Seite 2 Nr. 268

Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Mittwoch, 14. November 1828

Württemberg

Stuttgart, 13. Nov. Die Kosten des Stutt­garter Lichtfestes, soweit sie der Stadtkasse zur Last fallen, werden auf etwa 55 000 Mark angegeben.

Um den neuen Zeppelinhasen. Mehrere Gemeinden des Markgräfler Landes haben dem Zeppelinluftschiffbau Ge­lände für den Bau einer Luftschiffhalle angeboten. Aus dem Antwortschreiben geht hervor, daß großer Wert auf die Nähe der Baseler Bahnhofsanlagen gelegt wird und daß für die zu errichtende Halle und Nebengebäude ein? Gesamtfläche von etwa 9 Geviertkilometer in Betracht komme. Eine Kommission wird in nächster Zeit die Boden­verhältnisse prüfen.

Stuttgart, 12. Nov. Selbstmord. In der Nacht zum 11. November verübte in einem Hause der Wolframstraße ein 70 5. a. Mann dadurch Selbstmord, daß er au- einem Fenster des 3. Stockwerkes in den Hof sprang. Der Lebens­müde war sosort tot.

Heilbronn. 13. Nov- K r ie g e r - E h r e n m a l. Der Gemeinderat wird in Kürze ein Preisausschreiben für das Krieger-Ehrenmal erlassen und zur Plakft-m» Stellung nehmen.

Reutlingen. 13. Nov. Offene Lehrstellen. Wie aus der ZeitungDas Württ. Handwerk" hervorgeht, sind bei der Handwerkskammer Reutlingen offene Lehrstellen in folgenden Berufen vorgemerkt: Bäcker-, Drechsler-, Elektro- Jnst... Glaser-, Holzbildhauer-, Küfer-, Kupferschmied-, Mau­rer-, Mechaniker-, Pflästerer-, Sattler-, Schlosser-, Schmied-. Schneider-, Schreiner-, Schuhmacher-, Wagner-Handwerk.

Tübingen. 12. Nov. Dekan Faber 70 Jahre a l t. Morsen vollendet Dekan Faber das 70. Lebensjahr. Er ist in Göppingen geboren. 1911 kam er nach Tübingen.

Ludwigsburg» 12- Nov. Der 50000. Badegast. Im Städt. Heilbad Hoheneck ist gestern der 50 000 Badegast in der Person einer Frau Schmauser aus Stuttgart erschienen. Damit ist ein Rekord erreicht, da bisher während einer Sommer-Badezeit eine derartige Zahl von Bädern nicht ab­gegeben worden ist. Im Borjahr waren es etwa 32 000 Bäder. Das Heilbad, das immer noch besucht wird, ist bis 30. November geöffnet.

Korb i. R., 13. Nov. Vermißt wird seit letzten Sonn­tag abend der am 30. Dez. 1908 geborene Bäcker Alfred Offt ermatt von hier. Er ging angeblich nach Waib­lingen. Seither fehlt jede Nachricht von ihm.

Heilbronn, 12. Nov. Bom Zug überfahren. Bom Zug überfahren wurde gestern abend in Großgartach ein Heilbronner namens Böller. Der Verunglückte war mit seiner Familie dabei, in den Zug einzusteigen. Beim Ueber- gang ln einen anderen als den zuerst bestiegenen Wagen kam er unter die Räder.

Friedrichshasen. 13. Nov. Ein treuer Diener seiner Herren. Unter überaus großer Beteiligung aus allen Kreisen der Bevölkerung fand am Sonntag die Beerdigung des herzoglichen Leibjägers Albert Stähle auf dem hiesigen Friedhof statt. 36 Jahre war der Ver­storbene, der als Förster aus österreichischen Diensten an den württembergischen Hof kam. Leibjäger und treuer Die­ner seiner Herren.

Eine Rekordreise. George M. Crouse, der mit derAquitania" nach Neuyork zurückgekehrt ist, nachdem er die Reise nach Europa an Bord desGraf Zeppelin" gemacht hatte, erhebt Anspruch darauf, die Reise nach Europa und zurück in der bisher kürzesten Zeit, nämlich in elf Tagen, 12 Stunden und 42 Minuten zurückgelegt zu haben.

Der Altenfteiger Raubmord vor dem Schwurgericht

Fortsetzung nach der Anklage und dem Tatbestand.

Der seit dem 2. Juni 1928 in Haft befindliche. Angeklagte macht in seinem Eesichtsausdruck den Eindruck, als wäre er geistig nicht ganz auf der Höhe, seine Eesichtsziige sind brutal, tierisch, er ist weder niedergeschlagen, noch zeigt er eine Spur von Reue und gibt auf.die Fragen des Vorsitzenden Aare, be­stimmte und laute Antworten, die einen eigentlich nach dem Aussehen wundern. Er gibt eine genaue Schilderung seines Lebenslaufes bis zu seiner Festnahme. In der Schule blieb er sitzen und als er aus der Schule kam, konnte er nicht in die Lehre wegen Unbegabtheit. Erst im Jahre 1922 versuchte man es mit einem Bäcker in'Dillweißenstein, er ist aber entlaufen, weil es ihm dort nicht gefallen hat. Von dieser Zeit ab kam er dauernd mit den Strafgesetzen in Konflikt, hat zuweilen auch längere Strafen verbüßt. Aus der Fürsorgeanstalt Schönbühl ist er entwichen, weil er nach seinem Vorbringen lieber im Ge­fängnis sein wollte, als diese Strenge der Anstalt mitmachen. Von da ab ging er auf die Wanderschaft, hat aber nirgends Fuß gefaßt, lebte vom Vettel, dazwischen hinein verbüßte er seine Strafen. Am 28. Februar 1928 war er volljährig, was seine Entlastung von Schönbühl, wo er wiederholt einkehrte, zur Folge hatte. Nach Verlese» der Anglageschrist erklärt An­geklagte: Diese Angaben find grundfalsch und formt seine Ver­teidigung in verschiedene Fragestellungen, die alle beginnen: Wie kann ich. Wie kann ich eine Frau ermorden, die ich gar nicht kenne, wie kann ich in Altensteig gewesen sein, wenn ich bei meinen Eltern zu Hause war, wie kann ich aus der Laden­kaste einen nicht mehr feststellbaren Betrag entwenden, wie kann ich sagen, daß ich in jenem Laden war . . .und in diesem Ton geht seine Verteidigung weiter. Er leugnet die Tat und erklärt sein Eingeständnis als Lüge. Er fragt, warum ihn denn der Stationskommandant von Nagold, der ihm nach der Tat des öfteren begegnet sei, nicht festgenommen habe, wie hätte er, den man doch überall kannte, in anderen Orten herumlaufen können frei und ungebunden, wenn er der Täter -sein sollte. Niemand, kein einziger habe ihn festgenommen und gesagt, er sei der Mörder. Als ihm Vorsitzender sein mit dem objektiven Befund in allen Einzelheiten übereinstimmendes Geständnis vorhielt, erwiderte er kurz: Das könne er sich nicht denken. Auf weiteren Vorhalt, wie er dann dazu komme, alles so genau zu wissen, jede Einzelheit, jeden Vorgang, die genaue Oertlichkeit, sogar den Stand der Stange u. die Einrichtung des Ladens ant­wortete er: er sei 1925 einmal in dem Laden gewesen, daher wisse er das noch. Andererseits sagte er in etwas naiver Weise: In Nagold seien die Läden auch genau so eingerichtet, auch die Kasten, die gewöhnlich mitten in der Schublade sich befänden. Aus die Frage, woher er dann wisse, daß dort Kübel umgefal­len seien, in den Nagolder Läden würden doch auch nicht im­mer Kübel stehen, bleibt er die Anwort schuldig. Alles andere seines mit dem Tatbestand genau überstimmenden Eeständistes will er sicheben so gedacht haben". Oder er will es aus einem Bild gesehen haben, das ihm als einziges der in Album gefaß­ten Photoserie des Vorfalles beim Polizeipräsidium, aber erst nach dem Geständnis, gezeigt wurde zur Ermittlung des ge­nauen Tatbestandes. Auf weiteren Vorhalt, woher er dann gewußt habe, daß noch Geld in der Kaste verblieben, blieb er auch die Erklärung schuldig, und auf die weitere Frage, woher er gewußt habe, daß der Laden durch Riegel verschlossen war, gab er zur Anwort, in Nagold hätten die Läden auch Riegel zum Schließen. Ueber das Bewußtsein, daß der Laden geschlossen war, schwieg er. Der Vorsitzende fragte weiter, woher er denn gewußt habe, daß die Fraumehrere" Schläge erhalten, behaup­tete er, das sei im Gesellschafter gestanden. Aus den Akten wurden ihm der Gesellschafter vom 16. und 17. März vorgelesen, - worin aber nirgends etwas von "mehreren Schlägen", sondern nur von einer Wunde die Rede ist. Verschiedenes will er noch durch Stadtgespräch erfahren haben. Auf den Vorhalt, daß außer dem Beamten, er der erste gewesen sei, der über alles so genau Bescheid wußte, schwieg er. Auf weitere, Einzelheiten berührende Fragen, weicht er aus mit nichtssagenden Ausreden. Alles jedoch, was Angeklagter in seinem Geständnis gegenüber de« Landjäger Zeller und Stationskommandant Hummel, beide in Freudenstadt, angegeben, stimmt haarscharf genau mit dem Befund. Auf die Frage, wer so alles weiß, wie er, müsse doch dabei gewesen sein, Hellseher sei er doch nicht? schweigt er wieder. Auf die Frage, warum er das alles dann dem Land­jäger Zeller erzählt habe, bringt Angekl. vor, man habe ihn gezwungen, unter Tränen habe er es gestanden. Zeller habe habe es wohl nur auf die hohe Belohnung abgesehen gehabt und da habe er ihn hereinlegen wollen. Auf Vorhalt, warum er es dann auch noch dem Seationskommandant Hummel, dem. Polizeirat Waizeuegger und dem Untersuchungsrichter ein­gestanden habe, die dann doch keine Belohnung mehr zu er­warten gehabt hatten, antwortet er: er wifse, wenn einer un­schuldig ins Gesäugnis komme, 1l> oder 15 Jahre, so habe er das Recht nachher, vom Staat eine Entschädigung zu verlangen. Und bei Todesstrafe hätten in diesem Fall die Eltern das Recht, eine Entschädigung zu fordern, was ihm aber für letzteren Fall vom Vorsitzenden widerlegt wurde. Später hat Angeklagter seinem dem Stationskommandant Hummel gegenüber gemach­ten Geständnis hinzugefügt, die Sonne bringe doch alles an den Tag, herausgekommen wäre es ja doch.

Der Medizin. Sachverständige, Univerfitätsprof. Dr. Hoff­man«, der Maier auf seinen Geisteszustand zu beobachten hatte, beschäftigte sich mit seinen Eltern erstlinig, die dort ge­machten Untersuchungen und Wahrnehmungen und deren Ver­

hältnis zum Sohn. Er schilderte die Eltern als eigenartige Naturen, als Menschen, die es mit der Wahrheit nicht besonders genau nehmen, als zuweilen frech. Dem Angekl. hafteten wohl geistige Mängel an, eine Geisteskrankheit i. S. des 8 51 (Un­zurechnungsfähig, Ausschluß freier Willensbestimmung bei Ver­übung der Tat) bestehe keineswegs. Maier sei faul, arbeits­scheu, obwohl von schwacher Intelligenz, teilweise schlau. Geistige Minderwertigkeit fei schon zu schließen daraus, daß er kein Ge­wissen habe und nicht eine Spur von Reue beweise. All dies und sein niederer Charakter lasten die Tat wohl erklärlich er­scheinen.

Medizinalrat Oberamtsarzt a. D. Dr. F r i ck e r-Nagold macht detaillierte Schilderung über den Leichenbefund. Zwei Gruppen von Verletzungen am Kopf, rechts und links, seien festzustellen gewesen. Die links sei nicht tödlich gewesen, wohl aber die rechte, die rasch aufeinanderfolgende Wunden gezeigt habe, die auch mit stärkerer Wucht beigebracht seien. Es bestehe die Möglichkeit, daß die Schläge mit der Eisenstange, die Blut­spuren und Haare zeige, geführt worden seien. Der zweite Schlag sei der Frau auf dem Boden liegend beigebracht worden und von oben nach unten geführt, wie'die Wunden verlaufen. Der Kopf habe nicht mehr nachgeben können, so sei es auch mög­lich, daß auch die zweiten Schläge mit der Eisenstange gegeben seien.

Der als Zeuge vernommene Untersuchungsrichter gibt eine ausführliche Schilderung über das ihm vom Angekl. damals ge­machte Geständnis, ebenso Landjäger Zeller, Stationskomman­dant Hummel und Polizeirat Weizeuegger. Landjäger Zeller hat ihn am 19. Mai wegen Bettels festgenommen und ihn da­bei u. a. gefragt, ob er wohl noch mehr auf dem Kerbholz habe, was er zunächst verneinte. Am andern Morgen in der Zelle fragte er ihn wieder, wenn er noch etwas habe, solle er es sagen, worauf er verneinte. Als er ihm dann das Fahndungs­blatt entgegen hielt, in dem der Altensteiger Mord stand, sei er, als er schonMord" gelesen habe, zusammengesunken, er­schrocken und habe gesagt: Er sei nicht dabei gewesen, habe den Kops in den Händen verborgen, geschluchzt, geweint und dann unter Zuschiebung der Schuld auf die Eltern, die ihm kein Geld gaben, ein Geständnis abgelegt, das sich in allen Einzelheiten mit den Befunden deckte. Nach der Tat habe er andere Kleider angezogen, habe sich in der Nagold gereinigt, die Kleider habe er bei Eebr. Theurer in Altensteig gestohlen, seine Kleider habe er im Walde vergraben, bezw. verbrannt. Darauf habe er in einer Hütte genächtigt. Er habe im Laden der Frau Steiner gebettelt, als diese sagte, sie habe selbst nichts, habe er gesagt, dann nehme er eben, was er brauche. Darauf habe die Frau gesagt: Dann muß ich Sie der Polizei anzeigen, und schon seien die ersten Schläge gefallen. Sie habe gebeten, sie in Ruhe zu lasten und um Hilfe gerufen. Dann habe er zu den zweiten Schlägen ausgeholt, nachdem sie vom ersten Schlag sich kurz nochmals erhoben gehabt habe. Als er gesehen, daß sie nicht mehr atmete und den Puls gefühlt habe, habe er sie auf das Gesicht gelegt, dann sei er fortgegangen. Das gestohlene Geld, ca. 18 Mark, hat er in Wildbad durchgebracht. Zu seinen Eltern habe er gesagt, er sei um diese Zeit in Freudenstadt und Horb gewesen. Er wisse nichts von dem Mord der Steiner. Auf Vorhalt, warum er später sein Geständnis widerrufen habe, habe er dem Stationskommandant Hummel bemerkt: er habe Angst vor der Strafe, doch sei er jetzt froh, daß er es heraus habe, es komme ja doch alles an den Tag. Auf diese Angaben und auf die eingehenden Schilderungen, namentlich die klare Darstellung durch Polizeirat Waizene'gger-Stuttgart, vom Vor­sitzenden gefragt, ob er es noch nicht zugeben wolle, weicht er etwas eingeschüchtert aus. Von Landjäger Zeller ist der Angekl. noch befragt worden, ob er erst das Geld genommen und dann die Frau erschlagen habe, oder umgekehrt, erwiderte Angekl. be­stimmt: zuerst habe er das Geld genommen, dann die Frau erschlagen.

Hausverwalter Schwarzmaier von der Fürsorgeanstalt Schönbühl schildert Angekl. als einen zur Arbeit ungeschickten, ansonst energielosen Menschen, der in der Anstalt wenig be­liebt'swar. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging auf ein Entweichen aus, mit Lügen habe er nicht gespart. Einmal habe er an einer Sache eine maßlose Gleichgiltigkeit gezeigt, andererseits sei er tierisch auf eine solche losgegängen. Eitel wie er war, war seine geistige Beschäftigung das Lesen von Annoncen in den Zeitungen, namentlich wenn Schönheitsmittel angepriesen waren, die er sich kommen lassen wollte. Auf einer Urlaubsreise im Schwarzwald, habe der Zeuge imPforz- heimer Anzeiger" den näheren Hergang der Mordtat gelesen und als Täter sofort den Maier vermutet.

Verwalter Schnabel von der Arbeitskolonie Erotz-Erlach bei Backnang gibt an: Nach der Tat habe sich Angekl. an ihn brieflich gewandt und um Aufnahme gebeten. Es sei aber nichts mit ihm gewesen, denn er habe keine Arbeitsfreude gezeigt. Ausfallend sei es ihm vorgekommen, daß Maier so oft die Türe ausging, in sich geschrocken sei, wie wenn er ein unruhiges Ge­wissen gehabt hätte und sonderbarerweise habe er immer nach -den Fenstern gesehen, wie wenn er entfliehen wollte. Als er bald wieder wegging, habe er sich gedacht, da passiert doch bald einmal was. wenn der ohne Aufsicht und ohne Halt ist.

Die Eltern des Angekl. machten von ihrem Zeugnisver­weigerungsrecht keinen Gebrauch, verwickelten sich aber mit samt dem Sohn bezüglich der Zeitangaben und des Datums in Widersprüche. Angekl. behauptet, er habe am Mordtag seinem Vater das Esten in den Steinbruch gebracht. Durch mehrere

Zeugen ist erwiesen, daß es die Mutter war, die es brachte. Die Mutter will ihn,an dem Tag zum Friseur geschickt haben mit dem Bemerken, er solle seinen Busch herunter machen lasten und zeigt eine Perlenarbeit, die erst angefangen ist, vor, die der Sohn an diesem Tage zu Hause gemacht haben soll. Von der Mordtat selbst wollen die Eltern und der Sohn schon am sel­ben Abend erfahren haben, dadurch, daß der Sohn sagte: die Leute schauen mit Hölzle (Streichhölzer), was angeschlagen ist. Weder die Nagolder, noch die Altensteiger Presse haben aber an jenem Abend etwa Sonderberichte in Form von Extrablättern veröffentlicht. Friseur Weinstein-Nagold bleibt dabei, daß er Angekl. am Abend des 15. März bedient haben will, etwa zu der Zeit, als der Mord geschah. Er wisse es noch daher, weil an diesem Tag die Lehrlingsprüfungen beendet waren und er ge­rade davon gekommen sei. Der Angeklagte hat jedoch über seine Ausgaben bei dem Friseur ein genaues Kontenbuch aus­gemacht, das vorlag, dort ist der 15. März nicht genannt, wohl aber immer die Samstage. Der 15. war ein Donnerstag. Es muß hier eine Täuschung vorliegen. Das Gericht hielt diesem Zeugen noch vor, er habe früher angegeben, Angekl. sei erst­mals etwa 810 Tage nach seiner Entlassung von Schönbühl wieder zu ihm gekommen. Die Entlassung erfolgte am 2. Febr als er volljährig wurde, am 3. Febr. hat Angekl. bereits eine Ausgabe bei Friseur W. in seinem Buch eingetragen. Kondi­tormeister Flaig-Altensteig kann bestimmt angeben, daß der Angekl. am Tag vor dem Mord bei ihm bettelte, ebenso die Bäckers Ehefrau Steeb, der die Sommersprossen auffielen, die beide bei Gegenüberstellung Maier erkannten. Metzgermeister Lörcher und sein Lehrling sind dem Angekl. auf dem Weg nach Hochdorf kurz vor Altensteig begegnet, und L. sagte zu seinem Lehrling in Bezug auf seine roten Haare und sein Aussehen, zu einer Zeit, als sie noch nichts von der Tat wußten: das ist auch eine rote wüste, verwegene Sau, dem sieht man den Ver­brecher aus den Augen heraus. Bei der Gegenüberstellung hat Maier zugegeben, daß er den beiden begegnet sei, heute leugnet er wieder. Daraufhin werden noch Briese verlesen an Verwalter Schnabel, an seine Eltern, die ebenfalls Indizien für seine Täterschaft zweifelsfrei enthalten. In einem der Briese legt er sich wieder aufs Leugnen und knüpft daran die Be­merkung: arme, unschuldige Kerls nimmt man von der Land­straße weg fest, die Schuldigen läßt man laufen. Die Briese sind in ganz gutem Deutsch gehalten und stilistisch kaum zu be­anstanden. Damit war die Beweisaufnähme beendet.

Staatsanwalt Freiherr von Gültlingen begründete die An­klage in folgender Ausführung u. a.: Ein Geständnis habe juri­stisch nur dann einen Wert, wenn es durch Tatumstände be­wiesen wird. Das treffe besonders in diesem Falle zu. Angekl. habe sich bisher als kolossaler Lügner erwiesen, auch in der Voruntersuchung, nichts ist von ihm zu glauben als das, was durch Tatumstände gedeckt und feststellbar ist. Dem Landjäger Zeller-Freudenstadt habe er ein Geständnis gemacht und man müsse sich freuen, in welch geradezu wohlwollender Art Z. mit dem Angeklagten sprach. Schon die ganze Persönlichkeit dieses Beamten bürge dafür, daß von einem Erzwingen eines Ge­ständnisses keine Rede sein konnte. In aller Ruhe hat er am andern Morgen wieder nach seinem Kummer gefragt und ruhig die Schilderung mit angehört, wie auch Polizeirat Waizen- egger sich die Vorgänge beim Geständnis in aller Ruhe hat schildern lasten. Die Antwort des Angekl. beim Vorzeigen des Mordberichts im Fahndungsblatt: . . . er . sei nicht daher ge­wesen . . . sollte heißen: beweise es mir erst, dann erzähle ich weiter. Es sei aber ein Eingeständnis. Wer ein Geständnis vortäuscht, bleibe nicht ohne Gemütsbewegung, wie sie tatsächlich Angekl. zeigte, der dabei geweint und geschluchzt habe. Bezeich­nend sei die Anwort, er habe erst das Geld genommen, dann die Frau erschlagen, bezeichnend, daß Angekl., der doch auf diese Fragen weder gefaßt noch vorbereitet war, diese Anwort über­haupt gab und geben konnte. Er gab eine Lokal- und Tat- Beschreibung, die geradezu verblüffend waren u. spontan aus des Angekl. Munde kam, die aber auch in allen Einzelheiten dem objektiven Befund entsprochen hatte. Auch die Verletzungs­beschreibungen deckten sich genau mit den gutächtlichen Befun­den des sachverständigen Arztes. Auch, daß er sagte, er habe nicht alles Geld mitgenommen, er nehme überhaupt nie alles mit, stimmte mit der Tatsache überein.

Alles was der Angekl. zu seiner Entlastung vorbrachte während des Verfahrens, hat zum Mißerfolg geführt. Allem, was er geäußert, sei man peinlichst nachgegangen. Der Stations- Kommandant Birk von Nagold habe sich fast mit Ermittlungen und Erhöhungen die Füße abgelaufen, alles ohne Erfolg für des Angekl. Entlastung, alles hatte sich als erlogen erwiesen. Der Staatsanwalt stellt nun die Frage, ob mit oder ohne Über­legung gehandelt worden ist bei Ausführung der Tat und kommt zu dem Ergebnis, daß er kaum je einmal in seiner Pra­xis einen Fall gehabt habe, der so deutlich wie der vorliegende die Überlegung kund tat. Es handle sich hier um einen vor­gefaßten Entschluß bezw. Vorsatz. Wenn man sieht, wie Angekl. zu Werke ging, in allem ganz klar: Er legte sich die Eisenstangc zurecht, um jeden der gerade kommt, niederzuschlagen. Ueber- zeugt sich genau vom Todeseintritt, schlägt zum zweiten Male nach der Frau, die am Boden liegt ein, bis sie das Leben aus­haucht. Schließt alles sorgfältig ab, schafft einen Zeugen bei­seite. Mit wirklich ruhiger Ueberlegung ist die Tat vollfuhrt worden und diese ruhige Ueberlegung erfüllt den Begriff des Mordes. Außerdem beging er noch einen Diebstahl. Wäre er nach dem Tode der Erschlagenen verübt worden, so wäre das nur noch event. Unterschlagung gewesen. Der Beweis der Tat er­scheine klipp und klar erbracht. Der Staatsanwalt forderte die nach dem Gesetz für Mord ahnende Todesstrafe und Aberken­nung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit.

Die Verteidigung hatte einen schweren Stand nach diest^ Anklagebegründung, glaubt aber in dem Selbstgeständnis s^- nes Klienten noch nicht den Beweis der Täterschaft für erbracht zu halten, Maier sei ein Mensch, der es fertig bringe, Taten anderer auf sich zu nehmen. Friseur W. habe bestimmt den An­geklagten bedient, als die Tat passiert sei, er bittet um Frei­sprechung. Beim letzten Wort bringt Angekl. immer wieder dasselbe vor wie bei seiner Vernehmung. Nach halbstündiger Beratung wird das bereits veröffentlichte Urteil oerkiirwet: Maier wird wegen eines Verbrechens des Mords zum Tode und wegen Diebstahls zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, außerdem werden ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebens­zeit aberkannt. Angeklagter nahm das Urteil in gelassener Ruhe, nahezu gleichgültig, entgegen. Das Gericht hält daran fest, daß die Pat mit voller Ueberlegung begangen sei. I" etwaiger Affektbehandlung hätte Angekl. nicht alles so genau ins einzelgehende gewußt und geschildert, wie er es konnte. Kalten Bluts sei er vorgegangen. An seiner Zurechnungs­fähigkeit hatte das Gericht keinen Zweifel, denn er habe e gutes Gedächtnis jederzeit bewiesen und gezeigt. Seine ga » Handlungsweise lasse jeden Zweifel an seiner Sckiuld den ^

Kauft man am ftillixsten

Itvrdmüdsl, L.isgertükl«,

u. beHkimoi-». zniiigsi'l. l'suiiiiensii'. aa

I8SI 6>-i u-r u.r>-n»r.)j