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Nagoldcr Tagblatt „Der Ecjelljchafter"
Freitag, 3. Mai 1g»Z.
amtlich gemeldet: Diphtherie 23 (tödlich 1). Genickstarre — (1) Kindbettfieber 9 (1), Tuberkulose der Lunge und des Kehlkopfs, sowie anderer Organe 9 (31). Scharlach 51 (1), Typhus — (1).
Den Verletzungen erlegen. Der bei dem Motorradunfall zwischen Möhringen und Hohenheim schwer verletzte Motorradfahrer Hölle von Stuttgart-Berg ist im Marienhospital seinen Verletzungen erlegen. Die Dame, die auf dem Soziussitz mit ihm fuhr, hat eine schwere Wirbelfäulenverletzung erlitten und liegt gelähmt im Spital. Der andere Motorradfahrer, der ebenfalls verunglückte, ist nutzer Lebensgefahr.
Cannstatt, 2. Mai. D i e n st j u b i l ä u m. Betriebsobcr- ingenieur Ehr. Seiler ini Krankenhaus Cannstatt konnte heute auf eine 25jährige Dienstzeit an dieser Anstalt zurückblicken. Sowohl von der Stadt als von seinen Kollegen wurden ihm als Andenken an den festlichen Tag schöne Geschenke überreicht.
Cannstatt, 2. Mai. Todesfall. Gestern ist Kommerzienrat Ernst Terrot im Alter von 62 Jahren unerwartet einem Herzschlag erlegen. Der Verstorbene wurde als Sohn des Fabrikanten Charles Terrot 1667 in Stuttgart geboren. Er gewann an dem bedeutenden Aufschwung des Terrot- Werkes wesentlichen Anteil. Lange Zeit gehörte er auch dem Vorstand der Terrotschen Fabrik in Dijon an, die dann im Krieg verloren gegangen ist.
Hohenheim» 2. Mai. Häufung von Erdbeben. In dem oberitalienischen Erdbebengebiet häufen sich die Erdbeben so, daß man bald von einem Erdbebenschwarm reden bann. Die Erdbebenwarten Hohenheim und Ravensburg verzeichneten am Abend des 1. Mai 21 Uhr 13 Minuten wieder ein Beben von der oberitalienischen Gegend. Auch in anderer Richtung, etwa 6000 Kilometer von hier entfernt, bebt« es heftig. Die Instrumente in Hohenheim ver- zeichneten ein Beben in der angegebenen Entfernung am Rachmittag des 1. Mai mit einem scharfen Einsatz um 18 Uhr 44 Minuten 39 Sekunden. Der Herd befindet sich wahrscheinlich in Zentralasien. Auch von der Ravens- durger Erdbebenwarte wurde dieses Beben scharf auf- gezeichnet.
Zuffenhausen, 2. Mai. Getan de verkauf. Eine Stuttgarter Firma hat ein etwa sechs Hektar großes Gelände an der Staatsstraße Zuffenhausen-Schwieberdingen auf Markung Münchingen angekauft, um hier eine Fabrik zu erstellen.
Eßlingen, 2. Mai. Untersagung von Rechtsgeschäften. Durch rechtskräftigen Bescheid des Bezirksrats für den Oberamksdezirk Eßlingen ist dem Kaufmann Eugen Stegmaier in Eßlingen, Roßmarkt 25 wohnhaft, die gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiken und bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte, insbesondere die Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Aufsätze, untersagt worden.
Renbronn OA. Aalen, 2. Mai. 40jähriges Amtsjubiläum. Schultheiß Engel kann am 1. Mai auf eine 40jährige Amtstätigkeit zurückblicken.
Abtsgmünd, AO. Aalen. 2. Mai. Die Mutter rettet ihr Kind vom Tode des Ertrinkens. Mehrere Kinder spielten gestern nachmittag ganz in der Nähe der Lein. Das dreijährige Söhnchen des Apothekers Hirschmiller fiel ins Wasser. Die anderen Spielgefährten riefe» um Hilfe. Frau Apotheker Hirschmiller eilte herbei »nd sprang in den Fluß, der an dieser Stelle zwei Meter lief ist- dazu noch an einem großen Strudel, und rettete Schwimmend ihr Kind, das schon eine Strecke weit fort- getrieben war, vom sicheren Tod des Ertrinkens.
Crailsheim, 2. Mai. Tödlich überfahren. Gestern früh wurde der 60jährige Hilfswärter Lechner von Beeg- Haf, der mit Gleisarbeiten beschäftigt war, von einem Ar- lbeitszug erfaßt und tödlich verletzt.
Lirchheim u. T., 2. Mai. Ernennung. Dr. rer. pol. Otto Hummel, bisher Privatdozent an der Handelshochschule Berlin, wurde eine an der Handelshochschule Königsberg neu errichtete ordentliche Professur für Betriebswirtschaftslehre übertragen. Dr. Hummel stammt von Kirchheim.
Arach, 2. Mai. Abschied Am Sonntag hat Dekan Leu segensreicher Amtstätigkeit mit einem Gemeindeabend von hier ernsten und heiteren Ansprachen sehr Dekan Leube als Geistlicher und als Mensch geschätzt war. ganze Arbeitskraft in den Dienst
von Dekan Leube. b e nach siebzehnjähriger einem Gottesdienst und Abschied genommen. In kam zum Ausdruck, wie > als Freund der Jugend Er hat aufopfernd leine der Allgemeinheit gestellt.
Denkingen, OA. Spaichmgen, 2. Mai. Uebcrfall. Vergangenen Sonntag abends etwa um 7 Uhr wurde — vei hellichtem Tage — auf der Straße Denkingen—Aldingen eine hiesige 16jährige Bürgerstochter von einem unbekannten Radfahrer- nachdem dieser sie zuerst nach dem Wege gefragt hatte, ohne weiteres gefaßt und in den Straßengraben geworfen. Als sie — mit ihm ringend — um Hilfe rufen wollte, hielt er ihr den Mund zu. Der Rohling ist aber durch Passanten noch rechtzeitig an seinem Vorhaben abgehalten worden. Er konnte bis jetzt noch nicht gestellt werden.
Rottweil. 2. Mai. Die letzte Postkutsche. Der seither mit Pferden bespannte Gepäckwagen der Reichspost ist nunmehr durch einen Autogepückwagen ersetzt worden Zum letztenmal sah man die gelbe Postkutsche am Dienstag durch die Straßen und Gassen der Stadt fahren. Sie war aus diesem Anlaß bekränzt.
Vom Schwarzwald, 2. Mai. Hansjakob-Ehrung. Der schon im vorigen Jahr vom Verkehrs- und Verschöne- rungsverein Haslach gefaßte Beschluß, an dem Wohn- und Sterbehaus „Freihort" unseres Volksschrifkstellers Heinrich Hansjakob eine Erinnerungstafel anzubringen, ist nun zur Tat geworden. Die Tafel mit Schrift hat eine gefällige schöne Form. Sie besteht aus Eichenholz mit Ueberdachung — naturfarbig — und ist rechts vom Haus, im Garten beim Eingang, aufgestellt worden. Sie trägt die Aufschrift: Hier wohnte Dolksschriftsteller Skadtpfarrer Dr. Heinrich Hansjakob vom 22. Oktober 1913 bis zu seinem Tod, 22. Juni 1916.
Geislingen a. Sk.. 2. Mai. Anschlag in der Nacht. Am Montag abend um 11 Uhr wurde in der Maschinenfabrik Geislingen ein Revolveranschlag verübt. Der Täter, vermutlich ein entlassener Arbeiter, stieg in das Fabrik- gelände ein. löschte in sämtlichen Fabrikräumen das Licht bis auf die Gießerei, in die er durch ein Fenster einen scharfen Schuß abgab, jedoch ohne zu treffen. Dem Revolverhelden ist man auf der Spur.
Waldsee, 2. Mai. Schultheiß oder Bürgermeister. Eine Versammlung unter dem Vorsitz des Stadtvorstands stimmte mit 23 Ja gegen 2 Nein f ü r Einführung des Titels Bürgermeister.
Dom bayerischen Allgäu, 2. Mai. 3700 Mark in oen Lech gefallen. Ein Nürnberger Reisender, der in der letzten Woche in Füßen einkassiert hatte, begab sich, kurz ehe er seine Rückfahrt antrat, mit seinem vierjährigen Knaben zum Maxsteg bei Füßen, um den Lechfall zu besichtigen Er trug in einem Briefumschlag in der inneren Rocktasche den einkassierten Betrag von 3700 Mark bei sich. Während er sich nun über das Brückengeländer beugte, rutschte ihm der Umschlag mit Inhalt aus der Tasche und verschwand im Lechstrudel.
Inneringen i. Hohenz., 2. Mai. Vom Blitz getroffen wurde ein Pferd des Albert Ott, dos sofort tot war. Der Besitzer, der das Gespann leitete, wurde leicht verletzt.
Aus Stadt und Land
Nagold, den 3. Mai 1929.
Die Haltbarkeit alter Verträge zwischen Großstaaten ist eine bedingte, sobald sie in dem „Kampf um's Dasein" auf die Probe gestellt wird. Keine große Nation wird je zu bewegen sein, ihr Bestehen auf dem Altar der Vertragstreue zu opfern, wenn sie gezwungen ist. zwischen beiden zu wählen.
Bismarck.
Waldbrand
Trotz aller ermahnenden Warnungen sind durch Fahrlässigkeit in allen Teilen Deutschlands mehr oder weniger große Waldbrände entstanden, die unersetzliche Teile unseres Nationalvermögens vernichtet haben. Hier war es ein fortgeworfener Zigarettenrest, dort ein brennendes Streichholz, auf einer anderen Stelle Kindermutwille oder unüberlegte Kinderei erwachs. Personen, die eine an den Wald grenzende trockene Grasnarbe angezündet hatten, immer das alte Lied. Es wird nicht der letzte Brand sein, denn oft genug noch wird ein Mensch in brutal rücksichtsloser Fahrlästigkeit einen neuen entfachen. Dieser Menschen gegenüber sind die Warnungstafeln „Rauchen verboten" wie auch jede Bitte und Ermahnung zwecklos, sie haben
vielleicht nur noch freche Antworten und fragen am Ende ob man „kein Streichholz" hat. Hier könnte nur eine gam empfindliche Bestrafung helfen. Fast noch schlimmer sind ! die Gleichgültigen und Bequemen, die, wenn sie das Ent- I stehen eines Waldbrandes beobachten, aus Furcht vor allen damit verbundenen Scherereien sich stillschweigend enb fernen und brennen lasten, was das brennen will. Es ^ dürfte wohl jedem bekannt sein, daß es Eesetzespflicht ist so schnell als möglich entweder selbst tätig einzugreifen, im Unvermögensfalle zum mindesten die Beobachtungen umgehend zu melden und ihre Hilfe zur Abwehr zur Versist gung zu stellen.
Nicht jedes Feuer ist so gefährlich, wie es die Rauäi- entwicklung im ersten Augenblick vermuten läßt. Man tut daher am besten, sich zunächst davon zu überzeugen welche Ausdehnung es angenommen hat, um den eventuell erst in der Entstehung begriffenen Brand mit schnell abgebrochenen Zweigen auszuschlagen oder besser gesagt auszuwischen. Ist das nicht mehr möglich, so kann doch immerhin durch sofortiges Herbeiholen von Hilfe meistens das Schlimmste verhütet werden. Es schaffen dann unter Umständen wenige Leute das, wozu nach längerer Zeit schon Hunderte nötig sind, abgesehen davon, daß die Gefahr für den ganzen Bestand sich von Minute zu Minute um ein Vielfaches vergrößert.
Der beste Schutz für den Wald, für dessen Erhaltung jeder, der auch nur die geringste Liebe zur Natur in sich trägt, alles einsetzen muß, ist jedoch nicht die Bekämpfung des einmal entstandenen Feuers, sondern dessen Verhütung. Wenn nun nicht einmal die Menschen, die als erwachsen gelten wollen, es für nötig halten, mit gutem Beispiel voranzugehen, woher sollen es dann die Kinder lernen, denen die weitgehendere Erfahrung noch abgeht und die sich in der Suche nach spielerischem Vergnügen aus Unkenntnis im Mittel vergreisen?
Vom Rathaus
Gemeinderatssitzung vom 1. Mai 1S2S.
Anwesend: Der Vorsitzende und 15 Eemeinderätc. Abwesend: Eemeinderat Bai sch entschuldigt.
Mitteilungen: Vorliegt die Schlußabrechnung über die Schülerwohlsahrtspflege der Mädchenmittelschule, von der ohne Erinnerung Kenntnis genommen wird.
Schulsachen: Nach der Verordnung des Kultmrniste- riums sind die Schutgeldordnungen für die Latein- unö Realschule und die Frauenarbeitsschule gändert worden. Vei der Latein- und Realschule beträgt für Klaffe 1 bis 6 der Höchstsatz statt bisher 60 nunmehr 90 Mark. Mit Rücksicht auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse wird der Schulgeldsatz auf 81 Mark festgesetzt. Auswärtige zahlen den gleichen nicht erhöhten Betrag, weil die Amtskörperschast einen Beitrag gewährt. Das Schulgeld für die private 7. Klasse wird wie bisher in Höhe von 180 Mk. erhoben. Bei der Frauenarbeitsschule ist das Schulgeld von 66 auf 84 -4t jährlich erhöhbar. Auch hier wird infolge der wirtschaftlichen Lage das Schulgeld nur auf 75 Mark festgesetzt, für die Auswärtigen auf 90 -It gegen bisher 82.50 4t. Bei beiden Schulen besteht nach wie vor die Möglichkeit, bedürftigen und würdigen Schülern und Schülerinnen ganzen oder teilweisen Nachlaß zu gewähren.
Stammholzoerkauf: Den Hauptgegenstand der Sitzung bildete der Verkauf des heurigen Anfalls an Nadelstammholz, soweit er nicht bereits abgesetzt ist. Vorhanden find noch etwa 2 950 Festm. Der kürzliche öffentliche Stammholzverkauf über ein Quantum von etwa 400 Festm. verlief e r g e b n i s l o s, da für dieses Ausgebot mit durchweg nur normaler Qualitäten 106 Proz. geboten wurden und zwar von der Württ. Holzeinkaufsgenostenschaft, der die Sägwerke von hier und Umgebung restlos angehören.
So war die Stadtgemeinde auf mündliche Verhandlungen mit dem Vertrauensmann der Genossenschaft, Sägwerksüe- sitzer Wilh. Theurer, hier, angewiesen. Die Verhandlungen kamen in der Gemeinderatssitzung zum Abschluß mit dem Ergebnis, daß die Holzeinkaufsgenossenschaft für das gesamte Holz 108 Proz. der Forsttaxe bezahlt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß mehr als X, des Holzes von dem Sturmschaden in der Winterhalde stammt und keine Qualitätsware ist. Unter Berücksichtigung der gesamten wirtschaftlichen Lage und im Bewußtsein seiner Verantwortung hat der Eemeinderat dem Verkauf schließlich einmütig zugestimmt.
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Der Haupimann winkte jetzt mrd mit wildein Ernst in den Gesichtern erhob sich die Bande. Sie stiegen die Schlucht hinauf und verteilten sich dann nach verschiedenen Seiten. Hannikel, Menzel, Duty und Nottele nahmen den Gefangenen in die Mitte und bildeten eine besondere Abteilung, «» deren Spitze sich Ursula stellte. Sie gingen leise und eilig durch den Wald, in einem Bogen, der die unter- gehend« Sonne in ihren Rücken brachte. Ein blutiger Widerschein zitterte noch am Himmel, als sie aus dem Walde traten; die roten Streifen erblaßten allmählich, und die wachsende Sichel, schon tief am Horizont stehend, warf ein schwaches, dämmerndes Licht auf die Gegend. Am Saum des Waldes, wo ein verlassenes, niedriges Hirtenhäuschen stand, wurde haltgemacht.
Heinrich suchte sich vergebens zu enträtseln, was diese -Anstalt bedeuten sollte. Er konnte kaum noch aufrecht istehe»; der Fiebersrost schlug seine Zähne aufeinander, -während ein schneidender Wind am Wald herauffuhr.
-Horch!" sagte Hannikel. Wenzel warf sich nieder und Legre das Ohr an den Boden; die andern lauschten mit worgestreckten Köpfen nach der Ebene hin.
Wenzel gab ein Zeichen. .Hinein ins Schafhäusle mit diesem da!" flüsterte Hannikel. „Ihr beide links, wir rechts «ns die Seite! Und du, Mädchen, auf deinen Posten. Rottel«, vergiß nicht! Wenn du dich brav hältst, so bekommst du die Legart."
Die Zigeuner verschwanden und Heinrich wurde von
dem Mädchen durch eine niedrige Oessnung ohne Tür in den finsteren engen Raum hineingeschoben. Er hielt sich an einem Querbalken, an den er beim Eintreten den Kopf gestoßen hatte, and kämpfte mit seinem körperlichen Zustand uud mit der Erwartung der Dinge, die da kommen sollten.
Die Zigeunerin ging indes langsam eine Strecke gegen die Ebene hinab. Nach kurzer Frist vernahm man Tritte und das Knurren eines Hundes. Eine Gestalt erschien, nach dem Häuschen heraufschleichend. „Pst!" wisperte sie von weitem und traf mit dem Mädchen zusammen. Man hörte sie in der Ferne miteinander reden. Dann gingen sie dem Häuschen zu.
„Du rechnest einem auch gar keinen Gefallen an," sagte das Mädchen vernehmlich, während sie näher kamen. „Ich mutzte mich doch vorher von meinen Leuten losmachen, sonst wär' ich dir weiter entgegen gegangen. Vor dir hat man für seine Freundlichkeit nichts als Vorwürfe und noch etwas mehr. Du bist gleich so grob; wenn man dir alles zulieb getan hat, so schlägst du einem noch dafür das Glas in den Kopf. Du hiittest's verdient, dah ich dir einen rechten Posten spielte."
„Pah!" erwiderte eine männliche Stimme. „Du hast nicht alles getan, du bist eine eigensinnige Hexe. So ein Weibsstück mutz hübsch geschmeidig sein, sonst geb' ich keinen Heller drum, und nicht so empfindlich! Tut's denn noch immer weh — wie? Sei vernünftig!"
Er hatte den Arm um ihren Hals geschlungen, und sie kamen immer näher. Heinrich hatte auf die Stimme gelauscht, mit einer Spannung, vor welcher das Gefühl seiner Unpäßlichkeit beinah verschwunden war. Tonys Stimme war es nicht und er atmete hoch auf.
Indem begann der Hund unruhig zu werden und endlich zu bellen. „Was ist das?" ries sein Herr mit beklommener Stimme. „Ist jemand in der Nähe?"
„Wer wird wohl auch da sein» lieber Tony!" antwortete das Mädchen. „Du Haft nichts zu besorgen." Sie lockte den Hund und suchte ihn zu beruhigen. Heinrich beugte sich leise zu der Oessnung der Hütte hinaus und wußte nun.
wen er vor sich haue, denn er tonnte in der Dunkelheit sogar die militärische Tracht seines Beleidigers unterscheiden. Seine Stimme hatte er ebenfalls erkannt. Es war Tony, der Grenadier, dem er die üble Nacht in Sulz verdankte, und der, verräterisch hierher bestellt, ein Opfer seines Uebermutes und weiblicher Rachsucht, hier seinen Feinden in die Hände lief. Denn ehe Heinrich sich besinnen konnte, ob und wie er zu retten sei, sah er auf allen -seiten Gestalten vom Boden auftauchen, die den Verratenen umringten.
Dieser verlor den Mut, als er die Zahl seiner Gegner mit jedem Augenblick wachsen sah. Er wandte den Rücken und oerlietz sich nur noch auf die Schnelligkeit seiner Fersen. Duly setzte ihm mit gewaltigen Sprüngen nach, packte ihn und wollte ihn zu Boden reißen, wurde aber abgeschüttelt, und Flucht und Verfolgung wälzte sich unter lautem Toben weiter.
„Hussa, hetz, hetz!" rief die Stimme des Buben, der mit den Hunden seines Vaters quer über die Ebene rannte. Die Jagd toste längs des Waldsaumes hin mit dem Gebrüll der Männer, mit dem Toben der Hunde. Da hörte man einen Streich fallen; es klang, wie wenn ein Topf zerschlagen wird, und ein gräßlicher Todesschrei gellte von dem Kampfplatz herüber.
Heinrich hörte Geräusch und Stimmen im Walde, seine Sinne verwirrten sich, und er floh die Ebene hinunter. Er hörte einen Hund hinter sich und jagte wie ein gehetzter Hirsch mit großen Sätzen über den unebenen Bode« hi« Der Hund kam näher und näher, er schnappte nach ihm, da wich der Boden unter dem Flüchtling, und er rollte mit Erde und Steinen einen Abhang hinab. Der Hund beulte ihm mit getäuschter Begierde nach.
Heinrich hatte einen Augenblick das Bewutztsei« verloren. Ein Schmerz im linken Arm, und Master, das ihm den Mund benetzte, brachte ihn wieder zu sich. Er richtete den Kopf empor, bewegte den verletzten Arm ungehindert und erhob sich wankend vom Boden.
(Fortsetzung folgt.)