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HEIMATBLATT EUR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
MITTWOCH, 23. JUNI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 142
Ertrag soll Aufwand decken
CDU-Entwurf des Paritätsgesetzes tür die Landwirtschaft wird vom Bundestag beraten
Von unserer Bonner Redaktion
BONN. Für den Entwurf der CDU/CSU und der Deutschen Partei eines Parteigesetzes für die Landwirtschaft setzten sich am Dienstag Tor der Bonner Presse Ernährungsminister L il b k e, Bundesminister Strauß und der DP-Fraktionsvorsitzende Dr. von Merkatz sowie die Sachverständigen der CDU/CSU und der DP ein.
Der Gesetzentwurf, der am Donnerstag den Bundestag beschäftigen wird und in einem Gegensatz zu dem von der Preisparität ausgehenden FDP-Entwurf steht, sieht die sogenannte Aufwandsparität vor, wonach der Gesamtertrag der Landwirtschaft den notwendigen Aufwand deckt. Grundlage der Berechnungen über Aufwand und Ertrag sollen die ordnungsmäßig geführten Höfe mit durchschnittlichen Produktionsbedingungen bilden. Unter Gesamtertrag sollen die Verkaufserlöse, der Eigenverbrauch, der Mietwert der Wohnung und die Inventarvermehrung verstanden werden, während unter Aufwand die sachlichen Betriebsaufwendungen, die Löhne, Steuern, Abschreibungen, Inventarminderungen und die Verzinsung gemeint sind.
Die Bundesregierung soll nach dem
Der frühere Premierminister und Vorsitzende der Labourpartei, Clement Attlee, hat die Einladung der SPD zur Teilnahme am Berliner Bundesparteitag der Sozialdemokratie vom 20. bis 24. Juni angenommen.
Einen bestimmten Anteil an den Ländersteuern an Stelle von pauschalierten Finanzzuweisungen für die Gemeinden befürwortet der Bundestagsausschuß für Kommunalpolitik. Der Ausschuß tritt ferner für eine verfassungsmäßige Garantie der Ertragshoheit der Gemeinden bei den Realsteuern ein.
Ergebnislos wurden die geheimen Abrüstungsbesprechungen zwischen der Sowjetunion und den Westmächten, die seit Mai in London stattfanden, gestern abgebrochen.
Die israelisch - jordanische Waffenstillstandskommission rügte Israel wegen eines Grenzzwischenfalles, bei dem israelische Soldaten am Freitag jordanische Bauern beschossen und dabei ein Kind verletzt' hatten.
Zum drittenmal innerhalb von 48 Stunden hob Adenauer die Notwendigkeit der Rückgewinnung der deutschen Souveränität hervor. In Gesprächen mit Vertretern der Koalitionsparteien ■agte er, daß das deutsche Volk genügend Beweise für seine Bereitschaft gegeben habe, an der Seite der freien Völker des Westens zu stehen.
Gesetz verpflichtet sein, die Mittel der allgemeinen Wirtschaftspolitik, vornehmlich der Preis-, Handels-, Steuer- und Kreditpolitik so einzusetzen, daß die Parität zwischen Ertrag und Aufwand von der Landwirtschaft in jedem landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahr ständig hergestellt ist. Eine Sachverständigen-Kom- mission soll jeweils der Regierung Vorschläge machen.
Die entscheidende Frage, woher die Mittel kommen sollen, um jeweils
die Parität herzustellen, vermochten die Gesetzinitiatoren nicht konkret zu beantworten. Um der Landwirtschaft eine „nachhaltige Rentabilität zu sichern“, müßten zur Rationalisierung und Modernisierung etwa 700 Millionen bis zu einer Milliarde investiert werden, was auf Grund der sich ständig steigernden Verschuldungen in der Landwirtschaft nur aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert werden könne.
Die Sprecher wehrten sich gegen den Vorwurf, damit die Prinzipien der freien Marktwirtschaft zu verletzen, denn weder bei den Grundstoffindustrien noch beim Verkehr sei man beispielsweise ohne staatliche Investitionen ausgekommen, um die Wettbewerbsfähigkeit herzustellen.
Noch ein Hilferuf Guatemalas
örtliche Erfolge der „Befreiungsarmee" / Gesamtlage ungeklärt
WASHINGTON. Die guatemaltekische Regierung gab am Dienstag bekannt, sie habe in einem neuen Protest dem UN-Sicherheitsrat mitgeteilt, daß „die Aggression von UN- Mitgliedstaaten“ gegen Guatemala andauere. In der Note wird der Sicherheitsrat aufgefordert, die Mitgliedstaaten zur Einhaltung seiner Anordnung zur Feuereinstellung vom Sonntag zu verpflichten.
Der antikommunistischen. „Befreiungsarmee“ ist es offensichtlich gelungen, die wichtige Eisenbahnlinie zwischen Guatemala-Stadt und dem Atlantikhafen Puerto Barrios zu unterbrechen. Die guatemaltekische Regierung gab am Dienstag bekannt, daß der Ort Tiquisate nordwestlich des Eisenbahnknotenpunktes Zacapa
an der honduranischen Grenze von der nach Guatemala einmarschierten „Befreiungsarmee“ genommen wurde.
Dem Kommunique der Regierung zufolge gelang es der Befreiungsarmee jedoch bisher nicht, die an der Eisenbahnlinie nach Puerto Barrios, 22 Kilometer nordöstlich von Zacapa, liegende Stadt Gualan einzunehmen. In einem Gefecht bei Gualan seien die Angreifer zurückgeschlagen worden.
Über das Schicksal von Puerto Barrios herrscht noch keine Klarheit. Die Regierung erklärte, ein Angriff auf den Hafen sei abgeschlagen worden, es sei jedoch auch in der Stadt zu Kämpfen gekommen, und Radio Puerto Barrios schweige seit Montagabend.
Anthony Eden und der neue französische Regiernvnschef Mendts-France trafen in Paris zusammen, wo Eden auf seinem Rückflug von der Genfer Konferenz kurz Aufenthalt machte. — Die Begrüßung zwischen Mendes-France (Zweiter von links) und Anthony Eden (Zweiter von rechts). Ganz links der britisch « Botschafter in Paris, Sir Glad Wynn Jebb. Ganz rechts Rene Massigli, französischer Botschafter in London. Bild: AP
Bemerkungen zum Tage
Zuerst Souveränität
ss. Im Mittelpunkt der diplomatischen Gespräche in Paris, London und Washington steht nunmehr die Alternative zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Bereits bei dem ersten Gedankenaustausch, den der englische Außenminister Eden und anschließend der amerikanische Staatssekretär Bedell Smith mit dem neuen französischen Ministerpräsidenten Mendös-France in Paris pflogen, ist dieses Thema, wie
Mendes-France trifft Tschu En-lai
Anschließend fliegt Chinas Außenminister zu Nehru nach Indien / „Die beiden Großen in Asien'
GENF. Die Ministerpräsidenten und Außenminister Frankreichs und Chinas, Mendes-France und Tschu En- lai wollen sich, wie am Dienstag in Genf verlautet, heute an einem noch geheimgehaltenen Ort in der Schweiz, wahrscheinlich- in Bern, treffen. Es wäre die erste Begegnung zwischen Ministerpräsidenten der beiden Staaten seit dem Wechsel des Regimes auf dem chinesischen Festland.
In Genfer politischen Kreisen verlautet, am Dienstagmorgen hätten in dieser Frage Kontakte zwischen Franzosen und Chinesen stattgefunden. Da Tschu En-lai schon im Laufe des
England fetzt bereit
LONDON. Großbritannien sei jetzt bereit, nach Abschluß der Genfer Konferenz dem geplanten Südostasienpakt (SEATO) beizutreten, wurde am Dienstag von zuständiger Seite in London erklärt. Bisher hatte sich Großbritannien lediglich bereiterklärt, •inen Beitritt zur SEATO zu erwägen.
Wie verlautet, hat das britische Kabinett auf einer Sitzung am Diens-
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Geduld bringt Rosen
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kechte
»Geben wir ihm einen Teil der Mitgift , sonst läuft er uns noch weg!“
tagvormittag Premierminister Churchill beauftragt, Großbritanniens . Bereitschaft zum Beitritt auf der Konferenz mit Präsident Eisenhower am Wochenende in Washington zu erklären. Churchill wird zusammen mit Außenminister Eden am Mittwoch nach Washington fliegen.
Pariser Saarhaitung bleibt
SAARBRÜCKEN, ln einem Bericht ihres Pariser Korrespondenten gibt die Saarbrücker Zeitung am Dienstag Erklärungen wieder, die der französische Botschafter in Saarbrücken, Gilbert Grandval, am Montag in Paris im Anschluß an seine Aussprache mit dem neuen Staatssekretär am Quai d'Orsay, Gue- rin de Beaumont, abgab.
Danach hat Grandval im Verlauf der Unterredung mit dem Staatssekretär den Eindruck erhalten, daß die deutsch-französischen Saarverhandlungen auf der gleichen Grundlage und unter den gleichen europäischen Gesichtspunkten wie bisher zum Abschluß gebracht werden könnten. Er sei, so habe Grandval hinzugefügt, sicher, daß der neue französische Ministerpräsident und Außenminister Mendös - France in keinem Fall daran denke, die fast fertiggestellte Grundsatzerklärung zum europäischen Saarstatut durch eine umwälzende Politik in Frage zu steilen.
Mittwochs nach Indien reist, ist die Zeitspanne für eine etwaige Begegnung mit dem französischen Ministerpräsidenten sehr kurz bemessen.
Durch das Bekanntwerden der Konferenz zwischen Tschu En-lai und Nehru hat sich das französische Interesse an einem unmittelbaren eigenen Kontakt mit Rotchina auf höchster Ebene noch weiter verstärkt.
Zu der Konferenz Nehru - Tschu En-lai schreibt am Dienstag das Pariser Abendblatt „Le Monde“: „Tschu En-lai und Nehru — und vielleicht auch Eden — haben durch die heimliche Vorbereitung der Zusammenkunft von Neu-Delhi der internationalen Öffentlichkeit einen Theaterstreich versetzt. Tag und Stunde, die sie gewählt haben, zeigen deutlich, daß sie vor allem die Indochina-Frage erörtern wollen. Tschu En-lai, dessen Wunsch nach einer Regelung kaum noch in Zweifel gezogen werden kann, wird vielleicht auf diese Weise Nehru die von ihm erstrebte Rolle des Vermittlers geben.
Die Unterhaltung Nehru-Tschu En- lai hat eine Bedeutung, die weit über den Rahmen des Indochinaproblems hinausgeht. Diese Zusammen
kunft, die eine Verlängerung der Genfer Asienkonferenz ist, auf der China der Charakter des fünften Großen aberkannt wurde und von der Indien ausgeschlossen war, ist in Wirklichkeit die Konferenz der beiden Großen in Asien, die allein fast die Hälfte der Menschheit darstellen“.
Ein Geheimplan?
GENF. In Genfer Delegationskreisen liefen am Dienstag Gerüchte um, daß bei den privaten Kontrakten am Samstagnachmittag, vor der Indochinasitzung ein geheimes Übereinkommen über die Zukunft Indochinas erreicht worden sei. Danach solle Kambodscha — im Einverständnis mit der kommunistischen Seite — volle Freiheit und Unabhängigkeit erhalten. Laos werde die volle Gebietshoheit erhalten mit Ausnahme des etwa 20 Meilen breiten Gebietsteils Loa Kay an der chinesischen Grenze,' der ohnehin in den letzten drei Jahren unter chinesischem Einfluß gestanden habe. Für Vietnam sei eine Teilung etwa längs des 16. Breitengrades vorgesehen.
Eisenhower an Coty: Die Zeit drängt
Amerikanische Besorgnisse wegen Verzögerung der EVG
KIEL. Der amerikanische Hohe Kommissar James Conant teilte am Dienstag bei einer Rede in Kiel mit, daß Präsident Eisenhower dem Präsidenten der französischen Republik, Coty, in einem Schreiben seine ernsten Besorgnisse wegen der Verzögerung in derEVG-Ratiflzierung in Frankreich zum Ausdruck gebracht hat.
Conant, der sich als Gast bei der „Kieler Woche“ in Kiel aufhält, erklärte wörtlich:
„Daß die Mehrheit des französischen Volkes trotz aller Schwierigkeiten für die Ratifizierung des EVG- Vertrages ist. wird durch alle mir zur Verfügung stehenden Informationen bestätigt. Diese Mehrheit weiß, daß
ohne die EVG die ganze europäische Einheitsbewegung in Gefahr stünde und daß eine Entscheidung in dieser lebenswichtigen Frage nicht endlos verzögert werden kann.“
Präsident Eisenhower hat vor einigen Tagen in einem Brief an Präsident. Coty dieselbe Überzeugung zum Ausdruck gebracht. Er schrieb, er hoffe, daß die Europäische Verteidigungsgemeinschaft verwirklicht werde, solange sich dazu noch Gelegenheit biete. Wir alle wissen, daß sich diese Gelegenheit nicht mehr lange bieten wird. Die Zeit drängt.
Alle diese Tatsachen zwingen mich dazu, zu glauben, daß das französische Parlament den EVG-Vertrag noch bald' ratifizieren wird;“
man in diplomatischen Kreisen vernimmt, zur Sprache gekommen.
Mendes-France hat seine angelsächsischen Besucher nicht im Zweifel darüber gelassen, daß er und sein Verteidigungsminister König — ein scharfer Gegner der Europa-Armee — keineswegs die Absicht haben, den Vertrag in der jetzigen Form der Nationalversammlung zur Ratifizierung vorzulegen.
Damit war das Thema der Alternative zur EVG bereits angeschnitten. Denn wenn der Vertrag bis Ende Juli nicht ratifiziert wird, ist mit einer Weiterbehandlung für lange Zeit nicht mehr zu rechnen. Es folgen die Sommerferien des Parlaments, es folgt im Herbst traditionsgemäß zunächst die ausführliche Debatte über den französischen Staatshaushalt. Die Vertagung auf unabsehbare Zeit ist somit fast eine politische Gewißheit geworden.
Das ist der Grund, warum nunmehr in London völlig offen von der Notwendigkeit einer Alternativpolitik gesprochen wird. „Times“, „Observer“ und andere Blätter sprechen unverhohlen vom Ende der EVG und von der Notwendigkeit- so rasch wie möglich eine andere Form der deutschen Aufrüstung herbeizuführen. Dabei stellt sich London auf den Standpunkt, daß es zunächst Sache Frankreichs sei, selbst eine Alternative zur Europa-Armee vorzuschlagen. Die Aufnahme Deutschlands in den Atlantikpakt wird sowohl von der Regierung Churchill als von der Labourpartei erwogen.
Von amerikanischer Seite wird jedoch angedeutet, daß die Alternative nicht wiederum dem Ermessen Frankreichs anheimgestellt werden dürfe, da von Paris keine klare Entscheidung in der deutschen Frage zu erwarten sei. Offensichtlich wird die Aufnahme Deutschlands in den Atiantikpakt, die Von englischer Seite befürwortet wird, erneut die Schwierigkeit der französischen Abneigung gegen die deutsch» Wiederaufrüstung heraufbeschwören. Offensichtlich denkt Washington an eine direkte Aufrüstung Deutschland», an einen Militärvertrag entweder zwischen Washington und Bonn, oder womöglich zwischen Washington, London und Bonn.
Als erster Schritt dazu ist. natürlich die förmliche Souveränitätserklärung notwendig, die Deutschland aus den letzten Fesseln des Besatzungstatuts befreien und Bonn in die Lage versetzen würde, die deutsche Aufrüstung in die Hand zu nehmen. Falls Frankreich sich dem Inkrafttreten des Generalvertrags widersetzt, könnte eine einseitige Erklärung der Angelsachsen diese Voraussetzung schaffen.
Jedenfalls wird dieses gesamte Thema des künftigen Status der Bundesrepublik und der deutschen Aufrüstung im Mittelpunkt der Gespräche Churchills und Edens mit Eisenhower und Dülles am Wochenende in Washington stehen.
Ziemlich warm
Bericht des Wetteramtes Stuttgart Heute wolkig bis heiter, trocken. Mittagstemperaturen zwischen 20 und 25 Grad. Schwache bis mäßige Winde aus nördlichen Richtungen. Donnerstag freundlich und trocken, ziemlich warm.