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Montaa. den 18. ^uli 1927

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Berlin. 16. Juli.

Der vom Reichskabinett gebilligte Entwurf des Reichs schulgesetzes behandelt an seinem ersten Abschnitt dieAus gaben, Formen und Kennzeichen der deutschen Volksschule" Unter Bezugnahme auf Artikel ^146 Absatz 2 der Reichs­oerfassung wird in diesem Abschnitt ausgeführt, daß in alle« Volksschulen daraus Bedacht zu nehmen ist, daß die Emp­findungen Andersdenkender nicht verletzt werden. Es wer­den dann als Formen der deutschen Volksschule bezeichnet:

1. die nach Bekenntnissen nicht getrennte Volksschule (Gemeinschaftsschule), ^

2. die Bekenntnisschule

3. die bekennlnisfreie Schule (weltliche oder Weltanschau­ungsschule.)

Diesen Schulformen ist unbeschadet des Artikels 14k Abs. 1 der Reichsverfassung im Rahmen der Bestim­mungen des Schulgesetzes freie Entwicklungsmöglichkeit zu geben.

Ueber die Gemeinschaftsschule

bestimmt das vorliegende Gesetz, daß diese Schule grund­sätzlich allen schulpflichtigen Kindern offen steht. Sie erfüll« die Unterrichts- und Erziehungsaufgaben auf religiös-sitt­licher Grundlage ohne Rücksicht auf die Besonderheiten ein­zelner Bekenntnisse und Weltanschauungen. Die aus dem Christentum erwachsenen Werte sind im Unterricht und in der Erziehung lebendig zu machen. Religionsunterricht ist für alle Klassen ordentliches Lehrfach und wird nach Be­kenntnissen getrennt erteilt.

Ueber die Bekenntnisschule

bestimmt das Gesetz, daß die Voraussetzung für die Errichtung einer Volksschule eines bestimmten Bekennt­nisses das Bestehen einer mit den Rechten einer Körperschaft des öffentlichen Rechtes ausgestattete Religionsgesellschaft dieses Bekenntnisses ist. Die Bekenntnisschule dient zur Auf­nahme von Kindern eines bestimmten Bekenntnisses, sowie von Kindern eines verwandten Bekenntnisses» doch können aus besonderen Gründen auch andere Kinder eingeschulk werden, wodurch die Schule ihren Charakter als Bekenntnis­schule nicht verliert. An der Bekenntnisschule dürfen nur solche Lehrkräfte hauptamtlich angestellt werden, die dem betreffenden oder einem verwandten Bekenntnis angehören. Die vorübergehende Verwendung anderer Lehrkräfte ist aus besonderen Gründen zulässig.

Diese Vorschrift bezieht sich nicht auf diejenigen Lehr­kräfte, die zur Erteilung des technischen Unterrichts ver­wendet werden.

Bekenntnisse sind verwandt, wenn die obersten Stellen der zuständigen Religionsgesellschaften dies gegenseitig an­erkennen. Die bekennlnisfreie Schule ist für solche Kinder, die entweder keinem Bekenntnis angehören oder nach dem Willen der Erziehungsberechtigten vom Religionsnnkerrichk ch>gemeldek sind und nicht in einer Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule erzogen werden sollen. Sie steht unbeschadet chres Charakters als bokenntnisfreie Schule aus besonderen Gründen auch anderen Kindern offen. Sie erfüllt die Unter­richts- und Erziehungsaufgaben der deutschen Volksschule auf allgemein sittlicher Grundlage ohne bekenntnismäßige «»er weltanschauliche Bindung. Religionsnnkerrichk wird nicht erteilt. Als ordentliches Lehrfach ist Unterricht in einer bestimmten Weltanschauung zu erteilen, wenn für die Pflege dieser Weltanschauung eine mit den öffentlichen Rechten einer Körperschaft ausgestattete Vereinigung besteht und wenn die Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei Dritteln der die Schule besuchenden Kinder dieses bean­tragen, doch kann zur Teilnahme an einem besonderen Welt- onschauungsunterricht kein Kind gegen den Willen des Er­ziehungsberechtigten gezwungen werden.

Der zweite Abschnitt des Gesetzentwurfes behandelt die

Einrichtung und die Umwandlung der Schulformen

Innerhalb einer Gemeinde ist zur Stellung eines Antrags Eff Einrichtung einer der drei genannten Schulformen oder Umwandlung einer Schulform in eine andere jeder bouffche Reichsangehörige berechtigt, dem die Sorge für die Person eines volksschulpflichtigen und die Volksschule be­uchenden Kindes zusteht. Der Antrag muß von den Er- Mmngsberechtigtcn von mindestens 40 schuvflichkigen Km- gestellt werden. Sind in einer Gemeinde weniger als ^ schulpflichtige Kinder vorhanden, so kann nach näherer Stimmung des Landrechts von diesem Erfordernis ab- llchehen werden.

vorschriftsmäßig gestellten Antrag auf Einrich- »chg einer der genannten drei Schulformen ist stattzugeben, che beantragte Schulform nicht oder nicht in aus­reichender Anzahl in der Gemeinde vertreten ist und wenn chE einzurichtende Schule den geordneten Schulbekrieb auch "ch^Anne von Artikel 146 Abs. 1 der Reichsverfassung ge- wahrleistek. Einem rechtsgültig gestellten Antrag auf Um- manoiung einer Schulform in eine andere ist stattzugeben, Ach" die Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei ^ttwtn der die Schule besuchenden Kinder sich dafür aus- Mechen. Ein rechtswirksmn abgelehnter Antrag kann ^»bestens nach drei Jahren wiederholt werden, es sei denn, "chchtliche Veränderungen in der Zusammensetzung «evolkerun«,.der Gemeinde eingetreten sind.

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Im dritten Abschnitt behandelt das Gesetz die

Schulaufsicht und die Schulverwaltung

In diesem Abschnitt wird bestimmt, daß die Aufficht über alle Volksschulen der Skaak führt. Bei der Besetzung von Stellen der unmittelbaren, fachmännisch vor­gebildeten Schulaufsichtsbeamten ist auf die Ark der ihnen unterstellten Schule Rücksicht zu nehmen. In den örtlichen Schulverwaltungskörper, denen die Schulen unterstehen, an welchen Religionsunterricht ordentliches Lehrfach ist, ist se ein Vertreter der entsprechenden Religionsgesellschaft (evang. Pfarrer, katholischer Pfarrer, Rabbiner) mit Sitz und Stimme aufzunehmen.

Im vierten Abschnitt wird der

Religionsunterricht

in Volksschulen behandelt. Der Religionsunterricht wird von Angehörigen der betreffenden Religionsgesellschaft in Ueber- einstimmung mit ihren Grundsätzen unbeschadet des Auf­sichtsrechtes des Staates erteilt. Bekenntnisverwandte können zur Erteilung des Religionsunterichts zugelassen werden. In Gemeinschafks- und Bekenntnisschulen ist für Bekenntnisminderheiten Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach einzurichten, wenn durchschnittlich mindestens 12 Kinder des betreffenden Mindcrheitsbekenntnisses in der Schule vorhanden sind, die an dem Religionsunterricht teil­nehmen. Die Bestimmungen über den Lehrplan, die Lehr- und Lernbücher für den Religionsunterricht werden im Ein­vernehmen mit der Religionsgesellschaft erlassen. Amh bei der Festsetzung der Zahl der diesem Unterricht zur Verfügung stehenden Wöchenstunden wirkt die Religionsgesellschaft mit. Zur Einsichtnahme in den Religionsunterricht bestellt Äer Staat im Schulwesen erfahren Beamte, die von der Reli- gionsgesellschafk vorgeschlo-gen werden. Den obersten Stellen der Religionsgesellschaften ist Gelegenheit zu geben, sich da­von zu überzeugen, ob der Religionsunterricht in Ueberein- stimmung mit den Grundsätzen der Religionsgesellschaft er­teilt wird.

Der fünfte Abschnitt behandelt den Rechtsweg der Er­ziehungsberechtigten bei der Anfechtung behördlicher Ent­scheidungen.

Der sechste Abschnitt bestimmt alsRebergangs- und Schlußbestimmung", daß die bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes bestehenden, nach Bekenntnissen nicht getrennten Volksschulen mit Religionsunterricht als Gemeinschafts­schulen tm Sinn dieses Gesetzes gelten. Die bestehenden evangelischen und katholischen Volksschulen gelten gleicher­weise als Bekenntnisschulen und die bestehenden Volksschulen ohne Religionsunterricht gelten als bekenntnisfreie Schulen tm Sinn des neuen Gesetzes.

Sämtliche bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes bestehen­den Schulen gellen als beantragt im Sinn des neuen Ge­setzes, wenn nicht rechtsgültige Anträge auf neue Schul- sormen gestellt werden. Die bestehenden, als beantragt geltenden Schulen sind unverzüglich in Uebereinstimmung mit den Vorschriften des neuen Gesetzes zu bringen, die Fragen des Religions- und des Meltauschauungsunterrichts betreffend, sofern diese noch nicht entsprechen.

Die Länder haben die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Vorschriften so rechtzeitig zu erlassen, daß spätestens zwei Jahre nach seiner Verkündung mit der Durch­führung begonnen werden kann. In den Ländern Baden und Hessen, sowie in dem ehemaligen Herzogtum Ressan tritt das Gesetz erst 5 Jahre nach seiner Verkündung in Kraft.

Amtliche Erklärung

Der Gesetzentwurf verwirklicht unbeschadet der staatlichen Schulhoheit als leitende Gedanken die Berücksichtigung desWillensder Erziehungsberechtigten nach Artikel 146 Abs. 2 der Reichsverfassung, sowie die Grund­sätze über die Erteilung des Religionsunterrichts nach Artikel 149 der Rejchsverfassung.

In Ausführung dieser Leitgedanken enthält der Entwurf zunächst eine Umschreibung der Abgrenzung der drei Schul­formen: Gemeinschaftsschule, Bekenntnis­

schule und bekenntnisfreie Schule. Allen drei Schulfor--ien ist die gleiche freie Entwicklungs­möglichkeit gegeben worden. Der Entwurf stellt sich die Aufgabe, das Äntragsrecht der Erziehungs­berechtigten auszubauen. Um hierbei die Ge­meinschaftsschule in ihrer Zukunftsentwicklung den beiden anderen Schularten gegenüber nicht zu beeinträch­tigen, ist auch zugunsten der Gemeinschaftsschule das An­tragsrecht gegeben.

Der zweite Abschnitt handelt von dem Antragsrecht.

1. ist Erziehungsberechtigten non im allgemeinen min­destens 40Kindern grundsätzlich das Antragsrecht auf Einreichung einer der drei Schulsormen eingeräumt.

2. ist ein Antrag auf Umwandlung einer Schulform in eine andere bet dem Vorhandensein einer Mehrheit von Erziehungsberechtigten von wenigstens zwei Drit­teln der die Schule besuchenden Kinder zu berücksichtigen. Die Genehmigung der Anträge wird bis zu einem gewissen Grad durch die Erfordernisse eines geordneten Schul­betriebs bedingt. Der schwierigen Bestimmung eines geordneten Schulbetriebs" legt das Gesetz im allgemeinen

Lagesspiegel

In Wien ist am Sonntag eine starke politische Ent­spannung eingetreten.

Nach amtlichen Feststellungen sind in Wien bisher 70 Tote gezählt worden.

Es steht nunmehr fest, daß den ersten Schuß am Frei­tag ein Kommunist abgegeben hat.

Infolge der Wiener Unruhen hat am Samstag und Sonntag eine Massenflucht der Fremden aus Tirol ein­gesetzt.

Painleve hat an Stelle Briands in Nantes eine Rede gehalten, in weicher er Deutschland als Angreifer im Jahre 1914 bezeichnete.

die Aufrechterhaltung der he-ute für einen solchen geltenden Normen zugrunde. Gegen Ent­scheidungen, durch welche die Rechte von Erziehungsberech­tigten berührt werden, ist ein Rechtsmitte lverfah- ren vorgesehen.

Ueber den Religionsunterricht in den Volks­schulen handelt der vierte Abschnitt. Es wird hier im Grund­satz der Artikel 149 der Reichsoerfassung, nämlich, daß der Religionsunterricht in Uebereinstimmung mit den Grund­sätzen der betreffenden Religionsgemeinschaft unbeschadet des Aufsichtsrechtes des Staats erteilt wird, im einzelnen näher umschrieben. Der Religionsunterricht soll von Ange­hörigen der Religionsgemeinschaft erteilt werden. Hierbei kommen in evangelischen Schulen in erster Linie dem Bekenntnis, angehörende Lehrer in Betracht. Selbstverständ­lich soll dadurch nicht ausgeschlossen werden, daß daß der Religionsunterricht auch von Geistlichen erteilt wird, wie dies insbesondere in katholischen Schulen häufig der Fall ist. Auch eine diesbezügliche allgemeine Rege­lung in einzelnen Landesteilen wird hierdurch nicht berührt.

Für die Bestimmungen über Pen Lehrplan und die Lehr- und Lernbücher sowie für die Festsetzung d« Zahl der Unterrichts st unden ist eine nähere Mit­wirkung der Religionsgesellschaften vorgesehen. Zur Ein­sichtnahme in den Religionsunterricht bestellt der Staat auf Vorschlag einer Religionsgesellschaft im Schulwesen er­fahrene Beauftragte. Die Bestimmung des Begriffs Beauftragte" ist für die e v a n g e l i s ch e und die katho­lische Kirche naturgemäß verschieden. Für den ka­tholischen Religionsunterricht 'muß der betreffenLe Beauf­tragte die lVlissio in canouica besitzen (L. h. Geistlicher sein). Für den evangelischen Religionsunterricht wird diese Einsichtnahme gemäß der Stellungnahme des evangelischen Kirchensenats sowie des evangelischen Kirchentags in der Regel durch Schulmänner ausgeübt, die aus Vorschlag der kirchlichen Provinzialunterrichtsbeiräte dem Staat be­nannt werden. Die Wiedereinführung der geist- lichen Ortsaufjicht ist in keiner Weise beab- ' s i ch t i g t.

Der sechste Abschnitt knüpft in seinen Uebergangsbestim- mungen an die geschichtliche Entwicklung an. Die verschie­denen vorhandenen Schularten gelten als rm Sinn dieses Gesetzes beantragt, falls keine neuen zu berücksichtigenden Anträge erfolgen. Die hiernach bestehen bleibenden Schul­formen der einzelnen Länder sind mit den für die verschie­denen Schularten dieses Gesetzes ausgestellten Grundsätzen in Ueberetnstirnung zu bringen.

Im letzten Gesetzesparagraphen wird die sogenannte christliche Simultanschule" des Südwestens be­handelt, deren Geltungsgebiet nach Artikel 174 der Reichs- versassungbesonders zu berücksichtigen ist. Während auf einer Seite der Wunsch besteht, diese Berück­sichtigung soweit auszudehnen, daß die Einführung dieses Gesetzes in den fraglichen Gebieten bis auf weiteres aus­gesetzt werden und der Landesgesetzgebung Vorbehaltes bleiben soll, geht der Entwurf nicht so weit. Er sucht viel­mehr dem Gesichtspunkt der besonderen Berücksichtigung durch die Gewährung einer Sperrfrist von 5 Jahren gerecht zu werden, zu der eine allgemeine Einfüh­rungsfrist von weiteren zwei Jahren noch hinzutritt.

Der Aufruhr irr Wien

Von Wien sind nur noch wenige Meldungen aus­gegangen, da die Aufrührer die Fernleitungen unterbrochen haben und auch der Fernbahnbetrieb eingestellt ist. Bon München aus kann man z. B. mit der Eisenbahn nur noch bis Salzburg kommen. Was sonst an Nachrichten vorliegtz ist meist von privater Seite aus Innsbruck, Prag und Bu­dapest gemeldet.

Die Lage ist nach diesen Berichten folgende:

Als die Wiener Polizei nach langem Zögern und nach­dem viele Schutzleute bereits schwer verwundet waren, mit Militärgewehren ausgerüstet und aufs neue oorgesandt worden war Bürgermeister Dr. Seitz hatte ihr das Schießen verboten wurden die ärgsten Ausschreitungen nach blutigen Kämpfen zunächst eingedämmt. Dabei wurden auch mehrere Frauen und Kinder, die in den vorderen Reihen der Demonstranten standen, verletzt. Der

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