Sette 2 - Re. 180
Ragolder Tazblatt „Der Gesellschafter"
Freitag, S. August r-27
Ein dunttes Kapitel der englischen Herrschaft in Indien
Im Alter von 62 Jahren ist in England General Dyer gestorben, der im April 1919 den Befehl zu dem Blutbad in Amritsar gab. Etwa 590 Inder wurden damals getötet und etwa 1500 verwundet. Als Folge der gerichtlichen Untersuchung mußte Dyer den Abschied nehmen. Die Untersuchung kam zu dem Ergebnis, daß Dyer den Grundsatz, wenn ZivilbehörÄen militärische Hilfe verlangten, nur die unbedingt nötige Unterstützung zu gewähren, gröblich verletzt habe. Die Unterlassung jeder Warnung vor der Eröffnung des Feuers wurde für unentschuldbar, und die Nichtgewährung von ärztlichem Beistand für die vielen Sterbenden und Verwundeten als schlimmste Pflichtvergessenheit erklärt. Dyer hatte ferner angeordnet, daß jeder Inder, der die Straße passieren wollt«, in der die Missionarin Sherwood geschlagen worden war, auf Händen und Füßen kriechen mußte. Diesen Befehl brandmarkte das Gericht als einen schweren Verstoß gegen die elementarsten Richtlinien einer zivilisierten Regierung. Als der Herzog von Eonnaught zwei Jahre später das neue indiscl)e Parlament eröffnet?, sagte er dabei: „Seit meiner Landung fühle ich un> mich Bitterkeit und Entfremdung zwischen denen, die Freunde waren und noch sein sollten. Der Schatten von Amritsar hat sich über das schöne Indien gel«gt." Der Indische Nationalkongreß kaufte den Jallianrvala Bagh, den Platz des Blutbads, zum Gedenken an die Märtyrer. Die damaligen Vorgänge beschleunigten übrigens die Montagu- Ttzelmsford-Reformen, die «ine vermehrte Beteiligung der Inder in allen Zweigen der Verwaltung oorsehen und weiter auf eine allmähliche Selbstregierung Hinzielen, die allerdings noch geraume Zeit auf sich warten lassen dürfte.
Württemberg
Zuffenhausen, 3. Slug. Beim Baden ertrunken ist am Sonntag abend der 15 Jahre alte Sohn der Familie Bauer im freien Neckar. Die Leiche konnte noch nicht gefunden werden.
Großingersheim OA. Besigheim, 3. Aug. Todesfall. Hier ist der frühere demokratische Abgeordnete Schmied im 82. Lebensjahr gestorben. Im Jahr 1893, als die würt- tembergische Volkspartei mit 32 Abgeordneten im Landtag einzog, wurde auch er zum ersten Mal gewählt und hat dem Landtaa bis zum Jahre 1912 ununterbrochen anaebört.
heilbromß 3. Aug. In d e n Ruh est a n d. Oberschul- vat Goller tritt demnächst in den Ruhestand. Im Jahr 1918 kam er von Ulm nach Heilbronn als Nachfolger von Schulrat Remppis. Seinen Lebensabend wird er in Eh- kngen zubringen.
Reckarsulm, 3. Aug. Ein Opfer des Badens. Erlrunken ist in später Abendstunde im tiefen Neckarkanal NO Meter unterhalb der Badeanstalt der 19 3. a. fleißige and strebsame Sohn August des Malermeisters Ihle von hier. Die Leiche des jungen Manns, der des Schwimmens nicht kundig war, wurde am andern Bormittag gelandet.
Oehringen, 3. Aug. Tödlich überfahren. Gutsbesitzer G. Po LH von Nenzen fuhr mit den Seinigen aus zwei znsammengehängten Erntewagen der Heimat zu. Bei der Löwenbränerei in Cappel stieg er zwischen den beiden Wagen ab, gm zu bremsen, dabei kam er auf unaufgeklärte WeHe unker'den Magen, deffen Räder ihm über die Brust veggnrgen. Bei der Einlieferung ins Bezirkskrankenhaus Hk der fleißige, strebsame Mann den schweren Verletzungen, erst 34jcchrig, erlegen.
CraSHeim, 3. Aug. Gefaßter Fahrraddieb. Der oielgesuchke Fahrraddieb und Zechbetrüger Gottfried Klumpp von Dettingen OA. Haigerloch wurde von Landjägerbeamten « der Nähe von Crailsheim festgenom.uen und ans hiesige Amtsgericht eingelieferk.
Darkenstein OA. Eerabronn, 3. Aug. Todesfall. Am Montag traf aus Salzburg, dem Wohnsitz der Fürstin- Mutter Anna zu Hohenlohe-Bartenstern und Iagstberg, die Trauernachricht ein/ daß die Prinzessin Elisabeth Adelheid Germania im 20. Lebensjahr an einer Bkinddarmoperation gestorben ist. Voraussichtlich wird die Verstorbene hier beigesetzt.
Giengen a. Br.. 3. August. Margarette Steif f. Dieser Tage waren es achtzig Jahre, daß hier Margarete Steiff geboren wurde. Sie war an beiden Füßen gelähmt und fertigte sich 1880 zur Unterhaltung Puppen und Figuren aus Stoff, die in allen Teilen weich gestovft waren. Ihr Bruder, Baumeister Fritz Steiff, erkannte die Bedeutung drr Tierfiguren, brachte sie in den Handel und begründete die heute weltberühmte Industrie der weich gestopften Spielzeuge. Margarete Steiff ist im Jahre 1909 gestorben.
Heidenheim. 3. Aug. Hitzschlag. Der 20 Jahre alte Metzger Karl Krötz erlitt auf der Straße nach Söhnstetten einen Hitzschlag und mußte mit dem Sanitätsauto in das Bezirkskrankenhaus gebracht werden.
Justingen OA. Münsingen, 3. Aug. Ein seltener Fund. Einen Bovist in riesigem Ausmaß fand ein hiesiger Bürger auf einer Wiese. Dieser Pilz wiegt nicht weniger als 11 Pfund, war etwa 23 Zentimeter dick und hatte einen Umfang von 1,30 Meter.
rMetingea OA. Laupheim, 3. Aug. Ein gemeiner Racheakt. Dieser Tage wurde einem hiesigen Bürger das Wasser des Brunnens durch eine teerartige Flüssigkeit, die in den Brunnen gegossen wurde, ungenießbar gemacht. Man vermutet in der gemeinen Handlung einen Racheakt.
Sieffsn. OA. Saulgau. 3. Aug. Klosterbau. Zurzeit wird der Krankenhausneubau des hiesigen Klosters aufgerichtet. Der nn vorigen Sommer begonnene Klosterneubau mit Klosterkirche geht seiner Vollendung entgegen und die Einweihung wird noch in diesem Monat durch Bischof Dr. Sproll vorgenommen werden.
Weingarten. 3. Aug. Hitzschlag. Bei der großen Hitze am Montag wurde ein Mann aus Ankenreute am Fuß der Gerberfteige vom Hitzschlag betroffen. Er wurde ins städtische Krankenhaus verbracht.
Friedrichshafen, 3. Aug. Kirchenbau. Für den Neubau der St. Petrus-Eanisius-Kirche sind im April, Ma! und Juni an Spenden und Stiftungen insgesamt 12 500 ein- gegangen. >
Vom Bodensee, 3. Aug. Unwetter. Gestern abend ging über Konstanz und den Bodenrück in nordöstlicher Richtung ein heftiges Gewitter nieder. In Mäggingen zündete der Blitz und äscherte den Dürerhof vollständig ein. Zur vollen Entladung kam das Unwetter im Bezirk Pfullendorf. wo es durch wolkenbruchartigen Regen und Hagelschlag großen Schaden anrichtete. In Pfullendorf schlug der Blitz in zwei Häuser, die vollständig niederbranntcn.
Illeriissen. 3. Aug. Gründung einer Stahlhel m o r ts grup p e. Hier und in Dietenheim wurde eine Ortsgruppe des.„Stahlhelm" (Bund der Frontsoldaten) gegründet. Der Altveteran von 1870/71, Garnisonverwal- tungsinfpektar a. 2. Klein-Ulm wurde zum Ehrenmitglied ernannt.
Infolge Verspätung verschiedener Anschlußzüge blieb heute morgen die Gesamtpost aus. Hierdurch sind wir nicht in der Lage, die neuesten Meldungen usw. in dem Umfange wie gewöhnt zu bringen, da wir trotzdem unseren Lesern zur üblichen Stunde die Zeitung in die Hand geben möchten.
Aus Stadt und Land
Nagold, 5. August 1927.
Man soll sein Herz festhalten, denn läßt man es gehen, wie bald geht einem da der Kopf durch!
Nietzs che.
-X-
Besitzwechsel
Bei der gestrigen Versteigerung ging das der Firma Gebr. Benz gehörige Gebäude der Löwendrogerie wie wir hören zum Preise von 30800 in den Besitz der Firma Wilhelm Frey, Kolonialwaren und Tabakwarengroßhandlung, Altensteig über.
Bon der Kuranstalt Waldeck
Was Naturgewalten in wenigen Augenblicken vernichteten und zerstörten, ist nun nach monatelanger Arbeit wieder herge
stellt, ,a vielmehr dank umsichtiger Fürsorge der Leitung m-, schöner und zweckentsprechender hergerichtet, als es vorher war Ein Gang durchs Haus läßt uns so viel Munteres und Frobsi durch das fein zusammengesteflte Farbenspiel sehen und ma» sühlt, daß man bedach! war, die wohltuende Wirkung eines freundlichen Aeußeren auf Kranke nicht außer Acht zu lassen Jedes einzelne Zimmer hat eine andere Farbtönung, der sich die Vorhänge mit ihrer Farbe ebenfalls wieder in warmer Harmonie einfügen. Der Anstrich ist in manchen Zimmern mit Oelfarbe vorgenommen, in anderen wurde eine neuartige abwaschbare Tapete verwendet. Ganz reizend wurde ein Rube- eckchen ausgestaltet, in der ein leuchtendes Rot sich in immer zartere Tönungen abstuft und in der die Einrichtung aus Korbmöbel besteht. Das Ganze wird durch einen modernen Vorbang nach außen diskret abgeschlossen. Die verschwiegenen Oert chen sogar haben bald den schönsten Anstrich bekommen und man will nicht hoffen, daß sie zum Daueraufenthalt werden. Waren vorher nur in den Liegehallen Radioanschlüsse vorhanden, ist nunmehr jedes einzelnen Bett mit einem eigenem Anschluß versehen worden. Aufenthaltsraum, Radiozimmer, Berank, usw. sind ebenfalls neu überholt und zeigen einen warmen Ton Die unteren Liegehallen, die von den Wassermosscn vollständig »n stört waren, sind wieder ausgebaut worden und winken uns niit ihrer leuchtenden Farbe freundlich zu. Die Reihe der Liegeballen im Walde oben wurde um eine weitere vermehrt. Auch dort überall wurde jeder Liegstuhl mit einem Radioanschluß versehen. Der Garten, der vollständig mit Geröll übersät war ist nunmehr wieder hergerichiet unv der etwas höhergelegene Teil mit neuem Farn und Ginster angepflanzt, wie überhauvt alles nunmehr den Anstrich eines modernen, schönen Sanatoriums hat, in dem sich Kranke unbedingt wohlfühlen müssen. — Der äußere Verputz des Hauses wurde ebenfalls erneuert, ebenso ein großer Schuppen neu erstellt und die Nebengebäude frisch verputzt. Die Waschküche wird in allernächster Zeit um l Stockwerk vergrößert und zum Teil neu ausgerüstet werden. In diesen Tagen wird nun letzte Hand angelegt und am Montag werden die eisten Patienten ihren Einzug halten.
Das Kornfeld in Volkssitlen und Sagen. Der Wanderer und Naturfreund genießt jetzt wieder den schönen Anblick im Wind wogender, goldgelber Kornfelder. Seit wir durch harte Jahre der Not gelernt haben, den Wert des Getreides gebührend zu schätzen, mischt sich zudem in den ästhetischen Genuß beim Betrachten der sich in sanften Wellen aus un- nieder bewegenden Halme auch ein stilles und tiefes Gefühl des Danks gegenüber der segenspendenden Gottesnatur. Das reifende Getreide, das der Mensch gesät und gehegt, dessen Wachstum er umsorgt, und deffen erntereifes Gedeihen er oft bedroht sah durch zerstörende Naturgewalten. bis es endlich unter Dach und Fach in Sicherheit gebracht war. Dieses Getreide hat schon immer in der Brust des nachdenklichen Menschen religiöse Gefühle und damit auch abergläubische Empfindungen und Vorstellungen zwischen Furcht und stoffen erregt. Die Phantasie der Germanen sah so „Fro". den Sonnengott, auf seinem Eber das Wachstum segnend und fördernd durch die Fluren reiten. Ganz das Geaentei! stellte das Wirken des gefürchteten Korngeistes, des Bilwitzes, dar. Ihn machte die Sage lange für eine einfach zu erklärende Gepflogenheit des Wilds verantwortlich. Wenn Hirsche und Rehe in früher Morgenstunde beim Assen lange, schmale und leere Gänge durch das Getreidefeld getrieben hatten, so schrieb der Volksmund diese ärgerliche Verwüstung dem von sinnloser Zerstörungswut besessenen Bilwitz zu, der sich eben wieder einmal die scharfe Sichel an den Zehen des rechten Fußes gebunden hatte und damit boshaft und hämisch in sicb hineinkichernd durchs Kornfeld geschritten war. Eine bessere Meinung hatte man vom Wirken der Roggenmuhme. Sie schützt das Kornfeld gegen unachtsame Kinder, die rück» sichtslos die Halme vertreten, um Blumen zu pflücken. Da. her warnt der Dichter W. Stamm: „Mein Kind, Hab du des Kornes acht, zertritt es nicht ob deiner Blume — mit ihren großen Augen wacht im Feld die strenge Roggenmuhme."
Die Fuchsien sind empfindliche Pflanzen. Häufig kommt es vor, daß sie ihre Knospen abwerfen. Das kann seine Ursache haben, daß die Pflanzen ungleichmäßig feucht gehalten und häufig im Standort gewechselt werden, oder auch zu wenig Sonne bekommen. Fuchsien sind ausgesprochene Ton- >,enpflanzen, die am liebsten unter Glas gehalten werden wollen, während der Knospsnbildung und Blüte im Standplatz aber nicht gewechselt werden dürfen. Wenn sie !ni Freien stehen, wo sie natürlich auch schon blühen, müssen sie ebenfalls ihre Stellung zum Licht behalten.
Das Schwert von Thule.
Roman von Leontine von Winterseld-Plmen. Copyright by Greiner 8- Lomp.. Berlin W 30.
(Nachdruck verbalen.)
27. Fortsetzung.
Als die Abendsonne gelbroten Schein über die win. terliche Erde schickte und auch die Dächer und Türme von Wolde aus kurze Zeit vergoldete, trabte Herrn Berends Stiefbruder Otto langsam den breiten Weg zur Burg hinan. Er kam von Kummerow, wo er im Austrage des Bruders zu tun gehabt hatte. Von ihrem Weidengestrüpp fuhren die Krähen mit heiserem Geschrei empor, als er näher kam.
Her* Otto sah weder nach rechts, noch links, so sehr war er in Gedanken versunken. Im Burghof warf er einem der Knechte seine Zügel zu und stieg schnellen Schrittes die steinerne Wendeltreppe zur .Halle empor. Hastig stieß er die Tür aus und trat klirrend über die Schwelle.
,/Jst Frau Gödel hier? Ich muß flugs Frau Gödel sprechen," herrschte er die Mägde an, die just den Abend- imbiß von der langen Tafel räumten, denn es war spät geworden. Da klang vom Kamin her, aus dem tiefen Lehnstuhl ein behaglicher Baß.
„Ei. junger Fant, kommt Ihr wieder einmal zu spät zur Abendmahlzeit? Frau Gödel könnt Ihr mmmer sprechen jetzt. Die ist vor wenigen Stunden eines gesunden Töchterleins genesen."
Otto Maltzan warf seine Kappe auf den Tisch und trat zu dem andern an den Kamin.
„Hab Euch nimmer erkannt im Dämmern, Klaus Hahn. Auch blenden die Herdflammen und der Kienspan, wenn man von draußen hereinkommt."
Er setzte sich Klaus Hahn gegenüber an das Feuer und strich sich durch das dunkle Haar.
„Also ein Maidlein ist's geworden! Hm, hm! Und mein Bruder hat sich so sehr einen Sohn gewünscht, dieweil er kühne und hochfliegende Pläne hegt für des Geschlechtes Zukunft."
In diesem Augenblick kam Brigitte Alvensleben herein, eine dampfende Schüssel in den Händen. Die stellte sie mit kräftigem Stoß vor Otto Maltzan auf den Eichentisch und stemmte dann beide Arme in die runden Seiten.
..Also ich will dies unsinnige Geschwätz über das arme Maidlein nimmer hören, Herr Otto. Statt sich zu freuen, dass meine arme Gödel ein gesundes Kind geboren hat, fängt jeder an zu jammern. Sollt Euch schämen, allesamt! Wo soll man denn die Maidlein hernehmen, wenn's allweil nur Buben regnet vom Himmel, he? Würdet Euch schön umgucken, ihr jungen Leut im Land, wenn's keine Dirnlein mehr gäbe! Kreuzdvnnerwetter noch mal, wo wollt denn ihr dummen Mannsleut noch Herkommen, wenn der Herrgott nimmer für Mütter sorgte? Groß Reden und Klugtun könnt Ihr allweil, aber ein einziges Kind zur Welt bringen, das habt Ihr noch nimmer fertig gebracht. Also ich will kein ungutes Wort mehr Hörer, über Frau Gödels Töchterlein. So, nun eßt Eure Abendsuppe, Herr Otto. Wann Ihr wieder so spät heimkommt kriegt Ihr sie aber kalt."
Die beiden Männer lachten, und Otto griff nach dem hölzernen Löffel.
Es war Brigitte Alvensleben Wettern nicht so ernst zu nehmen. Sie kannten das schon an ihr. Sie war eine Schwefle von Frau Gödels Vater, dem alten Alvensleben, der in demselben Jahre zu Hundisburg gestorben war. Da auch Frau Gödels Mutter nicht mehr lebte, so hatte sic die junge Nichte allzeit betreut und war auch zu ihrer Wochenpflege von Brandenburg nach Wolde gekommen. Da sie in ihrer Jugend in einem bayerischen Kloster erzogen worden, so fanden sich in ihrer Sprechweise oft bayerisch BröcNein, die den Mecklenburgern fremd erscheinen mußten. Sie war aber überall wegen ihres derben, gesunden Menschenverstandes gern gesehen und in Schloß Wolde hieß sie nur „die fideie Brigitt."
Sie setzte sich ein wenig zu den beiden Männern und lehnte sich schweratmend zurück, die Hände über dem runden Leib gefaltet, den eine schneeweiße Krausenschürze umschloß.
„Ah, das tut gut, auch einmal ein wenig schnaufen!
's ist doch halt immer viel Geläuf um so ein kleines Men- schenkindlein, wenn's eintriffi. Jetzt schlafen Mutter und Kind süß und fest, und Herr. Berend sitzt neben dem Bett und wagt nimmer, sich zu rühren. Aber was wollet' Ihr von Frau Gödel, Herr Otto? Ihr hat so laut nach ihr gerufen, vorhin, daß ich's bis in die Kemenate hörte."
„Bitten wollte ich sie, daß sie nach einer Kranken sieht, so beim alten Bastian in Kummerow am Wundfieber liegt. Sie versteht sich auf Heilkräuter und hat eine weiche Hand. Auch um ein wenig Würzwein wollte ich bitten für die Kranke.^
Brigitte Alvensleben drehte die fetten Daums- umeinander.
„Seid wann seid Ihr so mildtätig geworden, Herr Otto? Und wer ist die Kranke, die Gödel betreuen soll?"'
Der Gefragte zuckte die Achseln.
„Weiß nimmer, wie sie heißt. Bei jenem Ueberfall am Kummerower See auf des He^ogs Magnus' Hochzeitstag ist sie verwundet worden. Seither liegt sie in Obhut und Pflege vom Vogt und seinem Weibe. Doch geht es nur gar langsam vorwärts mit der Heilung, will mir scheinen. Sie hat bessere Pflege nötig."
Im Herzen der „fidelen Brigitt'" erwachte das Mitleid. Sie wiegte dc:i grauen Kopf mit der großen, weißen Haube bedächtig hin und her.
„Sobald ich hier ein wenig fort kann, werd ich nach ihr schauen. Mer da seht. Ihr trutzigen Maltzane Ihr, was Euer Tun wieder angerrchtet hat. Muß der Satan dazwischen spucken und ein armes Frauensbild verwunden. Mer ich muß nun zur Gödel gehen und Herrn Berend ablösen. Der wird schon Sehnsucht haben nach Euch Mannsleuten und seinem Humpen. Als ob wir' armen Frauenmenschen nicht auch oft einen sakrischen Durst in der Kehle hätten. Nichts für ungut, Ritter Hahn. Aber ich mein', ich könnt die Stärkung brauchen zur Nacht/-
Und sie setzte Klaus Hahns vollen Humpen an die Lippen und trank ihn in einem Zuge leer. Ehe der sich noch von seinem Staunen erholt, war sie schon aus der Tür gestampft,
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^ (Fortsetzung folgt.)"