Seile 2 Rr. 150

Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Freitag. 29. Juni 1928

hojspvstamt umksgebrocht war. in den ersten Stock des SA- Amts verlegt. Das neue SA-Amt wird insofern eine beson­dere Bedeutung haben, als es eine der wenigen großen 34 Fernübermcisungsämter des Landes sein wird. Vor dem KA-Amt konnie etwa vor 6 Monaten ein in demselben Ge­läute neu eingerichtetes Verstärkeramt in Betrieb genom­men werden. Dieses Verstärkeramt ist für die große Fern- kabelli.iie Stu tgartUlmMünchen bestimmt, es sind aber auch die Kabelleitungen des Bezirkskabels UlmLaupheim - -Biberach - Ravensburg einbezogen. Der Verein zur Förderung der Volksbildung veranstaltet aus Anlaß sci- nes 10jährigen Bestehens am 29. Juni im Gustav Siegle- Haus eins osfsntlictc Kundgebung, bei der Direktor Th Bäuerle über .Lehn Jahre freie Volksbildung in Würt temberg, Rückblick und Ausblick" sprechen wird. Durck den Bruch des Drahtseils einer Rollbahn wurde in eine, Z'egelei in Oslheim ein 43 I. a. Mann zwischen zwei Nell wagen eingeklemmr. Er zog sich starke Quetschungen zu, dic seine Berbiingung nach dem Krankenhaus notwendig mach­ten.

Aus dem Lande

Lausten a. N 28. Juni. Tödlicher Ausgang. Wohl infolge des ausgestandenen Schreckens ist die vom Tod des Ertrinkens gerettete 45 I. a. led. Mina Wsixler einem Herzschlag erlegen.

Degerschlacht OA. Tübingen, 28. Juni. Uekerfall. Als nachts der 26jährige Mechaniker Ehr. H. aus Jetten- burg mit seinem Fahrrad nach Haus fahren wollte, wurde er auf der Straße beimLamm" von dem verh. H. R. vom Rad heruntergerissen. R. schlug auf H. ohne jeglichen Grund ein und gab ihm drei Messerstiche in den Kopf. H. wurde von zwei Männern in bewußtlosem Zustand und schwer blutend in das Haus seiner Braut verbracht. Lebensgefahr scheint nicht zu bestehen.

Tuttlingen. 28. Juni. Einbruch im Schlacht­haus. Eierdiebstahl. Einbrecher stiegen von der Plattform aus mittelst Leiter durch das Fenster, an dem sie den Kitt entfernten und die Scheibe loslösten, in die Schlacht­halle und schnitten an zwölf Tierhälften die Brust weg. Das Fleisch wurde zu zwei Dritteln mitgenommen, das übrige liegen gelassen. Von den Dieben hat man noch keine Spur. Kürzlich wurden aus einem Privatkeller 400 Eier, die in Kalk eingelegt waren, gesfohlen.

Heidenheim. 28. Juni. Vorbildliche Lehrlings­ausbildung. Die Werkschule der Firma I. M. Voith, die insbesondere der sachlichen Ausbildung der Lehrlings dient, ist ganz hervorragend mit Unterrichtsmaterial aus­gerüstet worden. Aber auch in anderer Hinsicht geht die Leitung der Firma I. M. Voith in der Lehrlingsausbildung fortschrittlich voran. So wurde vor einigen Wochen frei­williger Unterricht in Musik eingeführt, zu dem so viele Anmeldungen eingingen, daß nur diejenigen Lehrlinge mit musikalischer Begabung berücksichtigt werden konnten. Eine Schar von etwa 150 Lehrlingen der jüngeren Jahrgänge nimmt seit einer Woche an Sportabenden teil. An freien Tagen wurden mit einzelnen Klassen auch schon Wanderun­gen ausgeführt, die mit Besichtigungen verbunden waren.

Buchau. 27. Juni. Verbrüht. Das Töchterchen des Kaufmanns Sinz fiel in einen Eimer heißen Wassers und hat sich auf einer Seite ziemlich starke Brandwunden zuge­zogen.

Wangen l. A., 28. Juni. Beigebrachtes Diebs­gut. Die Beibringung der Stoffe aus dem Diebstahl bei Skiefenhofer in Schwarzenbach ist nunmehr auf über­raschende Art gelungen. Als man einer abhanden gekom­menen Kuh nachspürte, geriet man im Wald auf eine durch abgebrochene Stämmchen vorgetäuschte Tannenkultur, in der man unter dem umgestürzten gestohlenen Magen ln Rupfen eingepackt die Stoffe fand. Das Versteck war mit solcher Schlauheit angelegt, daß nur ein Zufall zur Auf­klärung führen konnte.

Aichstekken OA. Leutkirch, 28. Juni. Beim Baden ertrunken. Der 9)4jährige Sohn des Alois Müller zur Tanne" hier ist im Mühlkanal ertrunken. Nachdem das Wasser des Kanals abgelassen worden war, fand man den Ertrunkenen auf dem Grund des Bachbetts. Wiederbele­bungsversuche waren erfolglos.

Schwenningen, 28. Juni. Bau ausftellung. Die Schau städtischer Zweckbauten hat west über das Land hinaus große Beachtung gefunden. An beiden ersten Tagen besuchten

Hie mlmne Krone

von HenriettevonMeerheimb Roman (Margarete Gräfin von Bünau) dem

Jahre 1866

45. Fortsetzung (Nachdruck verboten.)

Traurig! Das ist ein sehr milder Ausdruck. Mir fehlen die Worte dafür. Wir werden ausgewiesen ver­trieben nicht nur aus unserem Königreich, sondern sogar aus dem Privatbesitz meiner Mutter, wo sie in stiller Zu­rückgezogenheit mit einigen alten Freunden leben wollte!"

Königliche Hoheit müssen bedenken, daß Preußen im Frieden keine geplanten Feindseligkeiten dulden darf."

Wir haben noch keinen Frieden mit Preußen ge­schlossen."

Dann dürfen Königliche Hoheit sich aber auch nicht wundern, wenn das wölfische Königshaus so behandelt wird!"

Ich merke, daß ich nicht mehr mit der mir befreun­deten Oesterreicherin, sondern mit der Braut eines Preußen spreche. Aus unserer nächsten Umgebung muß vie­les hinausgetragen worden sein, sonst könnten diese ge­heimen Vorgänge Preußen nicht bekannt geworden sein."

Glauben Königliche Hoheit, daß ich die Verräterin bin? Wann ist jemals in meiner Gegenwart von politischen Dingen geredet worden?"

In unserem Familienkreise nicht. Aber Graf Haller­mund, der, wie ich hörte, um Sie angehalten Hai, Ihnen also sehr zugetan sein muß, ist vielleicht weniger vorsichtig gewesen."

Wer flößte Eurer Königlichen Hoheit diesen schreck­lichen Verdach ein? Aus Ihrem Herzen kommt der nicht!"

Ihr eigener Vater warnte uns, Gräfin Waldftein ehe er nach Prag zurückkehrte!"

7 872 Personen die Ausstellung. Um auch den Gästen abends etwas Schönes zu bieten, wird die Stadtverwaltung am kom­menden Sonntag, 1. Juli von V°10 Uhr ab ein großes Bril­lantfeuerwerk auf dem Marktplatz in Schwenningen abbrennen. Das Rathaus wird außerdem zum ersten Mal festlich beleuch­tet. Die Stadtmusik wird konzertieren. Der Besuch ist zu empfehlen. Gleichzeitlich wird auf den allabendlich festlich be­leuchteten Vergnügungspark der Ausstellung auf Sauerwasen bingewiesen. Das bunte Treiben gleicht einem Volksfest.

Schwenningen a. N., 28. Juni. Schwarzwüldrr Werkmeistertag. Dieses Jahr findet am Sonntag,

1. Juli, ein Werkmeistertag für das Schwarzwaldgebiet in der Uhrenmetropole Schwenningen stakt, zu dem zahlreiche Anmeldungen vorliegen. Am Samstag abend veranstaltet die Meisterschaft von Schwenningen einen Famrlienabend' mit Gesang. Musik und sportlichen Aufführungen. Am Sonntag vormittag findet eine öffentliche Kundgebung im Beekhovenhaus stakt.

Urach, 28. Juni. Tödlich überfahren. Der Spin­nereiarbeiter Jaus befand sich mit seinem 4 I. a. Söhnchen auf dem bei der Straße befindlichen Auffüllplatz. Plötzlich kam von Münsingen her ein Stuttgarter Auto gefahren und erfaßte mit seinem rechten Kotflügel das zu nahe an der Straße stehende Kind, so daß es mit großer Wucht auf den Boden geschleudert wurde. Der Führer des Autos, dessen Geschwindigkeit anscheinend gering war, hielt sofort an. Das bedauernswerte Kind trug eine schwere Kopfverletzung davon und wurde sofort in das Bezirkskrankenhaus ver­bracht, wo es gestern früh gestorben ist.

Rottenburg a. N.. 28. Juni. Todesfall. Der Kirchen- und Kunstmaler Karl Dehner ist gestorben. Dehner hak verschiedene Kirchen des Landes renoviert, war in seiner Jugend in Rom und München und war ein berühmter Künst­ler in seinem Fach. Der Verstorbene war schon lange Zeit kränklick- und erreichte ein Alter von 83 Jahren.

Meersburg a. B., 28. Juni. Verkauf des alten Pfarrhauses. Das Pfarrhaus am Schloßplatz, das heute auf ein ehrwürdiges Alter von 230 Jahren zurück- sieht und mit seinem mächtigen geschwungenen Giebel die Blicke der Passanten sofort auf sich zieht, soll nun verkauft werden. Das Haus war im Jahre 1700 von Bischof Mar­quardt von Rodt erbaut worden und diente ursprünglich der bischöflichen Kanzlei als Dienstgebäude^-

Ellwangen. 28. Juni Brand. 25JahreStadt- schultheiß. In dem erst kürzlich restaurierten Missions- seminac St. Joseph (früher Wolfrom'schen Anwesen) ist Feuer ausgebrochen. Der Dachstuhl ist abgebrannt. Stadt­schultheiß Ettensverger kann am 1. Juli ds. Js. auf eine 25jährige Tätigkeit zurückblicken. Als Auftakt zum Fest wird am Abend des 29. Juni, dem Jubilar zu Ehren, ein Fackelzug veranstaltet und anschließend ein Ständchen ge­bracht. Am darauffolgenden Tag wird nachmittags im Lammsaal eine Festsitzung und abends ein Bankett statt­finden.

Ellenberg OA. Ellwangen, 27. Juni. Tödlicher Un­fall. Das sechsjährige Mädchen des Schuhmachers Paul Brenner in Muckental wollte das Scheunenkor öffnen, als das Tor samt Gerüst herausfiel. Ein Balken traf das Kind so, daß es sofort tot war.

Gomadingen O.-A. Münsingen, 28. Juni. Bei einer Schießbude angeschossen. Bei dem Sängerfest war der hiesige Unterle'hrer Hinlenach auf dem Festplatz mit dem Verkauf der Eintrittskarten beauftragt. Er kam in die Nähe einer Schießbude und erhielt einen Schuß unterhalb der Schläfe. Blutüberströmt mußte er sofort zum Arzt über- brackt werden, der die Kugel alsbald entfernen konnte.

Blihenreute OA. Ravensburg, 28. Juni. Diebische Zigeuner. Dem Versicherungsinspektor Rieger hier wurden zur Absendung bereitliegende Gelder in Höhe von 130 Mark von Zigeunerinnen gestohlen. Der von schönen Pferden gezogene Zigeunerwagen suchte in rascher Fahrt das Weite, wurde aber von der Landjägermannschaft, die im Kraftwagen die Spur über Niederbiegen, Weingarten, Mochenwangen bis nach Aulendorf verfolgte, eingeholt. Zwei des Diebstahls verdächtige Zigeunerinnen wurden ins Amts- , gericht Waldsee eingeliefert. Von dem gestohlenen Geld wurde vorerst nichts beigebracht.

Vom würlt. Allgäu, 28. Juni. Wie es draußen aussieht. In den sonnigen Tagen nach der Sommer­sonnenwende ist viel und gutes Heu unter Dach gebracht worden. Die vorangegangene Regenperiode hatte wenig

^a^en rönnen, ou aas Gras größtenteils noch stand. Die Kohlraben setzen gut an und das Kartoffelkraut läßt auf reichliche Knollenbildung hoffen. Auch das Getreide, das im Allgau neben dem Wiesenwachs einen bescheidenen Platz einmmmt und dessen Anbaufläche nach der berüchtigten Brokmarkenzeit erheblich zurückging, steht schön. Warme Sommertage waren jetzt sehr erwünscht, da der Boden ge­nügend durch suchtet ist. ^

25 Jahre Fürsorgeheim Oberensingen

Am Sonntag feierte das evangelische Fürsorgeheim (früherZufluchtshaus") inOberensingenbeiNür- tingen sein 25. Jubiläum. Aus allen Teilen des Landes waren die Gäste, darunter eine sehr große Zahl früherer Zöglinge herbeigeströmt, um das Fest mitzufeiern. Der neue Ortsgeistliche, Pfarrer Paulus, begrüßte die Festver­sammlung. Die Festpredigt hielt Pfarrer Walz vom Ev. Diakonifsenhaus in Stuttgart über Johannes 12, 32.

Danach hielt Kirchenpräsident v. Dr. o. Merz eine von warmer Teilnahme getragene Festansprache: nach den Ar­beitstagen wollen wir am Festtag nicht nur ruhen von unsrem Werk, sondern unser Herz erheben zu Gott, damit wir in ihm Ruhe finden. Der frühere Ortsgeistkiche. Pfarrer Rauscher, erstattete den I u b i l ä u m s b e r i ch t. Zur Entlastung der Anstalt in Leonberg wurde im Oktober 1903 die Tochteranstalt in Oberensingen gegründet. Die Hausmutter, Schwester Friederike Stock, die damals schon 17 Jahre in der Rettungsarbeit stand, begann gemein­sam mit Schwester Wilhelmine Silber und einem Zögling die Arbeit im früheren Schlößchen von Oberensingen. Heute kann das inzwischen vergrößerte Heim etwa 55 Mädchen be­herbergen. Ueber 700 Zöglinge sind in den 25 Jahren durch die Anstalt gegangen und viele dankbare Briefe und Be­suche zeugen von der Anhänglichkeit der Mädchen, die hier eine zweite Heimat gefunden haben.

Bei der Nachfeier im Garten dankte der Vorstand des Verwaltungsrats, Landgerichtsrat Mezger, dem früheren Ortsgeistlichen. Vfarrer Rauscher, und den beiden Jubilarinnen für ihre treue, unermüdliche Arbeit. In frohem Spiel und Gesang wurde die Geschichte der Anstalt vorgeführt und Vertreter verwandter Organisationen, der Innern Mission und der 5r-ntralseOvng brachten, T. m launiger Weise, viel gute Wünsche dar.

Aus Stadl uud Land

Nagold, 29. Juni 1928.

Eine Vernunftsehe schließen heißt in den meisten Fällen alle seine Vernunft zusammennehmen, um die wahnsinnigste Handlung zu begehen, die ein Mensch begehen kann. Marie v. Ebner-Eschenbach

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Dienstnachrichten

Der Herr Staatspräsident HU den Bezirksbaumeister Mar­quardt beim Bezirksbauamt Calw mit dem Dienstsitz in Neuen­bürg auf sein Ansuchen zum Bezirksbauamt Stuttgart versetzt.

Diensterledigung

Die Bewerber um eine Bezirksbaumeisterstelle beim Bezirks­bauamt Calw mit dem Dienststtz in Neuenbüra haben sich binnen 8 Tagen bei der Bauabteilung des Finanzministeriums zu melden.

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Skeuerkerminkalender für die Landwickschasl Monat Juli

Am 30. Juni ist die Frist für die Vermöaenssteuererklärungen abgelaufen. Für verspätet eingehende Steuererklärungen kann von der zuständigen Steuerbehörde nach 8 170, 2 AO. dem Steuer­pflichtigen ein Zuschlag bis zu 10 Prozent der endgültig fest­gesetzten Steuer auferlegt werden. Das Reichsfinanzministerium hat jedoch durch einen Erlaß für dieses Jahr angeordnet, daß für Steuererklärungen, die noch in der ersten Hälfte des Monats Juli abgegeben werden, von der Erhebung der obengenannten Zuschläge abzusehen ist.

1. Tüll: Staats- und Gemeindesteuern (Grund-, Gewerbe-, Ge­bäude- und Gebäudeentschuldungssteuer).

5. Juli: Lohnsteuer. Abzuführen sind Beträge, welche vom 16. bis 30. Juni einbehalten worden sind.

10. 3uli: Umsatzsteuer. Soweit keine Veranlagung nach Richt­sätzen stattfindet, ist zugleich die Voranmeldung abzugeben und die Steuer hieraus zu entrichten.

20. Zull: Lohnsteuer. Abzuführen find Beträge, die in der Zeit vom 1. bis 15. Juli einbehalten wurden.

Mein eigener Vater! Das hätte ich mir denken können. Es gibt Anschuldigungen, Prinzeß, gegen die sich auch nur mit einem Wort zu verteidigen eine Herab­würdigung ist."

Sie haben sich vielleicht nichts Böses gedacht."

Ich korrespondiere mit Herrn von Königseck nur über persönliche Verhältnisse etwas anderes kann ich nicht sagen. Ich will Mathilde nicht verlassen, sonst würde ich noch in dieser Stunde von Hietzing abreisen, vor allem die Villa Braunschweig nie wieder betreten."

Prinzeß Frederike war im Grunde eine zu edle Natur, um den Ton der Wahrheit nicht herauszuhören. Die furcht­bare Erbitterung aber, geschärft durch die Sorge um Ram­mingens Geschick, die aufsteigenden Zweifel an der Wieder­herstellung des Königreiches Hannover hatten sie hart und ungerecht werden lassen. Schon jetzt bereute sie ihre Worte.Wenn ich ihnen unrecht tat, Gisela, so verzeihen Sie mir!" sagte sie wärmer und mit einem Anflug der früheren Herzlichkeit im Ton.

Aber der kränkende Verdacht hatte Gisela zu tief ge­troffen. Sie antwortete nicht, sondern begleitete die Prin­zeß förmlich bis zur Tür, an der sie sich mit einer Ver­beugung verabschiedete.

Die Prinzessin wollte gern noch ein paar beschwich­tigende Worte sagen, aber ihre Füße trugen sie hinaus, ehe sie die rechte Anknüpfung gefunden hatte.

Zn e-ner ungelösten Dissonanz klang diese einst so innige Freundschaft aus.

Mit einem unbeschreiblich wehen Gefühl im Herzen ging Gisela ins Krankenzimmer zurück. Die Schwester saß steif aufgerichtet neben dem Bett. Das Rascheln ihrer Leinenschürze peinigte Gisela sonst war es fast lautlos still in der Stube. Draußen rieselte ein seiner kalter Regen herab. Der Nebel hing einen grauen Samtvorhang vor die Fenster. Eine matte Herbstfliege stieß brummend mit dem Kopf gegen die Decke.

Die Atemzüge der Kranken wurden immer leiser kaum waren sie noch hörbar. Giselas Herz krampfte sich zu­sammen sie beugte sich tief über das Bett.

Weiß wieder heute früb gefallene Schnee war das Ge­sicht in den Kissen, seltsam schmal und eingefallen.

Gisela sank in die Knie.Rufen Sie den Erzherzog zu seiner Tochter!" sagte sie tonlos zur Pflegerin.

Aber ehe noch der Erzherzog Albrecht, seine Gattin, die Aerzte aus den verschiedenen Räumen zusammengeholt werden konnten, war der letzte Seufzer der Sterbenden wie das sanfte Ausklingen einer zerrissenen Saite leise entflohen.

14. K a p i t e l.

Hochauf flackerten die rötlich brennenden Wachskerzen. Der herbe Geruch des Immergrüns, der betäubende Lilien- und Rosenduft lag schwül und schwer in der Luft. Das Licht verschwamm vor Giselas Augen, sie sah nur ein Ge­wirr von glänzenden Uniformen, schwarzen Kreppschleiern und Schleppen. Wie aus weiter Ferne hörte sie das unter­drückte Weinen einiger Damen. Die Worte des Geistlichen gingen eindruckslos an ihrem Ohr vorüber. Erst als der Knabenchor wie jubelnde Engelstimmen einen lateinischen Gesang anstimmte, zuckte es in ihrem Herzen.

Ihr Blick fiel auf den weißen Sarg, der wie ein Lilienhllgel auf dem mit weißem Samt beschlagenen Posta­ment in der Mitte des Saales stand. War das wirklich wahr, daß Mathilde darin lag oder narrte sie ein ent­setzlicher, banger Traum? Wenn sie die Augen schloß, sah sie die zierliche Gestalt mit den wehenden blonden Locken greifbar deutlich in dem herbstlich bunten Park umher­huschen, sah sie im chinesischen Saal sitzen und lustig mH den silbernen Glöckchen klimpern, sie hörte die Helle, I»- belnde Stimme wie eine Lerche fingen, fühlte die welchen Arme um ihren Hals, den Druck der süßen, rosigen Lippen auf ihrem Munde. Und all dies jauchzende blühende Leben war dahin! Die kleinen unruhigen Füße lagen still uno steif in dem schrecklichen, weißen Sarg, den die Träger Unteroffiziere der Kaisergarde jetzt c o», Postament hoben.

(Fortsetzung folgt) .-