HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
MONTAG, 29. NOVEMBER 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 278
Oestliche Sicherheitskonferenz beginnt in Moskau
AP. Berlin, 28. Nov.
Die Delegationen der Sowjetzone and Polens sind am Samstag zur Teilnahme an der Sicherheitskonferenz, die heute auf sowjetische Einladung beginnt, in Moskau einge- troifen. Sie wurden auf den- Flugplatz von dem sowjetischen Außenminister M o 1 o t o w und seinem ersten Stellvertreter Gromyko begrüßt.
Ministerpräsident Otto Grote- w o h 1, der die siebenköpfige Delegation leitet, erklärte bei der Ankunft in der sowjetischen Hauptstadt, seine Delegation wolle in Moskau mit den Vertretern der anderen Ostblockstaaten über Fragen der Sicherheit und des Friedens in Europa „beraten und beschließen“.
An der Konferenz in Moskau nehmen außer der Sowjetzone und Polen die Vertreter weiterer fünf Ostblock- itaaten und ein Beobachter aus Hotchina teil.
SPD behält Führung in Hessen
42,6 — CDU 24,1 Prozent / 41 von 48 Direktmandaten / Hohe Wahlbeteiligung
AP. Wiesbaden, 28. Nov.
Die Sozialdemokratische Partei ist am Sonntag erneut als stärkste Partei aus den Wahlen zum Landtag von Hessen hervorgegangen. Nach einer nichtamtlichen Aufstellung eroberte die SPD 42,6 Prozent der gültigen Stimmen.
Sie blieb damit um 1,8 Prozent hinter dem Ergebnis der Landtagswahlen von 1950 zurück, verbesserte sich aber gegenüber der Bundestagswahl von 1953 um fast zehn Prozent.
Die CDU konnte 24,1 Prozent der gültigen Stimmen gewinnen, gegenüber 18,8 Prozent bei den Landtagswahlen 1950 und 33,2 Prozent bei den letzten Bundestagswahlen.
Auf die übrigen Parteien entfielen (Ergebnisse von 1950 und 1953 in Klammern): FDP 20,5 Prozent (31,8 — 19,7), BHE 7,7 Prozent (1950 mit FDP — 6,4), KPD 3,4 Prozent (4,7 — 2,5), BDD 0,5 Prozent (entfällt), DP 1,2 Prozent (entfällt), Sonstige 0,4 Prozent.
Die Wahlbeteiligung betrug 82,1 Prozent und lag damit um 17,2 Prozent höher als 1950, erreichte aber nicht die Rekordbeteiligung von 86,7 Prozent bei den Bundestagswahlen.
Von den 48 in direkter Wahl entschiedenen Mandaten eroberte die SPD 41, die CDU 5 und die FDP 2. Der neue Landtag wird 96 Sitze haben.
Die restlichen 48 Sitze werden nach dem Verhältniswahlsystem auf der Grundlage des Gesamt-Stimmen-Ver-
hältnisses verteilt. Von der dann errechnten Zahl der jeder Partei zustehenden Sitze werden die Direktmandate abgezogen.
Die Wahlen in Hessen wurden am Sonntagabend von seiten des SPD-Par- teivorstandes in Bonn als „sehr großer Erfolg“ für die SPD bezeichnet.
CSU in Bayern?
AP. Müschen, 28. Nov.
Um Mitternacht legte das bayerische Landeswahlamt das Ergebnis von 20 Stadt- und Landkreisen mit rund 310 000 Stimmberechtigten vor.
Die CSU konnte ihren beträchtlichen Abstand vor der SPD mit 42,8 Prozent der gültigen Erst- und Zweitstimmen behaupten. Von den vier Parteien, die im bisherigen Landtag nicht vertreten waren, scheint bereits festzustehen, daß sie auch diesmal an der Zehn-Prozent-Klausel des bayerischen Wahlgesetzes scheitern werden.
Stand von 23.45 Uhr: Wahlberechtigt
Vfß ausgeschieden
Der letztjährige deutsche Pokalmeister, VfB Stuttgart, schied am Samstag im diesjährigen Wettbewerb durch eine 2:5-Heimniederlage gegen den Karlsruher SC aus.
Wieder drei Punkte Vorsprung
Durch einen hohen 6:1-Sieg über den Freiburger FC hat Viktoria Aschaffenburg in der 2. Liga wiederum 3 Punkte Vorsprung errungen, da die beiden Verfolger, Ulm 46 und 1860 München, ihre Auswärtsspiele verloren.
West-Süd-Block: 121111112 111 (ohrte Gewähr).
309 673. Wähler 263 734. Wahlbeteiligung 85,2 Prozent, gültige Stimmen 510 218. Davon entfielen auf: CSU 42,8 Prozent, SPD 24,3 Prozent, Bayernpartei 12^ Prozent, BHE 11,1 Prozent, FDP 7,0 Prozent, KPD 1,5 Prozent.
Bei der letzten Landtagswahl hatten SPD 28,0, CSU 27,4, Bayempartei 17,9, BHE 12,3, FDP 7,1 und KPD 1,9 Prozent der Stimmen erhalten.
Die vorjährige Bundestagswahl erbrachte für die CSU 47,8, die SPD 23,3, die Bayernpartei 9,2, den BHE 8,2, die FDP 6,2 und die KPD 1.6 Prozent der Stimmen
Die Guillotine für Dominici
Der Drummond-Mord findet seine Sühne / Geleugnet bis zuletzt
Am 1. Januar in Kraft treten wird die Steuerreform trotz der Bedenken, die die Länder geltend gemacht haben. Das ist die übereinstimmende Meinung parlamentarischer Kreise in Bonn.
Zurückgewiesen hat die Volksrepublik China auch den zweiten amerikanischen Protest gegen die Verurteilung von 13 Amerikanern wegen Spionage.
t’ber das beschlagnahmte deutsche Vermögen in Amerika werden Verhandlungen zwischen Bonn und Washington voraussichtlich im Januar nächsten Jahres beginnen.
AP. Digne, 28. Nov.
Der 77jährige französische Bauer Gaston Dominici ist am Sonntag in Digne wegen Mordes an dem englischen Wissenschaftler Sir Jack Drummond, dessen Frau und Tochter zum Tode durch das Fallbeil verurteilt worden.
Das Gericht folgte damit dem Antrag des Staatsanwaltes. Dominici, der im Verlauf der Vernehmungen mehrmals die. Morde eingestanden, später aber widerrufen hatte, hatte in
dem Prozeß stets seine Unschuld beteuert, so daß das Urteil im wesentlichen auf Grund von Indizien gesprochen wurde.
Dominici nahm das Urteil, das auch eine symbolische Buße von einem Franc an die Mutter von Lady Drummond enthält, ohne sichtliche Erregung hin. Er erklärte jedoch, als er anschließend aus dem überfüllten Gerichtssaal geführt wurde: „Für die Verbrechen anderer büßen zu müssen, das ist schlimm“.
Schiffskatastrophen - Ueberschwemmungen
Orkan über der Nordsee / Ortschaften an der Kanalküste geräumt / Der „nasse Tod“
AP. London, 28. Noi Ein heftiger Sturm über der Nord *ee hat zu einer Reihe schwere ßchiffskatastrophen und zu chaoti leben Überschwemmungen in Süd west- und Mittelengland geführ Neue Sturmwarnungen lassen weite res Unheil befürchten. An der eng fischen Kanalküste wurde mit de Räumung besonders gefährdeter Ort •(haften begonnen, da mit Deichbrü eben und einer Flutkatastrophe ge rechnet wird.
Seit dem frühen Samstagmorge waren Einheiten der britische Kriegsmarine und amerikanisch Hubschrauber einen dramatische Kampf um das Leben von 14 See leuten. Sieben von ihnen sind ir Innern des gekenterten Feuerschiffe „South Goodwins" vor Dover einge schlossen, sieben andere treiben au dem Vorderteil des auseinanderge brochenen 20 000 - Tonnen - Tanker „World Concord“ vor der walisische Küste durch die hochgehende See. w Jf, Concord“ war von de
des Sturmes zunächst schwer be •cna.digt worden und brach später i swei Teüe auseinander. 35 Mann de l u i g konnten s i<* auf das Heckte „pvoot- ?- es in Sicherheit bringen. Nac windigem Kampf gelang es einer
Rettungsboot, sie völlig erschöpft an Land zu bringen. An Bord des Vorschiffes befinden sich noch der Kapitän und sechs Matrosen. Der Flugzeugträger „Illustrious“, Hubschrauber, Schlepper und Hilfsschule bemühen sich um ihre Rettung.
Das Feuerschiff „South Goodwin“ treibt gekentert vor Dover. Von der Besatzung konnte bisher nur ein Mann von einem amerikanischen Hubschrauber gerettet werden. Die anderen sieben sind im Rumpf des Schiffes eingeschlossen. Die Hilfsschiffe, mit Tauchern und Schneidbrennern an Bord, konnten wegen der stürmischen See bisher nicht an das gekenterte Schiff herankommen.
Im wallisisehen Hafen Swansea ereignete sich am frühen Samstag eine schwere Explosion auf dem norwegischen 9829-Tonnen-Tanker „Olav Ring- dal“, bei der wahrscheinlich drei Matrosen das Leben verloren. 15 weitere erlitten schwere Verletzungen. Die Ursachen der Explosion sind noch nicht bekannt.
Der 568 Tonnen große deutsche Fischdampfer „Wellingdorf“ geriet in der Nordsee auf eine Mine und wurde beschädigt. Es wird versucht, ihn in einen holländischen Hafen einzuschleppen. Vor der walisischen Küste rannte der kleine holländische Frachter „Gramsbergen“ auf ein Riff und mußte aufgegeben werden. Die Besatzung konnte sich retten.
Im englischen Kanal geriet der 193
Tonnen große holländische Frachter „Vega“ ins Sinken und mußte nach 24- stündigem Kampf gegen das steigende Wasser an Bord von der Besatzung aufgegeben werden. Gleichfalls im Kanal lief der polnische Fischdampfer „Pen- guin“ auf Grund, konnte später jedoch wieder flott gemacht werden.
Bei Landsend sank ein bisher noch unbekanntes, etwa 1000 Tonnen großes Schiff in der stürmischen See. Flugzeuge und Schiffe der britischen Marine suchen nach Überlebenden.
Der britische Minensucher „Montrose“ wird seit Samstag auf der Fahrt von Schottland zur Themsemündung vermißt. Flugzeuge haben die Suche nach ihm aufgenommen.
Feuersbrunst im Basar
AP. Istanbul, 28. Nov.
Der weltberühmte „Große Basar“ von Istanbul ist in der Nacht zum Samstag einem Großfeuer zum Opfer gefallen, bei dem 34 der 65 engen und gewundenen Basarstraßen völlig ausbrannten. Der entstandene Schaden beträgt nach ersten Schätzungen weit über eine Milliarde DM.
12 Stunden lang bekämpften sämtliche Löschzüge von Istanbul das wahrscheinlich durch einen Kurz-
Bemerkungen zum Tage
Heucheleien
rr. Englands Premier Winston Churchill ist kurz vor seinem 80. Geburtstag in ein Fettnäpfchen getreten. Seine Erklärung, er habe 1945, als die deutsche Kapitulation im Gang war, den Marschall Montgomery angewiesen, die abgelieferten Waffen der Wehrmacht gebrauchsfertig zu sammeln, um sie gegebenenfalls den deutschen Truppen wieder auszuhändigen, hat -einen Sturm der Entrüstung in England und auch anderwärts im demokratischen Lager hervorgerufen.
Churchills Befehl war als Vorsichtsmaßnahme gedacht für den Fall, daß die Russen sich nicht an die vereinbarten Demarkationslinien halten und weiter zum Atlantik vorstoßen sollten. Mit Hilfe der Deutschen wollte Churchill dann eine Abwehrfront aufbauen.
Ob das 1945 noch möglich gewesen wäre, braucht uns in diesem Zusammenhang nicht mehr zu kümmern. Ob jedoch der Gedanke an sich vernünftig war, darüber sollte es eigentlich im Jahre' der Londoner und Pariser Abmachungen bei unseren Nachbarn keine Debatte geben. Denn genau das, was Churchül damals im Sinne hatte, ist doch heute die offizielle Politik der westlichen Siegerstaaten: Mit Hilfe des von den Sowjets noch nicht besetzten
Schluß entstandene Feuer, das in den hölzernen Gebäuden, den aufgehäuften Möbeln, Teppichen, ölen und den riesigen Stapeln von Baumwollwaren reichlich Nahrung fand.
Von den 3000 Basarläden, in denen von kostbaren Gewändern, Teppichen und Schmuck bis zu verrosteten Nägeln, Eimern und alten Gummireifen alles feil geboten wird, fiel über die Hälfte den Flammen zum Opfer. Auch der noch aus byzantinischer Zeit stammende alte Marstall, um den herum der Basar gebaut ist, wurde vernichtet.
Teiles des ehemaligen Deutschen Reiches soll ein weiteres kommunistisches Vordringen gestoppt werden.
Was sollen wir Westdeutschen also davon halten, wenn wir in der „Times“, dem führenden politischen Blatt Englands, lesen, daß es undenkbar sei, daß man 1945 „naziverseuchte Truppen" eingesetzt hätte, denn das hätte ja bedeutet, daß Großbritannien „kein» Skrupel hat, ob die Hände, die es gebraucht, rein sind oder nicht“. Ja wurden denn, um Himmels willen, nicht auch die Hände der Sowjets zu gleicher Zeit, als Churchill jene Anweisung gab, von Großbritannien gebraucht? Oder waren die Hände der Rotarmisten nach Ansicht der Times vielleicht reiner als die der deutschen Wehrmachtsgefangenen? Und, so muß man im Hinblick auf die Aufrüstung weiter fragen, durch welches mystische Ereignis sind die Hände der westdeutschen Männer inzwischen gereinigt worden? Denn das müssen sie doch sein, sonst könnte sich ihrer England nicht bedienen.
Hier waltet jene Heuchelei, die immer von neuem das Verhältnis Westdeutschlands zu seinen Nachbarn und künftigen Bündnispartnern vergiftet. Es geht aber auf die Dauer einfach nicht, ein Volk als minderwertigen Besiegten zu behandeln und gleichzeitig von ihm zu verlangen, daß es seine Jugend, seine Arbeitskraft und seih Geld aufwendet für eine Sache, die wesentlich im Interesse derer liegt, die es schmähen.
Mild und unbeständig
Bericht des Wetteramtes Stuttgart
Heute anfangs noch bedeckt und strichweise Regen, vor allem südöstlich der Alb. Im Laufe des Tages Übergang zu wechselnder Bewölkung. Kein wesentlicher Niederschlag mehr. Mittagstemperaturen bei 10 Grad. Schwache bis mäßige winde aus Süd bis Südwest. Dienstag zeitweise bewölkt und nicht niederschlagsfrei, weiterhin mild.
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den skh e „ n ?f Uten dc * im Nordseesturm zerbrochenen liberischen 20 OOO-Tonnen-Tankers „World Concord“ treiben rund 10 Meilen voneinander entfernt in der tobenden irischen See. Noch immer befin-
Qen sirf. „ ue * *m Nordseesturm zerbrochenen ltberlscnen zu uw-Aonnen-xamcers „worin c^oncora ireinen runa iu menen voneinander mucmi in uci
brüchiger h « em ^ ors <hlff (unser Tele-Bild, links) sieben Mann, an die die Retter bisher weder mit Hubschraubern noch mit Schiffen herankamen. — Die Boote der Gesellschaft zur Rettung Schiff- püouth GnnÜ 8 ^ den * ldl ,el * Fre <tag In ununterbrochenem Einsatz in der Nordsee (Mitte). — Das durch die Winterstürme von den Verankerungen losgerissene und zum Kentern gebrachte Feuerschiff konnte von i ln < trelb t als SplelbaU der Wellen vor der Einfahrt zum Hafen von Doover (rechts). Alle Versuche zur Rettung der eingeschlossenen Mannschaft bfiebea bisher vergeblich. Nur ein Matrose einem amerikanischen Hubschrauber Übernommen werden. Bilder*. Keystone (2); dpa (1)