Seite 2 — Nr. 238
die Erlaubnis hierzu vom Justizminister nach vorher eingeholtem Urteil der Gesundheitsbehörden erteilt wird. Der Justizminister kann des weiteren nach Einholung eines Gut- achtens der Gesundheitsbehörden zulassen, daß die Fähigkeit der Fortpflanzung bei physisch abnormen Personen aufgehoben wird, die in einer Staatsanstalt untergebracht sind oder betreffs deren Person der Volksgemeinschaft besonders viel daran liegen muß, daß sie außerstand gesetzt werden, Nachkommen zu erhalten. Bevor der Justizminister die Erlaubnis zur Vornahme der in der Gesehsvorlage erwähnten Eingriffe-erteilt, soll er sich darüber vergewissern, ob der Betreffende eventuell sein Vormund, sich über die Natur und die möglichen Folgen des in Frage stehenden Eingriffs im Klaren sind.
Koalition der Liberalen mit der Arbeiterpartei in England
London, 9. Okt. Lloyd George wird in einer Rede ,in Aarmouth die Bedingungen ankündigen, unter -denen die iLtberoleü nach dem nächsten Parlamentswahlen bereit sein Würden, mit der Arbeiterpartei bei der Bildung einer Re- S'errnH Msqmmenzuardoiten. '
Aus Stadt und Land
Nagold, 10. Oktober 1928.
— Wer trinkt ohne Durst und ißt ohne Hunger, stirbt desto junger. Wartburgspruch.
Jubiläum
Ernst Schuster, gebürtig aus Nagold, Prokurist und Gesellschafter der Firma Gas- und Wasserleitungsgeschäft Stuttgart, in der Calwerstraße, konnte am 1. Oktober auf eine 25jährige Tätigkeit bei obiger Firma zurückblicken. Bei einer kleinen Feier wurde dem Jubilar für seine ersprießliche Arbeit von der Direktion gedankt und dessen Mitanteil an der Entwicklung der Firma hervorgehoben. Wertvolle Geschenke und Blumenspenden von der Direktion, den Angestellten, sowie von den Arbeitern, die dem Jubilar überreicht wurden, ließen erkennen, welch hohes Ansehen Herr Schuster allseitig genießt.
Winterfahrpla« der Privat-Omuibuslinien W ürltembergs
Die dem Verband Südd. Omnibuslinien E. V. Stuttgart angeschlossenen Omnibuslinien, so auch sämtl. Linien der hiesigen Firma Venz und Koch haben ihren Winterfahrplan in einem besonderen Heft herausgegeben, das zum Preise von 15 Pfennig von dem Omnibusunternehmer selbst oder auch in der Buchhandlung von E. W. Zaiser, Nagold zu haben ist.
Vom Schwarzwaldverein
Die sonntägliche Herbstwanderung des Schwarzwaldvereins nahm in allen ihren Teilen einen schönen und befriedigenden Verlauf. Vielleicht vermochte vor Abgang das etwas zweifelhafte Wetter allzu ängstliche Gemüter am Mitgehen abgefchrcckt haben. Die Unentwegten ließen sich aber dadurch keineswegs irreführen. Vom schönsten Sonnenschein begleitet erklomm der frohe Wandertrupp, bei dem, es sei zu seiner Ehre erwähnt, die Damenwelt dominierte, von Liebenzell aus auf dem sogenannten Römerweg durch prächtigen Hochwald, vorbei am Schwarzenberg die Höhe bei Schömberg, das durch seine Sauberkeit und geschützte Lage allgemein gefiel. Die ungünstige Autoverbindung ließ nun hier eine Aenderung des ursprünglichen Programms notwendig erscheinen und statt Höfen fand als Endziel Unterreichenbach allseitige Zustimmung. Auf staubfreien Waldwegen gings durch die in ihrem Herbstkleid prangende Natur über die freundlich gelegenen Orte Langenbrand, Salmbach, Erunbach dem Nagoldtal zu. Vom letzt genannten Orte aus, erfreute die Teilnehmer eine schöne Aussicht auf Pforzheim mit seiner näheren und weiteren Umgebung, auf das tiefeingeschnittene Nagoldtal mit seinen waldreichen Hängen und in blauer Ferne waren sogar noch die Ausläufer des Stromberges zu erkennen, an dessen Fuß bekanntlich ein „guter Neuer" wächst. Es war daher nicht zu verdenken, daß der Gedanke dabei zum Ausdruck kam, es könnte mal eine Wanderung im „Herbst" dorthin unternommen werden. Also bitte Herr Vorstand, Kenntnis neh-
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
men! In Unterreichenbach wurde dann im „Hirschen" beim „Neuen" die verdiente Stärkung eingenommen. Daß ausnahmsweise die Ankunft zu Hause diesmal etwas früher erfolgte, hat wohl nicht geschadet und wir wollen nur annehmen, daß unsere vier Ausreißerinnen deshalb nicht in Ungnade gefallen sind. Das nächste Mal wird das versäumte Tänzchen bestimmt nachgeholt!
Der Schützenverein Nagold
hält am kommenden Sonntag innerhalb seines Vereins, bezw. unter Teilnahme des eingeladenen Kriegervereins, sein diesjähriges Herbstschießen ab, zu dem eine Reihe sehr schöner Preise, sowie kunstvolle Ehrenscheiben bereitstehen. Geschossen wird in den Nachmittagsstunden unter verschiedenen Bedingungen und am am Abend wird man sich in der „Waldlust" für einige Stunden bei Frohsinn und Musik vergnügen.
Die meist gerauchten Zigarren und Zigaretten.
Von den im zweiten Vierteljahr 1928 im Deutschen Reich verkauften Zigarren entfielen 26,0 A auf solche um 10 Pfennig, 25,8 ^ auf solche zu 15 Pfennig und 14,5 A auf solche um 20 Pfennig. 55,3 5L aller verkauften Zigarren waren also solche um 10, 15 oder 20 Pfennig. Von den verkauften Zigaretten entfielen gar 92,5 A auf diejenigen um 4, 5 oder 6 Pfennig. Die meist gerauchten Zigaretten sind die um 5 Pfennig (53,9 ?L), dann folgen die 4 Pfennigzigaretten (26,9 H) und die 6 Pfennigzigaretten (11,7).
»
Ebershardt, 9. Okt. Preisschietzen. Am vergangenen Sonntag erhielten bei dem Preisschießen in Earrweiler folgende Schützen Preise: 50 Meter Bahn, V. Sprenger 4. Preis, H. Schaible 9. Preis, Stoll 12. Preis. 20 Meter Bahn, B. Sprenger 1. Preis, G. Braun 11. Preis, Hans Schaible 12. Preis. Schlltzenheil!
Spielberg. 9. Okt. Schultheitzenwahl. Da Schultheiß Wagner von seinem Amt zurückgetreten ist, soll die neue Wahl am 28. Oktober ds. Js. stattfinden. Die Stelle soll zur Bewerbung ausgeschrieben werden.
Neubulach» 0. Okt. Diamantene Hochzeit. Am Sonntag feierte Schuhmachermeister Karl Koch (früherer Postbote) und seine Ehefrau Magdalene geb. Reutter in geistiger und körperlicher Frische die diamantene Hochzeit. Im Aufträge des-Staatsministeriums übermittelte Stadtschultheiß Müller unter Uebergabe der ordentlichen Gabe und eines Bildes die Glückwünsche des Herrn Staatspräsidenten, auch überreichte er namens der Gemeinde mit herzlichen Glückwünschen ein ansehnliches Geldgeschenk
Neuenbürg, 9. Okt. Tödlicher Unfall. Am Samstag stbend etwa halb 7 Uhr verunglückte bei der Rotenbach ein Motorradfahrer namens Erwin Dittus von Obern- hausen. Etwa hundert Meter oberhalb der Rotenbachbrücke holte Dittus ein Langholzfuhrwerk ein, die Enden der Stämme hatte er in der Abenddämmerung zu spät gesehen, bremste zu stark und bog scharf nach links aus, wodurch er so unglücklich zu Fall kam, daß er schwer verletzt liegen blieb und die Verbringung ins Vezirkskrankenhaus notwendig wurde. Wie verlautet, hat Dittus den Unterkiefer zweimal und den rechten Arm einmal gebrochen. Er ist in der Nacht auf Montag seinen Verletzungen erlegen.
Die Vanderarbeilsstökken in Württemberg
Ausgehend von der Erwägung, daß die Belästigung der Bevölkerung durch arbeits- und mittellos herumziehende Reisende Abhilfe erfordern, und daß die bisherige Armenfürsorge aus verschiedenen Gründen auf diesem Gebiet versagt habe, hat der 1908 gegründete Verein zur Förderung von Wanderarbeitsstätten nach einem einheitlichen Plan die Gründung derartiger Fürsorgeeinrichtung-n in Angriff genommen, und am 1. Oktober 1909 wurden an 27.Plätzen in Württemberg von den Amtskörperschaften Wanderarbeitsstätten in Betrieb genommen, die mittellosen Wanderern gegen Leistung eines bestimmten Maßes von Arbeit Obdach und Verpflegung gewähren. Ihre Hauptaufgabe ist jedoch, den Wanderer von der Landstraße weg in eine
_ Mittwoch, 10 O ktober 1028
feste Arbeitsstelle zu bringen, sie stehen daher in ständiger Verbindung mit den Arbeitsnachweisen.
Die Einrichtung der Wanderarbeitsstätten hat sich bewährt; dies kommt insbesondere in der bedeutenden Ver- ringerung der Strafanzeigen wegen Bettels und Land- streicherei und dem starken Rückgang der Kosten der Haft- Vollstreckung und des Gefangenentransports in den Wanderarbeitsstättenbezirken zum Ausdruck. Zurzeit sind 40 Wanderarbeitsstätten in einem das ganze Land umspannenden Netz vorhanden.
Nach dem Bericht der Polizeiabteilung des württ. In- nenministeriums sind die 40 Wanderarbeitsstätten des Landes (Jagstfeld-Neckarsulm wurde 1927 eröffnet) in Anspruch genommen worden im Rechnungsjahr 1925 zusammen von 130 275 Wanderern an 134 771 Verpflegungstaaen 1926 178 587 W. und 185 181 V-°T.» 1927 148 324 M und 155 778 V.-T.
Die Steigerung des Besuchs im Jahr 1926 ist durch die große allgemeine Arbeitslosigkeit in diesem Jahr zu erklären.
kleine Nachrichten ans aller well
Uraufführung einer .Seldenklage" von Professor Kemvff- Stuttgart. Am Montag abend wurde in der Garnison- Kirche in Potsdam der Opferstock für die Witwen und Waisen der im Weltkrieg Gefallenen von Potsdamer Aeai- mentern feierlich geweiht. Zu der Feier hakte Professor Wilh. K e m p f (-Stuttgart eine «Heldenklage" komponiert Ihre Uraufführung erlebte die Komposition von der Kapelle des Infanterieregiments 9, unter Musikmeister Sagemann vollendet, vorgetragen, und war von guter Wirkung auf die Zuhörerschaft.
Der Welfenschaß. Wie bereits berichtet, beabsichtigt der Herzog von Braunschweig den Gmundener Welfen- schätz, der aus kostbaren Kunstwerken und geschichtlichen Denkwürdigkeiten der germanischen und frühen niederdeuk- schen Geschichte besteht, im ganzen zu verkaufen. Da der Schatz aber für Deutschland und besonders Preußen von höchstem Wert ist, sollen Schritte getan werden, um den Verkauf nach Amerika zu verhindern. Ob freilich die Pro- vinz Hannover oder Preußen die Mittel zum Ankauf aufbringen können, erscheint noch fraglich.
Die Stadl der brüderlichen Liebe. Das Hilfswerk der schwedischen Gesellschaft «Rettet die Kinder' für die durch Erdbeben verwüsteten Gebiete Bulgarions geht seiner Vollendung entgegen. Ein neuer Ort ist entstanden, der den Namen Leubenovo führen wird, d. h. Stadt der bürderlichen Liebe, lieber den Türen jedes der ersten 70 Wohnhäuser steht die Inschrift: «Erbaut von der Bevölkerung Schwedens".
lleberfahren. Beim Ueberschreiten einer Straße in Berlin wurde ein noch nicht bekanntes Ehepaar von einem Kraftomnibus überfahren und sofort getötet.
Anschlag auf den D-Zug Berlin—Köln. In der Nacht zum Dienstag zwischen 12 und 1 Uhr fuhr der D-Zug Berlin—Köln zwischen Burg bei Magdeburg und Detershagen auf einem von unbekannten Tätern auf das Geleis gelegten Hemmschuh auf. Nach Beseitigung des Hindernisses fuhr der D-Zug mit 13 Minuten Verspätung weiter. Personen sind nicht verletzt worden.
Geheime Funkanlagen in Oesterreich. Die österreichische Bundespolizei entdeckte in Wien, Graz und Salzburg geheime Funkanlagen des sozialistischen Republikanischen Schutzbunds, mit denen Befehle und sonstige Nachrichten von und zu der sozialistischen Hauptstelle in Wien mit Geheimschrift, die nun ebenfalls ermittelt wurde, verbreitet wurden. Die Funkstationen bestanden schon über ein Jahr und sollen für die Revolte vom 15. Juni v. I. errichtet worden sein.
Major von Tschudi s. Der zweite Vorsitzende des Aeroklubs von Deutschland und der geschäftsführende Vorsitzende des Deutschen Luftrats, Major a. D. von Tschudi, ist in der Nacht zum Sonntag in Berlin gestorben.
Verkauf des Welfenschahes. Der berühmte Welfenschatz soll dieser Tage von dem Welfenschloß Gmunden am Traunsee (Oberösterreich) in die Schweiz übergeführt worden sein. Der Herzog von Braunschweig beauftragte einen dortigen Händler mit dem Verkauf, doch solle der Schatz nur im ganzen abgegeben werden. — Der Welfenschatz besteht aus
die sie sich stürzen werden — stürzen müssen — mit aller Wucht und Ausdauer, wie sie nur einem Bürger von Gebweiler zu eigen ist. Ich will ein Strafverfahren ernleiten gegen den Hauptschuldigen, nämlich jenen jungen Waffenschmied, so uns die furchtbare Seuche in die Stadt geschleppt. Setzet Euch hin und schreibt. Ich diktiere. Und morgen noch wird dies mein Schreiben in der ganzen Welt bekanntgegeben und ausgerufen."
Der so sprach, war Eiring Grantner, Bürgermeister zu Gebweiler. Es war in einer kleinen Fischerhütte an der Jll, wo er Unterschlupf gefunden hatte. Dieweil er mit Gold und Silber nicht sparte, hatten ihn die einfachen Fischerleute gern ausgenommen und ihm Obdach gegeben. Er war schon etliche Wochen hier, und Baldrian, sein getreuer Ratsschreiber, mußte ihm immer Nachricht vermitteln von Gebweiler und seinen Bewohnern. Jeden dritten oder vierten Tag erschien der Getreue bei ihm und brachte ihm Kunde. So auch heute. Jetzt saß der blasse Stadtschreiber an dem rohen Holztisch am Fenster und ließ sich von dem Gestrengen diktieren, was er der Stadt verkünden sollte.
Eiring Grantner ging in dem kleinen, engen Raume auf und ab, und seine hageren, langen Finger spielten unruhig mit den spitzen Enden seines grauen Kinnbartes.
„So schreibt, Baldrian, was ich Euch sagen werde."
Er räusperte sich.
„Wir, Eiring Grantner, Bürgermeister in und zu Weiler, bitten den hohen Rat und alle Bürger der SM > sich zusammenzutun und zu fahnden auf den Murvacy Waffenschmied Ulrich Jlmfelder, so alleine schuld ist . sirrchtbaren Seuche, so unsere arme Vaterstadt hemrge> ck hat. Daß wir über ihn richten nach Recht und Eeiey. Denn er ist des Todes schuldig, da er schuld an so viewr Tode wurde."
Ter Ratsschreiber sah auf und blinzelte zum Bürgermeister herüber.
„Er wird sich aus dem Staube machen, wenn er von diesem Schreiben hört. Ich wette, er ist jetzt schon lang> über alle Berge."
- (Fortsetzung folgt.)
Der Schmied von Murdach.
Roman von Leontine w Winterfeld-PIaten.
Copyright by Äremer L Comp., Berlin W 3v.
Nachdruck verboten.
47. Fortsetzung.
„So sei du mein Mesner und trage die Geräte. Ich komme."
Als sie aus dem Dom traten und des Mesners Glöck- lein klang, fielen die wenigen Andächtigen, die noch beisammen standen, in die Knie. So gingen sie über den Marktplatz, die steinernen Stufen zum Bürgermöisterhause Hinaus. Die Tür war noch offen, durch die der Medikus i eben gegangen. Oben an der Treppe stand die alte Magd und weinte und wies ihnen den Weg. Bruder Ebbo schlug ein Kreuz und trat leise über die Schwelle.
Da lag im matten Scheine eines Oellämpchens des Bürgermeisters einziges Kind.
Auf schneeweißem Lager ruhte die Grantnertochter, die Hände gefaltet auf der Decke. Wie ein Mantel lagen die langen, schwarzen Haare um sie her. Weit offen stand das kleine Fenster nach dem Garten hinaus, blühende Geranien nick» Tnlpian in-bunten Tonkrügen davor. Mit dem schlohweißen Fensterbehang spielte die linde Frühlingsnacht. Neben dem Lager stand hoch und ernst die Aebtissin des Frauenklosters zu Engelparthen.
Man sah an dem blassen Gesicht der Grantnertochter, daß sie schwer unter Schmerzen litt. Die großen, dunklen Augen waren fieberglänzend und voll Unruhe. Leise trat Bruder Ebbo an das Lager und legte der Fiebernden seine schmale kühle Hand auf die Stirn. Da sah sie ihn groß an.
„Ich bringe dir das heilige Sakrament, meine Tochter — bist du bereit?"
Ganz im Dunkel des Hintergrundes war Ulrich Jlmfelder stehengeblieben. Nicht über die Schwelle traute er sich, denn es schien ihm alles so heilig, was sie umgab. So konnte ihn niemand erkennen, denn das Oellämpchen »ar Nein und trüb. Nur immer in ihr Gesicht sehen mußte er, da- der Tod schon gezeichnet hatte mit leiser, ferner
Hand. Und jetzt hörte er ihre Stimme — fremd und müde — wie aus einer anderen Welt.
,,EH' ich nun sterben muß, Bruder Ebbo, so nehmt dieses güldne Krcuzlein, so ich immer am Halse trug. Ich bin einsam gewesen im Leben und im Tod. Aber einen lieben Freund Hab' ich gehabt, der auch einsam war. Dem gebt dies Kreuzlein von der Grantnertochter."
Sie sprach langsam und stockend, als suche sie nach Worten. Und die Aebtissin mußte sie stützen, daß sie sprechen konnte.
Tief neigte Bruder Ebbo sein Ohr zu ihren Lippen:
„Und wer ist dieser Freund, meine Tochter?"
Unruhig flogen ihre weißen, schmalen Hände über die Decke. Sie rang nach Atem und litt unsäglich.
Dann stieß sie röchelnd hervor:
„Ulrich Jlmfelder."
Schrie da jemand auf im Hintergründe, oder war es die alte, morsche Schwelle, die so knarrte? Der junge Priester und die Aebtissin hatten beide nur acht auf die Kranke und sahen nicht auf das zuckende, todblasse Angesicht jenseits der Schwelle. Dann reichte Bruder Ebbo ihr das heilige Sakrament, und sie wurde ruhiger.
Vor ihrem Lager kniete der Priester nieder und betete, die gefalteten Hände in heißem Flehen gehoben, die großen, dunklen Augen voll Feuer und tiefem Erbarmen. Keine auswendig gelernten lateinischen Gebete murmelte er, sondern seine Seele schrie zu Gott, wie es ihm die bittere Not dieser Zeit eingab.
Durch das kleine, geöffnete Fenster fiel ein leuchtender, rosenroter Schein. Ueber dem Wasgau ging die Sonne auf. Und im Garten sang eine Amsel ihr jauchzendes Morgenlied. —
*
„Ihr sagt, sie suchen mich? Sie höhnen mich, weil ich geflohen bin? Sie wollen meine Absetzung und einen andern Bürgermeister? Hat denn die Pest diese Bürger von Gebweiler ganz und gar unsinnig gemacht? Aber ich will Euch etwas sagen, Baldrian. Wir wollen unsere Spur verwischen und ihnen eine neue Fährte zeigen. Auf