ministerpräsident und der Minister waren, kamen ohne Zwischenfall an der Unfallstelle vorüber. Der Wagen, in dem mehrere Abgeordnete und der Kreispräfekt von Philip­popel saßen, wurde von einer Gewehrsalve empfangen. Ein Polizeiagent wurde von einer Kugel tödlich getroffen. Die Täter konnten unerkannt entkommen.

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Zinsverbilligung für Molkereikredile

Berlin, 7. Juli. Wie halbamtlich gemeldet wird', sollen aus den Mitteln desProgramms für Förderung der landwirtschaftlichen Produktion" zum zweiten Mal Zins­verbilligungen gewährt werden für Darlehen, die zur Beschaffung von Anlagen und Einrichtungen für plan­mäßigen Ausbau der Milchwirtschaft bestimmt sind. Die Zinsverbilligung erstreckt sich auf höchstens fünf aufeinan­derfolgende Jahre; der Z i n s s a tz soll um höchstens 514 v. H. verbilligt werden, und zwar wofern der vom Dar­lehensnehmer selbst zu zahlende Zinssatz nicht weniger als 5 v. H. beträgt. Zur Begutachtung der Anträge soll bei der Landwirtschaftskammer eine Kommission eingesetzt werden, bei der auch die Anträge um Zinsverbilligung einzureichen sind und bei der die Antragsvordrucke und Auskünfte erhältlich sind.

Die Anschlußverhandlungen mit Schaumburg-Lippc

Hannover, 7. Juli. Die Regierung von Schaumburg-Lippej hat dem Landtag mitgeteilt, der preußische Minister des Innern, Grzesinski, werde eine Besprechung in Ber-I li anberaumen für weitere Verhandlungen über den An-i schluß von Schaumburg-Lippe an Preußen, sobald die> Lippische Landesregierung dies wünsche. Der Landtag er­klärte sich mit der Fortführung der Verhandlungen einver­standen.

Die Verhandlungen mit Lippe wurden bisher von denk Reichsminister des Innern Seoerlng geführt, sie blie-^ den aber ohne Ergebnis.

WM. Landtag

Die zweite Lesung des Haushalkplans beendet

Stuttgart, 6. Juli.

Zu den Steuerfragcn mußten noch verschiedene Ab stimmungen nachgehoft werden. Dabei wurde der soz. An­trag, eine Denkschrift über die Wirtschafts- und Skeue» verhältnisse des Landes vorzulegen, mit 29 Ja gegen 25 Nein bei 18 Enthaltungen, die als Nein zählen, abgelehnt. Der soz. Antrag betr. steuerliche Entlastung der Konsumverein« wurde mit 24 Ja gegen 33 Nein bei 10 Enthaltungen abge- lehnk und der soz. Antrag, für die Mürkt. Mohnungskredit- anstalt 2 Millionen Mark mehr als im Etat vorgesehen, zur Verfügung zu stellen, mit 28 Ja gegen 35 Nein bei 8 Enthaltungen verworfen. Angenommen wurde ein Antrag Bauser (VR.) betr. Aufwertung der Liquidationspfand­briese. Zwei weitere sozialdemokratische Anträge betr. Be-