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Nagolder TagblattDer Eckelliihattrr

Montag. 3. Juni 192g.

losort zurücktreten, sondern die Parteigruppierung bei der Einberufung des Parlaments auf 25. Juni ab- warten.

Lloyd George wurde mit großer Mehrheit gewählt, auch sein Sohn und seine Tochter sind als Liberale gewählt worden. Bis jetzt sind 13 Frauen gegen vorher 8 ins Unterhaus gewählt worden, darunter drei Konservative und 9 Arbeiterpartei.

Don den 615 Wahlkreisen liegen ans 597 die Ergebnisse vor. Danach erhalten die Konservativen 253 Sitze (Gewinn 8 , Verlust 139), die Arbeiterpartei 289 (Gewinn 129, Ver­lust 4), die Liberalen 50 (Gewinn 29, Verlust 19), die Unab­hängigen 7 (Gewinn 2, Verlust 2). Nach der Reutermel­dung wurden Stimmen abgegeben für die Konservativen 8 449 426, für die Arbeiterpartei 8 265 183, für die Liberalen 5155353. für dir Unabhängigen 220369, für die Kommu­nisten 50 614.

Die absolute Mehrheit beträgt 308 Mandate. Die Ar­beiterpartei hätte also, selbst wenn ihr alle noch ausstehenden 18 Mandate zufielen, mit 30? Sitzen noch nicht die absolute Mehrheit.

Württemberg

Stuttgart, 2. Juni. Vom Landtag. 3m Finanzaus­schuß erklärte Staatspräsident Bolz auf Anfrage, der Beirat der Landeswasserverforgung habe einen Untrrrus» schuß eingesetzt, der die Wasserversorgungspläne von Stuttgart zu untersuchen habe. Nach vorläufiger Schätzung würden die Kosten der Schwarzwaldwasscrver- sorgung so hoch sein wie der Ausbau der Landesversorgung. Einstimmig angenommen wurde ein Antrag, ab 1. Juli 1929 Zusatzrenten an Invalide und ältere Etaatsarbeiter und deren Hinterbliebene auszubezahlen. Präsident Euting weist auf die großen Aufgaben der Straßenbauverwaltung hin. Der Umbau derEtterstraßen werde energisch betrieben. Es handle sich aber um 400 Kilometer Etter­strecken, die einen Aufwand von 30 Millionen Mark er­fordern würden. Es könne nicht alles auf einmal gemacht werden. Dem Landtag soll ein Entwurf eines Weggesetzes vorgelegt werden, in dem Siraßenlasten zwischen Staat, Amts­körperschaften und Gemeinden in gerechter Weise verteilt werden. Bei der Befestigung oder Bewalzung von Staats­straßen sollen solche Etterstrecken, die an dem Straßenzug der Staatsstraßen liegen, gegen teilweisen oder vollständi­gen KostenersaH ebenfalls zur Ausführung gebracht wer­den. Einem Ersuchen der Stadt Nagold (Hochwasser­schäden) will die Negierung Rechnung tragen. Für den Wasserleitungsbau der Gemeinden des Mainhardter Walds und der Bühlertalgruppe wird bis spätestens im Jahr 1930 ein Staatsbeitrag gewährt werden.

Todesfall. Am Samstag morgen ist der zweite Geistliche an der Hospitalkirche in Stuttgart, Stadtpfarrer Dr. Fried­rich Walther, im Alter von 69 Jahren unerwartet rasch gestorben. Er war als Sohn des nachmaligen Obertribunal­rats Walther in Ehlingen geboren. Die Gründung des Ev. Lutherstifts ist sein Werk. Die Beerdigung findet am Diens­tag nachmittag 3 Uhr auf dem Waldfriedhos statt.

Stuttgart, 2. Juni. ZusammentrittdesStaats- gerichtshofs. Der Württ. Staatsgerichtshof ist auf Donnerstag, den 6. Juni einberusen worden, um zu den Anfechtungen der letzten Landtagswahlen durch die Volks­rechtspartei Stellung zu nehmen.

Sachverständigenkammer für Werke der Tonkunst. Der Staatspräsident hat den Slaatsminister a D. Exzellenz Dr. v. Habermaas in Stuttgart vom Vorsitz der Sachverstan- digenkammer für Werke der Tonkunst für Württemberg, Baden und Hessen seinem Ansuchen gemäß enthoben und den Ministerialrat Frey im württ. Kultministerium zum Vorsitzenden ernannt.

Die Leistungen der Volksschule. Die Abgeordneten des Ehristl. Dolksdienstes haben folgende Kleine Anfrage ge- stellt: Auf Veranlassung des Kultministerimns hat sich der Bildungsausschuß des Württ. Industrie- und HanSelstagS mit der Frage befaßt, ob die Leistungen der Volksschule für di« Lösung der Aufgaben, die von den Lehrlingen im Ge- werbe und Handel und in der Industrie verlangt werden müssen, genügen. Teile dieses Gutachtens, und zwar gerade jene Teile, in denen die Schulleistungen als nicht genügend bezeichnet werden, wurden in der Tagespresse veröffentlicht und erörtert. Bei diesen Erörterungen wurden auch von manchen Unberufenen die Leistungen der Volksschule maß­los kritisiert. Dadurch wurde die Achtung vor den Leistungen der Schule und der Arbeit ihrer Lehrer in der öffentlichen Meinung herabgedrückt, das Verhältnis zwischen dem El­ternhaus und der Schule getrübt und die Bildungsarbeik gehemmt. Eine baldige Klärung der Frage, ob die Volks­schule die von ihr zu fordernden Aufgaben erfülle oder wo Verbesserungen notwendig sind, ist im Interesse der Schule und des Elternhauses dringend geboten. Ist das Kultmink- sterium bereit, diese Frage so bald wie möglich durch einen Ausschuß, gebildet aus Vertretern der Volksschullehrer und Echulbehörden, der Lehrer an höheren Schulen und Fach­schulen der Industrie, des Gewerbes, des Handels und der Landwirtschaft prüfen zu lassen oder auf andere Weise zu klären?

25jährige» Jubiläum des Württ. Journalisten- und Schriftstellerverein». Eine erlesene Festversammlung hatte sich am Samstag abend in den würdig geschmückten Räumen des Kunstgebäudes eingefunden, um mit dem Landesverband der Presse Württembergs und Hohenzollerns (Württ. Jour­nalisten- und Schriftstellerverein) dessen 25jährige Jubi­läumsfeier, mit d^x zugleich das 25 jährige Jubzjäum des Vereinsoorsitzenden Helle r öTMnden wurde, zu begehen. Die Mitglieder des Verbands waren mit ihren Familien aus dem ganzen Land herbeigeeilt. Unter ihnen befanden sich Staatspräsident Dr. B o l z, die Minister Dr. Beyerle und Dr. Dehlinger, Landtagspräsident Pflüger mit verschiedenen Abgeordneten, die Oberbürgermeister Dr. Lautenschlager und Dr. Mülberger, der baye­rische Gesandte Dr. Tischer, die Präsidenten Kälin, Michel, Neuschler, Neuster, Sarwey, Sigel, Metzger, Dürr, Schmol- ler, zum Tobel, Bälz, Haag, ferner zahlreiche Mitglieder des Württ. Zeitungsverlegervereins und des Reichsverbands der Presse, Vertreter der Reichswehr, von Kunst, Theater. Schule, Anwalt- und Aerzteschaft, Bankwelt und Industrie, der Universität Tübingen und der Technischen Hochschule Stuttgart, des Deutschen Ausland-Instituts. Nach Mitter- nacht erschien noch, feierlich begrüßt, Siegfried Wag­ner, der zurzeit im Landestheater tätig ist. Tanz und Ge­selligkeit hielten die Mitglieder des Verbands mit ihren Gästen lange beisammen. Der Landesverband der Württ. Presse darf mit Befriedigung auf die erhebend verlaufene Jubelfeier zurückblicken.

Mißbrauch der Ortskrankenkasse. Gegenwärtig ist viel davon die Rede, daß die Stuttgarter Orkskrankenkassen einer Sanierung bedürfen. Die Ausgaben haben im letzten Jahr die Einnahmen überstiegen. Der Krankenstand ist höher als in anderen Großstädten. Den Schlüssel zu dem hohen Kran­kenstand bildet nach dem N. T. eine von der Verwaltung der Ortskrankenkassen selbst aufgestellte Statistik über die vertrauensärztlichen Untersuchungen. Aus dieser geht her­vor, daß von 92 869 Personen, die zur Untersuchung vor den Vertrauensarzt geladen wurden, sich 38.2 Prozent vor der Untersuchung gesund gemeldet haben, wogegen 9,6 Pro­zent zur Untersuchung überhaupt nicht erschienen sind. Von den noch verbleibenden 52 Prozent Kranken waren auf Grund der Untersuchung 46,4 Prozent arbeitsfähig! nur 38 Prozent arbeitsunfähig und 17,6 Prozent erholungs­bedürftig. Tatsächlich arbeitsunfähig infolge Krankheit wa­ren also nur rund 30 Prozent der 92 869 Personen, wäh­rend 70 Prozent die Kasse unberechtigterweise mit Kranken­geld in Anspruch nahmen.

Skädk. Neubauwohnungen. Von den städt. Neubauwoh­nungen des Bauprogramms 1928 werden 29 Dreizimmer» ütch 2 Aweizttntner-Wohnungen an der Moltkestraße vor­aussichtlich bis 1. Oktober d. I. bezugsfertig, außerdem in der Siedlung Eiernest 81 Vierzimmer-Wohnungen voraus­sichtlich bis 1. November.

Eine Stuklgarkerin in Lourdes gehellt. Verschiedene Münchener Zeitungen haben von einer auffallenden Heilung einer Münchner Pilgerin in Lourdes berichtet. Es handelt sich um eine gebürtige Stuttgarterin, Schwester Maria Amalia Ströbel. Sie stand, wie das D. V. berichtet, im Dienst der helfenden Liebe zuerst im Paulusstift in Stutt­gart, dann mehrere Jahre in München. Seit 12 Jahren lag sie krank im Münchner Krankenhaus. Sie war an beiden Füßen gelähmt und völlig unfähig, zu gehen und zu stehen. Alle ärztlichen Versuche, ihre Geläbmtheit zu beheben, er­wiesen sich als erfolglos. Auf der Reise nach Lourdes ging es der Kranken sehr schlecht. Am 8. Mai traf sie in Lourdes ein. Am 12. Mai, nachdem sie das dritte Bad in der Piscine genommen hatte, stieg sie selbständig über die Stufen des Bads heraus. Völlig geheilt kam sie am 15. Mai in München an. Selbstverständlich wurde der Fall sachgemäß von den Aerzten in Lourdes geprüft.

Bei den Lohnverhandlungen im Malergewerbe haben in Württemberg sämtliche Malerbetriebe eine Lohnerhöhung abgelehnt. Im Reichstarifamt in Berlin wurde nach länge- ren Verhandlungen folgender Schiedsspruch gefällt: Der Tariflohn eine!» Malergehilfen beträgt ab 1. Juni 1929 1.30 -1t in der Stunde.

Ein württ. Kinderheim in der Schweiz. Am 2 Iuni wurde das Heim der Württ. KinderhilfeMiralago' in Brissago bei Locarno eingeweihk. Es ist die Stiftung des deutsch­schweizerischen Menschenfreundes Hildebrand in Bris­sago. Das Württ. Rote Kreuz hak dem edlen Stifter die Rote Kreuzmedaille 1. Klasse verliehen.

Gattdorf. 2. Juni. Schwere Bluttat. Auf der hie­sigen Oberamtskan^ei versetzte der 28jährige Notariats­kandidat Vierling, gebürtig aus Obersteinach, der Schreibge-Hilfin W. mit einem Dolchmesser eine Anzahl Stiche in den Hals, Brust und Rücken und verletzte sie schwer, jedoch nicht lebensgefährlich. Das Mädchen wurde von herbeieilenden Beamten befreit und ins Krankenhaus verbracht. Der Täter ist verhaftet. Das Mädchen hatte ein Verhältnis zu Vierling gelöst.

Ravensburg, 2. Juni. Das Eisenbahnglück bei Ummendorf. Wegen des Eisenbahnunglücks bei Um­mendorf im Juni v. I. hatte sich vor dem Großen Schöffen­gericht der verh. Lokomotivführer Albert Magg wegen fahrlässiger Transportgefährdung und Körperverletzung zu verantworten, weil er den Schnellzug statt mit der vor­geschriebenen Höchstgeschwindigkeit von 45 Km. mit einer solchen von 60 Km. hatte fahren lassen, wodurch der Schnell­zug entgleiste, der Heizer der Lokomotive schwer und 50 Rei­sende leicht verletzt wurden. Der Angeklagte gab seiner Ansicht dahin Ausdruck, daß das Gleis auseinandergedrückt und die linke Schiene nachgegeben habe. Nach dem Unglück habe er mehrere faule Schwellen festgestellt. Von verschie­denen Zeugen, namentlich den Reichsbahnbeamten, wurde ausgesagt, daß weniger die Ueberschreitung der Geschwin­digkeit als das Alter der Schwellen die Ursache des Un­glücks gewesen sei. Die Verhandlung wird fortgesetzt-

Ulm. 2. Iuni. Ulm-Donaufahrten mit Ulmer Schachtel. Wie in den letzten Iahren schon regelmäßig wird der Verein für den Fremdenverkehr Ulm-Neu-Ulm auch Heuer wieder mit seiner Schachtel eine Fahrt nach Wien veranstalten. Die neue Ulmer Schachtel ist eine Nachb^eung der Ulmer Ordinari-Schiffe, hat mehr als 20 Meter Länge und etwa drei Meter Breite: sie bietet bequem für 2530 Fahrgäste Raum und ist mit 2 Außenbordmotoren aus­gerüstet. Die Fahrt dauert 7 Tage und beginnt am 4. Iuli.

Sonderkonzerle beim Ulmer Liederfest. Eine bedeutsame Neuerung beim diesjährigen Liederfest des Schwüb. Sänger­bunds in Ulm ist die Einführung der Sonderkonzerte, die von verschiedenen Bundesvereinen und den Ulmer Gesang­vereinen veranstaltet werden.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 3. Juni 1929.

Eitelkeit, auch in geringem Maße unserem Tun zu­gesetzt, verdirbt alles. Geyer.

Zuni-Anfang

Nun ist der Maientraum ausgeträuml. Der erste Teil oder besser gesagt der größere Teil steht mit seinem garstigen Wetter in noch so guter Erinnerung, daß wir ihn nicht zu wiederholen brauchen. Dafür waren die letzten Tage wirklich .wonnemonatmäßig', selten schön und voll Sonne. Zartes reines Blühen und Grünen umgab uns, das von Tag zu Tag glühender, mächtiger und der Vollendung begehrender wurde. So sind wir zum ersten Sommermonat des Jahres gekommen, der uns nicht nur die Blumenkönigin, die Rose, bringen soll, sondern der so schön sich durchsetzen möchte wie sein Anfang war, auch wenn schließlich hin und wieder ein Regen und Ge­witter mit Pauken und Trompeten die Maistärke ist ja nun nicht gerade nötig über uns kommt. Kaum ist nun die Blüte vorbei, und schon beginnen sichtbar die Früchte an den Bäumen zu schwellen, die Felder und Wiesen rauschen im Winde. Was wird kommen?

Was war, wissen wir: Zwei Junitage voller Leben und Treiben, mit Schönem und Traurigem, mit Ruhe und Hast, so wie es jeder suchte und finden wollte. Zunächst war da die

I Werbeveranstaltung der NZDAP. am SamStag Abend im ' Löwensaal, die jeden denkenden und für sein Vaterland mit­fühlenden Menschen, gleich welcher parteilichen Richtung er an­gehörte, im Innersten aufwühlen mußte und ihn sich Gedanken über das Schicksal seines Volkes und seine Fam tte machen ließ. Der Sonntag lachte mit glänzendem Sonnenstrahl zum Fenster herein und trieb die Schläfer aus ihren Federn, den einen früh .zur Maietur", die andern spät ,zum Mittagessen'! Die Kleinsten waren schon früh aus dem Damme, die Kinder­sonntagsschule. Sie machten mit ihren allezeit bereiten Hel­ferinnen und Helfern einen Frühmarsch und landete dann im Garten des CVJM. Im Mittelpunkt des Nachmittags stand das Kirchenbezirksfest, das nicht nur Nagolder sondern den ganzen Bezirk zum Gotteshaus rief. Aber auch Turn- und Sportverein halten bei ihren Wettspielen Freunde um sich ver­sammelt. Andere Vereine hatten auswärtigen Verpflichtungen nachzukommen: Der Schwarzwaldverein mußte nach Loß- burg-Rodt zur Generalversammlung des Hauptoerbandes, der Gewerbeoerein nach Horb zur 700 Jahrfeier, der Reichs­bund der Kriegsbeschädigten machte einen Ausflug in die Zavelsteiner Gegend und schließlich marschierte der Krieger- verein nach Oberschivandorf zum Befirkskriegertag. Diese Festlichkeit halte sich sehr wohl auch in unserer Stadt bemerkbar gemacht, hörte man doch schon vom frühen Vor­mittag ab hin und wieder Musikkapellen unter den Klängen alter Militärmärsche durchmarschieren. Hinter ihnen kamen stolz erhobenen Hauptes, auch wenn das Alter den Rücken schon gekrümmt hatte, mit geschultertem Stock die alten Sol­daten dahermarschiert. Auch Wagen mit Pferden begannt und Lastamos hatten Kriegeroereinler zu .verfrachten'- War auf dem Heimweg der Mut schon ein recht froher, auf der Heimfahrt waren nichl nur die Wagen, sondern auch die . Frachr' manchmal ein wenig schwerer denn sonst geladen, dazu fröhlich und sangesireudig.

Bei dem überaus regen Verkehr, besonders in der Vorstadt, der manchmal direkt beängstigend war. hat sich verhä trnsmäßig wenig an Unfällen ereignet. Als besonderer Fall ist uns nur ein Zusammenstoß zwischen einem Motorradfahrer und einer Radfahrerin in der Vorstadt bekannt, der ab?r keine ernste Schädigungen brachte. Mit den sonnigen Tagen hat zu­gleich das Leben und Treiben im und auf dem Wasser ange­fangen. Im Bad beginnt man nun sich rösten und bläu- en zu lassen, Glnder zu verrenken oder vielleicht auch mit der gr- ßen Zehe ein Loch in den Rasen zu doh-en. Die Nachen fahren ihre Rennstrecke auf und ab, hin und wieder klingt fröhlicher Gesang oder munteres Lachen von ihnen empor, die Paddel­boote machen zum Vergnügen der Umstehenden Jagd aufein­ander machen, um sich gegenseitig zum Kentern zu bringen. . . wo man Hinsicht pulsierendes Leben, mit Ausnahme bei denen, die sich hinter geschlossenen Fensterläden herum rückeln u. auf

die Hitze schimpfen. Sie sind nicht.. na, schwitzen

wir lieber! Die andern sind für uns maßoebend, ein neues Zeichen, daß wir Sonnenmenschen, Sonnenkinder sind

Dorlrag Pfarrer a. D. Münchmeyer

Ein Propagandamarsch der Braunhemden unter Vorantritt ihrer Musikkapelle einschließlich des Trommler- und Pfeifer­korps eröffnete die mit Recht als außergewöhnliches Ereignis bezeichnte Kundgebung des N. S. D. A.'P. Mochten auch vor­her skeptische Stimmen lautgeworden sein, die in Anbetracht der schönen Frühlingsabende und des festgesetzten Eintritts­geldes einen schlechten Besuch prophezeiten, so gab die Wirklich­keit ein anderes Bild. Der Vorsitzende der hiesigen Ortsgruppe konnte in dem vollbesetzten Löwensaal gut und gern 600 bis 650 Personen unter ihnen nicht nur den Bezirk Nagold, sondern auch Stuttgart, Hohenzollern usw. begrüßen, die von Anfang an durch die Ausschmückung des Saales mit Ha­kenkreuzfahnen, der Einkleidung des Rednerpultes mit einer Kriegsflagge und Pflanzen und schließlich durch die schneidigen Klänge der Kapelle unter dem Banne der Veranstalter stan­den. Manch einer wird staunen, wenn von einer eigenen Ka­pelle der N. S. D. A. P. gesprochen wird. Nun, es ist so, denn die ehemalige Stadtkapelle mit ganz wenigen Ausnahmen

hat sich den unbedingten Gehorsam und Unterordnung er­heischenden Führung dieser Partei angeschlossen und machte in ihren Braunhemden einen schneidigen Eindruck, so, wie auch ihre Märsche im Zusammenspiel mit den Trommler- und Pfei­ferkorps klangen. Wollen wir hoffen, daß dieses neue Gebilde nunmehr als solcher Zusammenschluß einen fortdauernden Be­stand hat.

Wieder zum Vortrag als solchen! Münchmeyer, eine große, schlanke Persönlichkeit, aus deren Augen ein fester Wille leuchtet, ließ sich nicht nur als guter, all'gemeinverständlicher Rhetoriker hören, sondern er zeichnete seinen 3 Stunden dau­ernden Vortrag auch durch logisches Denken aus, der faszinie­rend zum Folgen zwang. Der zur Verfügung stehende Platz würde bei weitem nicht ausreichen, wollte man erschöpfend das Referat wiedergeben. Es seien darum nur einige wenige Punkte herausgegriffen.Wir hatten einst ein schönes Vater­land . . ." bildete den Beginn und die Einleitung zu der Schil­derung der Eindrücke, die der Redner auf seinen Reifen durch das ganze deutsche Land gewonnen hat. Vor allem sei es eine Entdeckung, die schmerzlich berühre und die kundtut, wie weit wir eigentlich herunter gekommen sind. Eine erfreuliche Wahr­nehmung sei die, daß der Gedanke des Nationalsozialismus und das Erwachen des Volkes im ganzen Reich unaufhaltsam mar­schiere. Zwei Länder machten davon eine etwas unrühmliche Ausnahme, Württemberg und Pommern, derenErwachen" mit einer gewissen Gemütsruhe erfolge. So viel er beurteilen könne, sei Nagold wohl mit der lebhafteste Bezirk auf diesem Gebiet. Wenn das Trommeln nicht zum Erwachen führe, dann möchten wir Gott danken, daß die Zukunft uns verschleiert sei. Krieg, Inflation, Deflation usw.usw.seien nur das dünne Ende in der Zeit, in der unsere Generation und deren Kinder und Kindeskinder leben. Täglich würden 300 Massenversammlun­gen der Nationalsozialisten im Reiche abgehalten. Die Länder­regierungen bildeten heute nur eine untergeordnete Rolle, das Schicksal des Volkes würde in dem veriudeten Berlin ent­schieden, das einen Staat gutheitzt, in dem der, der arbeitet, nichts verdient und der, der mit des anderen Arbeit wuchere, Vermögen ansmmelt. Nunmehr ging der Redner auf das ei­gentliche Thema des Abends ein: Christenkreuz und Hakenkreuz, nur in diesen beiden Zeichen winkt der Sieg! lieber dem ganzen Vortrag stand das Wort eines englisch-jüdischen Staatsmannes ,T)er Schlüssel zur Verständi­gung der Weltgeschichte ist das Verständnis der Judensrage". Beide Kreuze bedeuten das Gleiche, beide sagen, daß man nicht leben solle um eigener Vorteile willen, sondern daß man um den Menschheit und des Vaterlandes willen aus Idealis­mus zu opfern und aufzugeben bereit sein müsse: Opferbereit­schaft! Ein Volk, das nicht bereit sei, sein Leben für eine Idee einzusetzen, sei des Daseins nicht wert. Auf die S. P. D. tM. legte es alsseelische Prostitution Deutschlands" aus) und den Pazifismus eingehend, erläutert er das Christuswort" Kriege werden sein bis ans Ende der Welt, wer aber beharret, wird selig sein". Die Pazifisten sollten sich ein Beispiel an einem Bienenkorb nehmen, in dem es ein Oberhaupt, Arbeiter, Drä­nen, die als Nichtstuer in diesem Staat beseitigt würden, und Wächter gäbe. Das Hakenkreuz sei ein uraltes Zeichen und habe schon immer als Träger des Lichtgedankens gegolten und riefe uns vor allem zu: Und setzt ihr nicht das Leben ein, nie wird euch die Freiheit gewonnen sein! Wahrheit, Ehrlichkeit und der Glaube an die Kraft des Lichtes müsse in der Mensch­heit wohnen. Von Luthers Geist sei heute nicht mehr viel im deutschen Volke, denn wenn auch sein Kampf gegen Rom be­kannt sei, so wisse doch kaum einer etwas von seinen Predigten und seinen vielen Schriften über die Judenfrage. Der größte Träger des Hakenkreuzes sei Jesus Christus gewesen, der mit Wort und Tqt gegen das Judentum gekämpft habe. Nichtver­stehend mutzte man Enthüllungen über deutsche Staatsmänner