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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Donnerstag, 16. Februar 1928

lichster Weise auf wertvollste erzieherische Kräfte, die seit langen Generationen in unserem Volke lebten, verzichte. Jedenfalls werden hier die tiefsten Gemütsanlagen des Kin­des nicht mehr berücksichtigt, und christliche Lehrerpersön­lichkeiten können in Hieser Schule ihr Bestes nicht mehr wirksam machen. In welchem Maß diese Lücke nach einem Ersatz ruft, zeigen die bitteren Streitigkeiten über diese Schule im Lager ihrer Befürworter selbst.

Aber auch die Gemeinschaftsschule, wie sie ent­sprechend der Reichsverfassung vorgesehen ist, kann nicht unser Ideal sein. Sie kann mit der christlichen Simultan­schule Badens nicht gleichgesetzt werden, da in erster Linie nicht bloß die christlichen Bekenntnisse, sondern auch die außerchristlichen Weltanschauungen bei Schülern und Leh­rern gleichberechtigt sind. Bei der Vieldeutigkeit der Be­stimmungen über die sittliche, religiöse Grundlage, die hier für Unterricht und Erziehung maßgebend sein soll, ist unter derselben Flagge eine ganz verschiedenartige Gestaltung dieser Schule möglich. Es soll nicht bestritten werden, daß unter günstigen Verhältnissen sich auch die Schule dieses Typs dem Wesen der bewährten christlichen Simultanschule nähern kann; aber es darf nicht vergessen werden, daß der Einspruch eines einzigen freidenkerisch gesinnten Erziehungs­berechtigten die Pflege der uns aus dem Christentum er­wachsenden Werte der deutschen Volkskultur in Frage stellen kann. Bekanntlich haben solche Erziehungsberechtigten, um nur ein Beispiel zu nennen, in einer sächsischen Gemeinde schon dar»., eine Verletzung ihrer Gefühle als Andersdenken­der erblickt, daß im Gesangsunterricht der Text:Es ist bestimmt in Lottes Rat" usw. gesungen wurde. Und diese Rücksichtnahm? auf die Gefühle Andersdenkender hat in Sachsen dazu geführt, daß auch aus der Fibel für die beiden ersten Schuljahre alle religiösen Anklänge entfernt worden sind, und daß dort, wie auch in Thüringen, aus dem Ge­sangsstoff die wertvollsten Volkslieder gestrichen wurden, nur weil sie religiöse Töne anschlugen. Es läßt sich daraus folgern, daß die neue Gemeinschaftsschule dem Kampf der Weltanschauungen keineswegs entrückt sein wird.

Jedenfalls ist außer Zweifel, daß die Bekenntnis­schule in den breitesten Kreisen unseres Volks verwurzelt ist. Ich brauche nur zu erinnern an die in ganz Deutschland veranstaltete Unterschriftensammlung für die katholischen Bekenntisschulen, die ein Ergebnis von 7090 v. H. der karholischen Wahlberechtigten erzielten, und auf evangelischer Seite hat in Württemberg die bekannte Unterschriftensammlung evangelischer Verbände 583 000 Unterschriften evangelischer Wahlberechtigter für die Be­kenntnisschule erreicht und somit zwei Drittel der evange­lischen Wahlberechtigten des ganzen Landes auf sich ver­einigt; und in Preußen, wie in Sachsen, sind die Ergebnisse der jährlichen Elternwahl besonders für die chr.Mche unpolitische Liste überwiegend günstig ausgefallen. Ein Reichsschulgesetz, das diesen Aeußerungen des Volkswillens oerecht zu werden sucht und auch der christlichen Bekenntnis­schule freie Entwicklungsmöglichkeit gibt, sollte man denken, dürfte gerade auch vom demokratischen Standpunkt aus unmöglich als reaktionär verschrien werden. In Württem­berg hätte jedenfalls auch eine Persönlichkeit wie Egel- Haas sich für die Erhaltung der Konfessionsschule, wie es Her Keudellsche Entwurf will, eingesetzt.

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Stuttgart, 15. Februar.

Der Landtag überwies eine Eingabe des Verbands der Gemeinde- und Staatsarbeiter bctr. Einführung einer Ruhe- geldoersorgung der Regierung zur Erwägung.

Finanzminister Dr. Dehlinger machte Mitteilung von der Absicht der Reaierima. im Nachtraasplan für 1928. der infolge der Besoldungsorünung notwendig werden wird, für Vorarbeiten zum Neubau einer Chirurgischen Klinik einige hunderttausend Mark einzujetzen. Der Ge­samtaufwand für den Neubau dieser Klinik beträgt 3,75 Millionen Mark. Dazu kommen noch 35 000 für Um­bauten und Verlegungskosten. Abg. Schees (Dem.) war von der Mitteiluna des Finan.rministers sehr erfreut und

wies darauf hin, daß in Tübingen Wohnungsnot für die Professoren bestehe. Der Staat sollte den Bau größerer Wohnungen unterstützen. Der Finanzminister teilte weiter mit, daß der Erweiterungsbau der neuen Aula, insgesamt 4,3 Mill. Mark kosten werde. Erst heute könne er sagen daß die D e ck u n g s m i t t e l für die Vorarbeiten zum Neubau der Klinik vorhanden seien, er könne aber auch heute schon hinzufügen, daß im Jahr 1929 die Mittel für die Chirurgische Klinik vorhanden sein werden, möge dann Finanzminister sein, wer wolle. Dem Wunsche, für die Professoren in Tübingen größere Wohnungen zu erstellen, werde die Regierung Rechnung tragen, soweit Mittel vor­handen feien. Schließlich wurde der Ausschußantrag an­genommen.

Zum Kapitel Salinen wurde ein Ausfchußantrag an­genommen, bei der Neugestaltung der Siedesalzgewinnung in Friedrichshall darauf zu achten, daß wohlerworbene Rechte der Beschäftigten nicht verletzt werden und daß die Existenz der Arbeiter und Angestellten nach Möglichkeit er­halten und bei eventuell notwendigen Entlassungen nach so­zialen Gesichtspunkten verfahren wird. Es wurde darauf hingewiesen, daß die württ. Salzwerke eine schwere Kon­kurrenz mit der Steinsalzindustrie zu bestehen haben. Prä­sident Kuhn erklärte, daß eine Rationalisierung ohne Ar­beiterentlassungen nicht möglich sei.

Zum Kapitel Badeanstalt Wildbad wurde ein Aus­schußantrag angenommen, Einrichtungen zu erwägen, die die Schaffung einer Vor- und Nachsaison gewährleisten. Das Kapitel Staatslotterie wurde mit 19 gegen 18 Stim­men angenommen. Das Polizeibeamtengesetz wurde an den Be'-waltungs- und Wirtschaftsausschuß überwiesen.

Bei Kapitel Torfverwalkung Schussenried wurde ein Ausschußantrag betr. Abgabe von Torfstreu an Iungoiehweiden zu verbilligtem Preis und ein Antrag Ströbele (Bauernd.) anaenommen, zu erwägen, ob der Torsanstalt ein zinsloses Darlehen für Moorruliurarvenen gewährt werden könne.

Zu Kapitel Forsten wurde ein Ausschußantrag ange­nommen, wonach Zuschußrenten gewährt werden an staat­liche Holzhauer, die eine Invalidenrente beziehen, das 65. Lebensjahr zurückgelegt haben und längere Zeit durch­schnittlich 100 Tage jährlich im Staatswald gearbeitet haben. Außerdem sollen ältere Waldarbeiter, die für die Leistung von Akkordarbeit'nicht mehr in Frage kommen, wenn sie mehr als 10 Jahre im Staatswald gearbeitet haben, soweit möglich mit Taglohnarbeiten beschäftigt werden. Außerdem soll im Interesse der holzverarbeitenden Landhandwerker

das Holz bei den staatlichen Verkäufen auch in kleinere Lose eingeteilt werden.

Im Lauf der Aussprache wurde besserer Pflan­zenschutz und eine Herabsetzung der Gebühren gewünscht, die die Gemeinden für die staatliche Waldbewirtschaftung zu zahlen haben.

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Falsche Beschuldigungen. In der gestrigen Sitzung des wurde ein Schreiben des Stadtschultheißenamts schelklmgen verlesen, worin erklärt wird, daß die Angriffe des ^mmunistischen Abgeordneten Becker gegen das Kon- radi-Erziehungshaus vollständig aus der Luft gegriffen !

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Skulkgark, 15. Februar.

Neues Polizeibeamlengeseh. Dem Landtag ist der Ent­wurf eines Gesetzes über die staatlichen Polizeibeamten zu- ! gegangen. Das neue Polizeibeamtengesetz gliedert die § Polizeibeamten in Polizeianwärter und planmäßig an- gestellte Polizeibeamte. Wer künftig die Polizeilaufbahn einzuschlagen beabsichtigt, soll zunächst als Polizeianwärter eintreten und ausgebildet werden. Aus den Polizeianwär­tern werden mit wenigen Ausnahmen die Beamten des uniformierten Vollzugsdienstes, die Landjäger und auf dem Weg Mer diese beiden Beamtengruppen die Kriminalbeamten entnommen. Die Einstellung von An­wärtern soll nur in der Zahl erfolgen, daß die nach

Vollendung der Anwärterzeit noch vorhandenen Anwaner voraussichllich dauernde Anstellung finden können. Die Einheitspolizei ist damit geschaffen. Bei einer Neu­aufstellung des allgemeinen Beamtenrechts werden die Polizeibeamten in dieses einzugliedern sein. Die Fassung des neuen Gesetzes geht von dem Bestreben aus, diese Ein­gliederung möglichst zu erleichtern.

85 fahren ist hier Oberstleutnant a. D. Karl Freiherr

Werburg, Ehrenmitglied des Wurtt. Kriegerbundes, gestorben. Er hat den Krieg von 1866 und 1870/71 mitgemacht. Im Jahr 1926 konnte er sein 7lhahriges Dienstjubiläum feiern.

Ans dem Parleileben. Der Sozialdemokratische Verein har hier im Gewerkschaftshaus seine Hauptversammlung abgehalten. Der Kassenbericht zeigt-, daß die Zahl der männlichen Verträge von 136 912 im Jahr 1926 auf 164 240 ^fH^k km Jahr 1927, die Zahl der weiblichen Beiträge von 24 933 auf 30 726 «K gestiegen ist. Es wurde ein Protest gegen die Politik der württembergischen Rechtsregierung beschlossen. Zum 1. Vorsitzenden wurde an Stelle von Her- prch Brodbeck gewählt.

Der Deutsche MekaSarbeikerverband hat gegen den Aus­sperrungsbeschluß der Arbeitgeber in der Metallindustrie in einer Versammlung in Stuttgart eine Entschließung gefaßt folgenden Inhalts: Die Rationalisierung der Be­triebe habe eine anhaltende außerordentliche Produktions­steigerung gebracht, die dauernd menschliche Arbeitskräfte freisetze und zur Massenarbeitslosigkeit führe. Dagegen müssen alle die Konjunktur günstig beeinflussenden Faktoren zur Anwendung kommen: Weitgreifende Wohnungspolitik, soziale Gestaltung der Steuern, Bekämpfung der mono­polistischen Marktbeherrschung, AbL au der Zölle, Stär­kung der Kaufkraft der Massen durch Lohnerhöhung, die der Produktionssteigerung entspreche.

Freispruch. Das Schwurgericht hat die Schulthsißen- ehefrou Hermine Spanney von Jesingen von der Anklage des Meineids freigesprochen.

Schafhousen. OA. Böblingen, 15. Febr. Eigenarti­ger Unfall. Als der Landwirt A. Buck hier seinen Zugstier an den Wagen onspannen wollte, raste ein schmiede­scheues Pferd, das zum Beschlagen vor der Schmiede stand und seinem Führer ausgerissen war. dicht an ihm vorbei. Der Stier wurde dadurch so erschreckt, daß er kebrt machte und Reißaus nehmen wollte, sprang aber unglücklicherweise aus die Spitze der Wagendeichsel auf, die ihm 60 Zentimeter tief in die Seite eindrang, so daß er sofort notgeschlachtet werden mußte.

Hofen, OA. Besigheim, 15. Febr. Aufwertungs­streit. Der Streit um die Aufwertung der Ausgleichs­forderungen der in der Entwertungszeit abgeschlossenen Feldbereinigung, der in der Gemeinde schon viel Staub aufgewirbelt hat, wurde nun vor dem Amtsgericht Besig­heim durch einen gütlichen Vergleich geschlichtet. Die Par­teien haben sich auf eins öOprozentige Aufwertung der im Jahr 1920 festgesetzten Ausgleichsforderungen geeinigt. Jede Partei zahlt die eigenen Anwaltskosten.

Heilbronn. 15. Febr. Beanstandete Wabl. Bei der Wahl des Vorsitzenden des Vorstands der Ortskranken­kasse Heilbronn-Stadt erhielt der bisberige Vorsitzende Dr. R einhardt nicht die absolute Mehrheit. Reinhardt erklärte seine Wahl trotzdem für gültig. Die Vertreter der Arbeitgeber erhoben Einspruch und beschlossen, beim Reichs­versicherungsamt Beschwerde zu führen.

Güglingen. OA. Brackenheim, 15. Febr. Ein neuer Gau im Schwäbischen Sängerbund. Am Sonn­tag fand in der Post eine Sängerversammlung des Hölder­lin-Gaus und des Zabergäus stakt. Diese beiden Gaue, die bis jetzt dem Schwäbischen Sängerbund nicht angehörken, haben mit großer Mehrzahl beschlossen- künftig einen Gau zu bilden, der den Namen Hölderlin-Zabergäu führt und außerdem hak sich der neue Gau für den Anschluß an den Schwäbischen Sängerbund erklärt.

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2. Fortsetzung.

Net g'rad lang, erst a halb's Jahr", und nun erfubr ich nacheinander die ganze Lebensgeschrufte, während sich meine Koffer wie durch Zauberei leerten.

Ein halbes Stündchen später schlüpfte ich in den Smo­king, brannte mir eine Papyros an und trat an's Fenster. Draußen lagerten schon die ersten, weichen Schatten des beginnenden Abends. Rosiger Widerschein färbte die von wildem Wein Lberwuchterten Mauern, drunten, im Tal, wallten ziehende Nebelschwaden auf, aber drüben flammten die Schroffen und Schrunden wie von rinnendem Blut übergossen, violette Tinten geisterten über die Steilhänge hin. und nur die höchsten Spitzen des Urgesteins waren umwoben von einer flimmernden Strahlenkrone. Dort oben, wo in Rissen und Runsen der Firnschnee haftete, schie­nen Rosen aufzublühen, Myriaden roter Rosen, ein Feen­reich, geheimnisvoll und lockend, ein Märchenland, um­woben von dem Zauber unberührter Reinheit.

So versunken war ich in den Anblick, daß ich ein leises Anklopfen ganz überhörte. Eine Hand legte sich von rück­wärts auf meine Schulter, ich fuhr herum:

Vinzenz! Entschuldigte, aber-"

Brauchst dich net entschuldigen, Alterte ah was seh' ichen grande tenue". Bratenrock und Lackschuh'! Du, das gibt's in Schloß Terofal net, mir san alle an 's Jagd­habit g'wöhnt, no, jatzt woll'n ma mal 'rübergeh'n."

Wieder schritten wir den Korridor entlang bis zu dem Arbeitszimmer des Hausherrn, ein Diener öffnete die Tür Im Erker standen drei Herren im Gespräch beisammen. Der Vinzenz schob mich vor:Graf Pürkftein, Rittmeister Graf Pernegg, Ritter von Molnar!" bären ihre Pranken, neben dem fahlen Gelb ostafrikani­schen Löwen spannte sich die prachtvoll gezeichnete Decke Hab' die Ehr'!"Sehr angenehm!" Ein Hände­

schütteln, Verbeugung. Der schlanke Birkenfeld-Dragoner I klemmte sein Einglas fest:

I glaub' wir hab'n uns schon amal g'seh'n, Baron, vor sieben oder acht Jahren, bei der Pardubitzer Steeple- chease. ritten an Fuchs und i an Dunkelbraunen, waren S' nit Königin-Husar, blausilber?"

Jawohl, ganz recht, Heyden-Linden gewann damals das Rennen, Rosenberg wurde Zweiter-"

Die Verbindung war hergestellt, Graf Pürkftein räu­sperte sich:

Sie kommen aus dem Reich? Gelt?"

Ich bin Sachse-"

Ah Sachse!" Das klang fast herzlich, und der Vin­zenz lachte:

Schad', i halt' dem Poldl schon grus'lig g'macht vor dem Preiß'n, auf Berliner san s' net gut zu sprechen am Ballhausplatz!"

Franz Joseph Ritter von Molnar zwirbelte seinen langausgezogenen, pechschwarzen Schnurrbart:

Haben S' a gute Reise g'habt? Freit mi, daß ma jetzt unser Fünf sein, da kann immer einer passen bei 'n Tarock oder spielen S' lieber Skat?"

Sedlmayr trat ein, die Mienen des wohlerzogenen alten Manns erstarrten zur Maske.

Meld' untertänigst: es is' ang'richt!"

Auf! sprach der Fuchs zum Hasen!" Vinzenz nahm meinen Arni, die Flügeltüren zu dem anstoßenden Saal wichen nach innen. Die kassettierte Decke warf den Wider­schein der rosafarbenen, in hohen,- silbernen, sechsarmigen Leuchtern steckenden Kerzen zurück^ deren leise flackernde Flammen sich in dem Parkett, den grünlichen Römern, goldgeränderten Sektschalen, blutfarbenen Rubingläsern und schweren Bestecken, neben denen über den schneeigen Damast verstreut kleine Latschenbrüche lagen, spiegelten. Auf hohen Postamenten standen stählerne Rüstungen, an den Wänden hingen zwischen altersdunklen Bildern Waf­fen aller Arten und Zeiten, vom Bumerang und Malayen- kris bis zum Morgenstern, Pavesenschilde, kunstvoll ein­gelegte Feuersteinflinten, Armbrüste und Saufedern, in Brusthöhe aber waren die erlesensten Trophäen Wgebracht, welche seit Generationen die Schloßherren von Terofal erbeutet hatten. Drohend erhoben zwei riesige Karpathen­eine Himalpyatigers, prahlten die mannshohen Stoßzähne eines Elefantenbullen, und die eine Schmalseite war be­deckt mit Vogelbälgen, deren Artbestimmung auch einem Ornithologen von Fach nicht leicht gefallen wäre.

Mein Freund führte mich zu der Tafel:

Zum Anschau'n hast d' morgen noch Zeit g'nug, Alterl ach, Hochwürden der Herr Kaplan!"

Lautlos war der Geistliche eingetreten, drückte mir lächelnd die Hand:

Jnnermoser!" Dann sprach er das Tischgebet. Nur mit den Augen leitete der Haushofmeister das Aufträgen der Speisen, flüsternd nannten die Diener die Namen der Weine.

Willkommen und Weidmannsheil!" Vinzenz hob sein Glas, und nun mußte ich auch den anderen Herren zu- trinken. Der Ritter von Molnar zerlegte einen trüffel- gefüllten Artischokenboden:

Zwei Eamsböck' Hab' ich schon, wenn S' im nächsten Herbst Zeit und Lust haben, kommen S' doch amal zu mir nach Keresz-Erdö, is a bissel abgelegen, hart an der Grenz', bei Köröpülü, aber Hirsch gibt's da; also ich sog Ihnen, zehn Kilo G'weihg'wicht, voriges Jahr kam ma zwei Sech­zehnender g'schosfen, die haben beide in Budapest erste Preis' g'kriegt, un' Bären un' Wölf un' Sauen, Raubwild können S' schießen, so viel als S' nur mögen."

Das Stichwort war gefallen: Weidwerk! Hierein Terofal, schien sich alles um die Jagd zu drehen, selbst die Diener trugen an den moosgrünen Livreen Hirschhorn­knöpfe, die Dessertlöffel waren mit gebräunten Erandln geschmückt, und von der Decke herab hingen zwei Donau­weibchen, die auf gekreuzten Eeweihstangen ruhten.

Die Stirnen der Herren waren röter geworden, die Stimmen lauter; allmählich taten die schweren Weine und der von der Suppe an gegebene Sekt ihre Wirkung. Wieder und immer wieder glitten meine Blicke über die trophäen­bedeckten Wände.

Meinem Platz gegenüber hing das meisterhaft geniale Bildnis eines noch jungen Mannes in einer seltsam an­mutenden, altertümlichen Jagduniform. Die nachtschwar­zen Augen unter den starken Brauen hatten einen harten, spöttischen Ausdruck, die scharf gebogene Nase und das eckige Kinn verrieten Willenskraft und um den fest ge­schlossenen, bartlosen Mund lag ein brutaler Zug. Bis in die kleinste Einzelheit war alles offenbar naturgetreu wiedergegeben: die Damaszenerläufe der Radschloß-Doppel- büchse, der mit Gold eingelegte Griff des Hirschfängers, die wappengeschmückten Knöpfe.

(Fortsetzung folgt.)

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