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Nr.52/6-JAHR f WEIHNACHTEN 195^

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W enn heute abend die Glocken,die Weihnacht einläuten, werden in vielen Häusern die Gedanken der Bewohner Raum und Zeit überspringen. Diese Gedanken gehen zurück zu Weihnachtsfesten, die anders gewesen sind als das dies­jährige; die schöner waren oder die nicht die Ruhe und Ge­borgenheit mit sich brachten, die zu diesem Fest gehören. Mit rrfir werden heute abend viele Männer daran denken, wie das damals war, als uns der Zwang der Ereignisse in fremde Länder verschlagen hatte, in denen wir auch zur Weihnachts­zeit Werkzeuge des Krieges waren.

Laßt mich also erzählen, was mir an jedem Heiligen Abend aufs neue in den Sinn kommt. Ich war einige Weihnachten in dem eiskalten. Land, ich habe auch Aufregenderes erlebt als das, was ich euch jetzt berichten werde. Aber einen reichge­deckteren Gabentisch habe ich noch nie gehabt. Auch ihr nicht.

Es war wieder einmal 24. Dezember geworden. Wir be­wegten uns westwärts. Die Nachmittagssonne schien uns ins Gesicht. Aber sie wärmte nicht. 35 Grad hatte jemand gesagt. Kältegrade. Und der Schnee war kniehoch. So waren wir schon zehn Stunden unterwegs. Am Morgen hatte uns der Iwan noch eingeheizt. Jetzt schien es, als ob er von uns ablassen wollte. Dachte er an unser Weihnachtsfest? Wollte er uns an diesem Abend feiern lassen? Von vome kam die Parole durch, im nächsten Dorf, dessen Kirchturm aus einer Mulde heraus­lugte, werde Quartier gemacht. Noch eine halbe Stunde Stol­permarsch durch den Schnee . ..

So ist nun der Soldat: Keiner dachte mehr an den Iwan und an seine Uberraschungskünste. Jedem war der Sinn nach einer warmen Russenhütte, nach einer Flasche heißem Tee mit viel Rum und nach einem gehörigen StüdeGummiwurst, nadi Post und Päckdien aus der Heimat. Das Gespräch drehte sich fortan nur nodi um diese handgreiflidien Themen. Weihnadi- ten wurde mit Sonderrationen gleichgesetzt. Vom Frieden auf Erden redete kein Mensch. Dieses Thema war zusammen mit unseren Illusionen irgendwo in den Wäldern zurückgelassen worden. Es lag unter dem Sdmee und es war mit in die Grä­ber der Kameraden gesenkt worden. Friede? Laßt uns weiter latschen, damit wir bald in eine warme Stube kommen und unser Brot auftauen können!

Das Dorf, in dem wir einfielen, kuschelte sich in eine tiefe Talsenke. Die kalten Winde strichen darüber weg. Wir hatten es uns gemütlidi gemacht. Das Haus hatte einen mächtigen Ofen. Post aus der Heimat war zwar keine gekommen, aber es hatte eine Sonderration Raudiwaren und eine Dose Sdioka- Kola gegeben. Eben war ich im Begriff, auf den Ofen zu stei­gen mein Lieblingsplatz, wo die eingefrorenen Lebensgei­ster wieder auftauten, da wurde die Türe aufgestoßen und ein Melder ließ uns wissen, daß sich unsere Gruppe zusammen mit einer Maschinengewehrbedienung sofort fertig machen müsse. Marschverpflegung sei sofort zu empfangen. Abmarsch in einer halben Stunde.

Der Zugführer kam und klärte uns auf. Sein rosiges Kinder­gesicht konnte nicht verhindern, daß die Landser mit einer Schimpfkanonade über ihn und den ganzen Barras und das dreimal verfluchte Rußland und den tausendmal verfluchten Krieg herfielen.

Aber es blieb uns nichts anderes übrig. Wir zogen los. Aus der vor den kalten Winden geschützten Mulde hinauf auf eine weiße Fläche, die dem Eishauch ausgesetzt war. Drei Kilo­meter südwestwärts, hinter dem schwarzen Waldstück, sollten wir eine Kolchose besetzen, in deren Nähe am Mittag eine Sanitätskompanie von regulären sowjetischen Truppen oder Partisanen überfallen worden war. Und wir sollten mit unse­ren leichten Waffen das Bataillon sichern und den Kameraden eine ruhige Heilige Nacht gewährleisten.

Als wir die Kolchose erreichten, sank die Sonne im Westen hinter den Horizont. Eine Hütte war bewohnt. Dorthinein verzogen wir uns. Urahne, Großmutter, Mutter und Kinder in jeder Größenordnung verkrochen sich.Nix russky Sol­dat?, fragten wir.Nix, kam es zurück,russky Soldat dawai. Die russischen Soldaten seien fort. Wir hätten uns die Frage ersparen können. Die Wahrheit erfuhren wir ja doch nicht. Irgendwo in der Kolchose waren sicherlich einer oder zwei oder gar noch mehr versteckt.

Als unser schweres Maschinengewehr etwa 20 Meter von der Kolchose an einer Wegbiegung in Stellung gebracht wur­de, pirschten sich drei Buben zwischen 10 und 14 heran und taten furchtbar wichtig:Pan, komm mit, gutt Brott... und sie deuteten ostwärts. Wenn der Landser in Rußland Brot hörte, vergaß er alle Bedenken. Gefahr lauerte ja überall. Brot war eine Rechtfertigung dafür, daß man sich in Gefahr begab.

Die Buben verschwanden, und als sich zwei von uns mit Karabiner und Handgranaten für den Fall, daß sie in eine Falle gelockt werden sollten, ausgestattet hatten, erschienen die Buben mit einem Schlitten, vor dem zwei Panjepferdchen

ungeduldige Sprünge machten. Ab ging die Reise. Ostwärts. Schon nach hundert Metern, nicht mehr in Sichtweite von un­serem Maschinengewehrposten, hielt der Schlitten vor einem am Wegrand stehenden verlassenen deutschen Sanitätsfahr­zeug. Im Führerhaus lagen noch der Fotoapparat und die Brieftasche des Fahrers. Er mußte also ziemlich überstürzt sein Fahrzeug verlassen und sich abgesetzt haben.

Und hinten in dem Transportfahrzeug was bot sich da für ein Anblick? Vollgefüllt mit Brot, großen roten Dosen mit köstlichem Schinken, Kartons mit Schokolade. Landserherz, hast du solche Mengen der Köstlichkeiten dieser Erde schon einmal auf einem Haufen gesehen? Uns blieb die Spucke weg. Wir wollten aufladen auf unseren Schlitten. Aber die Buben hatten es wieder wichtig.Pan, komm mit! dawai.. . Uns war die Sache nicht geheuer. Wir waren entschlossen, die Kerle ins Jenseits zu befördern, wenn wir audi nur eines Iwans ansichtig wurden.

Die Pferde zogen an; der Schlitten glitt durch einen mär­chenhaften Winterwald. Die Szenerie paßte zum Weihnadits- abend. Dämmerung füllte den Himmel. Ich muß gestehen, daß es uns nidit sehr wohl zumute war. Die Karabiner hielten wir im Anschlag. Wir waren noch keinen Kilometer gefahren, da sahen wir vor uns Lastkraftwagen stehen. Es waren deut­sche. Beim Näherkommen merkten wir, daß auch sie von der Begleitmannsdiaft verlassen worden waren. Im Führerhaus standen nodi die Karabiner an ihrem Platz, ein pelzgefütterter Fahrermantel lag auf dem Sitz. Auch hier war alles sehr sdmell gegangen. Das war es also, was die Buben uns zeigen wollten. Einer kletterte auf den Wagen und warf einen Sack, prallgefüllt mit Feldpostpäckchen herunter. Dann noch einen und nodi einen.

Wir traten den Rückzug an. Am Sanitätswagen luden wir Brote, Sdiinkendosen und Schokolade zu und dann wurde alles in der Kolchose fein säuberlich gestapelt und verteilt. Auch die Russenbuben und die Urahne und die Großmutter und die Mutter mit ihren zwpi Kleinkindern bekamen ihren Teil ab.

So eine reidigedeckte Weihnachtstafel sie wurde durch den mit Stroh belegten Fußboden dargestellt hatte noch keiifer von uns. Die Feldpostpäckchen waren natürlich nicht für uns bestimmt. Sie gehörten einer ganz anderen Division. Sie waren dem Russen überlassen worden. Vermutlich hatte es im Walde geknallt und dann war alles getürmt. Wir öffneten die Päckchen. Wir lasen die Briefe. Und zuweilen schämten wir uns, daß wir uns an fremdem Eigentum vergriffen hatten, daß wir uns an dem Wenigen, was sich fremde Menschen in der Heimat für ihre Angehörigen vom Munde abgespart hatten, bereicherten.Ist es nidit besser, sagte der, der dem Zugführer beim Abmarsdi allerhand Grobheiten gesagt hatte, wenn w i r über diese Päckchen herfallen und nicht der Iwan. Den Rest (und das waren schätzungsweise noch dreißig Säcke) wird er ja ohnehin bekommen.

Wir wechselten uns im Postenstehen ab. Gegen Mitternacht sank, wer wadifrei hatte, in den Sdilaf. Wir konnten zufrie­den sein mit unserem Schicksal. Hier wären wir gerne adit Tage geblieben. Dann könnten wir uns von den Strapazen er­holen und auf die Feldküdie verzichten. Von Büdisensdiinken läßt es sich zwisdiendurch auch mgl eine Wodie leben.

Als mich der Posten anstieß, um mir zu sagen, es sei Zeit zur Ablösung, war es kurz vor drei Uhr morgens. Da tat es einen dumpfen Rumpler. Das kam von Osten. Und gleich darauf heulten schwere Sachen über die Koldiose. Und der Einschlag ließ nicht lange auf sich warten. Es war uns, als ob der Iwan auf das Dorf, in dem das Bataillon lag, gezielt hätte. Die Frauen erhoben sich erschreckt von ihrem Strohlager.Nix gutt, sagte die Großmutter,russky Soldat.

Der Iwan hatte uns auch diesmal wieder das Weihnadits- fest verdorben. Um vier kamen zwei Melder auf Ski. Sie hol­ten uns. Wir sollten gleich mitkommen.Und unsere Brote und die Sdiinkendosen und die Feldpostpäckchen?Alles liegen lassen, ihr Idioten? Wollt ihr euch vielleicht vom Iwan schnappen lassen? Alles, was sidi Tasche hieß, wurde voll­gestopft. An das Koppel hingen wir uns Päckchen und jeder nahm sich eine Sdiinkendose unter den Arm. Und dann war wieder Tapetenwechsel. Zurück zur Kompanie. Der Sdmee machte uns zu schaffen. Er war es auch, der uns unsere Beute entriß. Es war unmöglich, durch ihn in der Dunkelheit hin- durdhzustapfen und die Schinkendosen im Arm zu halten. Wir warfen den Ballast ab.

Als wir wieder mit der Kompanie zusammentrafen, hatten wir nur nodi das, was unsere Taschen fassen konnten. Schin­ken und Brote waren nicht mehr dabei. Was wir glaubten, entbehren zu können, teilten wir mit den Kameraden. Uns war ein reicher Weihnachtstisch beschert gewesen, aber schon am Christfest waren wir wieder so arm wie das Christkind.

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