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Nagoldcr TagblattDer Gesellschafter

Samstag, 29. Juni 1929.

Streik. In der württembergisch-badischen Sägewerks­industrie ist infolge Scheiterns der Verhandlungen über ein neues Lohnabkommen ein Teil der Betriebe in Streik getreten.

Ein guter Fang. Ein gewerbsmäßiger reisender Fahr­raddieb und Ausreißer ist der led. 19 Jahre alte Küfer­geselle Ludwig Retz aus Ingelfingen. Seit Dezember v. I. hat er im ganzen Land herum, hauptsächlich in den Land­gerichtsbezirken Stuttgart, Heilbronn und Hall, sowie in der Bodenseegegend und in der Schweiz gegen 49 Fahr­räder entwendet und jeweils sofort wieder zu Schleuder­preisen weiterkauft. Kürzlich ist er in Lindau festgenom­men worden und befindet sich jetzt in Stuttgart in Haft. Vor seiner Festnahme in Lindau tvar er bereits 4mal er­griffen, es ist ihm aber immer wieder gelungen, wie durch Ueberschwimmen eines Flusses, Entweichen aus einem Krankenhaus, Abspringen aus einem fahrenden Zug trotz zusammengefesselter Hände auf den Tron-worten aus­zureißen.

Die Reichsbahndirektion teilt mit: Aus Anlaß des all­gemeinen Liederfestes des Schwäb. Sängerbundes in Ulm wird der fahrplanmäßige Personenzug. S Stuttgart-Hbf. ab 6.20, am Montag, 1. Juli 1929, von Geislingen a. d. St. bis Ulm-Hbf. (an 9.06) fortgesetzt. Zu seiner Benützung berechtigen die gewöhnlichen Fahrkarten.

Hohenheim. 28. Juni. Fernbeben. Donnerstag nach­mittag 14 Uhr 1 Min. 36 Sek. begannen die Erdbeben­instrumente ein starkes Fernbeben aufzuzeichnen. Der Herd befindet sich vermutlich im südlichen Ozean. Die Aufzeich­nung der Wellenbewegung dauerte über 3 Stunden.

Eßlingen. 28. Juni. Erhöhung der gesetzliche.. Miete. Di« gesetzliche Miete beträgt hier ab 1. Juli 1929 1232 o. H., ab 1. April 1930 beträgt sie bei gleichbleibender Umlage von 26 v. H. wieder 123 v. H.

Zuffenhausen. 28. Juni. Zur Eingemeindungs­frag e. In der Gemeinderatssitzung wurde vom Gemeinüe- rat Schüler ein Antrag gestellt, wonach die Behandlung der Cingemeinbungssrage künftig unter allen Umständen im Einvernehmen mit der vom Gemeinderat gewählten Ein- gemeindungskommission zu erfolgen hat. Das Borgehen des Gemeinderats Schüler wurde wegen der Erörterungen in der Oeffenüichkeit vielfach scharf verurteilt. Namentlich der Gemeinderat Oelkrug betonte namens der Demokratischen Partei, daß di« Sache der Gemeinde zum Nachteil gereicht Hab«. Der Antrag Schüler sei eine Selbstverständlichkeit. Gemeinderat Schüler verzichtete schließlich auf die Abstim­mung über seinen Antrag und nahm auch seine Austritts­erklärung aus der Cingemeindungskommission zurück

Reckarsulm, 28. Juni. Die Arbeiterentlassun­gen bei NSU. Wie uns mitgeteilt wird, handelt es sich bei den Arbeiterentlassungen in den NSU-Werken um keine außerordentliche Maßnahme, sondern um eine ganz natür­liche, jedes Jahr wiederkehrende Saisonerscheinung. So ist neben den zur Entlassung gemeldeten 400 Mann eine dop­pelte Anzahl im Frühjahr auch eingestellt worden, die aber setzt im Hochsommer vrck» aufs Spätjahr, weil überzählig, nach und nach entlassen wird, während der Stamm der Be­legschaft bleibt.

Ellwangei». 28. Juni. Zeitungsjubiläum. Die Ipf- und Jagstzeitung" kann auf ein 25jähriges Bestehen »urückblicken. An der Spitze der Redaktion der Ipf- und Jagstzeitung steht seit 1. Juli 1904 Chefredakteur Josef Reiß. Seit 1926 ist Geschäftsleiter Fritz Mäule.

Reutlingen. 28. Juni. Verhängnisvoller Auto- »usammenstoß. Nachmittags stießen in Betzingen Awei Personenkraftwagen zusammen. Dabei wurde der an-

aefcchrene Wagen um seine Achse gedreht, der andere Wagen pchr auf den Gehweg der Eisenbahnstraße und klemmte den auf dem Gehweg stehenden 9 I. a. Gerhard Digel an die Gartenmauer. Digel erlitt schwere Verletzungen und wurde in« Dezirkskrankenhaus verbracht. Ein 6 I. a. Knabe, der im Auto saß, erlitt Schnittwunden im Gesicht durch Glas­splitter. Beide Wagen wurden beschädigt.

Tübingen. 28. Juni. Von der Universität. Als Nachfolger von Professor Dr. Wilbrandt wurde auf den Lehrstuhl für Nationalökonomie berufen Prof. Dr. Te- fchenmacher in Königsberg.

Rechberghausen OA. Göppingen, 28. Juni. Verhaf­tung. Schultheiß Schellmann von hier wurde laut Hohenstaufen vor etwa 14 Tagen von seiner Vorgesetzten Be­hörde in Zwangsurlaub geschickt, da er verschiedener Un­regelmäßigkeiten verdächtig war. In den letzten Tagen wurde er nun vom Untersuchungsrichter des Landgerichts Ulm in Haft genommen.

Schwaigern. 28. Juni. Zum Brand in Schwai­gern. Die Gefamtzusammenstellung der infolge der Brond- unglücke notwendigen Neubaukosten ergibt nach den Vor­anschlägen 326 023 RM. Davon sind gedeckt durch di« Brand­entschädigung 122 427 RM und durch eigenes Aufbringen der Geschädigten 39 075 RM, so daß sich heute noch ein Fehlbetrag von 164 421 RM ergibt. Dabei ist zu berücksich­tigen, daß eine ganze Reihe Geschädigter sich vom Aufbau befreien ließ und sich unter entsprechenden Abzügen mit der Brandentschädigung zufrieden geben mußte. Nach den vorläufigen Verhandlungen sollen von dem ganzen Fehl­betrag etwa 23 500 RM durch die Versicherungsanstalt Württemberg, 21 000 RM durch die Wohnungskreditanstalt und 9500 RM aus der öffentlichen Sammlung gedeckt wer­den. Zur Wiederherstellung der abgebranten Anwesen fehlen also den Abgebrannten noch rund 110 000 RM, die durch Staatsbeihilfe in irgend einer Form aufgebracht werden müssen. Bei den in Frage stehenden Gesuchen für die Moh- nungskreditanftalt übernimmt die Gemeinde nach Prüfung der einzelnen Gesuche die vorgeschriebene Bürgschaft.

11 Jahre vermiet

Lin Totgeglaubter meldet sich Oberdlgisheim, OA. Balingen, 28. Juni.

Der hiesige Bürgerssohn Wilhelm Sauter vom Geierbad, geboren am 28. Mai 1896, wurde nach Einberufung zum Heer zuerst bei den Dragonern ausgebildet, kam dann zur Infanterie und zur.1. MGK. Inf.-Regt. Nr. 126 ins Feld, wo er am 8. Mai 1918 bei Albert (Frankreich) vermißt Wurde. Alle Nachforschungen nach ihm blieben erfolglos, und so glaubte man, daß er tot und ein Opfer des Krieges geworden sei. Die Mutter bezog seit einigen Jahren El- ternrente. Vorige Woche kam ein Brief aus Ratibor an das Schultheißenamt, worin ein Mann gleichen Namens und gleichen Geburtsjahrs, das Datum war nicht angegeben, um Zusendung von Schriften zur Verheiratung bat. Es bestand gleich die Vermutung, es könnte sich um den Ver-

Württembergs Protest gegen die Kriegsfchuldlüge

Die Kundgebung im Landtag Schul- und Theaterfragen

Stuttgart, 28. Juni.

Die Freitagssitzung des Landtags begann mit einer ein- drucksvollen Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge. Staats­präsident D r. Bolz nahm zu folgender Erklärung das

Die 10. Wiederkehr des Tags der Unterzeichnung oes Versailler Vertrags soll nicht vorübergehen, ohne daß auch der Württembergische Landtag einen Augenblick innehält. Friedensvertrag was hätte er für die Welt und auch für ein unterlegenes Volk werden können! Aber das Werk atmet weder den Geist des Friedens noch des Ver­trags. Es sieht nur so aus. Wesentlich und wahrhaftig ist es ein Urteil, das immer mehr zur Anklage gegen den Rich­ter wird. Ein Urteil, diktiert von blindem Haß des Siegers. Ein Urteil» unterschrieben vom Verurteilten unter dem Druck des angedrohten Zwanges. Durften wir damals unterschreiben? Die Meinungen gingen und gehen aus­einander. Für alle, die damals an der Entscheidung mit­gewirkt haben, der bitterste und aufregendste politische Tag. Üeberlafsen wir das Urteil über unser damaliges Tun der Geschichte.

Wir sind die unglücklichen Verlierer des Kriegs. Wir wußten, daß man uns schwere Lasten auferlegen werde. Aber der Inhalt des Urteils gegen uns, die Art der Be­drückung und das Ausmaß der Leistungen birgt in sich die Gefahr wirtschaftlicher Katastrophen und neuer p 'itischer Verwicklungen.

Aber damit nicht genug. Weil es kein Vertrag, k.in Werk des Friedens ist, werden wir vor aller Welt moralisch verurteilt und geächtet. Ich darf den Urteilsspruch ver­lesen:Die alliierten und assoziierten Regierungen er­klären und Deutschland erkennt an, daß Deutschland und seine Verbündeten als Urheber für alle Verluste und Schä­den verantwortlich sind, die die alliierten und assoziierten Regierungen und ihre Staatsangehörigen infolge des ihnen durch den Angriff Deutschlands und seiner Verbün­deten aufgezwungenen Krieges erlitten haben."

Wir sind gezwungen worden, dieses Urteil zu unterzeich­nen, zur ewigen Schande für die Sieger.

Heute, nach 10 Jahren, redet man von Liquidierung des Krieges; das bedeutet Rückkehr zu Moral und Vernunft. Wird man über bloße Redensarten hinauskommen?

In einem Aufruf an den gesunden Menschenverstand schreibt der Franzose Victor Margueritte:Man kann die Revision möglicherweise hinausschieben, aber nicht vermei­den. Diese Revision wird geschehen, weil über dem unklaren Willen der Menschen, die Logik der Ereignisse steht." Un­

sere Ausgabe ist es: diese Logik zu erkennen unü in ihrem Banne zu arbeiten."

Dann wurde die Aussprache über den Etat der Kult­verwaltung bei den Kapiteln 4750 (Lehrerbildungsanstal- ten und Volksschulen) fortgesetzt. Der Abg. Rais (S.) er­klärte dabei, daß die Leherer bei der Forderung einer neuen Bildung von rein idealen Motiven geleitet seien. Der Abg. Dr. Häcker (BB.) betonte, daß auch in der Frage der Lehrerbildung die finanzielle Leistungsfähigkeit des Lan­des ausschlaggebend sei. Der Abg. Pollich fZ.) bezeich- nete die Leistungen der Volksschule als sehr gut, wünschte die Einrichtung weiterer Hilfsschulklassen und eine andere Gehaltsregelung für die Lehrerakodemiker. Der Abg. Dr. v. Hieber (Dem.) bezeichnete die Behauptung des Abg. Dr. Häcker als falsch, daß bei den Forderungen auf dem Gebiet der Schule auf die finanzielle Lage des Staates keine Rücksicht genommen werde. Der Abg. Hartmann ,DV.) wünschte eine Aenderung der Lehrerbildung und eine höhere Einstufung der Lehrerakademiker. Auch der Abg. Kling (CVD.) trat für eine Lehrerbildungsreform ein. Der Abg. Schneck (Komm.) verlangte, daß man den 1. Mai als allgemeinen Schulfeiertag erkläre. Der Abg. Bauser (VR.) war für eine Erhöhung der Stipendien sür Seminaristen. Beim Kap. 51 wünschten die Abgeordneten Dr. v. Hieber (Dem.) und Körner (BB.) die Vereinigung der drei württ. Taubstummenanstalten zu einer einzigen.

Weiterhin gab es eine Theaterdebatte. Vom Bauernbund und Christl. Volksdienst wurden Anträge ge- stellt auf Herabsetzung der Ausgaben und Erhöhung der Einnahmen beim Landestheater. Man verwies diese Anträge zur Vorberatung an den Finanzausschuß. Der Abg. Bausch (CVD.) betonte, daß das Volk kein Verständnis dafür habe, wenn der Aufwand für das Landestheater in den letzten zwei Jahren um rund 1 Million Mark gesteigert wurde. Der Abg. Heymann (S.) wandte sich gegen die Kritik am Landestheater. Der Abg. Dr. v. Hieber (Dem.) erklärte sich gegen eine Erhöhung der Theaterpreise und sprach dem Generalintendanten volles Vertrauen aus. Der Abg. Dr. Ströbel (BB.) brachte eine Entschließung ein, wnach beim Landestheater auf größtmöglichste Sparsamkeit hin­gewirkt werden soll. Auch diese Entschließung wurde an den Finanzausschuß überwiesen. Der Abg. Stooß (BB.) er­klärte sich gegen die Beiträge an die Städte Heilbronn und Ulm, während die Abgeordneten Dr. Bruckmann (Dem.), Hartmann (DV.) und Ulrich (S.) für sie eintraten.

Die Abstimmungen wurden auf nächsten Dienstag ver­schoben. In dieser Sitzung beginnt dann die Beratung des s Etats der Finanzverwaltung, da der Kultetat erledigt ist.

mißten handeln. Auf einige an den Briefschreiber gestellte Fragen ging der Antwort ein, daß er es sei. Er wundere sich, daß er als tot gelte, da er doch während des Krieges zweimal an das Schultheißenamt geschrieben und darin gefragt habe, wie es seinem Vater und seinen Ver­wandten gehe, die ihm auf wiederholtes Schreiben keine Antwort gegeben hatten. Deshalb habe er sich geärgert und nicht mehr geschrieben. Weiter bemerkt er noch, er sei verwundet in französische Gefangen­schaft geraten, wo es ihm sehr schlecht gegangen sei. Jetzt ginge es ihm wieder besser, er sei vollständig wiederher­gestellt. Seine Briefe sind nicht angekommen, sonst hätte er Antwort erhalten. Man steht jetzt vor einem Rätsel. Der Briefverkehr und die amtliche Untersuchung wird Klar­heit bringen.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 29. Juni 1929.

Aus einer Reihe von Dokumenten geht schon heute mit Sicherheit hervor, daß die Verantwortung nicht auf Deutschland allein ja nicht einmal auf Deutschland in erster Linie zurücksällt. Schon heute und ohne besondere Forschungen kann man behaupten, daß, wenn wir wäh­rend des Krieges von den Deutschen gesagt haben, sie seien das Kriegsvolk Europas, und der Krieg sei ihre einzig wahre nationale Industrie, wir damit die vollen­dete Unwahrheit verbreitet haben. Eine Untersuchung der Kriegsschuld ist in der Tat unerläßlich, und der Be­trug des Artikels 231 des Versailler Vertrages kann nicht andauern".

Nitti 1919, ehem. italien. Ministerpräsident.

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Vom Wandern

Die Iugechd zieht in di« Welt hinaus mit klingendem Spiel und mit Hellen Augen. Ach, wer da mitwandern könnt«! Aber viele müssen in ihren Werkstätten oder Ge- schästsräumen bleiben. Weiter als zu einem sehnsüchtigen Wunsch reiches nicht. Vielleicht in den Ferien! Es ist ein Wort mit einem herrlichen Inhalt. Man sollt« keinem arbeitenden Menschen diesen Inhalt vorenthalten.

Freilich, es gibt auch noch ein ander Wandern, das jeder mitmacht, an das man aber so selten denkt. Es ist nicht ein Wandern durch blühende Gärten oder lachenden Sonnen­schein, es ist ein Wandern durch bergiges Gelände mit schwerstem Klima- und Wetterwechsel, oft ein freudiges, aber überwiegend ein ernstes Wandern: der Gang durch das Leben, den man so oft gar nicht bewußt geht. Doch da kommt vielleicht ein Geburtstag, oder wie jetzt der zehn­jährig« Tag von Versailles, oder das Jahr geht zu Ende, oder es ist des Kindes Geburtstag, da merkt man, daß man wandert, daß man älter wird, daß Jugend und Sonnen­schein, aber auch Sturm und Not vergehen, und daß es irgend einem Ziel entgegenführt. Zuerst, solange man jung ist, da achtet man schon gar nicht darauf, da meint man, der Weg sei nicht auszulaufen, der vor einem liegt. Aber auch später, wenn man in einem lebensfüllenden Beruf steht, will man's nicht merken, daß man wandert, man will sich kein« Zeit nehmen, sich über die Meilensteine, die hinter einem liegen, oder da» Ziel, das vor einem liegt, Gedanken zu machen. Erst wenn einmal di« Luft zu eng« wird, erst wenn di« Beine müde werden wollen für den langen Weg, erst wenn sich das Auge trübt, da kommt's einem immer öfter z»nn Bewußtsein: du bist schon weit gewandert. Aber hast du sie auch recht genützt, diese deine Reise? Weißt du eigentlich, wo diese Wanderung einmal enden soll, ob es für dich einen Ruheplatz geben wird nach dieser wechsel- vollen Lebensreise?

Ja, man kann trotten, Tag für Tag, Jahr für Jahr, sinn- und ziellos. Aber ist es das Wandern, über dem Gottes richtunggebender Finger waltet? Das Tier macht sich keine Gedanken über seine Herkunft oder Zukunft, aber Gott hat dem Menschen einen Heimatschein und Ausweis gegeben in diese vergängliche Welt. Auf dem heißt es: von Gott zu Gott. Das ist des Menschen Marschrichtung. Es ist ein Jammer, wenn in einem Menschenleben nie der Sinn dafür ausbricht, wenn er trottet oder bummelt, statt zu wandern einem gewissen Ziel entgegen. Und doch ist's uns als Vaterwort von Jugend auf gesagt:Ein Tag, der sagt dem andern, mein Leben fei ein Wandern zur großen Ewigkeit."^

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Der Nuf der Sportjugend

Wieder rüstet sich die Jugend des Deutschen Fußball­bundes und der Deutschen Sportbehörde für Leichtathle­tik zum Jugendtag. Was will diese Jugend vom Sport? Was treibt sie in die Sportvereine? Sie will Freude, Be­wegung und Kampf! Nicht Bewegung allein, denn Spiele, die in sich allein nur das Bewegungsmoment enthalten, sind bei echten Jungen nicht beliebt, der Kampf dagegen wird geradezu gesucht. Es muß sich auch lohnen, seine ganze Kraft angespannt zu haben und am Ende will man klipp und klar, wenn möglich in Zahlen, sagen können, was man erreicht hat. Darum die Freude, die ein dem Sport Fremder nie verstehen kann, wenn man ein Tor mehr getreten hat als die andere Mannschaft, wenn man eine Sekunde weniger braucht als die andere Staffel! Wer nicht im Sport groß geworden ist, der mag vielleicht allerlei von der Technik des Sportes verstehen lernen, es mag ihm vielleicht gelingen, ein gewisses Wißen zu er­reichen, aber dieses eigentümlich Jugendliche des Sportes versteht er nicht und der Junge empfindet das sofort. Dies aber will er statt Schlagworten erleben, will, daß man ihm mit Liebe und Verständnis entgegenkommt.

Und dann dankt er durch Aufwachsen zu gesundem Mannestum. Denn die Jugend hat noch einen anderen ernsten, brennenden Ruf an die Alten. Sie will nicht nur ihren Durst nach Erleben stillen, sie will erzogen sein, im und zum wahren Sport erzogen sein. Dazu allerdings ge­hört der richtige Mann, der sie führt, und nur hier und da findet sich einer, der sich um sie kümmert. Die große Masse der Intellektuellen ironisiert nur über die Aus­wüchse des Sportes und lächelt milde über die wenigen armen Idealisten, die Arbeit und Mühe an die Erziehung der Jugend zum echten Sport setzen und legt selbst nicht mit Hand an. Immer dringender wird der Ruf der Ju­gend, die selbst zur Gesundung drängt.

Ob endlich diesem Ruf der Jugend stärker Folge gelei­stet wird? Der Intellektuelle kennt Mato und Fichte und weiß, daß lange Abschnitte ihrer Politik und ihrer Reden über die leibliche Ertüchtigung der Jugend geschrieben sind. Alle möglichen Bücher über Erziehung handeln heute über den Jugendsport und kaum einer kann an ihm vor­bei. Aber Mitarbeiten will man immer noch nicht. Die Früchte der Arbeit einiger weniger zu ernten, ist man be­reit, zu klagen darüber, daß manche Früchte faul werden, noch mehr. Aber das Wachstum zu hegen und zu pflegen, das ist zu unbequem Diese Mahnung richtet der Jugend­tag des Deutschen Fußballbundcs und der Deutschen Sportbehörde für Leichtathletik, den die Jugend unserer beiden großen Sportverbände begeht, an alle, die helfen können: Helft uns, echte und rechte Sportler zu werden» weist uns den Weg, wir sind da und wollen willig folgen. Der Jugendtag findet am 30. Juni statt. Für den Neaar- Nagold-Eau des süddeutschen Fußball- uno Leichtathletik- Verbandes in Calw. Der Sportverein Nagold will sich mit einer stattlichen Schar Jugendlicher beteiligen. Da­rum Jungen heraus zu Eurem Ehrentag!