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Mit den illustrierten Unterhaltungsbeilagen „Feierstunden" u. „Unsere Heimat"
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Nr. 62
Gegründet 1827
Mittwoch, den 14 März 1SS8
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Wer sind die Schuldigen im Phöbus-Fall?
Die Hinterlassenschaft früherer Kabinette — Keine persönlichen Vorteile Lohmanns
Feststellung der Schuldige«
Die peinliche Phöbus-Angelegenheit beginnt sich, je mehr davon in der Öffentlichkeit bekannt wird, zu einer Art Barmat-Skandal auszuwachsen. Der Bericht der Reichsregierung über die Ergebnisse der Untersuchung des Reicljssparkommissars ist sehr vorsichtig, um nicht zu sagen spärlich abgefaßt. Genauere Angaben will der Reichskanzler erst in der Sitzung des Hauptausschusses des Reichstags am Dienstag nachmittag machen. Die Frage nach Schuld und Schuldigen wird inzwischen um so eifriger von den Parteien betrieben, denn auch die Phöbus- Angelegenheit ist, wie dies in Deutschland kaum anders möglich ist, zumal vor einer Wahl, bereits zu einer Parteisache geworden.
Unter dem Sammelnamen der Phöbus-Angelegenheit hat man eine Reihe gewagter Geschäftsunternehmungen zu verstehen, die der damalige Leiter der Seetransportabteilung des Reichsmarineamts, Kapitän Lohmann, mit verschiedenen, anscheinend zum Teil wenigstens recht fragwürdigen Handelsfirmen abgeschlossen hat. Die Hauptfrage, um die sich alles dreht — wenigstens für die parteipolitische Behandlung der Sache —, ist, wie weit Lohmann mit Miss und mit Billigung feiner Vorgesetzten bis hinauf zum damaligen Reichswehrminister Gehler gehandelt, oder in welchem Umfang er die Geschäfte auf eigene Faust gemacht hat.
Daß eigenmächtige Unternehmungen Lohmanns vorliegen, geht aus dem genannten Bericht klar hervor, daß er aber auch solche wenigstens mit stillschweigender Zustimmung seiner „Vorgesetzten" im weitesten Sinn des Worts gewagt hat, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Dem amtlichen Bericht wurde von parlamentarischer Seite offenbar nicht ganz mit Unrecht entgegenhalten, daß er den Kapitän Lohmann zu schwer belaste, um seine Vorgesetzten zu schonen.
Unter den „Vorgesetzten" sind nun aber nach den Ergebnissen des inzwischen entbrannten Parteistreits nicht nur die eigentlichen dienstlichen Vorgesetzten, sondern auch einflußreiche Männer des öffentlichen Lebens wie führende Reichstagsabgeordnete usw. zu verstehen. Von Wichtigkeit sind die Mitteilungen, die Reichsfinanzminister Dr. Köhler am 11. März in einer Zentrumsversammlung in Hildesheim machte. Er erklärte, die gegenwärtige Reichsregierung sei an der beschämenden Phöbus-Angelegenheit weder sachlich noch persönlich beteiligt. Er selber habe erst durch einen Zeitungsartikel im vorigen Sommer Kenntnis erhalten, daß das Reich an der inzwischen verkrachten Phöbus- Filmgesellschaft mit Geldmitteln beteiligt sei. Aus den Akten sei nichts zu ersehen gewesen und von der ganzen Sache sei weder dem Staatssekretär noch einem Referenten des Reichssinanzministerwms etwas bekannt gewesen.
Noch deutlicher spricht sich das Zentrumsblatt „Germania" aus. Dies schreibt: „In der scharfen Verurteilung dieser Sache sind wir mit der demokratischen Presse einig. Aber die demokratisch? Presse hat den Fall leider so behandelt, als ob der gegenwärtigen Reichsregierung die Schuld oder Mitschuld zuznschreiben sei.-
Es ist aber festgestellt, daß die P h ö b u s - A n a e lege n h e i t eine Hinterlassenschaft früherer Kabinette ist. Der frühere demokratische Reichsfinanz- nnnister Reinhold wollte das zwar nicht zugebcn. Aber Tatsache ist, daß Herr Rheinhold die böse Geschichte sehr geheim gehalten hat. Auch der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Dr. K o 6) erklärte, daß er mit der Sache nichts zu tun habe. Er (Koch) habe lediglich den Rap,tan Lohmann und seine Pläne (Herstellung von Marinefilmen in republikanischem Sinn) dem damaligen Reichsfinanzminister (Reinhold) empfohlen. „Man mag d,e Dinge sehen wie man will", schließt die Germania, lodensalls hat Kapitän Lohmann sich der Empfehlung . ^ Herrn Koch erfreut und sich ihrer auch bedient, s, ^ die B j l l i g u n g d e s R e i ch sf i n a n z m i n i- sters Reinhold eingeholt. Die gegenwärtige Reichs- eglerung ist nur der Untersuchungsrichter in Verfehlungen früherer Kabinette, und es könnte sich höchstens darum hän- ..^"v sie jetzt auch das Amt des Staatsanwalts gegen ' «.übernimmt.
. Lohmann ist aus dem Dienst entlasten und der
Teil seiner Pension ist im Sinn des Schaoenersatzes für das Reich, das um 30 Millionen geschä- Arrest belegt. Dies ist natürlich eine reine ^ °hne praktische Bedeutung. Viel wichtiger wäre maßgebenden Stellen ganz oben klüger und und wenn sie sich befleißigen würden, si? .^raatsdienst fede Parteipolitik und Parteirücksicht hint- nzusetzen. Die Fälle Barmat, Kutisker, Bergmann, Loh- kon-r H-v öfm Reich Hinderte von Millionen ge-
>st sehr schlimm, besonders in unserer allgemei- en Lage; aber noch viel schlimmer ist der moralische Scha- ^n Augen des Auslandes den Anschein ge- ^ Deutschland hemmungslos von einem Groß-Skandal in den anderen.
Aus dem Bericht
Der Bericht über die Untersuchungen des Reichssparkommissars Sämisch enthält weiter die Abmachungen des Kapitäns Lohmann mit der Lignose-Gesellschafi, die an den Rohfilmen beteiligt war. Für diese Gesellschaft übernahm er namens des Reichs Sicherheiksbürgschaften in Höhe von 3, 5 und 0,92 Millionen Mark in der Annahme, daß die Gesellschaft so gestellt sei, daß sie von der Bürgschaft keinen Gebrauch zu machen nötig habe. Dies trat aber anfangs 1927 doch ein und Lohmann Unterzeichnete die Verpflichtungsscheine für die Bankkredite, ohne seine Vorgesetzten in Kenntnis zu setzen. Als die Sache im August v. I. bekannt' wurde, bemühte sich das Reichswehrministerium zu retten, was noch zu retten wäre. Aber nur die Verhandlungen mit der sogenannten Emelka-Gruppe hakten insofern Erfolg, als diese Gruppe sämtliche im Besitz des Reichswehrministeriums befindliche Phöbus-Aktien zu dem billigen Pauschalpreis von 7 Millionen Mark übernahm. 3m Nachtragshaushalt für 1927 werden zur Deckung der Phöbus- Verpflichlungen 7 Millionen Mark angefordert. Einschließlich der von Lohmann früher schon in der Phöbus-Film- Akliengesellschaft angelegten 2 807 770 Mark ergibt sich ailso für das Reich ein reiner Phöbus-Derlust von 9807 770 Mark.
Die dritte Gruppe des Berichts umfaßt die Geschäfte, die Kapitän LohmannganzaufeigeneVer- antwortung getätigt hat. Hierher gehört seine Beteiligung bzw. der Erwerb von Aktien des von Lohmann für durchaus solid gehaltenen Berliner Bankvereins im Nennbetrag von Ich Millionen zum Kurs von 110 v. H., also tatsächlich 1650000 Mark. Schon im Winter 1926/27 mußte jedoch der Bankverein seine 4 Millionen Aktien auf Ich Millionen Zusammenlegen. Der Verlust Lohmanns bzw. des Reichs betrug 825 000 Mark.
Eine ähnliche Gründung war ferner die Berliner Bacon Company. Das englische Wort bacon bedeutet Speck, und es ist bezeichnend, daß man der Gründung einen englischen Namen gab. Der Gegenstand des Unternehmens war angeblich ein neues Verfahren zur Konservierung von Schweinefleisch. In Dänemark befinden sich 72 Fabriken, die sich ausschließlich mit der Schlachtung von Schweinen und Gewinnung dieses Fleisches befassen. Die gesamte dänische Produktion, die einen jährlichen Wert von 500 Millionen dänischen Kronen ausmacht, wird vollkommen von England ausgenommen. Damit ist jedoch die Aufnahmefähigkeit des englischen Markts nicht annähernd erschöpft. Die tatsächliche Gestaltung des Bacon-Markts war, daß die Berliner Bacon Co. ihren Betrieb schon mehr oder minder stillegen mußte, bevor diese Beteiligung dem Reichswehrministerium im August v. I. bekannt wurde. Gegenwärtig wird die Frage der Wiederbelebung des Baconexports nach England im Zusammenhang mit der Notlage der deutschen Landwirtschaft in der Öffentlichkeit erörtert. So ist zu hoffen, daß wenigstens ein Teil der von Kapitän Lohmann in diese Unternehmung angelegten Beträge von rd. 1 235 000 Mark bei der Abwicklung des Falls wieder gerettet wird.
Als Verlustgeschäft hat sich die Beteiligung des Kapitäns Lohmann an der N e u st ä d t e r S l i p G. m. b. H. erwiesen. Kapitän Lohmann hat diesen Betrieb Ende 1925 unter Benutzung von Deckfirmen erworben, und zwar, wie er angibt, weil ihm dieser Betrieb für den Bau kleinerer Fahrzeuge besonders geeignet erschien. Es muß damit gerechnet werden, daß sich keinerlei Erlös ergibt, da die Eingänge aus der Veräußerung der Aktiva die vorhandene Passiva voll aufzehren werden.
In keiner Weise abschätzbar ist zurzeit der Wert einer 26prozentigen Unterbeteiligung des Kapitäns Lohmann an einer angeblich vor der Erschließung stehenden Erzgewinnungsgesellschaft. Die Abwicklungsstellen stehen diesem Unternehmen zunächst zweifelnd und abwartend gegenüber. Es liegen aber dem Reichswehrministerium Gutachten namhafter reichsdeutscher Fachautoritäten vor, aus denen sich ergibt, daß in dem in Deutschland gelegenen Konzessionsgebiet tatsächlich mit bedeutsamen Erzvorräten zu rechnen sein soll, und daß auch die Rentabilitätsfrage einer praktischen Erschließung des Erzvorkommens nicht ungünstig liegen soll. Die Abwicklungsstelle bleibt weiter bemicht, zunächst den in dieses Unternehmen angelegten Betrag von 340 000 -N baldeftmöglich wieder hereinzubekommen.
Festgestellt wurde des ferneren eine Beteiligung an der Auswertung eines Patents, das eine Mühle für Kohlen st aubfeuerungs zwecke betrifft. Nach dem Gutachten mehrerer Sachverständigen ist es nicht ausgeschlossen, daß die in- und ausländischen Berwerttmgs- gesellschaften, die noch im Bäu begriffen sind, sich rentabel gestalten werden. Der gegenwärtige Wert der allerdings durch persönliche Bürgschaften gesicherten Beteiligung von rund 500000 Mark kann für den Fall eines derzeitigen Verkaufs vorläufig nur geringfügig eingsschätzt werden.
Die etwa 28000 Mark ausmachende Beteiligung an einem Patent betreffend Herstellung eines Bc-
Der Reichsminister für Ernährung und Landrvirischaft bat dem Reichstag aus den Verhandlungen des landwirtschaftlichen Unterausschusses des Untersuchungsausschusses einen Borbericht über die Derschuldungsverhättnisfe der deutschen Landwirtschaft zugehen lassen.
Der Schulkreuzer „Emden" ist am Dienstag vormittag von seiner lömonuiigen Weltreise aus der Schillingreede bei Wilhelmshaven eingctroffen.
Die Verhandlungen der Parteien der Reichsbahn sind gescheitert. Die Eisenbahnergewertschaften haben drmgende Verhandlungen mit dem Generaldirektor beantragt.
Der Versuch des Berliner Bezirksamts Prenzlauer Berg, die Schulen des Bezirks in westliche Schulen gewaltsam »m- zuimdern, wurde von der Elternschaft mit einem Schulstreik beantworte!. Nur ganz wenige Kinder besuchen noch die Schulen.
Der oberelsäsjische Senator und Rechtsanwalt Helmer iehk seine ungeheuren Anklagen gegen die französische Verwüstung und das Heer wegen Raubs von Milliardenwerken, Betrugs. Bestechung, Unterschlagungen und Schiebereien aller Art in einem offenen Brief an poincare fort. Die französische Rechtspflege sei, wie he'mer an verschiedenen Beispielen nachweist, in den Grund hinein verdorben und käuflich.
Das afghanische königspaar ist in London eingetroffen und festlich empfangen worden.
Die rumänische Regierung hal die ablehnende Haltung Tikulescus zu den Vorschlägen des Völkerbundsrats gebilligt.
triebsstofses für Motoren aus einem Spiritus- gemisch, das die Nachteile der bisher aus Spiritus her gestellten Betriebsstoffe vermeiden soll, ist an die für die weitere Erprobung dieser Erfindung in Frage kommenden Amtsstellen abgegeben worden. Die Beteiligung Kapitän Lohmanns an einer Bergungsstudiengesellschaft befand sich bereits in der Abwicklung, als Kapitän Lohmann noch in Dienst war. Der darin investierte Betrag von rund 80 000 Mark muß als verloren angesprochen werden.
Die Geldmittel Lohmanns
Die von Lohman getroffenen Maßnahmen sind zmn Teil unter Verletzung von Bestimmungen der Reichshcmshalt- ordnung mit Mitteln bewirkt worden, die für andere Haushaltzwecke bestimmt waren. Ferner sind seinen Fonds Beträge zugeflossen, die ihrer Herkunft nach den eigenen Einnahmen des Reichs hätten zugeführt werden müssen. So hat Kapitän Lohmann die Beträge, die die Marine aus den dem Reichswehrminister zur Abwehr der durch den Einbruch in das Rhein- und Ruhrgebiet entstehenden Schäden überwiesenen Mitteln erhalten hatte, zum Teil für seine Unternehmungen verwendet. Einnahmen, die dem Reich aus dem Verkauf von beschlagnahmten Schmuggelschiffen und Geräten zu- geslossen sind, und Ersparnisse aus dem Fonds zur Heimbeförderung von Kriegsgefangenen sind nicht den eigenen Einnahmen des Reichs zugeführt, sondern mit ihnen die durch Lohmanns Maßnahmen notwendig gewordenen Ausgaben bestritten worden.
Die Frage, ob Kapitän Lohmann aus den Geschäften persönliche Vorteile gehabt habe, wird im Bericht verneint. Dagegen wird ihm zum Vorwurf gemacht daß er sich in persönlichen Verkehr mit Geschäftsleute« eingelassen habe, die er hätte meiden sollen.
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Die „Deutsche Allgem. Ztg." sagt, es muffen schwere, früher undenkbare Organisationsmängel im Reichswehr- Ministerium vorherrschen, wenn ein einzelner über solche Niesensummen verfügen und sie verlieren konnte, ohne dH die „Vorgesetzten" etwas davon wußten oder merkten. Ma« habe wohl nichts merken wollen.
phöbus im haushaltcrusschuß
Berlin, 13. März. Der Haushaltausschuß des Reichstags beschäftigte sich heute mit dem Bericht über di« Phöbus-Angelegenheit, die von sämtlichen Parteien aus» schärfste verurteilt wurde. Reichswehrminister Gr 8 ner erklärte, er setze sich persönlich dafür ein, daß so etwas nicht wieder vorkomme. Der Ausschuß beschloß die Einsetzung eines Unterausschusses, der die Einzelheiten der Angelegenheit untersuchen soll.
Neueste NscheWen
Geringer Rückgang der Arbeitslosigkeit
Berlin. 13. März. Die Gesamtzahl der Houptunter- stützungsempfanger in der Arbeitslosenversicherung war am 29. Februar 1928 rund 1 237 500 gegenüber 1291000 am 15. Februar 1928.