MITTWOCH, 28. JULI 1954
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Der Regierungssender in Uganda (Afrika) hat den täglichen Wetterbericht aus seinem Programm gestrichen. Es hat sich herausgestellt, daß die Eingeborenen die Wettervorhersage als definitive Zusage der Regierung betrachten. Wenn das Wetter dann mit der Vorhersage nicht übereinstimmt, halten sie sämtliche Regierungsnachrichten des Tages als Lügen.
Zwei Insassen des Stockholmer Gefängnisses war es nach langwierigen Vorbereitungen endlich geglückt, auszubrechen. Kaum hatten die beiden jedoch die Luft der Freiheit geatmet, änderten sie ihre Pläne. Sie klopften eiligst den Aufseher heraus und baten Ihn, sie wieder einzusperren. Es regnete ihnen zu stark.
Der reichste Bettler von Detroit, der 81jährige Center Adams, hat seine 49. Gefängnisstrafe angetreten. Als Adams das letztemal beim Betteln getroffen wurde, trug er 280 Dollar in bar und einen Kontoauszug seiner Bank über 7000 Dollar bei sich.
Auf Grausamkeit geklagt hat ein Mann in London gegen seine Frau, mit der er bei Regenwetter jedesmal in Streit um den Schirm kam. Die Frau, die immer Siegerin blieb, pflegte ihren Mann dann mit dem Schirm zu verprügeln.
Nach wie vor Glück im Spiel hat Exkönig Faruk von Ägypten, der in der Liebe ziemlich vom Pech verfolgt ist. Vor kurzem fiel ihm am Spielautomaten eines italienischen Nachtclubs der Hauptgewinn zu, der etwa 4500 Lire (über 30 DM) beträgt. Wahrscheinlich kann Faruk dieses Geld gut gebrauchen.
Neger und Inder vertragen sich nicht
Ungelöste Probleme Südafrikas / Hausstreit im britischen Commonwealth / Malans Rassengesetze
Hs. JOHANNESBURG. Wie viele Probleme Afrikas ist auch das Inderproblem nicht ohne einen Blick in die Vergangenheit des Schwarzen Erdteils zu erklären. Vor nahezu hundert Jahren kamen die ersten Inder als hochwillkommene Kontraktarbeiter in die Zucker- und Teeplantagen der damaligen britischen Kolonie Natal an der Ostküste Südafrikas. „Kuli“ nennt man daher paradoxerweise auch heute noch den millionenschweren indischen Kapitalisten und den hochgebildeten Geistesarbeiter. Die meisten Kulis blieben im Lande. Durch Fleiß und Sparsamkeit stiegen viele von ihnen auf der sozialen Stufenleiter empor, so daß es heute neben indischen Kellnern und Hausangestellten, Kleinbauern, fliegenden Händlern und Ladenbesitzern auch zahlreiche Ärzte, Anwälte und Großkaufleute gibt.
Aus Angst vor der wirtschaftlichen Konkurrenz wurde im Jahre 1891 jede weitere indische Einwanderung nach Natal verboten. Aber starke natürliche Zunahme und illegale Einwanderung bewirkten, daß heute zum Beispiel in der Stadt Durban mehr als 100 000 Inder neben etwa ebenso vielen Weißen und Negern leben. Dem weiteren Vordringen der
Inder in die europäischen Wohn- und Geschäftsviertel Südafrikas wollte man unter der Regierung des Feldmarschall Smuts durch ein von den Indern als „Ghetto-Act“ bezeichnetes Gesetz Einhalt gebieten, das den Söhnen Asiens andererseits größere politische Rechte einräumte. Das Gesetz verursachte damals den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Indien und Pakistan auf der einen und der Union auf der anderen Seite.
Das Problem der südafrikanischen Inder ist nur ein Ausschnitt aus dem gesamtafrikanischen Problem. Aber es ist ein sehr wichtiger Ausschnitt. Die Weißen in Südafrika erklären die Inder für ein „unassimilierbares Element“. Die häufig daraus gezogene Folgerung, daß nur eine „Massenrepatriierung“ als einzige endgültige Lösung in Frage komme, erscheint heute noch undiskutierbarer, als sie es schon vor der Unabhängigkeit Indiens war. Ein oft gehörter Vorschlag geht dahin, die „lästige Minderheit“ in die ostafrikanischen Gebiete abzuschieben, die ohnedies schon von Indem stark besiedelt sind. So wurde vor einiger Zeit in der Presse ein Vorschlag erörtert, wonach das ehemalige Deutsch-Ostafrika zu einem
Die Hüte wollen wirklich wieder Hüte sein
In Paris und London wurden die neuesten Modeschöpfungen für Herbst und Winter gezeigt
PARIS. Die große Zeit der Mode ist wieder einmal angebrochen. Kaum ein Tag vergeht, ohne daß Berichte über bedeutsame modische Ereignisse zu uns dringen. Die Schönheit der Modelle und die Pracht der Farben, die jetzt auf die Modenschaubesucher einstür- men. denen schon heute das Glück zuteil wird, den dernier cri von morgen zu kennen, ist beinahe sinnverwirrend. Als Auftakt der großen Parade bezaubernder Mannequins und ebenso bezaubernder Modeschöpfungen für Herbst und Winter zeigten am Montag die zwölf führenden Pariser Hutexperten alles, was ihnen diesmal an Originellem und Traditionellem, an Lustigem und Feierlichem einfiel.
Eines muß von vornherein festge- »tellt werden, nachdem die Parade der 108 schönsten Winterhüte abgenommen Ist: der Hut wird endgültig wieder ein •Hut und begnügt sich nicht damit, zaghafte Andeutung dessen zu sein, was man gelegentlich als Kopfbedeckung zu bezeichnen pflegte.
Die Par.ser Hutkünstler haben sieh durchweg vom 18. Jahrhun
dert Inspirieren lassen. Ihre enganliegenden Hüte, Mützen und Hauben bedecken völlig das Haar — einerlei, ob sie für den Vor- oder Nachmittag, den Morgen oder den Abend bestimmt sind. Samt und Filz kommen zu hohen Ehren, klare Farbtöne, oft in Rot und Blau, werden bevorzugt und verleihen der Trägerin ein besonders jugendliches Aussehen. Unvergeßlich jenes Holländerkäppchen aus rotem Filz, das sich eng an die Ohren schmiegt und am Hinterkopf in besonders kunstvoller Weise ausläuft.
As erster der zwölf führenden britischen Modekünstler hat am Montag Hardy Amies in London seine Herbst- und Winterkollektion vorgeführt. Sie zeigt im allgemeinen eine etwas herbe Eleganz. So fallen bei den Kostümen gerade geschnittene, hochgeschlossene Jacketts und viereckige Schultern ins Auge. Die Röcke sind in j ihrem Schnitt zumeist ebenfalls „gerade“ Das früher vorherrschende Grau und Blau wich einer leuchtenden Bernsteinfarbe, neben der Olivgrün und tiefes Schwarz einen wichtigen Platz finden. Interessant dürfte auch
sein, daß die meisten Ärmel ein raglanartiges Aussehen darbieten.
Die Röcke enden 35 Zentimeter über dem Boden. Cocktailkleider freilich sind länger, und einige wenige Modelle erreichen die volle Länge des „ganz großen“ Abendkleides.
rein indischen Staat erklärt werden soll, in dem 20 Millionen Einwohner aus allen Teilen Afrikas sowie aus Indien und Pakistan eine neue Heimat Anden sollen.
Südafrikas größte Sorge
Die in der Südafrikanischen Union lebenden 300 000 Inder halten sich peinlich getrennt von Weißen und Farbigen. Sie werden im Grunde von allen gemieden und geha-ßt. Die schwersten Zusammenstöße der jüngsten Zeit ereigneten sich nicht etwa zwischen Weißen und Schwarzen, sondern in Natal, der Hochburg der Inder, zwischen Negern und Indem. Bei gleichbleibender Bevölkerungszunahme rechnet man bis zum Ende unseres Jahrhunderts in der Südafrikanischen Union mit einer schwarzen Bevölkerung von mehr als 24 Millionen, denen dann etwa 2,5 Mil
lionen Mischlinge, 2 Millionen Inder und nur 6 Millionen Weiße gegenüberstehen werden.
In einem Interview, das der Ministerpräsident der Südafrikanischen Union vor kurzem einem amerikanischen Korrespondenten gewährte, erklärte Dr. M a 1 a n : „Wir brauchen eine .Afrikanische Charta“, ein Übereinkommen zwischen Europäern, also Engländern, Franzosen, Belgiern und Portugiesen, einerseits und den Südafrikanern andererseits. Was soll darin eingeschlossen sein? Als erstes, daß der afrikanische Eingeborene vor der großangelegten asiatischen, insbesondere indischen Einwanderung geschützt wird. Es besteht kein Zweifel darüber, daß der indische Premierminister Nehru sich Afrika als einen Ort wünscht, wo er seine Überschußbevölkerung abladen kann.“
Dieser Ausspruch und die angedrohten Gegenmaßnahmen der indischen Regierung kennzeichnen die Situation in Südafrika, wo abseits der großen weltpolitischen Bühne um die Zukunft eines Kontinents gerungen wird.
Bunter Weä - Spiegel
„Miß USA“ die Schönste
LONG BEACH (Kalifornien). Zur schönsten Frau der Welt ist am Freitagabend beim Wettbewerb um den Titel „Miß Universum“ in Long Beach „Miß USA“, die Studentin Miriam Stevenson aus Südkarolina, erkoren worden. „Miß Germany“, die 19- jährige Regina Ernst aus Bremen, kam auf den 4. Platz
Wodka und Dienstvorschriften
STOCKHOLM. Wegen „sinnloser Trunkenheit“ während des Besuchs schwedischer Kriegsschiffe in Leningrad hatten sich acht schwedische Matrosen vor einem Kriegsgericht zu verantworten. Die Verteidigung der Matrosen: Sie hätten sich im Dienst und
In Genf rauchen die Kamine
Konferenzpapiere werden verbrannt / Daß ja kein fremdes Auge
GENF. In den verwaisten Genfer Konferenzräumen, Hotelzimmern und Delegiertenvillen hat ein Großreinemachen eingesetzt, um die vielen Zentner Papier zu vernichten, die sich im Lauf der dreimonatigen Konferenz angesammelt haben.
Erstaunlicherweise blieb am Konferenzort selbst, im Völkerbundspalast, kaum ein Blatt Papier liegen. Ein Geheimpolizist erklärte dies damit, daß man besondere Kommandos eingesetzt habe, die die eigenen Delegierten beschatteten und jedes Stückchen Papier aufsammelten, auf das jemand gedankenverloren vielleicht einen geheimen Gedanken gekritzelt haben könnte.
In den Hotels, wo die Delegationen
wohnten, ist man dagegen fest bei der I Arbeit. Die Umgebung des amerikanischen Hauptquartiers wird von einem schwarzen Aschenregen überrieselt. Hier werden die Papiere stoßweise in einer Spezialmaschine zu kleinen Streifen zerschnitten und dann in einem Spezialofen verbrannt, der mit einer besonderen Einrichtung versehen ist, damit kein unverbranntes Stückchen Papier, sondern nur der Ruß durch den Schornstein entweicht.
Auch bei den Briten und Chinesen raucht der Schornstein, während die Villa, in der der französische Ministerpräsident Mendes-France wohnte, schon wieder ganz friedlich daliegt.
Als Stahlskelettbau wurde in Freiburg i. Br. innerhalb von drei Monaten die neue Stadthalle errichtet, die in ihrer künstlerischen Gestaltung für die Schwarzwaldstadt etwas völlig Neues darstellt. Die Halle bietet mit 4200 qm Nutzfläche 4000 Personen Sitzplätze und kann noch zusätzlich 1000 Stehplätze bereitstellen. Morgen wird das Richtfest gefeiert, und am 12. September soll die Halle zum deutschen Naturforscher- und Ärztekongreß eingeweiht werden. ■ Unser Bild zeigt die Eingangsfassade, die eine Länge von 64 Meter hat.
Bild: dpa
daher verpflichtet gefühlt, den zahllosen Trinksprüchen mit russischem Wodka auf Schweden, die Sowjetunion, den Frieden, die Admiräle usw. nachzukommen. Betrunken hätten sie sich also aus Pflichtgefühl und könnten daher nicht bestraft werden. Das Gericht beschloß, sich zunächst einmal zu vertagen.
So gut kann er’s auch
BIRMINGHAM. Ein in eine Ausstellung eingeschmuggeltes Bild, das ein achtjähriger Knabe gemalt hat, hing dort zehn Tage, ohne daß es besonders auffiel. Dann berichtete ein Mann, er habe seinen Sohn aufgefordert, irgendetwas zu malen, was ihm gefalle. Der Junge tat es und signierte sein Bild mit „Jan Michel“. Sein Vater brachte es heimlich in die Ausstellung und hängte es unter den Werken moderner Künstler auf. Keinem der Ausstellungsbesucher fiel ein Unterschied auf.
Wieder Mord mit Pflanzenschutzmittel
BOTTROP. Die Kriminalpolizei in Bottrop klärte einen neuen Mord mit Pflanzenschutzmittel auf. Eine Frau hatte ihrem Mann das Gift in eine Medizinflasche geschüttet, aus der er täglich seinen Hustensaft einzunehmen pflegte. Die Tat ist durch die Aufmerksamkeit des Arztes entdeckt worden, der die Todesursache nicht einwandfrei feststellen konnte. In ihrem Geständnis vor der Polizei hat die Frau als Motiv für ihre Tat zerrüttete Eheverhältnisse angegeben.
Rehbock wollte auch zuschauen
STUTTGART. Gebannt verfolgten die Zuschauer in der Hedersbach-Kur- ve an der Solitude-Rennstrecke am Sonntag den Motorrad-Weltmeisterschaftslauf, als sie plötzlich unsanft beiseitegestoßen wurden. Empört machten sich die Betroffenen daran, ihren guten Platz an dem Zaun hinter der Tafel „Sicherheitszone, Betreten verboten“, zurückzuerobern, als sie feststellen mußten, daß der Eindringling ein ausgewachsener Rehbock war.
Da der sportbegeisterte Waldbewohner trotz der Verbotstafel der Rennleitung Anstalten machte, selbst in das Rennen einzugreifen, mußte der sich heftig Wehrende von drei Männern festgehalten werden. Sie trugen ihn mit vereinten Kräften in den Wald zurück und setzten ihn nach entsprechenden Ermahnungen „auf freien Fuß“ Er muß es ihnen übelgenommen haben, denn er kam nicht wieder.
Eine neue Hölderlin-Hymne
Niemand aus der zahlreichen und immer stärker anwachsenden Hölderlingemeinde konnte ahnen, daß in unserer Zeit ein bisher noch nicht bekanntes Gedicht von der Hand des Dichters zum Vorschein kommen würde. Aber das Unwahrscheinliche hat sich dennoch ereignet: wie wir von Professor Beißner, dem Herausgeber der Stuttgarter Hölderlinausgabe erfahren, ist er seit kurzem im Besitz der fotografischen Nachbildung einer Handschrift, die eine bisher unbekannte Dichtung Hölderlins in dessen eigener Reinschrift enthält. Sie ist eine aus dem Umkreis des Entwurfskomplexes "j^ohnender, der du nimmer geglaubt“ hervorgewachsene, vollkommen ausgereifte Hymne in streng symmetrischem triadischem Aufbau, wie iv v, 1 * 1 solc her Vollendung bei dieser Dichtungsgattung Hölderlins nur in wenigen Gesängen anzutreffen ist. Sie „St den Titel „Friedensfeier“ und ist 2?. te J dem Eindruck der Nachricht vom riedensschluß zu Lunäville (Februar
Kulturelle Nachrichten
om as Mann wird die Festrede a der Jubiläumsfeierlichkeiten
des Schillerjahres 1955 in Stuttgart hal-
. P® 1 ehemalige Kölner Literaturpro- rtif 0r ® rns t Bertram wurde 70 .." r f: Bertram ist vor allem durch
n Nietzsche-Buch bekannt geworden. n P* n .kieiner Kalkstein-Tem- p * ’ der de r Göttin der Fruchtbarkeit, „ „ \8eweiht war, ist von Archäolo- a n m einer griechisch-römischen ln faestum bei Salerno entdeckt mit o'ii 11 seinem Innern fand man ]_„. Gold verzierte bronzene Votiv- ■»„v, * Der Tem P e l stammt aus dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert.
1801) konzipiert und wahrscheinlich 1802 verfaßt worden.
Im Hölderlin-Jahrbuch von 1950 hatte Adolf Beck noch von dem Angebot Hölderlins gesprochen, dem Verleger Wilmans „einzelne lyrische größere Gedichte, 3 oder 4 Bogen, so daß jedes besonders gedruckt wird, weil der Inhalt unmittelbar das Vaterland angehen soll oder die Zeit“, zu senden und die Frage, ob der Dichter noch dazu gekommen sei, verneint. Ganz offenbar gehört aber die neu aufgefundene Hymne zu diesen angekündigten Dichtungen. Gleich hinter dem Titelblatt findet sich eine zum Druck bestimmte Vorrede an den Leser, in der der Dichter zu erkennen gibt, daß dieses Ge
dicht eine Probe weiterer größerer lyrischer Werke kein soll. Von den zwölf Strophen sind drei ohne wesentliche Änderung aus der zweiten Fassung des Entwurfes „Versöhnender“ übernommen und einzelne Wendungen daraus über das ganze Gedicht verteilt. Der berühmte Schluß der dritten Fassung:
„Viel hat erfahren der Mensch. Der Himmlischen viele genannt.
Seit ein Gespräch wir sind Und hören von einander.“
erhält eine für Hölderlin ungemein charakteristische Fortsetzung, die alle bisherigen Deutungsversuche in Frage stellen wird.
Es steht zu hoffen, daß für die im Ausland aufgetauchte Handschrift in nicht allzu ferner Zeit die Publikationserlaubnis erteilt wird.
Hispanische Welt rückt sich näher
Der Cervantespreis für Literatur soll in Zukunft im Kreis der spanisch sprechenden Völker den Nobelpreis ersetzen. Vertreter Spaniens und der lateinamerikanischen Staaten haben auf der hispanischen Dichtertagung in Co- rufia beschlossen, alljährlich eine Reihe von Preisen für die hervorragendsten Leistungen auf dem Gebiete des hispanischen Romans, der Dichtung und wissenschaftlichen Dichtung zu verteilen, die unter dem Namen Cervantespreis die höchste literarische Ehrung für die Dichter und Schriftsteller spanischer Sprache darstellen soll. In Spanien und Lateinamerika wird seit Ja- ren bereits eine oft recht scharfe Kritik an der Vergebung des Nobelpreises für Literatur geübt und der Gedanke eines Cervantespreises wurde bereits im vergangenen Jahr lebhaft propagiert. Die für diese hispanischen Literaturpreise in Coruna festgesetzten geldlichen Ehrengaben betragen allerdings
lediglich 20 000 DM für den Cervantespreis. Man nimmt jedoch an, daß durch Sondergaben der spanischen und lateinischen Finanzwelt, wie auch durch Hinterlassungen ein Fonds geschaffen werden kann, der in einigen Jahren eine solche Erhöhung ermöglicht, daß der Cervantespreis für den hispanischen Dichter und Schriftsteller auch wirtschaftlich eine Sicherstellung bedeuten wird.
Gleichzeitig beschlossen die Vertreter der hispanischen Länder, ihrer Regierungen eine durchgreifende Vereinheitlichung der spanischen Sprache und die Ausarbeitung einer für jeden Staat bindenden Rechtschreibung zu empfehlen, um damit sprachlich zersetzende Einflüsse auszuschalten und das Eindringen fremder Sprachformen ln die spanische Sprache Lateinamerikas zu verhindern. Diese Gleichschaltung ist bereits des öfteren angestrebt, bisher aber nicht verwirklicht worden. Es hat
jetzt jedoch den Anschein als ob die Vorbedingungen für diese Vereinheitlichung heute günstiger seien als bisher. So wurde auch von südamerikanischer Seite die Ausarbeitung gemeinsamer Lehrpläne für den mittleren und höheren Schulunterricht vorgeschlagen. Der Plan fand einstimmige Annahme und wird nun den einzelnen Regierungen unterbreitet werden.
Nachdem erst vor wenigen Tagen das spanische Parlament allen Staatsangehörigen lateinamerikanischer Länder den automatischen Erwerb der spanischen Nationalität ohne den Verlust ihrer eigenen Staatsangehörigkeit zugestanden hat und eine ganze Reihe lateinamerikanischer Länder sich bereit zeigen, ähnliche Gesetzbestimmungen zu erlassen, stellen die Beschlüsse der spanisch sprechenden Völker Bestrebungen dar, enger zusammenzurücken und ihre Gemeinsamkeit kulturell wie politisch stärker wirksam werden zu lassen. W. Schulz, Madrid
Literarische Notizen
Ernst Penzoldts Erzählungsband „Süße Bitternis“ erscheint soeben im Suhrkamp-Verlag in einer einmaligen Sonderausgabe als „Suhrkamp- H a u s b u c h“.
Das einzig bekannte Originalmanuskript der Märchen der Gebrüder Grimm aus dem Jahre 1812 ist in New York von dem Genfer Bankier und Sammler Dr. Martin Bod- mer erworben worden. Der Preis für diese Erwerbung ist nicht bekannt, jedoch sollen die geforderten 75000 Dollar nicht ganz erreicht worden sein. Das Manuskript enthält 47 Märchen und Fragmente, die von Jacob und Wilhelm Grimm zwischen 1806 und 1810 niedergeschrieben worden sind. Das Manuskript wurde von seinem früheren Eigentümer, dem Zisterzienserkloster bei OlenbeTg im Elsaß, verkauft, um mit dem Erlös die Kriegsschäden des Klosters zu beseitigen.
Allein im Wald
In stiller Stunde an einem Spätsommertag mag es sein, daß uns am eindringlichsten der uralte Zauber des Waldes berührt.
Über den Wipfeln blaut die Weite des Himmels. Satt von Wärme zittert die Luft auf den Lichtungen. Unter den hohen Bäumen weht Schattenkühle und Moosteppiche betten lautlos den Tritt. Beerenreife tupft schüchternes Rot ins Dunkelgrün des Waldgrundes. Selten ward schon Faltertaumeln und Vogelruf. Eingeschlafen sind die Sommerwinde, verebbt ist alles ungestüme Rauschen und Gesumm. Zuweilen fällt schon ein welkes Blatt.
Besonnt ragt der altersgraue Fels über der Lichtung auf. Würziger Ruch von Kräutern mischt sich in die widerstrahlende Wärme des Steins. Vorsichtiger prüft der Einsame Griff und Tritt beim Aufstieg. Lautlos streicht ein Vogel von der Felswand ab.
Ein leiser Unterton von Traurigkeit rührt uns an, sind wir allein im Wald. Ist es Ahnung verlorener Vertrautheit mit den Mächten der Natur? Fabelwesen und Götter erlebte der Mensch vor Zeiten im Walde. Joseph Baut
Münsterorgel wird erneuert
Im Konstanzer Münster ist mit den Arbeiten zur Erneuerung der Münsterorgel begonnen worden. Die Orgelerneuerung bildet eine weitere Phase im Gesamtprojekt der Münsterrenovierung, die sich über Jahrzehnte erstreckt. Die Wiederherstellung des Inneren, des Turms mit der Westfassade, des Hauptportals sowie des Daches ist bereits abgeschlossen. Mit der Erneuerung der Orgel, die einen Aufwand von rund 100 000 DM erfordert, wird einem dringenden Bedürfnis der Mün- ster-Pfarrgemeinde nach einem neuen Orgelwerk entsprochen, nachdem da» bisherige nach einhundert Jahren ununterbrochener Benutzung heute verbraucht Ist