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Nagolder Tagblatt »Der Eesellichalter"

Donnerstag, 30. Mai 1929

Württemberg" fort g'e"s e tz t werde n.oderob die Entwicklung wie im Reich vor sich gehen solle. Die sozialdemokratische Auffassung sei irrig, daß im Etat noch erheblichestille Reserven" stecken. Eine Aenderung im bestehenden Verhältnis des Lastenaus­gleichs zwischen den Gemeinden und dem Lande müsse er ablehnen, nachdem die Regierung bei der Straßen- und Fürforgelast den Gemeinden und Amtskörperschaften ent- gegengekommen sei. Württemberg begnüge sich mit dem niedrigsten Anteil an den Katasterfteuern. Das werde im­mer verschwiegen, falle aber beim Lastenausgleich entschei­dend ins Gewicht. Der Minister will sich mit allen Kräf­ten dagegen stemmen, daß die Finanzlage des Staats verschlechtert wird. Er müsse sonst die Konseauenzen ziehen, da er die Verantwortung in solchem Fall nicht mehr zu tragen vermöchte.

Ein Redner des Bauernbunds und des Zentrums er- klärten Ihre Zustimmung zu dem Abänderungsgesetz. Fft nanzminister Dr Dehlinger erklärte, daß die Einnahmen aus der Biersteuer noch in der Luft hängen. Das Reich habe aber die Auffassung, daß die bisherigen Leistungen an die drei süddeutschen Länder entgegen dem Arteil des Reichsgerichkshofes fortzugewähren seien. Gegen eine Erhöhung der Kraftfahrzeugsteuer um 100 000 Mark habe die Regierung nichts einzuwenden. Angenommen wurde ein Antrag, die Kraftfahrzeugsteuer auf 7 200000 Mark zu erhöhen. Ein demokratischer Redner hob hervor, daß vielfach über die Verhält­nisse gelebt werde und das Volk sich über die tatsächliae Lage noch nicht klar sei. Das gelte für die Gemeinden wie für die Allgemeinheit. Ein Redner des Bauernbunds sagte, daß auf dem Lande mehr gespart werde als in den Städten. Finanzminister Dr. Dehlinger wies nach, daß die Finanzen Ser Städte Stuttgart und Alm in bester Ordnung seien trotz der Umlage von 15 Prozent. Hieraus ergebe sich ohne weiteres die Haltlosigkeit der gegen den Staat erhobenen Vorwürfe. Angenommen wurde auch ein Antrag des Bauernbunds, das Skaatsministerium zu ersuchen, dem Landtag rechtzeitig vor dem 1- April 1930 Maßnahmen vorzuschlagen, wodurch die weit über den Durchschnitt hin-- ausgehenden Amlagen der leistungsschwachen Gemeinden herabgesetzt werden.

Gegen die Beseitigung der Spitzkehre bei Immendingen. Eine Mitgliederversammlung des Derkehrsvereins Villingen hat sich gegen die Beseitigung der Jmmendinger Spitzkehre ausgesprochen, in der Hauptsache deshalb, weil man der An­sicht ist, tmß die hierfür sehr beträchtlichen Mittel zweck­mäßiger für die Elektrifizierung der badischen Hauptbahn und der Schwarzwaldbahn bereitgestellt werden sollten. Er befürchtet durch die Beseitigung der Spitzkehre allerhand wirtschaftliche Nachteile, da dann die großen durchgehenden Züge nicht mehr über Singen geführt werden sollen.

Mitgliederversammlung des Landesverbands Württ. Amtskörperschafken. Der Landesverband Württ. Amts­körperschaften hielt heute im großen Saal des Vürger- museums seine ordentliche Mitgliederversammlung ab, die aus dem ganzen Land einen überaus großen Besuch auf­wies. Der Vorsitzende, Landrat Richter, betonte in sei­nem Dortrag überdie Reform der württ. Bezirksord­nung", daß man nach den Erfahrungen mit der Gemeinde­ordnung seine Erwartungen nicht allzu hoch spannen dürfe. Eine systematische Neuordnung der Bezirksver­waltung nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung und Dezentralisation werde kaum in Angriff genommen wer­den. Ehrlicherweise müßte man auch zugeben, daß man mit der württ. Bezirksordnung leben und arbeiten könne. Wenn man von einer Verwaltungsreform spreche, so denke man in erster Linie an die Schaffung größerer Selbstver­waltungsbezirke. Dem gegenüber seien Aenderungen der Bestimmungen über die Verwaltung dieser Bezirke von ver­hältnismäßig untergeordneter Bedeutung. Der Vor­tragende wandte sich dann gegen die neuerdings befür­wortete Lösung, die staatlichen unteren Verwaltungsbezirke zu belasten und nur die Amtskörverschaften zu ver­größern. Aufgabe der Regierung sei, eine große Flur­bereinigung vorzuschlagen. Diese Aufgabe könne der Re­gierung nicht abgenommen werden. Das Ausscheiden der Städte aus den Amtskörperschasten mäste man vom Ge­sichtspunkt des Lastenausgleichs ablehnen. Den Amts­körperschaften solle ein unmittelbares Besteuerungsrecht zugesprochen werden. Den zweiten Vortrag hielt der Prä­sident des deutschen Landkreistags, Baron v. Stemvel, über aktuelle Fragen der deutschen Kommunalpolitik. Zum Schluß hielt das Vorstandsmitglied, Landrat Gös-Tü­bingen, einen Vortrag über die Gründung eines Württ. Unfollversicherungsverbands.

Die Staustufe Obereßlingen. Von dem gewaltigen Plan der Schiffbarmachung des Neckars von Mannheim bis Plochingen ist nun der erste auf württ. Gebiet liegende Bauabschnitt, die Staustufe Obereßlingen, nahezu fertig­gestellt. In den letzten Tagen wurde der Neckar durch das neue Schützemvehr bis gegen Altbach aufgestaut, die neuen Seitenkanälen mit Master gefüllt und der Probebctrieb des neuen Kraftwerks der Reckarwerke eingeleitet. Damit ist nach der badischen Staustufe bei Wiblingen di« zweit« der 26 Baustufen des Gesamtentwurfs für den wohl noch Jahr­zehnte lang währenden Ausbau des Neckars zu einem Großschiffahrtsweg für 1200 Tonnenfchiffe und zu einer vollkommene» Ausnützung der Krafterzeugung ausgeführt.

Das Sommerfest des Deutschen Auslandsinsiituts. Das diesjährige Sommerfest des Deutschen Auslandsinftituts fin­det am Samstag, den 6. Juli statt.

»Mm und Foto" als Wanderausstellung. Aus nicht we­niger als neun Städten, darunter Zürich, München, Mann­heim, Frankfurt a. M., Berlin und Stockholm sind Museen und Verbände an die Leitung der Ausstellung des Werk­bundsFilm und Foto" herangetreten mit der Bitte, ihnen nach Abschluß der Stuttgarter Veranstaltung das Material als Wanderausstellung zu überlassen.

Schweres Gewitter über Stuttgart und Umgebung. Gestern abend zog über Stuttgart und Umgebung ein schweres Gewitter, das sich weniger durch Blitz- und Don­nerschlag als durch ungeheure Mastermasten auszeichnete, di« außerordentliche Schäden in den Gärten und Wein­bergen verursachten und die Vorräte in den überschwemm­ten Kellern vernichteten. Durch wolkenbruchartige Regen­stöße wurden in Alt-Stuttgart mehrere Keller überschwemmt, die von der Feuerwehr zur Zeit ausgepumpt werden. In Ankertürkheim und Uhlbach muffen ausgesprochene Wolkenbrüche niedergegangen sein. In Anlertürkheim konnte die Arbeiterschaft einer größeren Werkstatt durch

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die eingebrochenen Wastermassen den Betrieb nlchk mehr verlassen, so daß die Feuerwehr von Groß-Skuttgart ge­rufen werden mußte. In Uhlbach glichen die Straßen reißenden Bächen. Hier wurde der Meingärkner Erste, der seine Kellertore gegen die Wastermassen schützen wollte, von Len Strudeln mit in den acht Meter tiefen Weinkeller ge- rissen, nachdem die Wucht des Wassers die Tore eingedrückt hatte. Zwei von der Stuttgarter Feuerwehr sofort ent­sandte Motorspritzen sowie eine Latrinenmokorpumpe konn- wn dem Unglücklichen keine Rettung bringen. Seine Leiche konnte erst heute geborgen werden-

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em Mann namens Christ aus Neckargartach, um zu ba­den. Er ging unter und verlor das Bewußtsein, anscheinend hatte er sich unter Wasser verletzt. Es gelang, ihn wieder Zuruckzurusen, er ist jedoch heute vormittag ge-

Söugen, OA. Eßlingen, 29. Mai. Hagelschaden. Zwei schwere Gewitter brachten am Dienstag vernichtenden Hagel. Die Ortsstraßen wurden zu reißenden Strömen von 50 bis 60 Zentimeter Tiefe. In den tiefer gelegenen Ortsteilen drang das Wasser in die Häuser ein. Die Hoff­nungen auf den reichen Ernte- und Obstsegen sind durch den Hagel, der in Haselnuß- bis Taubeneigröße mindestens 15 Minuten fiel, zu einem großen Teil vernichtet. Die Gartengewächse sind vollständig zerstört. Dis Wiesen und Kleefelder sind wie gewalzt.

Strümpfelbach, OA. Waiblingen, 29. Mai. Ertrun­ken- Bei dem schweren Gewitter am Dienstag abend schwoll der Strümpfelbach zu einem reißenden Strom an. Der über 70 Iahre alte Weingärtner Schiller, der mit Hilfe sei­nes Sohnes einen Wagen in Sicherheit bringen wollte, wurde von den Fluten erfaßt, forkgerissen und ertrank, wäbrend sich sein Sohn festbalten und retten konnte.

Tübingen. 29. Mai. Von der Universität. De>- Tübinger Völkerrechtslehrer Prof. Dr. Pohl hat den an ihn ergangenen Ruf an die Universität Breslau ange­nommen.

Ein weiblicher Staatsanwalt. Mit der Vertretung des erkrankten Staatsanwalts am hiesigen Landgericht, Freiherrn von Gültlingen, ist Fräulein Dr. Müller betraut worden. Zum erstenmal ist damit in Württemberg ein weiblicher Staatsanwalt im Amt, nach­dem vor kurzem in Stuttgart der erste weibliche Richter ernannt wurde.

heilbronn, 29. Mai. Walter 0 . Molo eröffnet die Käthchen-Festspiele. Der Präsident der deut- schen Dichterakademie, Walter von Molo, hat sich aut Einladung des Ausschusses zur Vorbereitung der Käthchen- Festspiele bereit erklärt, bei der Feier am Vormittag des 30. Juni im Stadttheater die Weiherede der deutschert. Dichtkunst zu halten.

Bad Mergentheim, 29. Mai. Tagung des Reichs- ausschusses für hygienische Volsbelehrung. Der Reichsausschuß für hygienische Volksbelehrung hielt hier eine Tagung ab, die aus allen Teilen Deutschlands gut be- sucht war. Den Hauptvortrag hielt Professor Dr. Gas p a r- Stuttgart über die Bedeutung der Schule für die hygienische Volksbelehrung. Er führte aus, die hygienische Erziehung müsse schon in der ersten Grundschulklasse einsetzen. Die Ein­führung der Gesundheitslehre als Unterrichtsfach sei aber erst möglich, wenn die verstandesmäßigen Bedingungen bei den Schülern selbst gegeben seien. Die Erwartungen aus Erfolg dürfen nicht zu hoch geschraubt werden. Au empfeh­len sei besonders das Wandern» dann die Schaffung von Schullandheimen.

Spaichinaen, 29 Mai. Zündender Blitz. Im be­nachbarten Aldingen hat gestern nachmittag der Blitz ein­geschlagen und gezündet. Das dem Martin Hengskler ge­hörige Mohn- und Oekonomiegebäude in der Nähe vom Waldhorn fiel bis auf einige Mauerreste dem Feuer zum Opfer. Der Abgebrannte soll versichert sein.

Sigmarswangen OA. Sulz, 29. Mai. Blitzschlag. Bei einem Gewitter schlug der Blitz in den Kirchturm ein und richtete beträchtlichen Schaden an, indem er das Turm­dach in seiner ganzen Länge aufriß.

Hausen, OA. Rottweil, 28. Mai. Vom Blitz er- schlagen. Der Amtsdiener und Postbote Wachtmeister M. Schwaibold wurde in der Nähe des Gänssweihers tot aufgefunden: er war bei seinem Bestellgang vom Blitz erschlagen worden.

Schorndorf, 29. Mai, B r a>n A** M der ehemaligen Knopffabrik brach gekb«« SKM> ein Brand aus, der jedoch bald gelöscht werden konnte. Immerhin ist der Schaden nicht »nbedNlkend.

Blitzschlag. Bei dem schweren Gewitter gestern nachmit­tag schlug der Blitz, ohne zu zünden, in das Frauenstift­gebäude ein, zertrümmerte dabei einen Kamin und warf ihn vom Dach ab. Personen, die gerade am Gebäude vorüber­gingen, kamen mit ganz leichten Verletzungen davon.

Tewmenhausen OA. Blaubeuren, 29. Mai. V 0 mBlitz erschlagen. Der 33 Jahre alte Metzger Ioh. Iunginger wurde bei dem Gewitter gestern abend, als er mit zwe» Kühen auf dem Feld pflügte, samt einer Kuh vom Blitz er- schlagen. Die andere Kuh kam mit dem Pflug allein heim.

Hochdorf OA. Waldsee, 29. Mai. Fischzucht. Privatier Real-Waldsee, Bierbrauereibesitzer in Köln, erwarb unter­halb des Essendorfer Rieds ein mehrere Morgen großes Areal Moorwiesen und Sumpfgebiet, um eine Fischzacht­aulage zu errichten.

25jährkges Bestehen des Landesverbands der Presse

Der Landesverband der Presse Württembergs und Hohenzollerns (Württ. Journalisten- und Schriftstellerver­eins) begeht am 1. Juni sein 25jähriges Bestehen, gleich­zeitig das 25jährige Jubiläum seines Vor­sitzenden, Redakteur Adolf Heller. Ein sel­tenes Doppeljubiläum im journalistischen Vereinsleben! Der Verband ist die älteste der in Württemberg bestehenden Organisation der Presse- und der Schriststellerwelt, die ein­zige, die hier diese beiden Zweige des Schrifttums gemein­sam umfaßt. Das ungewöhnliche Vertrauen und das hohe Ansehen, dessen sich der erste Vorsitzende, Redakteur Adolf Heller, in den Kreisen seiner Berufskollegen erfreut, be­weist allein schon die Tatsache, daß er ununterbrochen 25 Iahre hindurch an die Spitze des Verbands gestellt wurde. Seiner weitsichtigen, ebenso klugen wie tatkräftigen Füh­rung ist es vor allem zu danken, daß der Verband auch kri­tische Zeiten überwunden hat.

Der äußerlicke Ausstieg des Verbands war ungewöhn­

lich. Gegenüber'30 Mitgliedern des Gründungstags zählt der Verband heute 274 Mitglieder, davon 261 ordentliche und 13 außerordentliche. In neuester Zeit wurde, ohne da­mit den festen Kern des Verbands zu lockern, eine Glie­derung nach Berufsarten vorgenommen: es ge­hören 137 Mitglieder der Abteilung für die Tages- presse an, 32 der Abteilung sür die Fachpresse und 92 der sür die Schriftsteller. Es ist ein schönes Zu­sammentreffen, daß beim 25jährigen Jubiläum gerade 25 der im G.ündungsjabr beigetretenen Mitglieder der Ver­ein noch angehören. Diesen Gründungsmitgliedern hat der Verband zur Erinnerung an die gemeinsame Arbeit eines Vierteljahrhunderls ein Ehrenzeichen übergeben.

Die in die Höhe führende Entwicklung ist ein Grad­messer auch für die Arbeit, die der Verband zu leisten hatte. In der ganzen Zeit seines Bestehens fehlte es dem Verband nicht an Beweisen, daß seiner Arbeit die Behörden in Stadt und Land, aber auch die weitere Oesfentlichkeit, Vertrauen entgegenbrachten. Wenn man früher allen Ern­stes über einen Mangel an Achtung vor der Presse und namentlich vor der Persönlichkeit ihrer Vertreter und Mit­arbeiter klagen mußte, so Hot sich durch die Einwirkung der Tätigkeit des Verbands, vor allem der Art dieser Tätig­keit, bald ein Umschwung angebahnt.

Der Krieg und seine Folgen haben den Verband in seiner Wirksamkeit von der grundsätzlichen mehr nach der praktischen Seite geführt. Wenn auch schon in früheren Jahren die sozialen Einrichtungen (Unterstützungs­und Sterbekasse, deren ansehnliches Vermögen leider durch die Inflation oerlorenging) weitgehende Pflege ge­funden hatten, galt es jetzt noch mehr, für bedrängte Be­rufsgenossen, namentlich aus dem Kreise der frei arbeiten­den Schriftsteller, zu sorgen. Auch bei de.' Fürsorge für hie durch Verschlechterung des Geldstands immer wieder zu­rückgeworfenen Gehaltsverhältnisse der Redakteure hat der Verband in Zusammenarbeit mit dem Württ. Zeitung?- verlegerverein und mit den Kollegen vom Reichsverband der Presse innerhalb und außerhalb des gemeinsamenSo­zialen Ausschusses" seine ganze Krast eingesetzt und mit­erreicht, was zu erreichen war.

Daß der Verband unter den ruhigeren Verhältnissen seine literarischen und gesellschaftlichen Ausgaben nicht ver­nachlässigt hat. beweisen u. a. seineSchwäbischen Almanache" und die Einsührung der Pressefeste. So hat der Verband, in dem in glücklicher Mischung Ver­leger, Redakteure. Journalisten und Schriftsteller gleich­berechtigt für die gemeinsamen Aufgaben tätig sind, trotz aller Schwere der Zeiten tüchtige Arbeit für das Gedeihen des schwäbischen Schrifttums geleistet, dem er auch weiterhin im selben Geiste seine Dienste widmen wird.

39. Hauptversammlung des Württ. Landesverbands der Wirte

Heilbronn, 29. Mai. Unter sehr starker Beteiligung fand am Dienstag die 39. Hauptversammlung des Landesver­bands der Wirte Württembergs in der Harmonie statt. Ver­bandsvorsitzender Alfred Weber betonte in seiner Be­grüßungsansprache die Notlage im Mittelstand und die ernste Finanzlage des Reichs, die bevorstehenden Maß­nahmen zur Behebung der letzteren würden auch im Gast­wirtsgewerbe nicht spurlos vorübergehen.

Nach weiteren ^Begrüßungsansprachen hielt Landtags» abg. Handelskammersyndikus Dr. Burger-Stuttgart einen Vortrag überdie Belastung der deutschen Wirt­schaft". Eine durchgreifende Finanzreform großen Stils sei unvermeidlich. In ihr werde u. U. die Frage einer Finanz­diktatur eine Rolle spielen. Als nächster Referent erstattete Gastwirt Saemann - Cannstatt den Bericht über die be­reits berichteten Beschlüsse der Delegiertenversammlung am Montag. Berichtigend sei hier angeführt, daß der Zusatz­antrag betreffend Aufhebung des Sonntagback­verbots von der Delegiertenversammlung nicht an­genommen wurde. Allgemein sei auf dem Delegierten­tag die schlechte Lage des Wirtsgewerbes, verursacht besonders durch den allgemeinen Umsatzrückgang» durch dis Schwierigkeit in der Arbeitszeitregelung, durch die hohe Steuerbelastung und die Konkurrenz des Flaschenbier­handels und des Kleinhandels mit Flaschenweinen zum Ausdruck gebracht worden. Immer stärker werde auch die Kreditabhängigkeit von den Brauereien und unerträglich für die Dauer seien die Pachtverhältnisse im Wirtsgewerbe. Der Abschluß eines neuen Manteltarifs mit den Gast- wirtsangestellten mutze veriucht werden. Referent (Lostwirl F r a n k - Stuttgart behandelte in längeren Ausführungen die Einkaussverhältnisse im Gastwirtsgewerbe, die durch den Ausbau der Wirte-Einkaufsgenossenschaft günstiger ge­regelt werden müsse.

Gastwirt Nobel überbrachte als Vorsitzender des Ba­dischen Gastwirtsverbandes dessen Grüße. Sechs Verbands- mitglieder erhielten für langjährige Mitgliedschaft und ver­dienstvolle Mitarbeit an den Verbandsaufgaben Auszeich­nungen.

Der nächste Verbandstag findet in Ulm statt, dessen Bezirkswirtsverein im nächsten Jahr das Jubiläum seines 100jährigen Bestehens feiern kann. ^

Aus Stadt und Land

Nagold, den 30. Mai 1929.

Arbeit ist das, was man tut, um es Zielpunkt im Unbewußten einmal nicht mehr tun zu muffen.

Schmückt Eure Fenster, Dalkone und Dorgärte» mit Blumen!

Es ist eine Well für sich, gleichsam die Brücke zwischen Sonne und Wohnung. Oed und verlaßen fühlten sie sich den ganzen Winter hindurch und träumten unter der Schneelast von lauen Sommernächten, von lustigem Ge­plauder und fröhlichem Kaffeeklatsch. Niemand beachtete sie, nur ein paar hungrige Vögelein suchten sie in der schmalen Zeit auf, um sich an kärglichen Futterresten zu sättigen. Die Vögel kommen nun nicht mehr, für sie ist der Tisch jetzt überall gedeckt. An ihre Stelle sind nun wieder die Menschen getreten, die während einiger Mußestunden vom Fenster aus spazieren sehen, auf dem Balkon sitzen, um der Ruhe zu pflegen oder im Vorgarten die kleinen Wege lustwandeln. So klein diese bescheidenen Erweite­rungen der Wohnung ins Freie sind, was daran zu tun ist, merkt man erst dann, wenn man mitten in der Ar­beit steckt, dies alles wirklich so schön zu machen, wie man