Seite 2 — Nr. 75
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter"
Donnerstag, 29. März 1928
nichts getan. Die notwendigen Mittel hiezu habe Reinhold nicht hinterlasjen. Dieser habe einige Steuern gesenkt, den Nutzen davon habe aber nicht die Produktion, sondern ein kleiner Teil des Handels. Der innere Etat werde immer mehr vermindert, weil der Löwenanteil unserer Mittel als Daweszahlung ins Ausland fließe. Ein endgültiger Finanzausgleich sei unmöglich, solange nicht die Daw^ver- pflichtungen endgültig geregelt sind. Jede deutsche Familie ist mit 600 Mark an der Auslandsblutsteuer beteiligt.
Abg. Dietrich (Dem.) gibt namens seiner Fraktion die Erklärung ab. daß sie gegen den Etat 1928 stimmen werde.
Reichsfinanzminister Dr. Köhler:
Von einer verschwenderischen Finanzwirtschaft kann keine Rede sein. Ich war überrascht, daß Abg. Hilferding hier mit Zahlen gearbeitet hat. von deren irreführender Tendenz er selbst überzeugt sein dürfte. Der Minister weist darauf hin. daß allein die Daweszahlungen von 1924 bis 1927 um mehr als 800 Millionen Mark gestiegen seien. Die Ablösung der Markanleihe habe einen Mehraufwand von 350 Millionen Mark verursacht. Die Sozi allasten und die Erwerbslosenfürsorge seien um 500 Millionen Mark gestiegen. Die Ruhegehälter um 400 Millionen. Man könne also nicht davon reden, daß die Milliardenreserve „nutzlos vertan" worden sei. Im übrigen sei der Netto- bedarf des Reichs fortgesetzt gesenkt worden. Auch beim außerordentlichen Etat dürfe man nicht vergessen, daß die außerordentlich schwere Notlage des Jahres 1926 einen großen Aufwand verursacht hat. Es ist auch nicht richtig, das das gesamte Ist- einkommen der Zölle von 1927 in den Etat eingestellt worden ist. Das Steuervereinheitlichungsgesetz ist lediglich deshalb sang- und klanglos verschwunden, weil der Reichstag früher als beabsichtigt — allerdings nicht sang- und klanglos — verschwindet. (Große Heiterkreit.) Ausländsanleihen des Reiches und der Länder sind zur Zeit nicht ratsam. Nur die Reichsregierung kann für die Finanzgebarung der öffentlichen Körperschaften Deutschlands die letzte Verantwortung tragen. Vom Bewußtsein schwerer Verantwortung sind auch die Entscheidungen der Beratungsstelle getragen. Gegenwärtig wird geprüft, was noch tragbar ist. Der Haushalt derFinanzverwaltung wird hierauf in der Ausschußfassung gegen die Stimmen der bisherigen Opposition angenommen.
Zum Ergänzungsetat werden auch die einen Teil des landwirtschaftlichen Notprogramms bildenden 25 Millionen Mark für die l a n d w. Genossenschaften bewilligt.
In allen 3 Lesungen wird ein Jntiativgesetzentwurf angenommen, wonach für die Durchführung des landwirtschaft- nchen Notprogramms ein 28gliedriger Reichstagsausschuß eingesetzt wird, der das Recht erhalten soll, seine Tätiglkeit bis mm Zusammentritt des neuen Reichs- tags durchzuführen. Angenommen wird auch die Novelle zum Gesetz über die Errichtung der Deutschen Rente n b ank-Kreditanstaltin zweiter Lesung.
Der Zweck des deutschen DzeauWgs
Wie die BS.-Korrespondenz, anscheinend von der Luft- Hansa, erfährt, handelt es sich bei dem wagemutigen Unternehmen des Uebermcerflugs des Hauptmanns a. D. Köhl und des Frhrn. o. Hünefeld um die V o r b e r e i k u n g kühner und umfassender Pläne. Danach soll mit dieiem Flug der Junkers W 33, also mit der modernsten deutschen Spezialfrachtmaschine eine Probe für einen F r a ch t l u f t - verkehr über das Atlantische Meer gemacht werden, dessen Unternehmer der N o r d d e u t s ch e Lloyd in Bremen und die Junkers-Werke in Dessau gemeinsam sein sollen und der nach und nach über den ganzen Erdball ausgedehnt werden soll. Die Junkers-Werke haben vorbereitend ihren Betrieb und ihre Vertretungen in Spanien, Südafrika, Nord- und Südamerika und in Japan einer Umgestaltung unterzogen und mit Unterstützung Sachsens und der Stadl "Leipzig, den Flugplatz Leipzig-Mockau erworben, wo für den Plan die deutsche Zentrale geschaffen wurde.
Das Vorgehen des Norddeutschen Lloyd hat nun die Hamburg-Amerika-Linie veranlaßt, ihrerseits mit einem andern deutschen Werk für Flugzeugbau in Unter
handlungen zu treten. — Das Reichsverkehrsministerium soll nach der BS.-K. nicht gut zu dem Unternehmen des Nordd. Lloyd sehen, weil es einen Kampf gegen die berufene Trägerin der deutschen Luftfahrt, die vom Reich unterstützte Deutsche Lufthansa bedeute. Die in der Lufthansa zentralisierte Luftfahrt sei in Gefahr, im Ueberseeverkehr zersplittert zu werden, wodurch die deutschen Kräfte geschwächt würden.
Köhl und lninefeld hoben den Weiterflug von Baldane über das Meer wegen ungünstigen Weilers verschoben. Nach amerikanischen Wetterberichten soll vor 5 oder 0 Togen keine Besserung zu ermarren sein.
Die Deutsche Lufthansa erklärt, f-auotmanu Köh, habe die Verhandlungen über den Ozeaufiug mit dem Lloyd und den Junkerswerken geführt, ohne die Lufthansa, in deren Diensten er stand, in Kenntnis zu setzen, und er habe ohne Benachrichtigung seinen Dienst verlassen.
Mkllemberg
Stuttgart, 28. März. Die Besoldungsvorlage angenommen. Der Finanzausschuß hat die zweite Lesung der Besoldungsvorlage zu Ende geführt. Sämtliche Anträge der Regierungsparteien wurden angenommen, die meisten mit 8 Ja gegen 7 Nein. Die Anträge der Opposition wurden durchwegs abgelehnt.
Verhaftete Einbrecher. Zier wurden zwei Dachkammermarder festgenommen, die in den letzten Wochen, unabhängig voneinander, ausgetreten waren. Es handelt sich um den 19 Jahre alten led. Schlosser Willi Treiber, und den 24 Jahre alten led. Hilfsarbeiter Johannes Konzelmann, beide von Stuttgart. Durch diese Festnahmen haben über 20 Dachkammereinbrüche ihre Aufklärung gefunden.
Stuttgart. 28. März. K r an k h e i t s st a t i st i k. In der 11. Jahreswoche vom 11.—17. März wurden in Württemberg folgende Fälle von gemeingefährlichen und sonstigen übertragbaren Krankheiten amtlich gemeldet: Diphtherie 24 tödlich —), Kindbsttfieber 4 (2), Lungen- und Kehlkopftuberkulose 11 (29), Scharlach 47 (—).
Amtsunterschlagung. Das Schöffengericht hat den Schultheißengehilfen W. G. von Gerlingen wegen Amtsunterschlagung zu 4 Monaten und 15 Tagen Gefängnis verurteilt.
Möckmühl. 28. März. Erneute Wahlanfechtung. Auch die am 18. März erfolgte 2. Wahl, bei der Schultheiß Lay mit 12 Stimmen Mehrheit gewählt wurde, ist nunmehr angefochten worden. 276 Wahlberechtigte haben die Anfechtung unterschrieben, während dis Anfechtung der 1. Wahl von 106 Möckmühler Bürgern vertreten wurde.
Rotkweil. 28. März. Ernennung. Der Staatspräsident hat die Stelle des Vorstands der katholischen Lehrerbildungsanstalt in Rottweil dem Studiendirektor Kottmann in Soulgau übertragen.
Enzweihingen OA. Vaihingen, 28. März. Motor r ad- n f a l l. Vorgestern abend fuhr an der gsfahruchen Ecke i der Neumühle ein Motorradfahrer in em Fuhrwerk hm-
Rlünsingen, 27. März. P r e i s d r ü ck e r e i. Bei der am Samstag vormittag stattgefundenen Vergebung der laufenden Jnstandhaltungsarbeiten im alten Lager waren wieder eine große Anzahl Handwerksmeister von hier und Umgebung anwesend. Leider wurden wieder Abgebote bis zu 48,5 Prozent gemacht.
Offenhausen OA. Münsingen, 28 März. Pferdever- steigerungdesLandgestüts. Zu der Versteigerung von 18 älteren und jüngeren Wallachen und 2 Stuten des Landgestüts hatte sich am Samstag wieder eine Menge Liebhaber eingefunden, die Steigerungslust war dementsprechend sehr rege Die erzielten Preise bewegten sich von 500 bis 1660 Es war auch hier unverkennbar wahrzunehmen, daß nach Pferden eine gesteigerte Nachfrage ist und daß die Preise für gute Pferde in dis Höhe gehen.
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33. Fortsetzung (Nachdruck verboten!)
Aber plötzlich hob der eine Rotrock sichernd den spitzen Fang, duckte sich, schnürte in scharfem Troll nach der gegenüberliegenden Seite, gefolgt von dem anderen Freibeuter. Sollten die beiden schon satt sein? Ich strengte Auge und Ohr an, um die Ursache der Störung zu entdecken — nichts, kein Brechen, kein Anstreichen, kein noch so leises Geräusch. Im Westen schoben sich bleigraue Wolkenfetzen heraus, kamen näher wie stürmende, gepanzerte Reitergeschwader. Der Wind ging hohl, verstärkte sich von Minute zu Minute, peitschte mir pulvernde, nadelscharfe Schneekristalle ins Gesicht. Noch eine Viertelstunde, dann würde der Sturm losbrechen, konnten wir im Dunkel den Heimweg antreten — es war also wieder einmal nichts gewesen mit dem sagen hasten „Vauernschreck!"
Neben mir ein unterdrückter Atemzug, unwillkürlich blickte ich aus, und . . . nein, es war keine Sehtäuschung . . dort drüben stand, scharf und plastisch vom Schnee sich abhebend, gleich einer aus Erz gegossenen Statue, ein starker Wolf, die Lauscher steil gestellt, die Rute leicht gesenkt, stand und äugte unverwandt nach uns herüber, lieber den harschen Balg hin glitzerte glimmerndes Mondlicht, jedes Granenhaar schien silbern bereift ... Ich wagte kaum zu atmen, senkte die Augenlider, aber das Herz hämmerte in wahnsinnigen, jagenden, zuckenden Schlägen, der Gaumen würde mir trocken, und in den Ohren sang und sauste das Blüt.
Also doch . . . doch . . .!!
Die Sekunde dehnten sich zu Minuten, zu Ewigkeiten, immer fahler wurde das Leuchten — nur noch wenige Augenblicke, dann mußten die mit rasender Geschwindigkeit heraufziehenden Wolken die Mondscheibe verdecken,
war alles versunken in schweigender, schwarzer Nacht, lichtloser Finsternis. . .
Da schnürte der Wolf vorwärts — ich sah, wie Vinzenz den Stutzek hochriß —, ein aufzuckender Feuerstrahl, hart und rund peitschte der Büchsenknall durch die Stille, wurde zurückgeworfen von den Felswänden, verebbte lang hinrollend . . .
Blitzschnell hatte ich den entsicherten Drilling in Anschlag, lag der Finger am Abzug . . . nein, da konnte ich mir den Fangschuß sparen! In seiner Fährte war der Wolf zusammengebrochen, schlegelte mit den Läufen, die buschige Rute peitschte die Flanken . . .
Und schon standen wir neben dem verendenden Raub- wild — ein Ton, halb Lachen, halb Schluchzen:
„Alterle! Du! Sei mir net Harb, daß i z'erst g'schossen Hab', aber den da' den hält' i keinem anderen vergunnt — den net!" Mein Freund beugte sich nieder, tastete nach dem Einschluß — mitten auf dem Blatt:
„Du, dös hat's Herz g'faßt . . .!"
Ich knickte einen Latschenbruch, netzte ihn mit dem zäh und klebrig sickernden Schmitz:
„Weidmannsheil, mein lieber, alter Kerl, der ist mehr wert als der Gams, der kapitalste Hirsch!"
„Ja, du, und was nur 's Sopherl sagen wird!" Er legte die Hände an den Mund, hupte einmal, zweimal: „Weißt, d', so g'freut Hab' i mi net über mei stärkstes Stück Großwild, dagegen is a Kudu oder Leopard a Schmarrn!"
Wie ausgewechselt war der Vinzenz, konnte sich nicht satt sehen an seiner Beute, und ich stand lächelnd daneben, brannte mir eine Zigarette an und sog den aromatischen, narkotischen Rauch tief in die Lungen.
„Jackl, i Hab' 'n!"
Ein Lachen im tiefsten Baß:
„Da gratulier' i halt, hab's ja glei g'sagt, oamal verwisch ma den „Vauernschreck" doch!"
Vom Kamm her fegte ein schüttelnder Windstoß.
„Teifi, Teifi, jetzt könn' ma aber schaug'n, daß ma hoamkemma, gibt a grob's Wetter." Der Jäger schob den Hut ins Genick, lud sich mit einem kräftigen Schwung den Wolf aus die Schultern: „Hab'n S' d' Latein', gnä' Herr ?"
Doch der Sturm verlöschte das flackernde Flämmchen, wir mußten vorwärts in der jäh einbrechenden Dunkelheit, hielten uns einer dicht hinter dem anderen, tasteten Schritt für Schritt weiter. Endlich war der Almboden erreicht, der schützende Hochwald.
„Hui jo, ho ho!" pfiff es durch die knarrenden Kronen,
Aus Stadt und Laud
Nagold, 29. März 1928
Der Gifthauch der Armut zerstört viel Glück, besonders das des Familienlebens.
Wieder eingefunden
hat sich der gestern als vermißt gemeldete Otto Brenner. Er wurde bei Verwandten in Fellbach ausfindig gemacht.
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Wichtig für alle Kriegerhinterbliebene. Nach der letzten erst kürzlich erfolgten Abänderung des für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und ihrer Hinterbliebenen in Frage kommenden Reichsversorgungsgesetzes ist eine Erleichterung in der Nachprüfung des ursächlichen Zusammenhanges des Todes eines Beschädigten mit dem Kriegsdienst insofern eingetreten, als die Rente stets dann ohne erneute ärztliche Nachprüfung des Versorgungsfalles an die Hinterbliebene gezahlt wird, wenn der Tod des Beschädigten an dem Leiden erfolgte, für das er Rente bezogen hatte. In solchen Fällen wird auch den Hinterbliebenen stets das volle Sterbegeld gezahlt. Hierzu teilt der Reichsbund der Kriegsbeschädigten mit, daß diese Bestimmung mit dem 1. Oktober 1927 in Kraft getreten ist. Für Fälle, die gleich liegen, in denen aber der Beschädigte vor dem genannten Termin verstorben ist, kann im Härtewege die Rente rückwirkend ab 1. Oktober 1927 dann gewährt werden, wenn der Antrag spätestens bis zum 31. März 1928 durch die Hinterbliebene beim Versorgungsamt gestellt worden ist. Bei Ueberschreiten dieses Termins kann die Zahlung der Rente erst vom Tage des Bewilligungsbescheids ab im Härtewege gezahlt werden. Auch für die Gewährung von Rente an Eltern, die früher von ihrem sodann gefallenen Sohn wesentlich unterstützt worden sind, hat das neue Gesetz Erleichterungen gebracht. Eltern oder Elternteile, die deswegen mit ihren Ansprüchen abgewiesen worden sind, weil der Verstorbene nicht Ernährer war oder geworden wäre, können jetzt eine Beihilfe erhalten, wenn sie den Nachweis führen, daß der Verstorbene mindestens ein Drittel zu den Kosten der Lebenshaltung der Eltern oder des Elternteiles beigesteuert haben würde. Auch diese Beihilfe kann rückwirkend ab 1. Oktober 1927 bezogen werden, wenn der Antrag bis zum 31. März 1928 beim Versorgungsamt eingegangen bzw. gestellt worden ist. Der 31. März ist also für beide Kategorien ein wichtiger Verfalltermin, der nicht überschritten oder versäumt werden darf. Das Recht auf rückwirkende Nachzahlung verjährt unter allen Umständen an diesem Tage.
Wichtig für abgefundene Kriegsbeschädigte! Bisher erhielten viele Kriegsbeschädigte für eine Reihe von Dauerschäden aus gesetzlichen Gründen, nach denen eine Rente erst bei Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 v. H. gewährt werden kann, keine Rente. Es handelte sich z. V. um folgende Schäden: Verlust des Daumens an der Arbeitshand, Verlust der ganzen Kopfhaut, Verlust eines Auges, Verlust des Gaumens, widernatürlicher After, Urinoder Darmfistel, sowie um abstoßend wirkende Entstellungen des Gesichts. Diese Schäden sollen jetzt nach einer neuen Verordnung, wie der Reichsbund der Kriegsbeschädigten mitteilt, wieder mit Rente in Höhe von 30 v. H. abgegolten werden. Soweit Kriegsbeschädigte nicht wieder von Amts wegen die Rente erhalten sollten, tun sie gut daran, noch vor dem 31. März 1928 Antrag auf Neu- gewährung von Versorgungsgebührnissen zu stellen, und zwar schon deshalb, weil ihnen bei der Antragstellung bis 31. März 1928 die Rente rückwirkend ab 1. Oktober 1927 gezahlt wird. Nach Ueberschreitung dieses Termins kommt eine Rentengewährung nur vom 1. desjenigen Monats ab in Frage, in dem der Antrag auf Wiedergewährung der Rente von dem Beschädigten beim Versorgungsamt gestellt worden ist. Auch andere Kriegsbeschädigte, die mit 20 v. H. abgefunden worden sind, können unter gewissen Voraussetzungen wieder in die Versorgung einbezogen werden. Das trifft insbesondere zu, wenn solche Beschädigte durch Vorlage ärztlicher Zeugnisse oder anderere Beweismittel den Nachweis führen, daß ihre Erwerbsfähigkeit um mindestens 25. v. H. gemindert ist, ohne im Gegensatz zum bisher üb-
das sparrige Gezweig, brauste wie Wodes wilde Jagd um die in den Grundfesten erbebenden Stämme, sandte einen Schauer von morschen Aststücken herab.
„Wird net lang dauern, kommt eh' schon wieder hell herauf!" Mein Freund mußte schreien, um sich verständlich zu machen; denn der Orkan riß das Wvrr vom Munde, warf sich uns wie eine wütende Bestie entgegen. Ein entwurzelter Baumriese sperrte den Weg, der Vinzenz stolperte, hielt sich an mir fest: „Hoppla!" Dann kämpften wir wieder mit vorgebeugten Schultern gegen das Toben und Tosen der entfesselten Elemente an.
Und plötzlich Stille — das Unwetter hatte ausgerast, wieder wob Mondlicht geheimnisvoll zwischen den Stämmen, brannten droben, am nachtdunklen Firmament, die Sterne in urewigem Glanze. Der Hochwald lichtete sich, vor uns lag Schloß Terofal in der Oed. Unwillkürlich blieb ich stehen, starrte hinüber nach den schwarzen, schweigenden Eranitmauern.
„Sieh mal, Vinzenz, das ist doch . . . sonderbar!"
Er blickte auf, — da strahlte fast aus allen Fenstern Lichtschein, als sei aus irgendeinem festlichen Anlaß der ganze weitläufige Bau illuminiert worden.
Mein Freund schüttelte den Kopf:
„Die san wohl narret worden? Schaugt g'rad' aus wü a Tier mit an Viertelhundert Sehern . . ."
Merkwürdig — denselben Gedanken hatte ich auch gehabt, ein stumm und geduckt auf der Lauer liegendes Ungeheuer, dessen funkelnde Lichter nach Beute spähen. Wn schritten schneller aus, stiegen den steilen, in Serpentinen gewundenen Pfad empor, gingen durch den Park, dessen entlaubte Ulmen in gespenstisch verzerrten Formen gler« riesigen Besen aufragten.
Weiß heut' noch nicht, wie es kam, daß mir mit einem Mal das Herz so hart und schwer schlug, irgend etwas Unerklärliches, Wesenloses war da um uns, das nur im Unte^ bewutztsein lebende Gefühl eines Grauens, dem ich doch keinen Namen geben konnte . . . Furcht — was man so gemeinhin „Furcht" nennt — war mir ein unbekannter Begriff, und einer Gefahr war ich niemals aus dem Wege gegangen. Aber weder je zuvor noch in meinem spateren Leben habe ich jenes instinktive, jedes vernünftigen Grundes entbehrende Bangen gefühlt, wie ein wuchtender tUv lag es auf mir, lähmte alles Denken, Wollen
In der Halle war kein Mensch zu sehen.
(Fortsetzung folgt.)
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