tag, 3. Juni 182g.
l unter dieser Rubrik oortung.
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Nr. 128
Gegründet 1827
Dienstag, den 4. )uni 1S2S
Fernsprecher Nr. 29
103. Jahrgang
Die Neichsregierung antwortet nicht
Bisherige Zahlungen nicht verrechnet - Zn Kürze ein katastrophaler Zusammenbruch
Zwei Generationen preisgegeben
Große Anfrage im Reichstag
Berlin, 3. Juni. Die Fraktion der Deutschnakionalen Bolkspartei hat im Reichstag eine Große Anfrage über das Pariser Abkommen eingebracht, in der es u. a. heißt: Der im Versailler Vertrag festgesetzte Mahstab für die deutschen Zahlungen ist verlassen, die bisherigen deutschen Zahlungen sind nicht angerechnet. Die Vorbedingungen für die Wiederherstellung der deutschen Leistungsfähigkeit sind völlig außer acht gelassen. Die vereinbarten Zahlungen übersteigen weit die Fähigkeit Deutschlands, sie im Innern aufzubringen und nach außen abzuführen. In Kürze muß ein katastrophaler Zusammenbruch des neuen Plans folgen- Die scheinbaren vorübergehenden Erleichterungen sind dadurch er- kaust, daß auch der letzte Rest der deutschen Mrtschafts-
Forderungen des Stahlhelms
Kampf gegen den Yonngplan — Begnadigungen Wahre Worte Düsterbergs Verbotene kommunistische Gegenkundgebungen
München, 3. Juni. In der Vorstandssitzung des zehnten Reichsfrontsoldatentags wurden in Entschließungen folgend« Forderungen ausgestellt: Der Bund der Frontsoldaten ruft das deutsch« Volk zum Kampf gegen den Poungplan auf, der wirtschaftlich zur Verelendung der deutschen Massen führt und es vor sich selbst und der Welt unehrlich macht. Dem sreigeistigen Atheismus und dem liberalen Materialismus stellt der Stahlhelm die hohen Werte der christlichen Religion und den Idealismus des deutschen Volkstums entgegen, die daher stÄtlich zu schützen sind.
In einem Telegramm an den Reichspräsidenten wurde die Begnadigung der sogenannten Fememörder verlangt. Es sei unerträglich, daß Leute wie Max Hölz und der Mörder des Oberleutnants v. Klüger begnadigt wurden, die Kameraden Schulz und Genossen aber, die seinerzeit die Republik vor dem Bolschewismus gerettet haben, im Gefängnis schmachten müssen.
Neueste Nachrichten
Berkehrsfragen im Haushaklausschutz
Berlin, 2. Juni. Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde bei der Beratung des Haushalts des Verkehrsministeriums an den Vorlagen von verschiedenen Rednern scharfe Kritik geübt. Es sei falsch, der Lufthansa ein Monopol zu geben. Von der Vereinfachung habe man eine Ersparnis erwartet, aber das Gegenteil sei eingetreten. Der Aufsichtsrat sei 60 bis 70 Mann stark. Von 30 Millionen Einnahmen kommen nur etwa 5 Millionen aus dem Betrieb, das übrige seien Zuschüsse. Man müsse auch die Gewißheit haben, daß die für die Verkehrsförderung vom Reich bewilligten Summen auch wirklich dazu verwendet werden. Die Verwaltung sei viel zu bürokratisch und daher komme man zu keinen Fortschritten. Es sei ein unmöglicher Zustand, daß die Ausbildung eines einzigen Fliegers dem Reich etwa 75 000 Mark koste. Da sollte der Sparkommissar eingreifen.
Was die Reichsbahn betreffe, so müsse das Gegeneinan- derarbeiten von Wasserstraßen und Reichsbahn aufhören. Die Pariser Verhandlungen werden in Wirklichkeit der Reichsbahn keine nennenswerte Entlastung bringen, denn ob sie die 6—700 Millionen jährlich an die Reichs- oder direkt an die Reparationskasse zahle, komme auf dasselbe hinaus. Neue Tariferhöhungen der Eisenbahn seien abzulehnen, weil sie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erneut erschweren würden. In dem Streit zwischen Innen- und Außenpolitik könne die Reichsbahn leicht zerrieben werden, wenn sie nicht sehr vorsichtig laviere. Auf dem Rhein sehe man bald nur "och die französische Flagge-
Die belgische Forderung
Paris, 3. Juni. In hiesigen Regierungskreisen zweifelt "wri nicht daran, daß Belgien seine Sonderforde- "ung an Deutschland von 925 Millionen Goldmark (25 Millionen 37 Jahre lang) mit Unterstützung der Verbündeten durchsetzen werde, zumal ihre Ablehnung durch die deutsche Sachverständigen-Abordnung nur aus formalen Gründen erfolgte, weil die Regelung dieser Frage Sache der Regierungen sei. Im diplomatischen Perkehr werde aber die deutsche Reichsregirrung die belgische Forderung ohne Zweifel anerkennen.
Jaspar in Bari»
Der belgische Ministerpräsident Jaspar ist .n Paris eingetrosfen und hatte Besprechungen mit Owen Voung und Dr. Schacht und Geheimrat Kastl. Wie v?: lautet.
krair dem ausländischen Kapital ansgeliefert und die Zukunft Zweier Generiioncn des deutschen Volks preisgegcbcn wird. Ist die Regierung gewillt, die in Paris getroffenen Vereinbarungen abzulehncn und hak sie die Gewißheit geschaffen, -aß der Herr Außenminister im Fall seiner Teilnahme an der Tagung des Völkerbundsrats in Madrid es vermeidet, Vereinbarungen im Sinn der Pariser Verhandlungen zu treffen oder festzulegen?
Die Rejchsregierung hak es abgelehnk, die Anfrage der Deutschnakionalen Volksparlei nach der Sitzung -es Reichs- kagsausschusses und vor der Abreise Dr. Skresemanns zu beantworten, weil nach ihrer Ansicht zur Aussprache iw Reichstag der Abschluß der Verhandlungen und das Vorliegen des Konferenzberichts notwendig sei.
Am Samstag mittag fand vor dem grandios-schlichten Ehrenmal der Stadt München, für ihre gefallenen 13 000 Söhne vor dem Armeemuseum eine Totenehrung statt, der viele tausend Frontkämpfer, auch aus Oesterreich und Tirol anwohnten. Unter den Teilnehmern sah man Großadmiral v. Tirpitz. Generalfeldmarschall v Mackensen, Graf v. Bo ihm er. Bei der Abendseier im Dante Stadion, bei der 2800 Fahnen ausmarschierten, war das Riesenrund von etwa 40 000 Menschen gefüllt. Die Feier stand im Zeichen des Stichworts: ^>e u tsche Einheit. In seiner Ansprache machte das Wort des zweiten Bundesführers Oberstleutnant Düsterberg großen Eindruck: „Diese Toten klagen: Was habt ihr Lebenden aus unserer Heimat, aus unserem Deutschland werden lassen?"
Für den Stahlhelmtag hatte die Reichsbahn mehr als 40 Sonderzüge eingelegt, die alle überfüllt waren.
Die von den Münchner Kommunisten vorbereiteten 12 Versammlungen und Straßenkundgebungen wurden von der Polizeidirektion verboten.
wird die belgische Sachverständigen-Abordnung den Bericht nicht unterzeichnen dürfen, bis Deutschland die belgische Forderung anerkannt hat. Das „Echo de Paris" gib« dazu die Erklärung, die Verweigerung der belgischen Unter- schrift würde genügen, den Dawesplan wieder in Kraft zu setzen
Der Vorschlag Slresemanns
Berlin, 3. Juni. Den Blättern wird mitgeteilt, daß Dr. Stresemann bereits am Freitag dem belgischen Botschafter in Berlin den Vorschlag gemacht habe, die Angelegenheit der belgischen Forderung unmittelbar von Regierung zu Regierung zu regeln.
Das ganze Ergebnis der vier Monade langen, sehr kostspieligen Verhandlungen in Paris bestünde also in der vorübergehenden kurzen „Atempause", die allerdings noch weniger fühlbar ist als seinerzeit die des Damesplans, dagegen entstünde eine neue Belastung durch die belgische Forderung, die bislang von deutscher Seite adgclehnt wurde mit dem Hinweis auf die Bestimmung und den Zweck des Damesplans, daß in ihm alle Reparationsverpflichtungen Deutschlands abgegolten seien.
Bauernfang durch Ausländer
Großer Wechselschwindel mit Getreidespekulation
Bremen, 3. Juni. Der Inhaber einer im Oktober 1928 gegründeten Firma hat in den Kreisen Rotenburg. Verden und Zeven eine Anzahl Landwirte zum Spekulieren in Getreide verleitet. Es handelt sich um 80 Bauern, die mit großen Summen dem Schwindler zum Opfer gefallen sind, indem sie Schlußzettel und andere Schriftstücke, die in englischer Sprache abgefaßt waren, unterzeichnet und damit, ohne es zu wissen, verbotene Börsentermingeschäste in Weizen und Gerste eingingen. Für das Geschäft sollten die Bedingungen von amerikanischen oder kanadischen Börsen maßgebend sein. Die erwarteten Gewinne sind selbstverständlich ausgeblieben. Zahlungen können die Landleute, die zum Spekulieren verleitet wurden, nicht leisten. Die Wechsel sind diskontiert und im Besitz einer Berliner Firma. Dem Wechselinhaber gegenüber können die Akzeptanten den Differenzeinwand nicht erheben und müssen daher zahlen oder sich im Wechselprozeß verklagen lassen. Die Bremer Firma ist Agentin von Firmen in Paris und Liverpool, für deren Rechnung die Geschäfte gemacht wurden. Diese wiederum sind Agenten von Firmen in Amerika und Kanada. Die Berliner Firma, in deren Besitz die Wechsel sind, ist gleichfalls Agentin der Firmen in Paris und Liverpool. Der Landbnnd Rotenburg hat bereits eine Schutzmaßnahme für die geschädigten Landwirte eingeleitet.
lagesspiegel
Der Reichstag ist am Montag wieder zusammengetrekeru Die Deutschnationalen haben schärfste Opposition angekündigt, vor allem gegen die Außenpolitik. Auch der Aellestcn- rat hat, wie die Reichsregierung, die sofortige Besprechung der Deutschnationalen Großen Anfrage abgelehnt.
In Berlin wurde die k. Tagung des 1924 geschaffenen Internationalen beratenden Ausschusses für den Aernsprech- weitverkehr eröffnet, die von den meisten europäischen Fern- sprechverwaltungen beschickt ist.
Das 24. Todesopfer der kommunistischen Unruhen am 1. Mai in Berlin, die 24jährige Erna Rosenberger, ist gestorben, nachdem man ihr ein Bein hatte abnehmen müssen. Das Mädechn war an dem Aufruhr in keiner Weise beteiligt und von einer verirrten Kugel getroffen worden.
Die Elsässer Aulonomisten Ricklin und Rosse wurden in Kalmar und Dammerkirch in den Generalrat gewählt, obgleich die französische Regierung sie ihrer Mandate für die französische Abgeordnetenkammer für verlustig erklärt hat.
Kammer und Senat in Griechenland haben mit 259 Stimmen Konduriokis wieder zum Staatspräsidenten gewählt.
Sachoerständigeiiausschuß für die Notlage der Landwirtschaft
klagen
über Verschleppung der Regelung des Lagerscheinwesens
Berlin, 3. Juni. Das Reichskabinett hat am Samstag bei Besprechungen über die Not der Landwirtschaft einen Sachverständigenausschuß eingesetzt, der innerhalb drei Wochen Bericht erstatten soll. Der Ausschuß setzt sich folgendermaßen zusammen: Präsident Brandes vom Deutschen Landwirtschaftsrat, Reichsminister a. D. Hermes. Reicksminister a. D. Sckiele. Staatsminister Feh r-München, Senator Ev e rli n g-Hamburg, Frau Reichstagsabgeordnete Toni Sender, Reichstagsabgeordneter Graf zu Stolberg-Wernigerode, Reichstagsabgeordneter Schlack (Z.), Reichstagsabgevrdneter Oskar Meyer; als Berichterstatter ohne Stimmrecht nimmt teil der Leiter der landwirtschaftlichen Stelle für Marktforschung Dr. Baade. Die erste Sitzung wird Ende dieser oder Anfang der nächsten Woche angesetzt werden.
Es sind Klagen gesührt worden, daß die Erhebungen über die Ausgestaltung des Lagerscheinwesens verzögert werden. Dazu wird milgeteilt, daß die Vorarbeiten mit großen Schwierigkeiten verknüpft seien. Bereits Ende September vorigen Jahres seien über den Ausbau der Rechtsvorschriften Vorbesprechungen gepflogen worden. Ende Oktober wurden die in Betracht kommenden Länderregierungen und Wirtschastskreise zur Stellungnahme aufgefordert. Von den letzteren seien noch nicht alls Antworten eingegangen. Ende Oktober sei ferner durch das Statistische Reichsamt eine Erhebung über verfügbare Lagerräume veranlaßt worden. Die Anregungen des deutschen Landwirtschaftsrats bezüglich der Einführung einheitlicher Handelsklassen seien den Länderregierungen und anderen Stellen zugeleitet worden. Die Antworten stehen hier noch alle aus. _^
Bombenanschlag aus das Oldenburger Finanzamt
Oldenburg. 3. Juni. In der Nacht zum Montag wurde an das Landesfinanzamt in Oldenburg eine Bombe gelegt, die mit furchtbarem Getöse platzte und sämtliche Türen und Fenster des Gebäudes zerriß. Auch an dem Gebäude der 50 Meter weit entfernten Landessparkasse blieb kaum eine Scheibe ganz und an der gegenüberliegenden Lamberti- Kirche wurden viele Fenster zertrümmert.
Arbeiterregierung in England
London. 3. Juni. Die „Times" schreibt, das Land habe tatsächlich für eine Arbeiterregierung gestimmt und es sei unwichtig, ob d-»se sofort oder im Lauf des Monats gebildet werde. Für die Konservativen komme eine Inanspruchnahme liberaler Hilfe zur Verlängerung des Lebens der jetzigen Regierung nicht in Frage. Dies würde der Selbstachtung Bckldwins und seiner Anhänger nicht entsprechen.
Der liberale „Daily Chronicle", das Sprachrohr Lloyd Georges, sagt, die Liberalen werden sicher ein friedliches Programm der Arbeiterpartei und jeder Partei unterstützen, aber nur unter einer Bedingung: der Abänderung des unsinigen englischen Wahlrechts. Bei den letzten englischen Wahlen haben z. B. die Arbeiterpartei auf je 29 000, die Konservativen auf je 33 609 und die Liberalen auf je 91 700 Stimmen einen Vertreter im Unterhaus erhalten. Wenn alle abgegebenen Stimmen gleichen Wert hätten, so würden jetzt 141 Liberale im Unterhaus einziehen. (Nach Reuter wurden für die Konservativen rund 8.5, für di« Arbeiterpartei 8,26, für die Liberalen 5,16, für die Unabhängigen 0,22 Millionen Stimmen abgegeben.)
In einigen liberalen Blättern wird ausgeführt, es kei unzutreffend, daß das Land für eine Arbeiterregierung gestimmt habe, es habe vielmehr gegen die großen Fehler der Negierung Baldwin-Chamberlain gestimmt.