Leite 2 Nr. 84

Nagolder TagblattDer Gesellschafter

Mittwoch, 11. April 1828

ParteiRonoto" und'zwei andere radikale Verbände als staatsgefährlich aufgelöst. Der Staatsanwalt erklärte, die Wühlereien der von auswärts unterstützten Revolutionäre seien für das Land gefährlicher als die Bedrohung durch eine fremde Militärmacht.

Förderung der amerikanischen handelsschiffahrk

Washington, 10. April. Der Ausschuß des Abgeord­netenhauses für die Handelsmarine hat einem Antrag zu­gestimmt, der die Regierung ermächtigt, der Privatreederei drei Viertel (statt zwei Drittel) des Bauanleihefonds als Darlehen für Schiffsbauten zu gewähren und über die Be­förderung 'der Auslandspost mit ihr langfristige Verträge abzuschließen. Die Regierung soll sich an dem Seeversiche­rungsgeschäft beteiligen. Für die Zulässigkeit des Verkaufs von Regierungsschiffen soll es genügen, wenn das Schiff­fahrtsamt dem Verkauf mit einem Stimmenverhältnis von 7:5 zustimmt (der Senat hatte einstimmige Genehmigung beschlossen). Endlich soll der Präsident ermächtigt werden» in Zeiten nationalen Notstands Privatschiffe und solche, mit denen ein Postvertrag abgeschlossen ist, als Hilfs­kreuzer usw. zu beschlagnahmen.

Die Mssionskonferenz

Jerusackem. 10. April. Die Konferenz behandelte aus­führlich die ländlichen Fragen, da die Tätigkeit der Missio­nen in Gegenden des Landbaus ausgeübt wird. Es wurde beschlossen, ein Büro für sozialwissenschaftliche Forschungs­arbeit zu schaffen, das mit anderen Einrichtungen des glei­chen Aufgabenkreises Zusammenarbeiten soll. Nach langer Aussprache wurde eine endgültige Stellungnahme zur Raffenfrage herbeigeführt.

Württemberg

Slullgarl. 10. Avril. Gemeindeankeile an der Einkommen-, Körperschaft- und Umsatz­steuer. Die StaakShanptkasse hat heute den Gemeinden als weitere Zahlung auf ihre Al leile am Einkommen-, Körperschaft- und Umsahsteneraufkcmmen des Rechnungs­jahrs 1927 überwiesen: 1 v. H. ihrer Gesamtrechnungsanteile im 7. Verteilungsschlüssel für die Einkommensteuer: 1 v. H. ihrer Gesamtrechnungsanteile im 7. Verteilungsschlüssel für die Körperschaflssteucr und 0,24 RM. auf den Kopf der Wohnbevölkerung.

Unwürdiger Wettbewerb. Der 30jährige Verwaltungs­praktikant Wilhelm Frank, gebürtig von Zuffenhausen, hat sich schon um verschiedene Schultheißenämter beworben, einmal in Gronau, wurde er auch gewählt. Seine Wahl wurde aber wegen eines Formfehlers nicht bestätigt und in der Neuwahl fiel er durch. In verschiedenen Fällen suchte Frank seine Mitbewerber durch unterschriftslose Zuschriften an die Gemeinden bei den Wählern in ein schlechtes Licht zu setzen, wobei er auch vor ehrenrührigen falschen Beschul­digungen nicht zurückschreckte. Die Umtriebe kamen an den Tag, ebenso, daß Frank nach zwei Durchfällen durch eigene Schuld schließlich nur ein schlechtes Examen zustande ge­bracht hatte. Das Schöffengericht verurteilte Frank wegen erschwerter Beleidigung zu 300 Mark Geldstrafe.

Vom Tage. Am Samstag stießen beim Kanonenweg zwei Motorradfahrer zusammen. Die Fahrer trugen erheb­liche Versetzungen davon. Ein Fahrer aus Meißenburg in Bayern erlitt einen Schlüsselbeinbruch, seine Mitfahrerin, eine junge Skutkgarkerin, einen schweren Schädelbruch.

Auf der Straße Zuffenhausen-Schwieberdingen ist der 27 Jahre alte Monteur Alfred Schmid von Cannstatt mit seinem Motorrad auf ein Auto gestoßen und tödlich ver­unglückt.

Stuttgart, 10. April. Selbstmordepidemie. In einem Hause der Wolframstraße verübte ein 48 3. a. Mann Selbstmord durch Erhängen. Durch Einatmen von Gas

Bertreterversammlung des Württ.

Tübingen, 10. April. Unter Vorsitz von Rektor Rei» s chert tagte hier am Moniag die Aertreterversammlung ! des Württ. Lehrervereins. Sic nahm zur Besoldung-;- frage eine Entschließung an, worin bedauert wird, daß ? die Forderungen der Lehrervereine nicht berücksichtigt und durch die Einschaltung einer Zwischcngruvpe 7 b die Ein­stufungsverhältnisse der Lehrer verschlechtert werden soll. Zu- Frage des 8. Schuljahrs wurde folgende Entschließung angenommen: 1. Der Widerstand gegen das 8. Schuljahr ist in der bäuerlichen Bevölkerung vielfach erst künstlich grohgezogen worden. 2. Das Vorgehen der obersten Schul­verwaltung in der Frage des 8. Schuljahrs hat durch die Mißachtung geltender gesetzlicher Bestimmungen zu einer Verminderung des Rechtsbewußtseins und zu einer völlig falschen Wertung der Volksschularbeit geführt, deren Aus­wirkungen man nur mit ernster Sorge entgegensehen kann.

3. Die im Württ. Lehrerverein zusammengeschloffenen Lehrer bedauern deshalb aufs Tiefste, daß solche, durch sachliche Notwendigkeiten nicht begründete Tatbestände mög­lich werden konnten und lehnen jede Verantwortung für die

Lehreroereins

sich daraus ergebenden Folgen ab. Die im Württ. Lehrer­verein zusammengeschlossenen Lehrer fühlen sich in ihrem Gewissen verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß sie in der Hemmung der Volksschulentwicklung kein geeignetes Mittel zur Behebung der NotderLand Wirtschaft erblicken können, sie fordern Regierung, Landtag und Gemeinde- Verwaltungen auf, sich nicht in einer Kultur- und Schul­politik festzulegen, die für die Betroffenen zu verhäng- ?! b v " ll c n A u s w i r k u n g e n g e i st i g e r u n d w i ri­sch aftlich er Art führen muß. Eine weitere Entschlie­ßung nimmt zu den Wahlkämpfen Stellung und for­dert die Eltern auf, sich für eine einheitliche Schule einzusetzen, in der alle Kinder der Gemeinde gleichberechtigt sind. Jede kostspielige Zersplitterung des Schulwesens nach Gesichtspunkten der Weltanschauung und des Glau- bensbekenntnisses soll abgswehrt werden. Nur Nichtige Lehrerpersönlichkeiten sichern den Schulerfolg. Die Eltern sollen daher für eine zeit- und sachgemäße Lehrer- blldung, für eine die Arbeit fördernde Schulselbstverwaltung und -Aufficht und für eine der Bedeutung der Arbeit ent­sprechende Rechtsstellung des Lehrers eintreten.

verübte in einem Hause der Bismarckstraße in Cannstatt ein 41 I. a. Mann Selbstmord. Heute vormittag stürzte sich ein 34 3. a. Mann aus einem Fenster des 8. Stock­werks des Bahnhofturms in selbstmörderischer Absicht in.die Ludwigsburgerstraße und war sofort tot. Es handelt sich um einen Ausländsdeutschen, der die Tat wegen zerrütteter Vermögensverhälkniffe begangen hak. Der Lebcnsüber- drüfflge hak fast sein ganzes Vermögen durch den Krieg ver- einem Haus der Mühlstraße in Feuerbach versuchte ein 42 3ahre alter Mann durch Einatmen von Gas Selbstmord zu begehen. Durch Anwendung des Sauer­staffapparates wurde der Lebensmüde ins Bewußtsein zu­rückgerufen »nh darauf nach dem Krankenhaus Feuerbach verbracht.

3n einer Küche eines Hauses der Silberburgstraße wurde ein 19 Jahre alter Mann bewußtlos aufgefunden. Cs lag em Anfall durch Gasvergiftung vor.

Leonberg, 9. April. Die Solituderenn st recke. Die Bezirksrakssitzung ist dem von der Solikude-Renngeseil- schaft am 21. März ds. 3., übergebenen Sanierungsplan bei- gekreken mit Rücksicht darauf, daß die Stadt Stuttgart ihrer­seits bei der zugesagken sofortigen Wiederinstandsetzung der Rennstrecke der Amkskörperschaft weitgehendes Entgegen­kommen gezeigt hak.

Vaihingen a. L., 10. April. Wiederaufnahme eines Brauereibetriebs. Die im Jahr 1862 von Wilhelm Engel hier gegründete Schwanenbrauerei ging nach dem Tod seines Sohns Gustav 1917 ein. Vor einigen Tagen hat nun dessen Witwe die Brauerei wieder eröffnet, nachdem sie mit allen neuzeitlichen Maschinen und Ein­richtungen ausgestattet worden war. Das neue Schwanen- bräu findet allgemein Anklang.

Ellwaugen, 9. April. Neue3ndustrie. Die seit eini­ger Zeit geführten Verhandlungen über die Verlegung der Damfsägewerke Walker u. Gauckler in Rosenberg.nach Ell- wangen wurde mit dem Rrgebnis zu Ende geführt, daß die Verlegung auf den .Unteren Brühl' gesichert ist. Mit dem Bau soll alsbald begonnen werden.

Oberndorf a. N., 10. April. Ein Scharfrichter­geschlecht. Vor einigen Tagen starb hier Büchsenmacher Raimund Seidel im Alter von 80 Jahren. 3n den städti­schen Urkunden wird erstmals 1715 ein Karl Seidel als städtischer Scharfrichter er vollzog damals die Hinrich­tung an einigen Kirchenräubern erwähnt. Das Amt blieb in der Famllie. Die Nachkommen wurden seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts Wasen- oder Kleemeister.

Ebingen, 10. Avril. Sturz vom Felsen. Am Samstag nachmittag stürzte der 10jährige Hermann Ramm­ler vom Schlafstellen ob. Schmerverletzt wurde der junge Mann ins nabe Waldheim verbracht, wo ihm Dr. Beck die erste ärztliche Hilje brachte.

Miessnfkeig OA. Geislingen, 10. April. Unfall beim Fußballspiel. Sester - nachmittag wurde dem 23jäh- rigen Jus. Aierl-e der rechte Untcrichenknl abgedrückt; er mußte !>i das Be'.>rks?rankcnhr".rs üdergeführt werden.

Marbach a. Ist, tO. April. Einbruch Lieb stahl. Am Osicrsamstag vormittag, als die Angestellten der Land­wirtschaftlichen Bezugs- und Absatzgenossenschaft Marbach wieder die Arbeit aufnahmen, wurde bemerkt, daß Ein­brecher in den Büroräumen der Genossenschaft ihr Hand­werk getrieben hatten. Die Täter hatten die Rolläden ge­hoben und kamen durch Zertrümmern der Doppelfenster in das Büro des Geschäftsführers, van wo aus sie in das Hauptbüro eiiidrangen. Nachdem selbst die härteste Arbeit am Geldschrank ohne Erfolg war. wurden die Pulte durch­stöbert und schließlich die Portokaffs, die einen ansehnlichen Betrag enthielt, mitgenommen. Die Erhebungen haben bis jetzt kein Ergebnis gezeitigt.

Ans Stadt und Land

Nagold, 11. April 1928

Sein eigenes Selbst darf niemand vernachlässigen. Es ist für ihn das Wichtigste auf der Welt und die größte Kraftquelle auch für den Dienst an anderen.

Trine.

Oberamtssparkasfe Nagold

Wie aus der heute veröffentlichten Bilanz der Ober­amtssparkasse Nagold zu ersehen ist, durfte sich diese im Ge­schäftsjahr 1927 einer schönen Weiterentwicklung erfreuen. Der Jahresumsatz stieg von 14 628 700 RMk. auf 20 472 164 RMk. und die Bilanzsumme von 1 044 217 Mk. auf 1 622 841 RMk. Die Zahl der Sparer hat im Jahr 1927 einen Zuwachs von rund 1000 erfahren; der Einlagen­bestand auf 31. Dezember 1927 mit 1 077 801 RMk. beträgt nun wieder nahezu des Vorkriegsstandes von 3 267 000 RMk. An Zinsen konnten den Sparern im Geschäftsjahr 1927 rund 90 000 RMk. vergütet werden. Der Nutzen und der Zweck des Sparens wird hierdurch am besten be­leuchtet. Die der Sparkasse zugeflossenen Gelder fanden

40.

Fortsetzung (Nachdruck verboten)

Terofal in der Oed, am 20. Juli 1905.

Vier Wochen lang Hab' ich Ruh' gehabt. Dann kommt heut früh mit der Post ein Brief, der Vinzenz war Gott sei Dank nit zugegen . . . Poststempel fehlte, der alte Bote

steckt ihn mir zu.Ich soll gleich Antwort bringen!" ...

Wie Blei lag mir's in den Gliedern als ich den Umschlag aufreibe, bloß zwei Zeilen, flüchtgi hingekrizelt:Erwarte dich heute nacht um zwei Uhr im Terofaler Park an der Westmauer, dort wo die Steinbank steht. Habe Dir Wich­tiges zu sagen. S. v. M." Der Unverschämte!! Aber dann kommt die kühle Ueberlegung . . . könnt' ja sein, daß die Sache mit Geld aus der Welt zu schaffen ist . . mein halbes Vermögen gab' ich hin, oder ... am End' ist er gar versetzt worden ... Es ist gut, ich werde gehen

Einen Tag später.

In mir brennt die Scham ... Es ist aus, alles aus Dich will ich . . Dich! Ich habe ein Recht auf dich!!" Das waren seine Worte, und dann ein heißes, leidenschaft­liches Gestammel:Du ... Du ... ich vergehe vor Sehn­sucht nach dir ..."Herr von Mansarü Ich bin verheiratet!!" Er stiert mich an . . .So mach' dich frei, oder dein Mann weiß ja nichts, wird nichts entbehren." Mit aller Kraft stoße ich ihn zurück, jage den schmalen Kiesweg entlang, höre hinter mir seinen keuchenden Atem . . . Und stehe dann in meinem Zimmer, kann mich kaum noch auf den Füßen halten . . . Also das will er das den Treubruch . . lieber mein Leben!"

Am 10. Oktober 1903.

Erundgütiger Gott im Himmel, kann denn eine Schuld so schwer gestraft werden?! Müssen auch Unschuldige lei­den?! Roch zweimal habe ich den Sandor von Man- sar wiedergesehen, habe mich aus dem Haus geschlichen wie eine Diebin, bin gegangen, weil . . . weil ich es nit ertragen könnt', wenn der Vinzenz die Wahrheit erführe, weil ich noch immer gehofft habe, der ... der andere

würde mich freigeben .. . . umsonst! Eher hält' ein Stein j Erbarmen! Und beide Male hat mein Mann mich bei der Heimkehr überrascht . . . Lügen Hab' ich müssen und schweigen. Schweigen auch darüber, daß ich dem Herrn von Mansar eine Pistole vor die Brust gehalten habe, als er mich zwingen wollte . . . zwingen mit Gewalt. Mit einem Fluch hat er mich freigegeben ich lasse dir die Wahl, wenn ich ihn treffe, ihn, der dich mir genommen hat. dann schieß' ich ihn nieder . . ." Die Leut' reden schon darüber, haben mich gesehen nachts, sagen ich sei ein Wer­wolf . . . Nur einer kann helfen, einer, zu dem ich Ver­trauen Hab' . . . obwohl ich ihn fürchte . . . das Tele­gramm ist befördert jetzt gibt es keinZurück" mehr. Und das ist gut so . . . Vis zum 18. Oktober hat mir der Sandor von Mansar Frist gegeben . . eine Galgenfrist,

aber doch ein Aufschub . . ."

Zwei Tage danach.

Nun bin ich ruhiger ... der Freund des Vinzenz ist da . . . natürlich, die beiden halten zusammen wie die Kletten, und mein Hilferuf war ja dringlich genug! Es kommt alles zusammen. Wohl hundertmal Hab' ich den Vinzenz gebeten, daß wir reisen wollen, Hab' ein Märchen erfunden, ich müsse in Kis-Erdö nach dem Rechten sehen vergeblich. Wie eine Krankheit ist das über meinen Mann gekommen. Keine ruhige Minute hat er mehr, ist ganze Tage, halbe Nächte lang draußen im Revier, des geheim­nisvollen Wilderers halber und wegen demBauern­schreck". Soll ein zugewechselter Wolf sein oder ein Hund was weiß ich. Aber den Wilddieb glaubte ich zu kennen . . . Und in mir ist eine zitternde Angst, ein grauendes Bangen . . . wenn dem Vinzenz etwas geschieht, wenn wenn der andere ihn aus dem Hinterhalt niederschießt, dann bin ich die Schuldige ... bin eine Mörderin . . ."

Am 13. Oktober.

Gott im Himmel, ich danke dir! Hat mich mein Ver­trauen in den Freund meines Mannes doch nicht getrogen! Der Vinzenz will abreisen ... am 20., zwei Tage nach der Frist, die mir der Sandor von Mansar gegeben hat. Aber darum ist mir nit bang', werd' ihn schon Hinhalten, und er ist wieder der Betrogene . . . grad wie damals! Ganz ausgewechselt ist mein Mann, geht nit mehr ins Revier, rührt keinen Wein, keine Spirituosen mehr an. .

I hab's demAlterte" versprochen", hat er mir anver­traut:Du, der hat mir aber scharf ins E'wiss'n g'red't ..." Ist schon recht, wenn selbst meine Bitten nichts mehr helfen, muß halt gröbstes Geschütz anfahren ... DerVauern- schreck" lebt immer noch und der geheimnisvolle Wilderer treibt nach wie vor fein Unwesen. Heimlich Hab' ich mit dem Jackl gesprochen: Tausend Gulden Belohnung, wenn er oder der Franzi den Lumpen abliefern, aber nit lebend.

Tote können nichts mehr ausplaudern, und geht ja auch alles mit rechten Dingen zu; im G'birg' gilt nur ein Gesetz: Der E'schwindste der E'sünd're." Einmal muß es zu einem Zusammenstoß kommen, und dann .. . . bin ich frei . . . frei! Wenn nur der Vinzenz nit gar so arg mit den Nerven herunten war' ... na, das ist die geringste Sorge, seinAlterle" wird auch da die rechte Arznei zu finden wissen . . ."

Schloß Terofal in der Oed, am 18. Oktober 1903

Und nun Hab' ich doch wieder einen Brief bekommen von Sandor von Mansar . . . Auf dem Fenstersims hat das Schreiben gelegen in der Früh', und draußen im Schnee sah man noch die Fußspuren . . . Sind nur wenige Zei­len gewesen:Erwarte Dich um elf Uhr an der Steinbank, muß Dich noch einmal sehen und sprechen . . ." Das soll eine Drohung sein! Also nun grad nit, hat ja auch keinen Zweck, übermorgen reisen wir und . . . jetzt Hab' ich den Mut gefunden, in Kis-Erdö werde ich dem Vinzenz alles sagen, dann mag kommen, was da will, lieber eine Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!"

Am selbigen Abend.

Die beiden Herren sind mit dem Jackl noch einmal ins Revier gegangen zum Ansitz auf den sagenhaftenBauern­schreck". Wenn sie nur erst wieder daheim wären! Immer ist mir's als müßt' heut' noch irgend etwas geschehen . . Eine Unrast ist in mir, ein Bangen, weiß selbst nit warum

Im Zimmer ist's unerträglich warm, habe das Fenster geöffnet und lasse mir die heiße Stirn von der kalten, herben Schneeluft kühlen. Droben hebt die Turmuhr aus, ein Viertel nach elf . . . nun hat der Sandor von MaM umsonst gewartet"

Hier brach die Schrift ab, ein langer, schräger Strich quer über die ganze Seite, so als sei der Schreiberin die Feder ausgeglitten und darunter ein winziger roter Punkt

Blut.

Regungslos saß ich und starrte in das Kaminfeuer. Graue Asche lag auf den matt glimmenden Scheiten, trübe flackerte die Lampe, zuckte noch einmal und erlosch dann . Mit einer scheuen, fast zärtlichen Bewegung strich ich über das weiche, kühle Leder des Einbandes hin ... die Beichte einer Toten und . . . eine Rechtfertigung ...

Draußen auf dem Hofe knarrte ein Pumpenschwengel, leise, ganz leise zirpten die Heimchen hinter der Verscha­lung des Kamins ... Ich blickte auf. Een Osten wuroc es hell, opalisierendes Dämmerlicht säumte den Horizont, ging über in einen zart rosa getönten Schein, und nun schossen funkelnde, flammende Strahlengarben empor, tauch­ten alles in ein Meer voll Licht und Glanz

Der neue Tag war erwacht . . .

Ende