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Mit den illustrierten BeilagenFeierstunden" Unsere Heimat",Die Mode vom Tage".

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! jedem Werltage. Verbreitetste Zeitung im , O.-A.-Bezirk Nagold. Schriftleitung, Druck und ! Verlag v. E. W. Zaiser (Karl Zaiser) Nagold

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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: Haus-, Garten- und Landwirtschaft"

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Nr. 152

Gegründet 1827

Dienstag, den 2. Juli 1V2S

Fernsprecher Nr. 29

103. Jahrgang

Was hat die Agrardebatle im Reichstag der Landwirtschaft gebracht?

Schutz der Milchwirtschaft uud des Kartoffelbaues / Unzureichende Ergebnisse für Vieh Dieh- uud Getreidewirtschaft / Kündigung des schwedischen Handelsvertrags

Nachdem die Behandlung der Agrarfragen im Reichs­tage abgeschlossen ist, erscheint es erforderlich, die Ergeb­nisse dieser Verhandlungen für die Landwirtschaft festzu­stellen und die Bilanz des parlamentarischen Ringens um sie Lebensforderungen der Landwirtschaft zu ziehen. Wie sieht nun die wirtschaftliche Bilanz der letzten Reichstags­verhandlungen aus?

Für die Milchwirtschaft ist dasjenige an handels­politischem Schutz erreicht, was gegenwärtig handelspolitisch möglich und bei der gegenwärtigen Weltmarktlage erforder­lich war. Wenn hier die notwendigen innerwirtschaftlichen Maßnahmen in nächster Zeit durchgeführt werden, so dürften die Verluste in diesem Betriebszweige bald gemil­dert werden.

Ebenso konnte für den Kartoffelbau der notwen­dige Zollschutz durchgeführt werden, so daß auch hier, wenn die erforderlichen organisatorischen und Absatzmaßnahmen getroffen werden, der Verlustwirtschaft Einhalt geboten werden kann.

Aus dem Gebiet der V i e h w i r t s ch a f t ist leider die sofort wirksame Maßnahme, die Wiederinkraftsetzung des 8 12 des Fleischbeschaugesetzes und damit die Behinderung der zollfreien Gefrierfleischeinfuhr, nicht durchgesetzt wor­den. Die Aufhebung des zollfreien Gefrierfleischkontingeuts würde sich zwar wirtschaftlich füv die werktätigen Massen keineswegs so ungünstig auswirken, wie dies von politischer Seite vielfach behauptet wird. Aber das Gefrierfleischkon­tingent ist für die Linke zu einer Prestigefrage ersten Ranges geworden. So ist auch die Ablehnung unseres Antrages auf volle Wiederinkraftsetzung des tz 12 des Fleischbeschau­gesetzes nicht aus sachlichen, sondern aus politischen Ge­sichtspunkten erfolgt. Die veterinärpolizeilichen Maßnahmen bezüglich der Vereinheitlichung des seuchenpolizeilichen Grenzschutzes und der Seegrenzschlachthöfe sind durchgesetzt worden. Ihre Auswirkung wird naturgemäß bei ihrem be­sonderen Charakter sich erst im Laufe der Zeit erweisen. Bei richtiger Handhabung werden sich jedoch hieraus wert­volle Stützen für die Rindviehwirtschaft ergeben können. Ein voll wirksamer Schutz der deutschen Rinderwirtschajt kann jedoch nur durch Drosselung der überflüssigen Ein­fuhren, durch Erhöhung der Fleischzölle unter Anpass.mg der Viehzölle erzielt werden. HierzuZind wir aber erst i ach Ablauf der Kündigungsfrist des schwedischen Handslsner- traaes am 15. Februar 1930 in der Lage. Bei dieser Ge­

bundenheit ist die durchgesetzte Kündigung des schwedisazen Handelsvertrages ein Erfolg, über dessen grundsätzliche Be­deutung nachfolgend noch einiges zu sagen ist.

Völlig unzureichend sind die Reichstagsergebnisse auf dem Gebiete der Getreidewirtschaft. Günstigenfalls ist durch den auch von uns im Rahmen anderer Maßnahmen empfohlenen Vermahlungszwang bei richtiger Hand­habung durch den Ernährungsminister die bessere Auswir­kung des Weizenzo ; gesichert. Die ungünstigen Aussichten für die Weizenpreisentwicklung am Weltmarkt, das aus­ländische Dumping und die schutzzöllnerischen Maßnahmen anderer europäischer Staaten lassen befürchten, daß trotz der Heraufsetzung des Weizenzolles von 5 auf 6.50 RM. und trotz des Vermahlungszwanges die Jnlandpreise wesentlich unter der Produktionskostengrenze liegen werden.

Die im ganzen unzulänglichen Maßnahmen des Reichs­tags und der Reichsregierung zwingen uns, in einem beson­deren Initiativantrag diejenigen Maßnahmen zu fordern, die dafür hätten sorgen können, daß im Wirtschaftsjahr 1929,30 die Weizenpreise nicht unter einen Durchschnittspreis von 260 RM. je Tonne, die Roggenpreise nicht unter einen Durchschnittspreis von 230 RM. je Tonne sinken.

Von grundsätzlicher Bedeutung ist die Lösung der handelsvertraglichen Zollbinhungen für wichtige Agrarprodukte durch die nunmehr er­folgte Kündigung des schwedischen Handels­vertrages. Die aussichtsreichen Nachtragsverbandlun­gen mit Finnland und Frankreich haben die für Molkerei­erzeugnisse und Mehl bestehenden Zollbindungen zu beseiti­gen. Bei den unübersehbaren internationr , Marktoerhält- nissen ist die Bindung der Agrarzölle in Handelsverträgen außerordentlich bedenklich, da durch sie der Regierung die Möglichkeiten genommen werden, die ungünstigen Einwir­kungen des Weltmarktes auf die heimische Landwirtschaft auszuschalten. Dieses System handelsvertraglich gebundener Agrarzölle ist hier zum erstenmal durchbrochen worden. Es ist der Landwirtschaft gelungen, weil sie einig war, die Ver­koppelung der Agrarfragen mit der Umgestaltung der Ar­beitslosenversicherung und den Tributverhandlungen zu hin­dern, obwohl zeitweilig die Gefahr außerordentlich groß war, daß die Landwirtschaft hier im Wege des berühmten Kuh­handels für die Durchsetzung ihrer Lebensforderungen einen entsprechenden Preis auf anderem Gebiet hätte zahlen müssen.

üagesspiegel

Der ständige Mandatsausschuß des Völkerbunds ist heute zu einer Sitzung zusammengetrelen und trat in die Prüfung der Frage der Mandatsgebiete Togo. Südwestafrika. Kame­run, Syrien uud Palästina ein.

Präsident Sahm hak auf den Einspruch der polnischen diplomatischen Vertretung wegen der Treukundgebungen am 28. Juni eine Protestnote übermittelt.

Bei dem gestrigen Dektfahren des Kafchauer Automobil­klubs fuhr das Auto des Fabrikanten Wittenberg aus Sillein auf der Straße kaschauMoldova mit großer Duckst gegen einen Baum und stürzte um. Wittenberg, ein Mit­fahrer und der Chauffeur wurden schwer, ein Großgrund, besiher tödlich verletzt.

Entschließung des 23. Deutschen Luslfahrerkages

Essen. 1. Juli. Der 23. Deutsche Lufrsahrertag faßte bei seiner heutigen Tagung folgende Entschließung: Der deutsche Luftfahrerverband hat mit großer Genugtuung von der Erklärung des Herrn Reichspräsidenten und der Reichs­regierung die Kriegsschuldlüge betr. Kenntnis genommen, di-r noch immer die Grundlage des Vertrages von Versailles bildet. Der Deutsche Luftfahrertag stellt mit aller Entschie­denheit fest, daß das in Auswirkung dieses Vertrages erlas­sene Verbot der Gewährung von öffentlichen Zuschüssen für den Sportflug, das Deutschland völlig einseitig belastet, noch immer fortbesteht. Der Deutsche Luftfahrertag richtet daher an die Reichsregierung die erneute Bitte, bei den derzeitigen internationalen Verhandlungen auf die Aushebung dieses Verbotes hinzuwirken.

Daily Mail" über de« Termin der Rhotntandräamung

London, 1- Juli. Dem diplomatischen Korrespondenten derDaily Mail" zufolge werden die üblichen Sommer­manöver der britischen Besatzungstruppen im Rheinland in diesem Jahre nicht abgehalten werden. Van hatte immer erwartet, daß die Räumung des Rhein­landes durch die britische Besatznngsärmee sich über eine Reihe von Wochen, wenn nicht Monate ausdshnen würde. Ich höre weiter, daß Ende voriger Woche das Hauptquartier in Wiesbaden Anweisungen erhalten hat, die einen solchen Plan radikal abändern. Seit der Besetzung vor mehr als 10 Jahren waren der wichtigste Teil der Ausbildung die Sommcrmanöver, bei denen die Truppen im Freien über­nachteten. Das Aufgeben der Sommermanöver in diesem Jahr deutet daraufhin, daß die Truppen entweder in kür­zester Frist oder wenigstens en bloc zurückgezogen werden sollen.

Der Sonderberichterstatter derDaily Mail" in Wies­baden meldet: Das britische Kommando wünscht eine schrittweise Zurückziehung der Truppen, denn die liebergabe des Gebietes schließe eine ungeheure Menge Ar­beit ein. In Wiesbaden allein sei es notwendig, in mehr als 1000 von Engländern belegten Gebäuden ein Inventar aus­zunehmen und Schadenersatzansprüche zu erledigen.

Neueste Nachrichten

Das Schicksal des Konkordats

Der Vertrag im preußischen Landtag

Berlin, 1. Juli. Im preußischen Landtag begann heute die erste Beratung des Konkordats zwischen Preußen und der Kurie. Mit dem Ministerpräsidenten Braun sind der Kultus- und der Finanzminister mit ihren Staatssekretären erschienen. Das Haus ist dicht besetzt, ebenso die Publikums­und Pressetribünen.

Kultusminister Becker gab eine längere Einführung in die Vorgeschichte der Verhandlungen, die mit der Kurie geführt worden sind und schließlich über den Inhalt des Konkordats. Für die Deutschnationale Volkspartei sprach Abg. Dr. von Winterfeld sich grundsätzlich für das Konkordat aus, jedoch mit der Bedingung, daß gleichzeitig für die Evangelische Kirche ähnliche Verträge abgeschlossen würden. Der vorliegende Vertrag gäbe in manchen Teilen zu Bedenken Anlaß und die Auswirkung einzelner Be­stimmungen sei geeignet, das friedliche Nebeneinander­bestehen der beiden großen christlichen Konfessionen zu ge­fährden.

Abg. Stendel (DVp.) lehnte das Konkordat grundsätzlich für seine Partei ab.Die von unserer Frak­tion ausgestellten Richtlinien sind in dem Konkordat nicht berücksichtigt. Mein« Fraktion erklärt einmütig, daß dieser Vertrag für die Partei nicht annehmbar ist." Der Minister­präsident Braun hat vor zwei bis drei Wochen erklärt: Sie haben nur Ja oder Nein zu sagen, und es ist schon besser, e-- wird nicht viel Aufhebens gemacht und Sie sagen Ja!" Wenn der Ministerpräsident Braun dabei bleibt, daun ant­worten wir mit einem glatten Nein! Die Regierung kann einen Ausweg nehmen, nämlich einen neuen Vertrag vor­legen, an dessen Inhalt wir Mitarbeiten wollen. Wir wer- , den jedoch einem Vertrag, der, wie dieser, in der Dunkelheit I entstanden ist, keine Zustimmung geben.

Me W der BersMer Vertrag;

Mt Danzigs S chicksalsfrage_

Soeben hat Dr. Rudolf, der dem Zentrum nahe­stehende Geschäftsführer des Danziger Heimatdienstes, auf einer Tagung des Ostdeutschen Gaues im Verbände der ka­tholischen kaufmännischen Vereinigungen in Danzig einen Vortrag über die Lage der Danziger Wirtschaft und dabei hauptsächlich über das Verhältnis oder besser Mißverhältnis zwischen Danzig und Gdingen einen bedeutsamen, durchaus sachlichen Vortrag gehalten, der die Beherzigung von ganz Deutschland verdient.

Dieses Gdingen war noch vor zehn Jahren ein kleines Fischerdorf. Heute aber ist es ein achtungswerter See­hafen Polens, einLieblingskind des polnischen Volkes", wie der polnische Handelsminister Kwiatkowski un­längst sagte. Daß Gdingen oder polnisch Gydnia auf dem besten Wege ist, die polnische Seemetropole zu werden, be­weist schon die gewaltige Zunahme seines Schiffsverkehrs: 1926 konnte der Gdinger Hafen auf eine Schiffstonnage von 410 000, 1927 auf bereits 840 000 und 1928 gar 1800 000

Tonnen Hinweisen. Bereits heute sind in diesem Hafen und in diese künstliche Stadtschöpfung annähernd 50 Millionen Mark investiert, und in Jahresfrist konnte Gdingen einen Waren- oder einen Kohlenexport von mehr als 8 Millionen Tonnen jährlich bewältigen. In Bälde wird der Hafenbau in Gdingen beendigt sein. Damit ist auch die Vorbereitung erreicht, aus Gdingen einen großen polnisch-französischen Kriegshafen zu machen. Hat doch der französische Admiral Degony vorgeschlagen, daß Frankreich den Hafen adoptiere. Diese Adoption seigewiß nicht ganz einfach", aberes handle sich hier nicht um Unmöglichkeiten". Der Anfang dazu ist bereits gemacht, indem ausgerechnet der französis he Admiral Le Rond zum Borsitzenden des Auf­sichtsrat der Danziger Werft gemacht wurde. Gdingen als französisch-polnischer Kriegshafen könnte jederzeit den Han­del zwischen Deutschland und Schweden bezw. Sowjetruß­land lähmen und die Seeverbindung zwischen Swinemünde und Königsberg zerschneiden. Welche Folgen so etwas in einem Kriegsfälle für Deutschland hätte, das braucht nicht weiter rmsgesührt zu werden. Kurz: der polnische Präsi­dent Wojciechowski sagte 1926 in Gdingen:Hier hat Polen keine Grenzen . . . von hier aus können wir die Früchte unserer Arbeit in alle Länder führen ohne dafür fremden Vermittlern Tribut zu entrichten."

Und nun Danzig! Dr. Rudolf meint, Gdingen schwebe wie ein Damoklesschwert über Danzig. Jetzt schon führt die Eisenbahnlinie von Oberschlesien nach Gdingen an Danzig vorbei. Direkte Schiffahrtsverbindungen gehen von Edingen nach Finnland und den baltischen Häfen, nach Schweden, Dänemark, England, Frankreich, Nord- und Süd­amerika. Tarifvergünstigungen, Staatsunterstützungen und Steuererlasse ziehen den Transitverkehr von Danzig weg. Danzig steht vor einer schweren Konkurrenz, die den Kampf auf Leben und Tod bedeutet. Schon einmal es war unter Napoleon war die Existenz Danzigs aufs Spiel gesetzt. Im Jahre 1814 war das Fahrwasser des Hafens nur 1,3 Meter tief. Die Schleuse am Hafenkanal wurde nicht mehr geschlossen und eine vollkommene Versandung drohte. Da kam Danzig an Preußen und dieses hat mit dem Reich zusammen mit mehr als 100 Millionen Goldmark den Danzigern unter die Arme gegriffen, so daß im Verein mit dem swlzen und energischen Hanseatengeist Danzig einer der größten und entwicklungsfähigsten Ostseehäfen wurde: ein 30 Kilometer langes Hafengebiet mit Kais, Lagerplätzen und Lagerschuppen. Wie soll das aber weiter gehen? Wie kann der kleine Zwergstaat Danzig den Existenzkampf gegen das viel größere Polen aufnehmen? Was wird aus Stettin und Königsberg, ganz besonders aus unserem Ostpreußen wer­den, wenn Danzig durch Gdingen überrannt und wirtschaft­lich von Polen verschlungen sein wird? ^ .

Treuebekenntnis zum Reich'

Hauptversammlung des Bundes der Deutschen in Böhmen

Brüx, 1. Juli. Der Bund der Deutschen in Böhmen hielt gestern bei prächtigem Sommerwetter in Brüx seine 35. Hauptversammlung ab, der ein Begrüßungsabend voraus­gegangen war. Aus allen Gauen Böhmens, Mährens und Schlesien- ^us dem Deutschen Reich und aus Oesterreich waren -E^hmer zusammengeströmt, um der Zusammen­gehörigleit aller Deutschen, seien sie auch durch Grenzen ge­trennt, Ausdruck zu geben. Den Glanzpunkt des großen Bundesfestes bildete ein Festzug, der sich nachmittags durch die Straßen der Stadt bewegte. Er gab in geradezu wundervoller Geschlossenheit ein Bild des deutschen Volkes in Sage, Geschichte und Kunst. An beiden Festabenden war die Stadt und ihr Wahrzeichen, die Landeswarte am Brüxer Schloßberg, festlich beleuchtet.