Leite 2 Nr. 302

Nagolder Tagblatt «Der Gesellschafter"

Montag, 24. Dezember 192«

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Stuttgart, 23 Dezember.

Der Württ. Bauern- und Weingärtnerbund (Bund der Landwirte in Württemberg) hielt am Thomasfeiertag seine Landesversammlung ab. Am gleichen Tag fand im Bürger­museum in Stuttgart eine Getreideschau der Oberämter Herrenberg, Böblingen. Leonberg und Waiblingen und Stuttgart-Amt statt. Als Gäste waren u. a. anwesend Kult­minister Dr. Bazille, Finanzminister Dr. Dehlinger.

Der Bundesvorsitzende, Oekonomierat Vogt-Gochsen, begrüßte die stattliche Versammlung und stellte mit Be­dauern fest, daß infolge Uneinigkeit und Ver­drossenheit unter den Landwirten die Erfolge der letzten Maiwahlen nicht so groß waren, um den Ein­fluß der Landwirte in den Parlamenten zu stärken.

Landtagsabg. Dr. Häcker erstattete den Rechenschafts­bericht der Bundesgeschäftsstelle für die letzten zwei Jahre. Darnach ist der Mitgliederbestand in den letzten drei Jahren auf der gleichen Höhe geblieben. Die verschiedenen Abtei­lungen der Geschäftsstelle arbeiten verständnisvoll zusam­men. Die Finanzlage des Bundes ist durchaus in Ordnung.

Mit stürmischem Beifall empfangen, hielt dann der Präsident des Reichslandbunds. Reichsernährungsminister a. D. Reichstagsabg. Dr. M. Schiele das Hauptreferat überDer Weg zur Rettung des deutschen Volks und seiner Landwirtschaft", in der er in großen Zügen die Bedeutung zielbewußter Agrarpolitik für die deutsche Befreiungspolitik kennzeichnete. Nicht Besitzwechsel, sondern Besitzerhaltung und Wieder­gutmachung der an gerichteten Schäden ist unsere Aufgabe. Die Not der deutschen Landwirtschaft ist die Folge der Zwangswirtschaft und einer seit einem Jahrzebnt falsch eingestellten Wirtschafts­politik. Als Reichsernährungsminister habe er als erster das A bsatzproblem durch das sog. Notprogramm von 1928 praktisch angepackt. Für das Notprogramm und die dazu gehörenden Gesetze seien allerdings nur 71,5 Mill. Mark bewilligt worden, während der Verl u st der deutschen Landwirtschaft in jedem Monat durchschnittlich 125 Millionen Mark betragt. Der Redner setzte dann sein eigenes Programm zur Wieder­herstellung der Rentabilität der Landwirtschaft auseinander und erklärte, daß hiezu Maßnahmen auf acht verschiedenen Gebieten erforderlich seien, und zwar in der Steuer-, Sozi'al- und Kreditpolitik, der Zoll- und Handelspolitik, auf dem Gebiet der Absatzregulierung, der Rationalisierung, des Meliorationswesens, der Wirtschaftsberatung und Berufs­ausbildung. Der Redner betonte, daß die Agrarpolitik nicht nur eine landwirtschaftliche Notwendigkeit, sondern auch erforderlich sei zur Heiluna der wirtschaftlichen und sozialen

zuführen und beging dabei die haarsträubendsten Betrü­gereien zu ungunsten der deutschen Eigentümer, die um viele Millionen geschädigt wurden. Zu diesem Zweck scheute er sich nicht, Urkunden und Akten zu fälschen oder zu ver­nichten. Alle Beschwerden der deutschen Geschädigten blieben nutzlos, Poincar« aber beförderte Fachot zum Oberstaats­anwalt. Als solcher hatte er in diesem Jahr den Prozeß gegen die elsässischen Aukonomisten zu führen, ein Prozeß, der an schändlicher Rechtsoerdrehung und Vergewaltigung seinesgleichen in der Geschichte des Gerichtswesens sucht. , Wegen der Empörung der Elsässer mußte Fachot nach Paris versetzt werden, zugleich wurde er wiederum hinauf- beförderl.

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Stuttgart, 23. Dezember.

Erbauung eines Großkraftwerks, Zu Stuttgart ist-der Bau eines Großkraftwerks durch das Rheinisch - West­fälische Elektrizitätswerk in Berbindung mit der Stadt Stuttgart beabsichtigt. Außerdem sollen sich die Neckar­werke und die Reichsbahn an diesem Großkraftwerk betei­ligen, das der Reichsbahn den Strom für die Elektrisierung der Strecke UlmStuttgartMühlacker zur Beifügung stellen soll. Als Platz ist ein bereits zur Verfügung stehen­des Gelände bei Gaisburg ausersehen. Außerdem beabsichtigt Stuttgart, sich an dem Ausbau der oberrheinischen Wasser­kräfte zu beteiligen, eventuell auch am Schluchseewerk und an Werken in Borarlberg. Dazu kommt der Stromfremd­bezug aus Bayern. Die Inangriffnahme dieser Pläne würde wohl kaum vor dem Jahr 1931 erfolgen.

Auszeichnung. Bei der Firma Greiner u. Pfeiffer, Druckerei und Verlagsanstalt, konnte in diesen Tagen an zwölf Betriebsangehörige die König-Karl- Medaille für langjährige, treue Dienste verliehen wer­den. Gleichzeitig sprach die Geschäftsleitung den Iubilaren ihren herzlichen Dank für die geleistete, ersprießliche Mit­arbeit aus.

Zur endgültigen Reparationsregelung hat der Sparer­bund in einer Eingabe an den Reichskanzler die Regierung ersucht, bei etwaiger endgültiger Regelung der deutschen Reparationslasten die der Rechtsprechung des Reichsgerichts widersprechende Auffassung von der vermeintlichen inner­deutschest Entschuldung durch Inflation nicht aufrechtzu­erhalten. Nach Teil 2, Ziff. 2 a des Dawes-Gutachtens haben die Gläubigerstaaten Deutschland die untragbaren Lasten deshalb auferlegt, weil die damalige deutsche Regie­rung selbst den falschen Standpunkt vertrat, es seien Reich, Länder, Gemeinden und Privatwirtschaft durch die Inflation schuldenfrei geworden. Der Sparerbund hat daher be­antragt, daß bei endgültiger Reparationsregelung zur Wie­derherstellung der deutschen Gesamtwirtschaft, insbesondere der Spar- und Kauftkrast aller Volksschichten auch die deut­schen Gläubiger gehört und ihre Interessen rechtmäßig mit gewahrt werden.

Reutlingen. 23. Dez. E r b a u u n g e c u e c S M'

Kanalisation. Im Gemeinderat wurde beschlossen, eine Schwemmkanalisation zu errichten und den -oermm für di« Baubeendigung auf das Jahr 1934 festzusetzen. Das Tiefbauamt ist bereits mit dem Millionenpro,ekt beschäftigt. Beschlossen wurde die Pflasterung der Lederstraße mit einem Aufwand von 140 900 Mark.

Schramberg. 23. Dez. Musikfest- Am 22.. 23. und 24. Juni nächsten Jahres findet hier aus Anlaß der Feier des 100 jährigen Bestehens der Stadtmustk ein Mustkftst des Bezirks 12 (Schwarzwald) des Süddeutschen Musikerver- baiwes statt, für das eine große Beteiligung erwartet wird.

Krisenerscheinungen in der deutschen Wirtschaft. (Lebhafter Beifall.,

Reichstagsabg. Dingler berichtete über die Arbeiten des Reichstags und beschneie seine dortigen Erfahrungen als durchaus unerfreulich. Im Reichstag sitzen 207 Rote, und in einer solchen Gesellschaft könne man weder wirtschaft­lich noch kulturell eine vernünftige Politik machen. Daher geht unser ganzer Kampf gegen links. Weiter sprachen die neuen Landtagsabgeordneten Bauer-Marbach über den Weinbau, H e r rm a n n - Oehringen über die Notwendig- . keit, die Saumseligen aufzurütteln und der Bundesarbeit zuzuführen, Rechtsanwalt Dr. Göz über die kommenden Gesetze, M u s ch l e r-Crailsheim über die Viehhaltung, S t o'o ß - Blaubeuren über den Staatshaushaltplan und seine Gefahren und L u cke r t - Waiblingen über die Milch­wirtschaft. Von Interesse waren besonders die Ausführun­gen des Abg. Stooß. der sich gegen denKultur- fimmel" wandte, den wir allmählich nicht mehr bezahlen können. Das parlamentarische System sei die größte Gefahr für die Gesunderhaltung des Staatshaushaltplans. Die Sozialdemokratie hätte jetzt schon wieder so viel Anträge eingebracht, daß Finanzminister Dr. Dehlinger ihm vor einigen Tagen erklärt habe, diese Anträge dürften nicht zu 5 Prozent durchgehen, sonst könne er den Etat nicht mehr ausgleichen. Die Landwirtschaft wolle keine Bevorzugung, sondern nur einen gerechten Lastenausgleich. Weitere Ansprachen hielten Martin Haag, der frühere Landtagsabgeordnete Ernst Hornung, Abg. Schwei­zer und Gutsbesitzer Strahl für den Landwirtschaftlichen Hauptverband. Einstimmig wurde eine Entschließung angenommen, die den Reichs- und Landtagsabgeordneten des Bunds den Dank und volles Vertrauen ausspricht, den Zusammenschluß aller Landwirte zur tatkräftigen Vertretung der Belange der Landwirtschaft verlangt, gerechtere Behand­lung der Landwirtschaft durch Reichsregierung und Par­lament auf dem Gebiet der Steuern, Zölle und Soziallasten, sowie eine christliche Erziehung der Jugend in der Schule fordert.

Das Schlußwort sprach der Hauptgeschäftsführer Abg. Th. Körner alt, der das Landvolk bat, einig zu sein, zu den Führern zu stehen und das Mißtrauen zu bekämpfen. Wenn wir den Bauern dienen, dienen wir dem ganzen deutschen Vaterland. Das ist auch ein echter christlicher Volksdienst. Zum Schluß sprach der Vorsitzende Vogt dem Abg. Th. Körner alt die Glückwünsche der Versammlung zum 65. Geburtstag aus und brachte dann ein Hoch auf Reichsernährungsminister a. D. Dr Schiele und den Abg. Th. Körner alt aus, in das die Versammlung begeistert , einstimmte.

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D/e nürfts/e -lusFaSe unserer ^e//llNF ers«/re/n/ na«/r cken /-e/er/a§en, an? Donner s/aZ-, cken 27. Dezember, rur Femoftn/en F/nncke.

kleinsüßen OA. Geislingen, 23. Dkz. Kirchen Neu­bau. Die katholische Gemeinde wird eine neue Kirche er­halten, da die alte, 150 Sitzplätze fassende Kirche zu Nein geworden ist. Zu der neuen Kirche, die 600 Sitze und 400 Stehplätze fassen wird, hat die bürgerliche Gemeinde den Bauplatz geschenkt und wird noch einen Beitrag von 20 000 Mark leisten. Der Patronatsh-err Graf Josef von Rech - berg stiftet das Bauholz. An Weihnachten findet eine Kollekte in den kath. Kirchen der Diözese für den Neu­bau statt.

Wangen i. A., 22. Dez. Ein guter Fang. Vor einer ganzen Anzahl von Geschäftshäusern in Wangen, Jsny, Leutkirch und Ravensburg wurden schon seit Wochen, zumeist an Marktagen, Mänttzl, Jacken, Pelze, Anzüge, Wäschestücke u. a. im Wert von über 1000 Mark gestohlen, ohne daß man des frechen Diebes habhaft werden konnte. Am vergangenen Mittwoch nun gelang es, nach längerem Ausharren, den Gesuchten festzunehmen. Aus der näheren Umgebung Wangens waren verschiedene Landjäger bei­gezogen worden, die auf dem Wochenmarkt unauffällig Um­schau hielten. Man beobachtete einen, mit einem Rucksack versehenen, verdächtigen Mann, der auffallend oft um die vor einem großen Geschäftshaus der Unterstadt aus­gehängten Kleidungsstücke streifte. Und richtig! In den Nachmittagsstunden machte sich der freche Die*' wieder an di« ausgehängten Kleider heran, nahm eine Jacke an sich und verschwand mit ihr in einer Seitenstraße. Bald sah sich der Dieb von Landjägern und Polizeiorganen eingekceist und umstellt. Bei dem festgenommenen Täter handelt es sich um einen vielfach und schwer vorbestraften Verbrecher namens Leonhard Meyer, der im 49. Lebensjahr steht und aus Forth bei Erlangen gebürtig ist.

Mett die hWerkdeu Vögel!

Aus Stadt und Land

Nagold, den 24. Dezem ber 1928 .

Gebricht dir's nicht am Wollen, sondern alleirFa« Vermögen, wahrhaftig! vor Gott hast du alles getan.

Eckehart.

Der goldene Sonntag

der letzte Sonntag vor dem Fest der großen Liebe ist nun auch vorüber und nur wenige Stunden trennen uns noch von dem heiligen Christfest.Goldener Sonntag" hieß der gestrige Tag. Er hat wohl seinen Namen noch aus der Zeit, wo das gelbe Metall nicht allein in betongepanzerten Gewölben sicher verstaut lag oder nicht nur als Kriegslasten über die Grenzen wanderte. Und doch, goldener Sonntag wird er immer heißen, denn nicht nur das weltbeherrsch ende Geld, das in die Ladenkassen floß, hat ihm allein dens Namen gegeben. Die goldenen, gebefreudi­gen Herzen sind es, deren Glanz in dem tausendkerzigen Abend­licht funkelt und alle erwärmt, die sich ihm nähern. Wenn am kupfernen und silbernen Sonntag der Ansturm der Kaufen­den noch nicht so übermäßig groß war, so darf man doch gestern von einem guten Verkaussgeschäft sprechen. Betrachtete man die einzelnen Menschen, die mit ihren Paketen und Päckchen aus den Geschäften kamen, auf ihren Gesichtern spiegelte sich die innere Freude ob dem Glauben, nach langer sorgfältiger Wahl endlich das Richtige getroffen zu haben. Möchte alles so genommen werden, wie es geschenkt sein soll, so gegeben werden wie es genommen wird, von Herz zu Herz!

Inzwischen wurde es auch draußen ganz weihnachtlich. Ganz leise fing es am Samstag Abend an zu schneien. Nie­mand achtete darauf, vielleicht ein paar Kinder, die die wun­derlich zarten Gebilde bestaunten, die da so lustig vom Himmel herniederkamen, oder die die l O Grad unter Null in der Nacht durch den Rauhreif hervorzauberten. In winterlicher verschnei­ter Pracht liegt die schlafende Stadt in unsagbarer Schönheit und Reinheit da. Silbern glitzert und strahlt der frischgesäüene Schnee im Glanze der Lichter. Ganz still ist es, jeder Laut erstirbt in dem weißen Teppich. Und dann schimmern um uns die weißen Tannenbäume und auf einmal wissen wir es wieder: Weihnachten ist da! Wir atmen tief den herrlichen, würzigen Tannenduft und etwas klingt in unserem Herzen auf. Tau­send Erinnerungen werden in uns wach, Kinder sind wir wie­der und demütig und fromm harren wir des Wunders, das in der Christnacht geschieht. Ein Schimmer von kindhaftem Glück und jubelnder Freude glänzt in unseren Augen und wir wissen den grauen Alltag wesenlos und fern. Es ist als klängen silberne Weihnachtsgtocken irgendwoher.

Im gesellschaftlichen Leben konnte gestern im vollbesetzten Löwensaal die Weihnachtsfeier der N.S.D.A.P. gebucht wer­den, die man in allen Teilen als wohlg'elungen bezeichnen darf. Der neugefallene Schnee hatte die Schiiportler mit dem Schi- Berein aus dem Nagolder Bezirk gen Schopfloch geführt und wer es überhaupt nur möglich machen konnte, der erholte sich draußen im sonnigen winterlichen Land, auf das kein Wölk­chen einen Schatten warf. So, nun wollen wir einmal zäh­len, wie lange es noch dauert bis das Christkind kommt: 1 Stunde, 2 Stunden, 3 Stunden, 4 Stunden .... Hurra, an den Fingern kann man es schon abzählen und dann wird nach der Christmette und dem Festgeläute der Choral der Turmbläser durch das weihnachtliche Land klingen, dann ist 's Christkind da. Und jetzt, jetzt wollen wir aber alle noch ganz, ganz brav fein, damit es auch zu uns kommt!

Zum Wiederbeginn des Schneeschuhlaufs.

Das große Heer der deutschen Skiläufer hat längst schon mobil gemacht. Seit Wochen sind die Schneeschuhe einge­fettet, die Rucksäcke geöffnet, die Ausrüstung geprüft und ergänzt. Es fehlt nur noch die Kunde von der Grenze, die das schneearme Tal von deu weißen Bergen trennt, daß die Bahn gut und die Landschaft bereit ist, die Jün­ger des weißen Sports zu empfangen. Schwache Grenz­schutztruppen sind bereits nach den Bergen abgegangen; tatenfrohe Wintersportler, die es nicht abwarten können, bis der Schnee sie rufe. Die selbst den Schnee rufen möch­ten, selbst mitanschauen und miterleben wollen, wie die ersten weißen Flocken durch die Winternacht ziehen. Sie halten treue Wacht und spähen wachsamen Auges aus nach den Wolken, aus denen die weiße Pracht hernieder- tanzen soll.

Alarm! endlich!" tönt der Ruf der weißen Grenz­truppen. Im Tale wird er gehört und freudig weiterge­geben.An die Bretter!"Bretter in die Hand!" Umhängen!"Ohne Tritt! Marsch!"Marschrich­tung Freuden ft adt! oder Lenningen! oder Münsingen! oder Grünten, Earmisch, Oberstaufen, Oberstdorf oder Oberhof, Schreiberhau, Kitzbühel!" Einerlei, ob Schwarzwald, Alb, Allgäu, bayrisches Hoch­gebirge, Thüringen, oder Riesengebirge der Schauplatz des fröhlichen Schneeschuhlaufes sein soll heiliger Bo­den, mit dem Alltag versöhnende Vermittlerin. Kraft­spenderin und Ewigkeitskünderin kann jede Landschaft werden, in deren winterliches Schweigen wir als gläu­bige, hoffende Menschen einziehen und an deren Schwelle wir den Alltagssklaven mit seiner hastenden Sorge und seinem nie rastenden Jagen ablegen.

Die Zunft der Schneeschuhläufer hat die bildende und veredelnde Kraft des Schneeschuhlaufs längst erkannt und man muß sich heute nur noch wundern, daß dieser gesunde Sport doch eigentlich verhältnismäßig lange gebraucht hat, um in Deutschland heimisch zu werden,- Einerlei! nun ist er heimisch bei uns. Mehr noch. Er wurde zum Lieb­ling aller Sportsfreunde, die im Sport nicht eine öde Krafthuberei, nicht Endzweck, nicht blöde und geistlose Rekordhascherei erblicken, sondern einen Krafterprober, ein Mittel zum Zweck, Menschen zu bilden, einen zur Tat und zum Wagen anspornenden, Machtfaktor erkennen und werten.

Was aber den Schneeschuhsport mit -seinen stolzen Kollegen, dem Reit- und dem Jagdsport, noch ganz besonders auszeichnet, ist, daß er uns tatenunfrohe Men­schen von heute lehren will, dem eigenen Können unb der eigenen Kraft mal wieder etwas Besonderes zuzumuten, daß er uns endlich wieder einmal ein Ziel steckt, das des Schweißes wert ist, daß er uns anspornt, die gelenke Kraft mit der Natur zu messen. De» weiße Sport ent­führt uns dem engen Häusormeer der Großstadt, die in ihrem grauen, lieblosen Alltagsgetriebe ja jede Regung des Herzens und des Gemüts beinahe ersticken, muß. Er nimmt uns gütig bei der Hand und steigt mit uns zu Berge, um uns ein Reich zu zeigen, von dem wir eigent­lich gar nicht mehr ahnen konnten, daß es auf dieser Welt noch bestünde Das Reich der einsamen, erhabenen Winterherrlichkeit, durch deren weißen Frieden, Stimmen aus der Ewigkeit zu uns dringen, in dem wir Eottesnähe ahnen und in Demut büßende Schweiger, einer höheren Macht uns willig unterwerfende Menschen werden sollen.