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HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND

CALWER ZEITUNG

Verlagsort Calw

MITTWOCH, 28. JULI 1954

AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW

Gegründet 1826 / Nr. 172

Duell mit Protesten

Die Flugzeugzwischentälle vor Hainan schatten eine sehr gespannte Atmosphäre

LONDON. Wegen der Flugzeugzwischenfälle vor der Insel Hainan ist es am Dienstag zu einem Austausch in scharfen Worten gehaltener Noten zwischen Großbritannien und den Vereinigten Staaten einerseits und der chinesischen Volksrepublik andererseits gekommen.

Absprung von Suez

UdSSR.

Bündnis

MALTA

PERSIEN

LIBYEN

MStifopuM*

liier

Mittelöst

Arabische Länder un d Türkei

SUDAN

Die Einigung zwischen Großbritannien und Ägypten über die Räumung der Suezkanalzone ist in Sicht. Selbst Churchill ist heute der Meinung, daß im Zeit­alter der Wasserstoffbombe eine Massierung der britischen Streitkräfte in der Suezzone gefährlich und eine Dezentralisierung geboten sei. Dafür stehen die Stützpunkte von Malta bis Irak und von Cypern bis Kenia zur Verfügung, in Cypern wird seit langem an der Errichtung des neuen Hauptquartiers Mittel­ost gearbeitet. Eine Wiederbesetzung des riesigen Waffenarsenals in der Suez­zone ist für den Fall eines Angriffs auf die arabischen Staaten und auf das NATO-Mitglied Türkei vorgesehen.

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Bemerkungen zum Tage

Großbritannien und die Vereinig­ten Staaten protestieren in ihren No­ten, die von dem britischen Geschäfts­träger in Peking, T e v e 1 y a n , über­reicht werden, gegen die Behinderung der Rettungsflugzeuge, die nach dem Abschuß des britischen Verkehrsflug­zeuges am Freitag vergangener Wo­che nach Überlebenden gesucht hat­ten. Der Sender Peking brachte am Dienstag eine Erklärung des stellver­tretenden chinesischen Außenmini- zters Tschang H a n - f u , in der ge­gen den Abschuß zweier chinesischer Jagdflugzeuge durch amerikanische Trägerflugzeugeschärfstens Pro­test erhoben wird.

Bevor Außenminister Eden am Dienstagnachmittag Einzelheiten über den neuen britischen Protest im Un­terhaus bekanntgab, hatte eine Son­dersitzung des Kabinetts unter Vor- iitz von Premierminister Churchill und in Anwesenheit der militärischen Chefs stattgefunden

Noch ein Übergriff

Eine Verkehrsmaschine der Air France wurde am Dienstag auf dem Flug von Saigon nach Hongkong in der Nähe von Hainan von vier Düsen­jägern des sowjetischen Baumusters MIG umkreist. Der Pilot erklärte, er habe die Nationalitätsabzeichen der Maschinen nicht erkennen können, doch wird angenommen, daß* es sieh um chinesische Maschinen handelte.

BERLIN. Ein Hauptmann der ame­rikanischen Abwehr (CIC), der mit dem bisherigen Präsidenten des Bun­desamtes für Verfassungsschutz, Dr. Otto John, gut bekannt war, hat am vergangenen Freitag in seiner Ber­liner Wohnung Selbstmord begangen, wurde am Dienstag gemeldet.

Der Hauptmann wurde von ande­ren Offizieren mit einer tödlichen Schußwunde in seiner Wohnung nahe dem amerikanischen Militärhospital aufgefunden Im Hospital konnten die

Die Wehrklage der SPD wird vor­aussichtlich Mitte Oktober vor dem Bundesverfassungsgericht mündlich ver­handelt werden.

Bundesinnenminister Schröder berich­tete dem Bundestagsausschuß zum Schutz der Verfassung über die Maß­nahmen, die die Bundesregierung zum Fall John getroffen hat.

Neue Wahlen in Ostpakistan hat die verfassunggebende Versammlung von Pakistan zum Jahresende beschlossen.

Der britische Kolonialminister Lytt- wton hat seinen Rücktritt beantragt. Nach dem Rücktritt des Landwirt- * ministers sieht man darin den Aultakt für eine baldige Umbildung er Regierung.

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Europa steht auf dem Spiel

wollen wir nicht gleich

die die Nationalität des Verkehrsflug­zeuges festzustellen suchten. Ein ame­rikanisches und ein indisches Ver­kehrsflugzeug wurden ebenfalls im Raum um Hainan einige Minuten lang von amerikanischen Düsenjä­gern begleitet, die auch am Dienstag ihre Suchaktion nach den vermißten Fluggästen des abgeschossenen briti­schen Flugzeuges fortsetzten.

Erregung in USA

WASHINGTON. Präsident Eisen- hower, Verteidigungsminister Wil­son, Außenminister D ulles und

Ärzte nur noch seinen Tod feststellen. Die Identität des Mannes wurde von der amerikanischen Armee nicht be­kanntgegeben. Es handelt sich, wie verlautet, um einen naturalisierten Amerikaner, der vermutlich deut­scher Abstammung ist.

Nach Mitteilung von Armeeoffizie­ren war der Hauptmann seit einiger Zeit mit Dr. John bekannt. Er erschoß sich einen Tag, nachdem das sowjet­zonale Innenministerium bekanntge­geben hatte, daß Dr. John aus politi­schen Gründen freiwillig nach Ost­berlin gegangen sei.

Leitende amerikanische Beamte lehnten es ab, sich über Einzelheiten des Falles und besonders über das Motiv des Selbstmordes zu äußern. Sie verweigerten auch eine Stellung­nahme zu den Beziehungen des Hauptmanns zu Dr. John und erklär­ten, an seiner Loyalität könne nicht gezweifelt werden. Verwandte des Hauptmanns sollen im Osten leben.

Nach Ansicht alliierter Stellen könnte das Wissen Dr. Johns, der auch

HANOI. In Nordvietnam ist am Dienstagmorgen um 8 Uhr die verein­barte Waffenruhe eingetreten. Damit hat in diesem Teil Indochinas der schmutzige Krieg, der sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage dauerte und auf beiden Seiten fast eine Million Opfer forderte, sein Ende gefunden. Gleichzeitig hat Indien als Vorsitzender der Waffenstillstands- Überwachungskommission eine Kon­ferenz nach Neu-Delhi einberufen, um die Arbeit der Kommission vorzube­reiten

Noch i n den letzten Stunden vor Eintritt der Waffenruhe war es in allen Teilen Nordvietnams zu heftigen Kämpfen gekommen, da die Kommu­nisten vor allem beiderseits Hanoi kleinere französische Außenposten einzunehmen versuchten. Von fran­zösischer Seite wird angenommen, daß diesen Angriffen der Zweck zu­grunde lag, die einheimischen Ver­bände zur Desertion zu bewegen.

Mit dem Eintritt der .Waffenruhe hat die Rückverlegung der französi-

Generalstabschef Admiral R a d f o r d besprachen am Montag Im Weißen Hause die Zwischenfälle von Hainan. Es wird erwartet, daß sie eine Ent­scheidung über weitere Schritte der USA zur Verhinderung ähnlicher Vor­kommnisse treffen werden.

Einige Senatoren erklärten, sie seien nach dem Absthuß der briti­schen Skymaster-Maschine und dem Angriff chinesischer Jäger auf ameri­kanische Flugzeuge bei Hainan bereit, bis zum äußersten zu gehen. Sie riefenin dieser Stunde der Gefahr" das amerikanische Volk zur inneren Einigkeit auf. Der demokratische Se­nator N e e 1 y bezeichnete die Zwi­schenfälle alskriegsähnliche An­griffe auf die USA und sagte, die USA würden, wenn nötig, bis zum letzten Blutstropfen kämpfen.

zu den amerikanischen und britischen Geheimdiensten viele Beziehungen hatte, einen Umbau des Netzes erfor­derlich machen, über das der Westen seine Informationen aus der Sowjet­zone und aus osteuropäischen Län­dern erhält.

Kanzler: Ueberprütung

BONN. Bundeskanzler Dr. Aden­auer ließ am Dienstag über das Bundesinnenministerium offiziell mit- teilen, daß das Bundesamt für Ver­fassungsschutz einer sorgfältigen Nachprüfung unterzogen werde. Diese Überprüfung, die sowohl in organisa­torischer Eds auch in politischer Hin­sicht erfolge, habe bereits begonnen.

Der Bundeskanzler ließ weiter mit- teilen, daß er den Fall des im Ber­liner Sowjetsektor verschwundenen ehemaligen Präsidenten des Verfas­sungsschutzamtes, Dr. John, mit großem Ernst und mit Sorge verfolgt habe.

sehen Unionstruppen in Richtung auf den Hafen Haiphong begonnen. Un­aufhörlich verließen im Laufe des Ta­ges französische Lastwagenkolonnen Hanoi.

In den übrigen Teilen Indochinas werden die Kampfhandlungen erst bis zum 11. August eingestellt, doch finden dort Im wesentlichen nur noch örtliche Kämpfe statt.

EVG-Gegner formieren sich

PARIS. Die entschlossenen Gegner der Europäischen Verteidigungsge­meinschaft in Frankreich verstärken ihren Kampf gegen den EVG-Vertrag immer mehr, zumal die Ratiflzie- rungsdebatte in der Nationalver­sammlung , grundsätzlich für Mitte August festgelegt ist. In einer am Dienstag veröffentlichten Entschlie­ßung des hauptsächlich von neutrali­stischen Kreisen der äußersten Lin­ken inspiriertenKomitees für eine friedliche Lösung der deutschen Frage werden die EVG erneut abge-

Aut Eis gelegt

hr. Nach dem Plan, den sich der fran­zösische Ministerpräsident Mendös - France bei seiner Investitur gesetzt hat, will er nach dem Indochina-Problem zuerst die wirtschaftliche Misere Frank­reichs und dann die Frage der Europä­ischen Verteidigungsgemeinschaft in Angriff nehmen. Während aber für die erste dieser Aufgaben ein Schlußtermin feststand, während weiter Indochina als Problem nur eine Lösung zuließ, liegen bei den anderen beiden Phasen weder Termine fest, noch ist irgendje­mand, außer vielleicht Mendts-France selbst, imstande zu sagen, was man sich unterdie Europäische Verteidigungs­gemeinschaft anpacken eigentlich sach­lich vorzustellen habe. Das kann alles oder auch nichts bedeuten. Es kann hei­ßen, daß nun der Ratifizierungsvorgang eingeieitet wird. Damit kann aber auch gemeint sein, daß eine neue abgeän­derte Form des ursprünglichen Vertrags ausgearbeitet werden soll. Es kann schließlich so sein, daß die EVG-Kala- mitätangepackt wird, indem man die EVG in einem parlamentarischen Staats­begräbnis beerdigt.

Nun haben allerdings die Amerika­ner, in diesem Fall einmal unterstützt von den Briten, verkündet, daß sie ge­sonnen seien, der Bundesrepublik eine verhältnismäßig weitgehende Souverä­nität zu gewähren, wenn Frankreich nicht bis zum 20. August ratifiziert ha­be. Das sollte ein Wink an Paris sein. Aber ob das zieht? Zum ersten ist es nicht so einfach, die Bundesrepublik in ihren amerikanisch und englisch besetz­ten Teilen souverän werden zu lassen, wenn Frankreich, das ja immerhin auch Besatzungsmacht ist, nicht mitmacht. Eine Bizone will man ja nicht wieder. Und weiter: Wer sagt uns denn, daß für einen Franzosen, der nun einmal Gegner der deutschen Wiederaufrü­stung ist, nicht ein teilweise souveränes, aber unbewaffnetes Deutschland viel sympathischer erscheint, als ein aufge­rüsteter, starker westdeutscher Partner Innerhalb der projektierten Verteidi­gungsgemeinschaft. Dies gilt zumal dann, wenn Mendös-France unter der Hand von Molotow Zusicherungen er­halten hat oder erhalten könnte, daß die sowjetisch besetzte Zone, selbst wenn die EVG unterbleibt, nicht mit den drei anderen Zonen vereinigt wird.

In der Tat hat Molotow Inzwischen ein neues Treffen der Großmächte zum Zwecke einer Erörterung der deutschen und der österreichischen Fragen vor­geschlagen. Man ist gerade so schön im Zuge mit Kompromissen. Ist es da

lehnt und Verhandlungen über einen Friedensvertrag gefordert.

Monian-Konterenz

LUXEMBURG. Die Wirtschafts-, Arbeits- und Verkehrsminister der sechs Mitgliedstaaten der Montan­union sind am Dienstag in Luxem­burg zu einer wichtigen Konferenz zu­sammengetreten. Auf der Tagesord­nung stehen Zollprobleme, die Frei­zügigkeit der Kohle- und Stahlarbei­ter zwischen den sechs Ländern und eine Prüfung der Finanzpolitik der Hohen Behörde.

nicht wahrscheinlich, daß Frankreich, das bereit war, Indochina, für das es so viel Blut geopfert hat, aufzugeben, nun auch bereit wäre, mehr oder min­der ausdrücklich einer Regelung der deutschen Frage zuzustimmen, die für uns im schlechteren Falle einen Fort­bestand der Trennung ohne Wieder­bewaffnung und im besseren Falle höchstens eine Wiedervereinigung un­ter Entwaffnung, Neutralisierung und Anerkennung der gesamten Gebiets­verluste einschließlich des Saargebietes vorsehen würde. Und die Engländer? Wäre von ihnen viel Widerstand zu er­warten, wenn sie sich erhoffen könn­ten, auf diese Weise zu einem Zustand zu gelangen, der ihnen erlaubte, bei verringerter Weltspannung besser ihren Geschäften nachzugehen? Blei­ben schließlich die Amerikaner. Doch sie können, wie gerade Genf gezeigt hat. nicht ohne Paris und London han­deln.

Ob es zu einer neuen Deutschiand- konferenz kommt, ist noch nicht ge­wiß. Vielleicht setzt Washington durch, daß die russische Einladung nach eini­gem Notenwechsel zu den Akten gelegt wird. Kommt es aber zu einem solchen Treffen, dann sind verschiedene schließ- liche Ergebnisse denkbar. Nur etwas ist undenkbar: Nämlich daß die EVG in ir­gendwie absehbarer 7.e:C zustande kommt.

Vernünftiger Rückzug

gj. In Kairo wird gegenwärtig das Schlußwort zu den jahrelangen Ver­handlungen über die endgültige Räu­mung der Suezkanalzone gesprochen.

Noch vor einem Menschenalter hätte es niemand für möglich gehalten, daß eine Weltmacht wie Großbritannien eine der modernsten Militärbasen, in die sie Hunderte von Millionen Pfund Sterling investiert hat, ohne Not auf­geben würde. Zwar sind die konserva­tiven Unterhausabgeordneten auch heute noch nicht mit der Ägyptenpoli­tik der Regierung Churchill einverstan­den, jedoch werden sie sich den politi­schen Notwendigkeiten der letzten Zeit beugen müssen.

Wie hat sich England zu diesem Schritt bereitfinden können? Die Alarm­zeichen in den französischen Kolonial­gebieten sprechen eine allzudeutliche Sprache, und die Briten sind klug ge­nug, sie zu verstehen. Sie halten es für besser, mit Freunden ein Bündnis zu schließen, als mit Feinden kämpfen zu müssen. Was die strategische Bedeu­tung angeht, um deretwillen der Suez­kanal bisher unbedingt gehalten wer­den sollte, so dürfte sie im Zeitalter der Atombombe zumindest stark ge­mindert sein. Der vernünftige Schluß heißt Räumung. Wie verlautet, soll den Engländern etwa zwei Jahre Zeit blei­ben, ihr Eigentum zu sichern

Vereinzelt Schauer

Bericht des Wetteratntes Stuttgart

Die Znfuhr kühler Meeresluft hält an. In ihrem Bereich kann sich zu­nächst noch keine länger anhaltende Wetterbesserung durchsetzen. Heute wechselnde, teilweise starke Bewöl­kung mit vereinzelten Schauern, Ta­gestemperaturen kanm über zwan­zig Grad. Mäßige bis lebhafte west­liche Winde. Morgen noch wechsel­haft nnd verhältnismäßig kühl.

USA-Abwehrotfizier beging Selbstmord

Ein Bekannter Dr. Johns / Auch die alliierten Abwehrdienste werden wahrscheinlich umgebaut

Die Waffen schweigen

Bis zur letzten Minute wurde gekämpft / Fast eine Million Tote

Suez-Abkommen unterzeichnungsreif

Abzug der britischen Truppen / Einzelheiten werden später erörtert

KAIRO. Ein Übereinkommen zwi­schen Großbritannien und Ägypten über den Abzug der britischen Streit­kräfte aus der Suezkanalzone wird voraussichtlich heute bekanntgegeben werden, teilten gutunterrichtete Kreise in Kairo mit.

Der ägyptische Ministerpräsident Nasser und der britische Kriegs­minister H e a d hielten am Dienstag­vormittag eine weitere Besprechung ab, auf der nach Mitteilung der bri­tischen Botschaft gute Fortschritte er­zielt wurden.

Wie es heißt, sind die Haupt­meinungsverschiedenheiten überwun­den. Aus der Tatsache, daß am Diens­tag zu der Besprechung ein Steno­typist und ein Stenograph hinzuge­zogen wurden, wird geschlossen, daß das Übereinkommen bereits schrift­lich niedergelegt wird.

Ein Sprecher der britischen Bot­schaft erklärte hierzu, man wolle zu­nächst die wichtigsten Meinungsver­schiedenheiten überwinden. Einzel­heiten könnten dann später'ausgear­beitet werden.