HEIMATBLATT EUR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

Verlagsort Calw

DONNERSTAG, 29. JULI 1954

AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW

Gegründet 1826 / Nr. 173

Die Reorganisation beginnt

Personelle Ueberprülung in den Verfassungsschutzämtern / Schon Briefe von Dr. John?

BONN. Bundesinnenminister Dr. Gerhard Schröder hat am Mittwoch­abend den Innenministern der Bundesländer über die bisherigen Ermitt- Inngsergebnisse im Fall John berichtet. Dabei soll ihnen auch das Auf­nahmeband der Erklärung Johns im SowjetzonCn-Rundfunk vorgespielt wor­den sein. Wie aus dem Bundesinnenministerium verlautet, haben die Innen­minister die Frage einer engeren Zusammenarbeit des gesamten Verfassungs­schutzes erörtert.

Bundesinnenminister Dr. Schröder hält eine Überprüfung aller Gefah­renstellen für die Staatssicherheit für notwendig. Ein Teil der zur Zeit be­stehenden Schwierigkeiten sei durch den BegriffVerfassungsschutz ge­kennzeichnet. Man könne aber den Gesamtkomplex dieser Angelegenheit

Neue Erklärung Johns

BERLIN. Der Sowjetzonenrundfunk verbreitete am Mittwochabend eine neue Erklärung von Dr. Otto John, in der es heißt, er sei mit seinem Übertritt nach Ostberlin der Stimme seines Gewissens gefolgt und über- seugt, daß er den richtigen Weg ge­wählt habe.

nur mit dem BegriffStaatssicher­heit umreißen.

Maßgebende Kreise des Bundesin­nenministeriums halten gewisse Un­tersuchungen der Organisation und auch personelle Überprüfungen in den Verfassungsschutzämtern für erfor­derlich. Dabei wird darauf hingewie­sen, daß es gewisse Staatssicherheits­probleme gibt, die nur unter zwei Menschen wie beispielsweise in England zwischen dem Premier und dem Oppositionsführer bespro­chen werden können. Man werde überlegen müssen, ob man nicht auf dem Boden des Parlamentes zu ge­meinsamen Schritten bei der Beset­

zung der Spitzenposten kommen könne.

Wie mitgeteilt wurde, ist die Unter­abteilungPolitische Verwaltung, Recht und Staatsschutz der Abtei­lungöffentliche Sicherheit im Bun­desinnenministerium neu besetzt wor­den. Der bisherige Leiter des Refera­tes für Angelegenheiten des Bundes­grenzschutzes und der Bereitschafts­polizei der Länder, Ministerialdirigent Walter Bargatzky, hat die Lei­tung dieser Unterabteilung übernom­men. Der bisherige Leiter dieser Ab­

teilung war Ministerialdirigent Dr. M o s h e i n.

Zur grundsätzlichen Beurteilung des Falles John weist man darauf hin, daß die Bundesregierung noch keine These hierzu habe. Sie werde ihre Schlüsse aus den Tatsachen ziehen. Sowohl vom Bundesinnenministerium wie vom Vorsitzenden des Ausschus­ses zum Schutz der Verfassung, Dr. Walter Menzel (SPD), wird weder bestätigt noch eindeutig dementiert, daß John an seine Frau zwei Briefe aus Ostberlin geschrieben haben soll. Das Bundesinnenministerium zog sich auf den Hinweis zurück, daß der Oberbundesanwalt die Untersuchun­gen führe und alles Material bei ihm liege. Unterrichtete Kreise vermuten jedoch, daß die Meldungen über die Briefe Johns an seine Frau richtig sind.

Schritte zur Souveränität

Eisenhower erhält vom amerikanischen Senat eine Ermächtigung

WASHINGTON. Der außenpoliti­sche Ausschuß des amerikanischen Senates hat einstimmig eine Resolu­tion angenommen, in der Präsident Eisenhower ersucht wird,Schrit­te, die er für angemessen hält, zu unternehmen, um die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland her- zustellen, wenndie künftige Ent­wicklung dies wünschenswert macht.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Senator Alexander W i 1 e y , erklärte auf einer Pressekonferenz, der auf einer Geheimsitzung in Anwesenheit von Außenminister D u 11 e s gefaßte Beschluß bedeute, daß die Legislative

Rhee Biete« Infanteristen an

WASHINGTON. Der südkoreani­sche Präsident Rhee schlug am Mittwoch vor, mit einer von ameri­kanischen Geschützen. Flugzeugen und Kriegsschiffen unterstützten asiatischen Armee von zwei Millio­nen Mann die Volksrepublik China anzugreifen

Rhee, der von einer Besprechung mit Außenminister D u 11 e s , Ver­teidigungsminister Wilson und dem Leiter des Amtes für Auslandsvor­haben. Stassen. kam, entwickelte auf einer Sitzung beider Häuser des amerikanischen Kongresses seine Ge­danken über den Kommunismus

«Weder unüberlegt handeln noch grob «erden" wollen die USA wegen des Fjugzeugz wischen falls bei Hainan, er­klärte Präsident Eisenhower auf seiner Pressekonferenz in Washington.

Zur Unterzeichnung des militärischen oaikanpaktes werden die Außenmini­ster Jugoslawiens. Griechenlands und oer Türkei am 6. August in dem jugo­slawischen Kurort Bled zusammentre­ten

Indien und die Kolonien

Er sagte, in einer Welt, die zur Hälfte kommunistisch und zur Hälfte demokratisch sei, könne es keinen Frieden geben. Die Sowjets versuch­ten durch ihre Friedensfanfaren die Vereinigten Staaten in Sicherheit zu wiegen, bis sie genug Wasserstoff­bomben und Langstreckenbomber besäßen, um die Produktionsstätten und Flugplätze in den USA zu ver­nichten.

einen Schritt Präsident Eisenhowers in dieser Richtung unterstützen werde. Es sei allerdings nicht zu erwarten, daß der Präsident etwas unternehmen werde, solange nicht feststehe, ob Frankreich den EVG-Vertrag ratifi­zieren werde oder nicht.

Wiley erklärte, nach seiner An­sicht könne Eisenhower von sich aus der amerikanischen Besatzungszone Deutschland die volle Souveränität verleihen. Dagegen bedürften alle neuen Abkommen über die Anwesen­heit amerikanischer Streitkräfte in Deutschland der Zustimmung des Se­nates. Die Verleihung der vollen Sou­veränität schließe für die Deutschen das Recht ein, wieder aufzurüsten.

Notfalls: Alternative

WASHINGTON. Der Fraktionsfüh­rer der Republikaner im Senat, Knowland, hat am Mittwoch be­kanntgegeben, daß der Senat recht­zeitig Pläne für eine Alternative zur Europäischen Verteidigungsgemein­schaft erörtern wird, falls Frankreich den EVG-Vertrag vor den Parla­mentsferien nicht mehr ratifiziert.

Das olMi t große Flensburger MotorschiffTraute Sarncno", das mit einer Koh­lenladung von Cardiff nach Ostende unterwegs war, ist vor Cornwall auf Grund gelaufen Mit Hosenbojen konnte die achtköpfige Besatzung gerettet werden. Dieses bei Ebbe aufgenommene Bild läßt die gefährliche Lage des Schiffes kaum erkennen, denn erst bei einsetzender Flut geraten die Deckauf­bauten des manövrierunfähigen Schiffes unter Wasser. Bild: AP

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Bemerkungen zum Tage

Noch ein Winter inRußland

re. Die Stimmung unserer Gefange­nen im Osten sinkt immer tiefer, heißt es in einem Artikel, denDer Heim­kehrer, das Mitteilungsblatt des Ver­bandes der Heimkehrer, Kriegsgefange­nen und Vermißtenangehörigen Deutsch­lands, veröffentlicht. Die sowjetische Erklärung, daß Anfang 1954 mit weite­ren 8500 Entlassungen gerechnet wer­den könne, ist nicht eingelöst worden. Als sie veröffentlicht wurde, so heißt es in dem Artikel, war die große Entlassungswelle in vollem Gange, Verständlich, daß sich jeder daran klammerte und auch nach dem Ja. nuar-Stoß alles vermieden wurde, was geeignet sein konnte, diese Hoffnung zunichte zu machen. Die Kommunisten sind in dieser Pause mehr denn je po­litisch offensiv geworden: Berlin, Genf, Moskauer Einladungen an westdeut­sche Wirtschaftler, Kulturschaffende, Kirchenvertreter und Politiker und jetzt die Aufforderung zu einer neuen Viererkonferenz über Deutschland. Es hat sich längst herumgesprochen, daß weder die deutschen Kriegsgefangenen noch die zivilen Zwangsarbeiter als Arbeitspotential weiter von Interesse

Räumung der Suez-Zone innerhalb 20 Monaten

Eine Vertrauensfrage Churchills? / Der Vertrag gilt vorläufig für sieben Jahre

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zu werden . , , I

KAIRO. Der britisch-ägyptische Konflikt um die Suezkanalzone ist mit der Paraphierung eines Rahmenab­kommens über die Räumung der Zone durch die britischen Truppen inner­halb von 20 Monaten beigelegt wor­den. Britisch-ägyptische Arbeitsaus­schüsse begannen bereits am Mittwoch mit der Ausarbeitung des endgültigen Vertragstextes. Das britische Kabinett beriet gleichzeitig darüber, ob Pre­mierminister Sir Winston Chur­chill wegen des Widerstandes einer Gruppe konservativer Unterhausmit­glieder gegen das Abkommen dem Parlament die Vertrauensfrage stel­len soll.

Die 40 Abgeordneten, die der als konservative Rebellen bekannten Gruppe angehören, haben angekün­digt. daß sie gegen ledes Abkommen stimmen werden, das einen Abzug der britischen Truppen aus der Suezka­nalzone vorsieht Sie können aller­dings die Regierung in dieser Frage nicht in Gefahr bringen, da ein gro­ßer Teil der Labour-Abgeordneten für den Abzug der britischen Trup­pen aus der Kanalzone Ist.

Die Einigung über die Hauptpunkte des Abkommens wurde In drei Konfe­renzen erzielt, die der britische Kriegsminister H e a d während sei­nes viertägigen Aufenthaltes in Kairo mit Ministerpräsident Nasser führ­te Sie umfaßt fnlgende Beschlüsse'

1 Großbritannien zieht seine etwa 80 000 Mann starken Truppen inner­halb von 20 Monaten nach Vertrags­unterzeichnung aus der Suezkanal­zone ab. Danach sorgt zum ersten Male

seit 1882 die ägyptische Regierung selbst für die Sicherheit der Zone.

2. Für die Instandhaltung der um­fangreichen militärischen Anlagen des Stützpunktes sorgen britische oder ägyptische Vertragsfirmen mit Hilfe ausländischer, wahrscheinlich briti­scher Ziviltechniker.

3. Das Abkommen gilt vorläufig für sieben Jahre Wird in dieser Zeit ein Staat der Arabischen Liga oder die Türkei in einen Krieg verwickelt, so ist Großbritannien zur militärischen Wiederbesetzung der Suezkanalzone berechtigt. Droht den genannten Staa­ten ein Angriff, werden Kairo und London einander sofort konsultieren.

Die Beiruter ZeitungAlhajat meint, das Abkommen werde die Ein­heit der arabischen Völker fördern. Es werde weiter eine Änderung der ara­

bisch-türkischen Beziehungen erfor­derlich machen und Ägypten in die Lage versetzen, mehr Truppen an die israelische Grenze verlegen zu können.

Alte Kameraden in Kairo

KAIRO. In den Straßen Kairos fan­den am Dienstagabend Freudenkund­gebungen statt, nachdem die Para­phierung des Vertrages über die Räu­mung der Suezkanalzone über Laut­sprecher bekanntgegeben worden war. Der ägyptische Rundfunk sendete ein Festprogramm, in dessen Verlauf der deutsche MarschAlte Kameraden mehrere Male gespielt wurde. Außer­dem wurde ein eigens zu diesem An­laß komponierterMarsch der Räu­mung uraufgeführt

Garantieerklärung für Nahost

Um Israel gegen verstärkten ägyptischen Druck abzuschirtnen

LONDON. Amtliche Stellen in Lon­don erklärten am Mittwoch, daß eine amerikanisch - britisch - französische Garantieerklärung für die Länder des Mittleren Ostens einschließlich Isra­els gegen einen Angriff, gleichgültig von welcher Seite, unmittelbar bevor­steht

Weiter verlautet, daß der Streit 'wischen Großbritannien und Saudi- Arabien um die Oase Bureimi fr Kürze beendet wird Die Scheichs, die auf Olfunde in dieser Gegend rech­nen. sollen durch dieses Abkommen gezwungen werden, sich einem inter­

nationalen Schiedsspruch über ihre Forderungen zu unterwerfen. Die Oase liegt an der Grenze zwischen dem britischen Protektorat Muskat und wird von saudi-arabischen Trup­pen besetzt gehalten.

Außenminister Eden hat dem Un­terhaus am Mittwochnachmittag eine Erklärung über die Garantie abgege­ben, die wahrscheinlich den Zweck haben soll, die von konservativen und Labour-Abgeordneten wegen der Möglichkeit eines neuen ägyptisch­israelischen Konfliktes gehegten Be­fürchtungen zu zerstreuen.

sind. Mehr denn je sind sie politische# Faustpfand,

Aus Swerdlowsk schreibt man. nach Gummistiefeln, aus dem Tbc-Lazarett nach Medikamenten. Die Sonne neigt im Jahresablauf ihre Bahn und zieh! dem 10. Nachkriegswinter entgegen. Die Heimat rüstet sich, Wintersachen be­reitzulegen für die Pakeibetreuung, die immer wichtiger wird für das Durch­halten der Kriegsgefangenen. Die An­gehörigen sind am Verzweifeln. Di# Frauen vegetieren mit schmalen Ren­ten dahin, die nur dort erträglich sind« wo der Mann zufällig Beamter war. Die Kinder wachsen den Müttern übeg den Kopf und aus der Schule in de® Beruf hinein. Es ist nicht nur materiell zu wenig, was für diese Familien ge­schieht, es ist vor allem moralisch be­schämend, wie die Heimat dies«! Frauen allein läßt.

Bitte jetzt berichtigen!

gj. Nach amtlichen Schätzungen gibt es in der Bundesrepublik rund 60 000 Personen, die sich nach dem Personen­standsgesetz strafbar machen, weil sia unter falschem Namen leben. Der größte Teil von ihnen ist nach dem Kriegeuntergetaucht, aus Furcht vor Verfolgung, aus Furcht vor der Be­strafung durch deutsche oder alliiert« Behörden, u. a. weil sie sich der Ent­nazifizierung entziehen wollten. Auch andere Motive mögen in manchen Fäl­len ausschlaggebend gewesen sein; denn es war damals leicht, einneuer Mensch" zu werden. Die Möglichkeiten, mit dem alten Namen auch das alte Leben abz^streifen, boten sich in dem Nachkriegswirrwarr förmlich an. Wer wollte von einem Flüchtling, der nur das nackte Leben rettete, auch noch Papiere verlangen? Man mußte je­dem, der sich meldete, Glauben schen­ken. Auch in den niehtgeräumten Ge­bieten war die Ordnung der Personal­register durch Bomben, Brand und Ver­nichtung empfindlich gestört. Im zu­nächst russisch besetzten Berlin gin­gen die neu eingesetzten Hausobleute mit Bleistift und Papier herum und erfaßten jeden so, wie er es angab. Die Schockwirkungen desUmsturzes" mögen bei vielen von denen, die in der ersten Verzweiflung ihren Namen ver- leugneten, sehr bald verblaßt sein. Si« fanden dann aber nicht mehr den Mut, diesen schwerwiegenden Schritt wieder rückgängig zu machen. Nur in wenigen Fällen ist von der Möglichkeit einer Berichtigung der falschen Namensan­gaben, die schon die Amnestie von 1949 bot, Gebrauch gemacht worden.

Da nun wieder Recht und Ordnung in unserem Lande herrschen, wäre es höchste Zeit. Ordnung auch in die per­sönlichen Bezirke zu bringen. Wer wei­ter noch unter falscher Flagge segelt, wird auf kein Verständnis mehr sto­ßen. Eine letzte Chance zur straffreien Korrektur gibt das vor kurzem veröfr

*ont1 ? rhtp Amnö«+tpffpsptz.

Nur mäßig warm

Bericht <3es Wetteramtes Stuftsari

Heute bei wechselnder BewBikune -*nd zeitweilig lebhaften westlichen Winden noch vereinzelte Schauer -nr mäßig warm Hüehsttemneratn "pn kanm Über 2® Grad Moreer» weiterhin ielcbt veränderlich ou<*

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