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NagolLer Tagblatt «Der Gesellschafter*
Dienstag, 26. Juni 1928
tionsradiüs von Kundert Kilometern. Auf diese Signale hat Amundsen nicht geantwortet.
Württemberg
Stuttgart rüstet zum Empfang der Ozeanflieger
Das Programm der Empfangsfeierlichkeiten
Bei der besonderen Verbundenheit unseres Landes mit dem Ozeanbezwinger Köhl — Württemberg ist ja Köhls zweite Heimat geworden und seine Gattin ist ebenfalls Württembergerin — ist es klar, daß Stuttgart nicht hinter den andern deutschen Städten zurückstehen will, dis den drei kühttbn Fliegern herzliche und große Empfänge bereiteten. Wie bereits kurz gemeldet, werden die Flieger am 29. Juni von München aus nach Stuttgart kommen. Die Flieger werden also am 29. Juni etwa um 1 Uhr München verlassen und so gegen 3.30 Uhr auf dem Cann- statter Wasen einkreffen. Nach der Landung werden die Flieger auf dem Wasen von den Vertretern der Negierung begrüßt. Anschließend wird eine Fliegerstaffel von Böblingen und von der Fliegerschule Schleißheim über dem Platz Sportflnge ausführen und auch Köhl und Fihmaurice werden in einem Ehrenflug Württembergs Bevölkerung grüßen. Es wird also, und dies liegt ganz im Interesse Köhls, ein kleiner Fluglag mit flugsportlich guten Darbietungen abgehalten werden. Nach einer Rundfahrt im Kraftwagen entlang der Zuschauerreihen wird sich die Kraftwagenkolonne zum Einzug in die Stadt in Bewegung setzen. Um 8 Uhr abends findet eine große festliche Veranstaltung statt, deren Verlauf in ihren Einzelheiten noch nicht genau fest- gelegk ist. Voraussichtlich werden es die Räume des Neuen Schlosses sein, wo die offizielle Feier abgehalken wird. In Verbindung mit den Studentenverbindungen von Stuttgart, Tübingen und Hohenheim wird der Mürkt. Lufkfahr- verband abends noch einen großen Fackelzug zur Durchführung bringen.
Am Samstag vormittag findet ein Empfang durch die Stadt Stuttgart stakt. Auch hierüber kann Näheres noch nicht mitgeteilk werden, weil der Gemeinderak über die Angelegenheit noch Beschluß fassen muß. Um 1 Uhr mittags werden die Flieger Stuttgart wieder verlosten und vom Wasen aus nach Hamburg weiterfliegen, wo sie bereits um 6 Uhr einkreffen werden.
Sonderzüge nach Stuttgart
Aus Anlaß des Empfangs der Amerikaflieger in Stuttgart am nächsten Freitag, Feiertag Peter und Paul, ist beabsichtigt, aus verschiedenen Gegenden des Landes und auch aus Baden Sonderzüge nach Stuttgart zu führen. Den Sonderzugskeilnehmern wird u. a. auch verbilligter Eintritt in die beiden zur Zeit in Stuttgart statt- findenden großen Ausstellungen, die Kolonialausstellung und die Ausstellung .Der Mensch', gewährt werden.
Sportliche Köhl-Ehrung in Ludwigsburg
Haupkmann Köhl wird Mitte Juli der Stadt Ludwigsburg einen Besuch machen. Wie wir hören, gedenkt die Stadt die Feier in der Weise auszubauen, daß die Leitungen sämtlicher würtembergischen Sportverbände zur Teilnahme eingeladen werden.
Stuttgart, 25. Juni. Von der Technischen Hochschule. Der Vertreter der Botanik an der Technischen Hochschule Stuttgart, Prof. Dr. Harder, hat die Berufung an die Technische Hochschule Darmstadt abgelehnt.
70. Geburtstag. Bankdirektor a. D. Gustav Schwarz, Direktor der Württ. Bankanstalt, konnte den 70. Geburtstag feiern. Anfang Juni 1925, kurz nach seinem 50jährigen Berufsjubiläum, trat er in den Ruhestand.
Die Jahresversammlung des Deutschen Auslandsinstituts. Die Jahresversammlung des Deutschen Auslands- instituts wurde mit einer Sitzung des Verwaltungsrats fortgesetzt, zu der die Mitglieder aus dem ganzen Reich eingetroffen waren. Die Neuwahl des Verwaltungsvorstands ergab die einstimmige Wahl des Reichskanzlers a. D. Dr. Luther. Der Vorsitzende des Vorstands, Generalkonsul Dr. W a n n e r - Stuttgart, berichtete sodann über die Ereignisse des abgelaufenen Geschäftsjahres. Er hob hervor, daß sich das Auslandsinstitut in harmonischem Zu
sammenhang mit den übrigen Deutschtumsverbänden ausgezeichnet weiter entwickelt habe. Ministerialrat Tiedje überbrachte Grüße der Reichsregierung und der preußischen Staatsregierung. Reichstagsabg. Dr. Hoetzsch übermittelte Glückwünsche für seine zum Teil durch die Regierungsverhandlungen zurückgehaltenen Reichstagskollegen. Der Verwaltungsrat genehmigte dann den vorgelegten Jahresabschluß. Unter dem Vorsitz von Reichskanzler a. D. Dr. Luther tagte am Nachmittag der Ausschuß des Deutschen Auslandsinstituts. Beschlossen wurde, an alle Hochschulfakultäten und an die beteiligten Regierungsstellen die dringende Bitte zu richten, bei Neubesetzung von Lehrstühlen auch an die im Ausland tätigen deutschen Forscher zu denken. Den Abschluß der Tagung bildete ein Festakt im Festsaal des Hauses des Deutschtums, bei dem die Verleihung des Deutschen Ringes und von Ehrenurkunden an hervorragende auslandsdeutsche Führer und Persönlichkeiten erfolgte. Im Anschluß an die Jahresversammlungen des Wissenschaftlichen Beirates des Verwaltungsrates und Ausschusses des Deutschen Auslandsinstituts Stuttgart veranstaltete am Samstag abend das Deutsche Auslandsinstitut unter Führung des Vorsitzenden, Generalkonsul Wanner- Stuttgart, mit einem Sonderzug eine.Fahrt nach Friedrichshafen zur Besichtigung der Zeppelinwerst, der Maybachwerke und der Dornier-Werke in Manzell. Etwa 190 Personen waren der Einladung des Deutschen Auslandsinstituts gefolgt, unter ihnen als Ehrengäste Vertreter der Reichsregierung, des Reichsrats und der württember- gischen Regierung.
Beerdigung. Die Leiche des vor einigen Tagen am Grab eines Kameraden in so tragischer Weise ums Leben gekommenen Rechnungsrats Philipp Schramm wurde auf dem Pragfriedhof in Gegenwart einer großen Trauerversammlung zur letzten Ruhe bestattet. Kaplan Heimpel hielt eine tief ergreifende Ansprache. Daraufhin folgten zahlreiche Kranzniederlegungen mit Nachrufen, die davon zeugten, wie hoch der Verstorbene in der Achtung seiner Vorgesetzten, seiner Freunde und Kameraden stalü».
Archikekkur-Aussiellung. Die Ausstellung der Architekturabteilung der Technischen Hochschule Stuttgart und der Akademie Kopenhagen, auf die bereits hingewiesen wurde, findet nicht im Prinzenbau, sondern in den Räumen des Kronprinzen-Palais (Handelshof) statt. Sie wird am Samstag, den 30. Juni, offiziell eröffnet werden und wird den Monat Juli über geöffnet sein. Es soll nochmals auf diese bedeutsame Ausstellung hingewiesen werden, die zweifellos auch in Nacht-Fachkreisen größte Beachtung finden wird.
Aukomobilunglück. Am Sonntag vormittag 11 Uhr wurde auf der Strecke zwischen Vaihingen und Böblingen, etwa 300 Meter vor der Kreuzung Mönchsbronnen, ein Automobil von einem anderen Wagen, welcher überholen wollte, ungefähren, so daß es 7 Meter von der Straße entfernt in d-s Wiese geschleudert wurde, wobei der Wagenführer leichter, zwei weitere Insassen schwer verletzt und der Wagen vollkommen demoliert wurde. Einer der Schwerverletzten wurde vom A.D.A.C.-Hilfsdienst, der ander« durch eine Sanitätskolonne in das Sindelfinger Krankenhaus überführt.
Zusammenstoß in der Archivstraße. Heute morgen stießen ein in die Archivstraße einbiegender Personenkraftwagen und ein von der Charlottenstraße her kommendes Motorrad an der Ecke der Archivstraße zusammen. Der Lenker des Motorrads überschlug sich mehrmals und war sofort tot. Sein Mitfahrer kam mit dem Schrecken davon. Der Kraftwagen erlitt nur geringe Beschädigungen.
Hedelfingen, 25. Juni. Tödlicher Anfall. Der sehr schwerhörige 71jährige Schlosser Albert Kaiser wollte sich auf seinen Acker begeben und überquerke zu diesem Zweck die Rohrackerstraße. In diesem Augenblick kam ein Radfahrer von Rohracker her und fuhr den alten Mann, der die Signale des Radfahrers zweifellos nicht hörte, von hinten an. Kaiser stürzte rückwärts zu Boden und fiel so unglücklich auf den Hinterkopf, daß er einen Schädelbruch erlitt, an dessen Folgen er starb.
Obertürkheim, 25. Juni. Vom Zug überfahren. Der in Plochingen wohnhafte 50 I. a. verh. Friedrich Hauff geriet beim Befördern eines beladenen Handwagens infolge Fallens unter den Wagen. In diesem Augenblick fuhr der Eilzug Ulm—Stuttgart hier durch, erfaßte den Wagen, wodurch dieser auf die Seite geschleudert wurde. Hauff geriet unter die Räder. Es wurde ihm neben andern tödlichen Verletzungen der Brustkorb eingedrückt.
Aus dem Lande
Ludwigsburg. 25. Juni. Ein Knabe tödlich angefahren. Drei Kinder spielten am Wilhelmsberg. Ein von einem Fahrschüler gelenkter Personenwagen fuhr infolge eines falschen Griffs rückwärts, wodurch der 6 I. alte Hermann Wünsch gegen einen Zaun gedrückt wurde. Er erlitt schwere Verletzungen am Unterleib, so daß er noch in der Nacht starb.
Lauffen a. N., 25. Juni. Tödlicher Anfall. Der 17. I. a. Sohn Hermann des Christian Hirschmüller, Land- wirks Wikwe, wollte eine Fuhre Heu einführen. Als er mit seinem Gespann über einen Graben mußte, scheuten die Pferde. Der Lenker kam unter den Wagen, wobei ihm die Räder über die Brust und den Kopf weggingen. Noch ehe der Verunglückte nach Haus verbracht werden konnte, erlag er seinen furchtbaren Verletzungen.
Rebenblüte. Die Heuernte ist hier so ziemlich he- endet. Der Landmann benützte die vergangenen schönen Tage, um mit emsigem Fleiß sein Heu vollends unter Dach zu bringen. Nach Quantität und Qualität fällt die Heuernte befriedigend aus. Die Weinberge wurden zum zweitenmal wiederum fast ausschließlich mit Nosprasen zur gleich, zeitigen Bekämpfung der Blattfallkrankheik und des Heuwurms gespritzt. Die Rebenblüte hat nun in allen Laaen eingesetzt. Kartoffel- und Fruchtfelder stehen über Erwarten schön.
Heilbronn, 25. Juni. Ertrunken. Beim Paddeln erkrank in der Nähe des Elektrizitätswerks ein jüngere, Mann. Trotzdem in der Nähe befindliche Ruderer sofort zu Hilfe eilten und auch Tauchversuche machten, gelang es nicht, den Verunglückten aufzufinden und zu bergen. ?
225 neue Wohnungen in Heilbronn. In der letzten Gemeinderatssitzung gab Oberbürgermeister Beutin« ger bekannt, daß in diesem Jahr durch Genossenschaften und Private 15 Zwei- und 192 Dreizimmerwohnungen ge, baut werden, was einen Kostenaufwand von 1349 500 Mk verursacht.
Ebingen. 25. Juni. Tagung der Bijchöfl. Me- thodistenkirche. Vom 27. bis 29. Juni findet hier die Süddeutsche Konferenz der bischösl. Methodistenkirche statt. Die Süddeutsche Konferenz umfaßt Württemberg und Bayern. Die Konferenz steht unter Leitung und Vorsitz von Bischof Nuelsen, der seit 1912 die Leitung der mitteleuro- päischen Konferenzen in der Hand hat.
Schwenningen, 25. Juni. Bauausstellung. Am Samstag wurde hier auf dem Schwarzwaldplatz der Siedlung Sauerwasen die Bauausstellung eröffnet.
Wieviel Mziige
der dauernde Bezug des „Gesellschafters" bietet, ist überflüssig einzeln aufzuzählen. Es ist nämlich bekannt, daß der „Gesellschafter" als Tageszeitung Sie über alle lebensnotwendigen Fragen aufs beste und schnellste unterrichtet und dabei noch einen vortrefflichen Unterhaltungsteil bietet, wie Sport, Roman, Skizzen, Novellen, Wissenschaft, Technik, Heimatkunde, illustr. Beilage, Landwirtschaft usw. Deshalb dürfen Sie auch im Sommer nicht Ihre Heimatzeitung entbehren.
Aus Stadt und Land
Nagold, 26. Juni 1928.
. . . Sobald das Gesetz vorhanden ist, gibt es auch nur eins, was not tut, nur eins, was die Wohlfahrt des Staates dringend verlangt — Gehorsam.
Friedrich v. Gentz.
Dienstnachrichten
Auf Ansuchen wurde Steueroberwachtmeister Zeitler bei dem Finanzamt Herrenberg in den dauernden Ruhestand versetzt.
Durch Entschließung des Herrn Kirchenpräsidenten ist die Pfarrei Altburg, Del. Calw, dem Pfarrer Dierlamm in Kleinsachsenheim, Del. Vaihingen, übertragen worden.
Die mlmllt Krone
oonHenriettevonMeerheimb Roman (Margarete Gräfin von Bünau) dem
Jahre 1866
43. Fortsetzung (Nachdruck verboten.)
Gisela kniete vor dem Bett nieder. „Wenn ich doch für dich sterben könnte, mein Kleines — mein Einziges!"
„Nein — du nicht! Du mußt leben und glücklich sein."
„Ohne dich nicht, Mathilde!"
„Doch — sehr glücklich!" Ein wehes Lächeln zuckte um den blassen Mund. „Der Schmerz um mich wird mit der Zeit vergehen — und ich bin ja für niemand auf der Welt unersetzlich, auch für dich nicht, Gisela!"
„Mathilde — was du mir gewesen bist, kann mir kein anderer Mensch wieder fein."
Die Erzherzogin antwortete lange Zeit nichts. — Gisela glaubte, fie sei vor Schwäche eingeschlafen und wagte nicht, sich zu rühren.
Da sagte die Erzherzogin plötzlich: „Hole mir doch ein paar rote Buchenzweige und Herbstzeitlosen aus dem Garten, Gisela!"
„Das Laub ist längst von den Bäumen abgefallen, Mathilde, und die Blumen sind abgeblüht." Sie streichelte zärtlich die kleinen, abgemagerten Hände. „Nachher bringe ich dir Rosen aus dem Treibhaus."
Mathilde achtet nicht auf ihre Worte. „Weißt du, damals trug ich einen Kranz von Herbstzeitlosen und roten Blättern im Haar. Ich war so fröhlich und sang dem König söin Lieblingslied vor:
In fernem Land Unnahbar euren Schritten —"
Ganz leise, wie im Traum, summte sie die Melodie vor sich hin.
„Jetzt gehe ich auch bald in ein fernes Land — unnahbar euren Schritten — und du wirst mir wieder einen Kranz aufsetzen!"
„Sei still, Mathilde — ich kann das nicht mehr ertragen!" Gisela schluchzte leidenschaftlich auf. Rasch faßte fie sich aber wieder. „Möchtest du König Ludwig sehen, Mathilde? Er schreibt oft und erkundigt sich nach dir. Ich glaube, er käme sofort, wenn du es wünschtest."
Mathilde blieb eine Weile stumm. „Nein — ich darf ihn nicht Wiedersehen!" sagte sie dann ernst. — „Sein Anblick würde die ganze Sehnsucht nach Leben und Glück in mir aufwecken. — Wer klopft da? Laß niemand herein. Gisela!"
Gisela schlich zur Tür. „Es ist die Kammerfrau, mein Herz. Prinzeß Frederike schickt einen ganzen Korb mit Rosen und möchte wißen, wie du geschlafen hast, und ob sie dich heute sehen kann?"
„Wie gut alle zu mir sind!" Mathilde strich über die duftenden Rosen, die Gisela ihr hinhielt. „Welche Pracht — rote, weiße und rosa — so schöne Farben. Leg sie auf mein Bett — bitte. Ja, ich will Frederike sehen, wenn sie kommt — aber nicht lange."
„Nur wenige Minuten, Herz. Wenn ich sie ganz abweisen muß, denkt Prinzeß Frederike, ich will sie absichtlich von dir sernhalten. Sie ist sehr verändert in ihrem Benehmen gegen mich, seit sie weiß, daß ich Königsecks Braut bin, steif und unnahbar wie gegen eine Fremde."
„Tat dir das weh, Gisela? Dann will ich sie bitten, anders gegen dich zu sein. Sie schlägt mir jetzt keine Bitte ab."
„Laß das nur, Liebling. Beunruhig dich deswegen nicht. Es war dumm von mir, das überhaupt zu erwähnen Vielleicht ist die Prinzeß auch nur ein bißchen Eifersüchtig, weil ich mehr um dich sein darf, als sie."
Die Erzherzogin lächelte nur matt. Ihre Kräfte wareen durch das Sprechen erschöpft — sie lag jetzt ganz still, kaum merklich atmend, da.
Gisela ging auf den Zehenspitzen im Krankenzimmer
herum. Eine Schwester und die Kammerfrau halfen ihr, alles in Ordnung zu bringen. Die Fenster wurden geöffnet,' die blaßgrünen Damastvorhänge am Bett knisterten leise im Luftzuge.
Gisela erschauerte. Das grünverhangene Bett mit den darüber verstreuten Rosen erschien ihr wie ein mit Rasen und Blumen bedecktes Grab. Sie hätte sich gern vor dem Bett auf die Knie geworfen und ihren Jammer in die Kissen hineingeschluchzt, aber sie mußte still, ganz ruhig und gefaßt bleiben. Die Aerzte erwarteten täglich den Tod der Erzherzogin. Dis Brandwunden waren in Eiterung übergegangen, dadurch trat eine Blutvergiftung ein. Die namenlosen Qualen, die diesem unvermeidlichen Ausgang vorangingen, hatten die Käste der Kranken völlig erschöpft. Meist lag sie ganz apathisch da.
Jetzt aber hörte sie das leise Sprechen der aufräumenden Kammerfrau und Pflegerin. „Was flüstert ihr da?" fragte sie unruhig. In ihrtzn Augen lag ein gespannt horchender, argwöhnischer Ausdruck. Sie sah abwechselnd in der Schwester gesundes, frisches, dann in ihrer Kammerfrau altes, vergrämtes Gesicht. Das überreizte Gehör der Sterbenden war durch die innere, mühsam verborgene Todesangst unnatürlich geschärft. Das leiseste Flüstern erriet sie.
„Nichts — nichts, Kaiserliche Hoheit!" beschwichtigte die Kammerfrau. „Die Schwester fragte nur etwas ganz Gleichgültiges."
„Belüge mich nicht, Liefe!! — Ihr belügt mich I" immer." Ein paar große Tränen liefen über das zarte Gesicht. „Die Schwester fragte gewiß, ob ich nicht beichten wolle?" In dem schmalen, schneeweißen Gesicht drückte sick die ganze herzzerreißende Angst eines jungen Menschen aus, der vom Leben scheiden soll. „Gisela — was mrch rq denn beichten? Ich habe die Stiefmama ja nicht gemocht kein bissel lieb habe ich sie gehabt, und oft habe ich bie verbotenen Zigaretten geraucht. Sonst weiß ich aber nichts." Die Worte waren nur noch schwer verständlich- „Oder bin ich dem König Ludwig zu gut gewesen — ist das eine Sünde?" (Fortsetzung folgt)