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Nagolder TagblattDer Gesellschafter"

Marbach a. N., 13. Nov. Schiller-Gedenktag. Oie 168. Wiederkehr von Schillers Geburtstag wurde am Donnerstag hier feierlich begangen. Um 11 Uhr versammel­ten sich Schüler und Schülerinnen der Latein- und Real­schule mit ihren Lehrern im Schillerhaus. Zu der Feier batten sich Geh. Hofrat Prof. Dr. von Güntter mit Familie, Frau A. Kießling-Krieger, die Urgroß- »ichte Schillers, der Vorsitzende des Marbacher Schiller­oereins, Stadtschultheiß Kopf, und noch andere Schiller- oerehrer eingefunden. Bei Einbruch der Dunkelheit strahlte »as Schillerhaus im schönsten Lichterglanz.

Nordheim OA. Brackenheim, 11. Nov. Nächtlicher Aeberfall. Der Ueberfall, der vor einigen Wochen nachts auf ein vom Zug heimkehrendes Mädchen ausgeführt wurde, fand am Dienstag vor dem Schöffengericht Heil­bronn seine Sühne. Der von der Lanüjägermannschaft er­mittelte Täter, Hermann Knoll von hier, wurde zu einem Jahr vier Monaten Gefängnis verurteilt.

Schwenningen. 12. Nov. Keine Pfichkarbeik der Erwerbslosen. Der tSemeinderat befaßte sich in sei­ner letzten Sitzung auch mit der Frage der Pflichtarbeit der Erwerbslosen. Der Verwaltungsausschuß beim öffent- Vchen Arbeitsnachweis hatte beschlossen, von den vorhande­nen Arbeitslosen, die vom Arbeitsamt Unterstützung be­ziehen, 30 Mann in Zukunft je 16 Stunden pro Woche zur Pflichtarbeit heranzuziehen und dem Stadtbauamt zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen. Aus der Stadtkasse müßte diesen Arbeitern eine Zulage zur Erwerbslosenunkerstühung von 30 Pfg- pro Stunde als Entschädigung für ihre Mehr­aufwendungen für Nahrung und Kleidung bezahlt werden. Die Pflichtarbeiter würden in zweitägigen Schichten zu je 10 Mann arbeiten, so daß auch eine entsprechende Arbeits­leistung erzielt würde. Der Gemeinderak beschloß aber, Mittel zur Durchführung von Pflichtarbeit nicht zu bewil­ligen, dagegen 10 000 -4t für Durchführung von Notstands- arbeiten (Feldwegverbesserungen) zur Verfügung zu stellen.

Ulm, 12. November. Neue Donaubrücke'. Die Bauabteilung des Gemeinderats genehmigte die Aus" führung einer weiteren Brücke über die Donau etwa 50 Meter oberhalb der Eisenbahnbrücke. Die Arbeit erhält die Firma Säger u. Werner um 98006 Mark. Der Unterbau besteht aus Eisenbetonpseilern, der Oberbau aus Kiefern­holz. Die Brücke hat so eine/Lebensdauer von mehr als 100 Jahren. Durch die Teuerung des Holzes kam die Brücke zirka 30 000 Mark höher als ursprünglich vorgesehen war.

Aus Stadt und Land

Nagold, 14. November 1927.

Jeder einzelne unter uns in seiner Weise tue und wirke, als ob er allein sei, und als ob lediglich auf ihm das Heil der künftigen Geschlechter beruhe.

_ _ Dieastoachrichtea

Klumpp, Maria von Simmersfeld, OA. Nagold wurde, als Apotheker im Prüfungsjahr 1926/27 approbiert.

Der Herr Staatspräsident hat eine Lehrstelle an der evangelischen Volksschule in Schöndronn OA. Nagold dem Lehrer Otto Drißner daselbst übertragen.

Die Reichsbahndirektion hat den technischen Reichsbahndirektor Reiner in Sigmaringen nach Horb als Vorsteher der Bahnmeisterei 2 mit der Dienstbezeichnung Bauinspektor versetzt.

Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurde ver­setzt: Steuerinspektor Karbaum bei dem Finanzamt Lich­tenberg an das Finanzamt Hirsau.

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Novemberlage

Der Winteranfang ist zwar noch nicht da, aber doch ists Winter geworden. Konnten wir uns in vergangener Woche in warmer, bald noch sommerlicher Sonne tummeln.... auf ein­mal fing es an zu rieseln, Regen, Regen und ein wenig Schnee, den viele in ihrem Berufsübereifer nicht gesehen haben oder aus Furcht vor dem Winter nicht sehen wollten, aber die, bei denen daheim die geölten Bretter gleich Hunden in der Lust herum­schnuppern, weil sie Schnee wittem, die haben ihn gesehen. Auf einmal rieselte es nicht mehr und dicke, glitzernde weiße Flocken tanzten zur Erde nieder, alles mit einem weißen Her­melinmantel beglückend, die Mutter Erde umschließend in semen weichen, zur Ruhe ladenden Arm.

Nun treibts den Menschen wieder heraus, denn draußen gibts etwas neues zu sehen, Wald und Feld, Wiesen und Gärten in ihrem bis jetzt noch dünnen, frühwinterlichen Kleid. Im Wald da ist es geheimnisvoll, bei den grünen Tannen mit ihren neuen Kapuzen. Der einen ist sie zu tief ins Gesicht gerutscht, sie wirft sie runter, auch bei der anderen poltert die schöne neue Mütze zur Erde, sie war vielleicht für den jungen Kopf zu schwer. Und wenn du Wanderer genau hinhorchtest, hast du nicht von ganz ferne die zarten Weihnachtsglöckchen gehört? Weihnachten, ja es ist in der Nähe und wir wüßten es, wäre es. auch nicht kalt geworden und stünde es nicht auf dem Kalender. Die Vereinstätigkeit, das Vorbereiten auf Weih­nachtsfeiern hat begonnen, wie überhaupt das gesellschaftliche Leben des Winterhalbjahres schon in den letzten Tagen mit einem reichen und vielseitigen Programm eingesetzt hat und schon morgen durch den Otto Keller-Abend im Seminar seinen Fortgang nimmt. In gewohnter Pünktlichkeit, ohne das sonst obligatorische Viertel, alldieweil der Zug nicht wartet, begann der Schwarzwaldverein mit guter Beteiligung über Monhardt nach Berneck seine Fahrt über verschneite, stille Wege. Böse Zungen sprachen dabei von einer »Metzelsuppenfahrt". Hört, hört!!! Der altpiet. Gemeinschaftschor erstellte die Kränken im Bezirkskrankenhaus durch einige schöne Lieder. Am Morgen war Erntedankfest in der ev. Stadtkirche und wer hat trotz Wolken­brüchen und Unwetterschäden nichi das Bedürfnis zum danken? Blätter, Blüten, Früchte: so erscheinen sie jedes Jahr nacheinander. Eins ist immer köstlicher als das andere und jedes Folgende macht das Vorangegangene vergessen. Mit wel­cher Freude begrüßt, man es, wenn im April die braunen Knospen springen. Und dann im Mai, wenn die Blüten sich öffnen, welch Entzücken erst jetzt! Doch nicht lange währt die Pracht und die Blüten fallen zu Boden es bilden sich Früchte, zuerst klein und kaum sichtbar, aber immer mehr runden und färben sie sich, und endlich lachen sie durchs Ge­zweig:hol mich, schüttle mich, mich!" Das läßt auch nicht mehr lange auf sich warten und die Zeit der Ernte ist da. Wer sieht jetzt noch nach den Blättem, wer denkt noch an die Blüten? Früchte will man haben!

Ebenso ist es ein feierlicher Anblick und eine Fülle von ernsten Gedanken strömt einem zu, wenn man einen Sämann über's Feld gehen sieht. Und so mancher Maler hat dies als Bild gemalt, denn es spricht unmittelbar zum Gemüt. Mag auch der Winter mit seiner starrigen Kälte, mag auch Wetter und Hagelschlag drohen, der Landwirt tut getrost sein Werk in der Zuversicht einer künftigen Ernte.Und also wächst des Menschen Speise, der Acker selbst wird ihm zu Brot ..." Dies stimmt zum Danken, denn das ist so unentbehrlich für uns, wie das liebe Brot für den Leib. Doch kalt sind viele Herzen und stumm die Lippen. Für manchen klingt freilich verwunderlich kurz, daß das Denken die Voraussetzung des Dankens gegen Gott ist. Wird dieses erfüllt, dann gibt es auchFrüchte von der guten Sorte".

Erfreulich groß war wieder die Fülle von Gaben, die man gestern in bunter Reihe in der eoang. Kirche bewundern konnte und die freundl. Geber die Gelegenheit benützen durften, Gutes zu tun. Wie töricht ist, wer kärglich säet und die Almosen spart. Dennda wir nun Zeit haben, so lastet uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen." Dann gehen die Gedanken wieder dorthin, wo die neue Ernte schon im Samenkorne der Muttererde anvertraut ist und jetzt unter weißer Decke dem Frühjahr, dem Werden, Wachsen, Blühen, Reifen und Zeugen entgegenträumt, während des wir nur eines können, . . . wir hoffen!

Abschied von Schulrat Schott

Am Samstag wurde hier im Traubensaal für Schulrat Schott, der auf 1. Oktober aus dem Amt geschieden ist, eine Abschiedsfeier gehalten. Die Lehrerschaft des Bezirks war fast vollzählig vertreten. Auch einige Schulräte und die mit der Schule verbundenen Behörden waren erschienen. Oberlehrer Stahl als Vertreter der Lehrerschaft rühmte die milde und wohl­wollende Art des Scheidenden, mit dem die Lehrerschaft ver­trauensvoll zusammengearbeitet habe. Er begrüßte zugleich den Nachfolger im Bezirksschulamt und versicherte ihn des Vertrauens der Lehrerschaft. Oberamtmann Baitinger sprach in ernsten und heiteren Worten für das gemeinschastl. Oberamt in Schul­sachen, Dekan Zeller von Calw und Dekan Otto von hier rühmten die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Schulrat Schott, Prof. Bauser seine langjährige nebenamtliche Tätigkeit im Seminar. Weitere Redner gedachten des wohlwollenden Vor­gesetzten und dem Wirken der Frau Schulrat. Der Vorstand der Schulräte in Württemberg, Schulrat Köhler aus Eßlingen, gedachte in ehrenden Worten des geschätzten Kollegen und überbrachte den Dank und die Anerkennung des Oberschulrats. Schulrat Schott dankte gerührt für die vielen Ehrungen und

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tZomM-vor» klstrettt Oor-cttsr-t- 39. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Aber die Zeit verging und kein Zeichen kam von ihr. Mein Vater war ver­zweifelt, klagte sich der Härte an und verzehrte sich in Leid und Grain. Die Nachforschungen mußten erfolg­los bleiben, da er sie geheim betrieb. Er hätte es nicht über sich vermocht, den schwergebeugten Eltern auch noch diesen Kummer zu bereiten. Ein Jahr darauf starben beide Eltern und mem Vater, der inzwischen meine Mutier geheiratet hatte, zog als Majoratsherr in Tworrau ein.

Er war menschenscheu und schwermütig geworden und meine Mutier war die einzige, die ihn manchmal zu trösten vermochte. Sie teilte nicht allein seinen Kummer, sie forschte auch mit ihm nach Gisela: ihr Bild bekam einen Ehrenplatz im Ahnensaal. Aber wenige Jahre nach mei­ner Geburt starb meine Mutter. Mein Vater sah ihren Tod als furchtbare Strafe des Himmels an und wurde noch trübsinniger. Erst nach Jahren entschloß er sich zu einer zweiten Heirat, wohl hauptsächlich meinetwegen. Er konnte ja nicht ahnen, daß er dm heißgeliebten Sohn damit aus dem Vaterhaus in die Fremde treiben würde. Auch dieser Frau vertraute er seinen Gram an. Sie lachte ihn aus und schalt ihn töricht, sich um eineDirne" so zu grämen. Giselas Bild wurde auf ihre Veranlas­sung von der Wand genommen und in die dunkle Ecke gestellt, wo wir es heute vorfanden: aber, bei Gott, es soll wieder den alten Ehrenplatz einnehmen von heute an. Meinem Vater aber ließ die Schuld keine Ruhe. Ohne Wissen seiner Frau machte er ein Testament, worin er den Erben Giselas ein beträchtliches Vermögen und die beiden Güter Pawlowitz und Neudeck vermachte. Fünf Jahre lang nach seinem Tode sollte man nach diesen Er­ben forschen und, erst wenn die Zeit um wäre, sollte alles <rn Tworrau zurückfallen. Er teilte mir dies alles

bei unserem letzten Zusammensein auf Tworrau mit und ließ mich schwören, alle meine Kräfte aufzubieten, um ihm zu helfen, seine Schuld zu sühnen. Ich versprach es ihm und reiste schweren Herzens ab. Nach Jahresfrist rief mich des Vaters Tod nach Tworrau zurück. Das Testa­ment wurde von meiner Schwiegermutter hart ange- fochten, doch es blieb zu Recht bestehen, und ich begann meine Nachforschungen trotz vieler mir in den Weg ge­legter Hindernisse. Leider habe ich bis jetzt so gut wie gar nichts erreicht, und drei Jahre sind schon vergangen. Ich fürchte fast, niemals des Vaters Schuld sühnen zu können."

Graf Konrad hielt hier inne und atmete tief auf: er schien Ilses Gegenwart fast vergessen zu haben.

Da richtete sich Ilse aus ihrer Versunkenheit, in die sie Graf Konrads Erzählung versetzt hatte, auf. Ihre Wangen waren heiß und rot und ihre Äugen schimmer­ten feucht.

Sie mögen längst in ewigem Frieden schlafen und damit ist alle Schuld ausgelöscht." sagte sie leise.

Ja, das mag wohl sein." antwortete er langsam, aber darum darf ich diese letzten zwei Jahre doch nicht rasten und ruhen. Ich habe meinen Rechtsanwalt Wagner in Breslau mit der Nachforschung beauftragt, und einmal fanden wir auch eine Spur"

Welche?" fragte Else gespannt dazwischen.

Wagner hatte den Gatten Giselas, den Sänger Holl­mann. ausfindig gemacht."

Wie? Der Mann lebt noch?" rief Ilse jetzt über­rascht.

Nein, nicht mehr. Er starb, kurz nachdem ich ihn ausgesucht hatte, im Armenhause in Berlin!"

O mein Gott, welches tragische Schicksal! Wußte er denn nichts von seiner ehemaligen Gattin?"

Kaum mehr, als ich hereits von meinem Vater erfahren hatte. Er verließ sein Weib, als er sich in seiner Annahme, eine reiche Frau geheiratet zu haben, getäuscht sah und floh mit einer anderen nach Amerika. Ein aben- teuerlickes Leben lag hinter ihm, als ihn die Sehnsucht nach Deutschland trieb. Er hatte gehofft, von seinem

Montag, 14. November 1627

die guten Wünsche zum Ruhestand. Prächtige Chöre der Lehrer unter Leitung von Oberlehrer Grieb und ein Klaviervortrag der Herren Nicht und Möß verschönten die würdig verlaufene Feier. Schulrat Knödler wünschte am Schluß dem Scheiden­den und feiner Gemahlin einen schönen Lebensabend im nahen Calw.

Geistliche Abeudmustk

Es war ja vorauszusehen, daß der Besuch diesesklassi­schen Abends", des Vorspiels am Samstag Abend in der eo. Stadtkirche kein allzugroßes Gedränge absetzen dürfte! Schon mit Rücksicht auf die verschiedenen anderen Veranstaltungen in und um Nagold herum. Immerhin hätte zahlreichere Zuhörer­schaft den Veranstaltern und Mitwirkenden dieses Vorspielabends ihre uneigennützige Mühe entgelten müssen. Was geboten wurde, war schön, als Komposition wie als Darbietung. Dr. Kurt Haering meistert das Instrument. Er ist Künstler im klassischen Stil. Mit überlegener Ruhe greift er in die Tasten und weiß die Hauptmotive, die in der Bach'schen Fuge so tief- verschlungen auftreten, durch Frasierung, Handhabung der Register und Wechsel in den Manualen herauszuarbeiten, ohne dabei das reizende Filigran der Nebenbewegungen zu vernach­lässigen. Sein Spiel ist ein durchgeistigtes, das die Kompo­nisten, insbesondere Bach, erleben läßt. Selten wird man die e-moII-Fuge so vollendet hören. Die Choraloorspiele, nicht gerade häufig auf einem derartigen Programm zu finden, diese kleinen Sinfonien", verrieten ebenso den Künstler, der die dramatische Naiur von Meister Bach auszuschöpsen versteht. Die Solistin, Frl. Schüler, hat ein klingendes Organ und anmutigen Schmelz in der Tongebung. Ob diein der Tiefe gähnende Leere" nicht der Grund war, daß sie bei den Höhe­punkten nicht noch mehr aus sich herausging? Es mag auch die Orgel bei der Begleitung der Solovorträge ein bißchen zu viel Flöte gehabt haben! Auf die Darbietungen im einzelnen näher einzugehen, würde zu weit führen. Vielleicht würde die Analyse gerade einer Bach'schenArchitektur" in Verbindung mit ähnlichen oder ganz entgegengesetzten Kompositionen das Verständnis für die Komponisten und ihrer Werke wecken.

Nnterhaktungsabend !

des Ver. Lieder- und Süngerkrauzes

Der Ver. Lieder- und Sängerkranz, dessen letztes Konzert aber auch dessen vorjähriger Theaterabend noch in unser aller Gedächtnis lebt, hatte am Sonntag zu einem Unterhaltungs­kranz in dieTraube" eingeladen. Eingeleitet wurde der Abend durch den immer wieder schönen MännerchorDie Himmel rühmen", der in seiner mächtigen Wiedergabe und seinen ge­waltigen und prächtig gefärbten Akkorden vom stärksten For­tissimo bis zum feinsten Piano schön abgestimmt war. Von neuem bewies dieser Vortrag das gesanglich-musikalische Können des Dirigenten, Oberlehrer Grieb. Oberpräzeptor Wieland begrüßte alsdann in launischen, mit trockenem Humor gewürz­ten Worten die wieder zu Hunderten erschienenen Mitglieder und Freunde des Vereins und entwickelte das Motto oder viel­mehr. wie es im üblichen Pluralis heißt, dieMotten" des Abends. Das Molto hieß also: Frohsinn .. . Unsinn! Läßt man nun vor seinem geistigen Auge das reichhaltige Programm vorbei ziehen, so kann dieses Motto gut noch weiter ausgestaltet werden in: Blödsinn, vielleicht sogar noch in: höheren Blödsinn. Aus jeden Fall hatte alles einensinn" und das ist schließlich die Hauptsache. Hauptsache ist auch, daß sich alle Anwesenden herzlich an dem Gebotenen erfreuen durften. Die Gesamtleitung lag in den bewährten Händen des Präses, der aber nicht nur leiteke, sondern überall bei den Ausführungen mit an der Spitze stand. Zur Erinnerung an dieGeisha" kamen die 4 schnei­digen Seeoffiziere auf die Bühne und machten durch die Schil­derung ihres Seemanns lebens denen den Mund lang, die jahraus jahrein in der Tretmühle des Alltags stehen müssen. Der warme Bariton des Vereinssolisten, Oberpräzeptor Wie­land, erfreute wie schon so oft mit einem kleinen SoloIn der Pfalz", einem Sang von Jugend, Liebe und Wein. Eugen Schnepf der Dicke, frei nach den Einfällen des oft köstlichen Conferenciers O. Napp, ließ zwischendurch einige Gedichte von Otto Keller und Karl Lohmiller vom Stapel. Einen sehr schönen Teil des Frohsinns bildete das Terzett aus dem Fidelen Bauer", einer Operette von Leo Fall, das von drei Originalbauern Paul Seeg er, Gustav Eckert, Gustav Walz gemimt, einen freudigen und gern gespenoeten Bei­fall erntete. Erbschaften haben meistens zwei Seiten, den einen erfreuen sie, den anderen ärgern sie. Daß aber eine gut diri­gierte Erbschaft auch nur wohltätigen Zwecken zu dienen im Stande ist, daß durch sie einer zwei Schwiegermütter loswerden kann, ist durchD' Herrenberger Erbschaft", einem schwäbischen Schwank in einem Akt von Hermann Streich bewiesen. Herz­erquickende Situationen und Komplikationen, dazu das frische, natürliche Spiel der Mitwirkenden Frl. L. Günther, M.

verlassenen Weibe, das er wieder bei den Eltern wähnte, wenn auch nicht Vergebung, so doch wenigstens eine Unter­stützung zu erlangen, denn er war von allen Mitteln gänz­lich entblößt. Dazu hatte ein ausschweifendes Lebenseine Gesundheit untergraben und er suchte, da seine Nachfor­schungen nach Gisela vergeblich waren, Aufnahme im Armenhause. Ich fand einen herabgekommenen, tiefge­beugten Greis, dem man die einstige Schönheit und Macht über Weiberherzen nicht mehr ansah. Er gab mir bereitwillig und zerknirscht vor Reue Auskunft und zum Schluß händigte er mir seinen Trauring und eine Photo­graphie Giselas ein. Was nützen mir die beiden Gegen­stände? Sie bringen kein Licht in das Dunkel. ^-

Nach einiger Zeit hörte ich. daß Sollmann gestorben wgr."

Ilse war bei den letzten Worten Graf Konrads aus­gestanden und ihre Stimme zitterte.

Ich danke Ihnen für Ihre Erzählung, Herr -v.u doch nun muß ich gehen."

Jetzt schon?"

Graf Konrad erhob sich ebenfalls und sah setzt auf­merksam in Ilses Gesicht.

Ich habe Sie mit meiner traurigen Geschichte ganz melancholisch gemacht. Fräulein Römer, wir hätten lie­ber von etwas anderem sprechen sollen."

Nein, nein." wehrte sie ab.

Was machen denn die archäologischen Studien?" fragte er ablenkend.

Ich bin fleißig gewesen und kann Ihnen Rede und Antwort stehen, aber heute ist es zu spät ein anderes Mal."

Also denn auf Wiedersehen. Fräulein Römer!" Er reichte ihr die Hand, und sie legte sekundenlang die ihre hinein. Dann wandte sie sich schnell ab und schritt dem Ausgange zu.

An der Tür blieb sie noch einmal stehen und sah lick um. Alles Blut wich plötzlich aus ihrem Gesicht. Unter dem Bilde Graf Archibalds stand Graf Konrad und es war ihr gewesen, als wenn beide Gestalten sich in eins verwebten und raum- und körperlos auf sie zuschwrb- len. (Fortsetzung folgt.)

Seite S

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