Verlagsort Calw
HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
DIENSTAG, 22. JUNI 1954 AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 141
Kanzler: EVG nicht tot
„Ich halte an der Integration fest“ / Guatemala-Putsch demonstriert die Gefahr
BAD BOLL. Der Bundeskanzler sprach auf einer von der evangelischen Akademie Bad Boll und der katholischen Akademie der Diözese Rottenburg gemeinsam veranstalteten Tagung, die unter dem Motto „Zusammenarbeit der Konfessionen im Staat“ stand. Dr. Adenauer betonte, die deutsche Außenpolitik habe nicht, wie die SPD mit Triumphgelächter verkündete, Schiffbruch erlitten.
■I Kommunistischer Block (Sowjetunion, China, Nord Korea) Amerikanifche Interessensphäre bm mit USA verbündet
Militärische
Stützpunkte-.
□ Russisch
E Amerikanisch
H] Britisch
E Französisch
P
Nirgendwo ist die russisch-amerikanische Front geographisch und politisch sm vielfältig und verwickelt, wie in Ostasien. Den Russen ist es im Laufe der letzten Jahre immer mehr gelungen, sich bis an den Rand des pazifischen Ozean* vorzuschieben, wohingegen die Amerikaner und ihre Verbündeten die insularen Positionen fast durchweg in Händen halten. Uber einigen sehr wichtigem Gebieten steht noch ein großes Fragezeichen und erst die Zukunft wird zeigen, wer Herr über Asien ist, die Freiheit oder der Terror.
iimtiti miimtumuiuti
Bemerkungen zum Tage
Sie halte an der Integration in die Westpolitik und an der Vereinigung Europas fest, erklärte Adenauer, ohne die die Länder des Kontinents zu einer Beute des vom Osten drohenden Materialismus werden müßten. Die deutsche Sozialdemokratie habe die historische Schuld auf sich geladen, »ich in der Europapolitik nicht auf die Seite der Koalitionsparteien zu »teilen. Er bedaure diese Haltung, be- daure auch den eigenmächtigen Be- »uch Dr. P f 1 e i d e r e r s bei Semjo- now, der ohne Wissen der Regierung, Ja der eigenen Partei des Abgeordneten, stattgefunden habe.
Es sei bedauerlich, daß viele Deutsche »ich phantastische bunte Traumbilder von einem blühenden Handel mit Rot- diina machten, die durchaus irreal »eien. Auch die Warnung des ehemaligen Reichskanzlers Brüning vor einer festen Bindung an die amerikanische Wirtschaft sei um so bedauerlicher, als der Rhein-Ruhr-Club, vor dem Brüning sprach, in den Vereinigten Staaten für ein Gremium führen-
Erst nach dem Zusammentreten der französischen Nationalversammlung, die •uf Donnerstag einberufen worden ist, Will Frankreichs neuer Ministerpräsident Mendes-France nach Genf reisen.
Als einer der ersten Besucher nach der Neubildung der französischen Regierung sprach Frankreichs Botschafter in der Saar, Grandval, im Quai d’Orsay vor.
Bundesarbeitsminister Storch erklärte, daß der Gesetzentwurf über die Aufbesserung der Altrenten dem Bundes- kabinett im Juli zur Beschlußfassung vorgelegt werde.
BONN. Der vom Bundeskanzler ernannte Vorsitzende des geplanten Koordinierungsausschusses im Bundeskanzleramt, der CDU-Abge- ordnete Dr. Otto Lenz nahm vor der deutschen und ausländischen Presse in Bonn zu den Aufgaben des geplanten Ausschusses Stellung. Er bestritt, daß der Ausschuß die Presse- und Meinungsfreiheit berühren oder gar einschränken würde, wie es in der Kritik an dem Plan des Bundeskanzlers in der Öffentlichkeit und von mehreren Parteien behauptet worden war.
Der Ausschuß, dessen Konstituierung noch nicht vollzogen ist und
Zu einem Besuch in England weilte der österreichische Bundeskanzler Raab, wm mit Premierminister Churchill zu verhandeln. Bundeskanzler Raab während seiner Ansprache im Bel- grave Square in London. Bild: Keystone
der deutscher Wirtschaftler gehalten worden sei. Tatsächlich sei aber der Rhein-Ruhr-Club ein mehr oder weniger — „ich betone weniger“ — intellektueller Debattierclub.
Große Sorge bereite ihm jedoch, sagte der Bundeskanzler, die Verzögerung der EVG, denn sie begünstige die kommunistischen Mächte zu immer neuen Aggressionen. Nach Korea und Indochina sei nun auch Guatemala das Ziel sowjetischer Angriffe geworden. Niemals wäre Guatemala
NEW YORK. Die Sowjetunion hat am Montag im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch ihre Veto die Annahme einer von Brasilien und Kolumbien eingebrachten Entschließung verhindert, durch die die Frage der Beilegung des guatemaltekischen Bürgerkrieges an den interamerikanischen Sicherheitsrat verwiesen werden sollte, da es sich um eine rein amerikanische Angelegenheit handle.
Trotz des sowjetischen Vetos ist der interamerikanische Sicherheitsrat am Montagabend in Washington zusammengetreten, um sich mit der Lage in Guatemala zu befassen.
Entgegen den bisherigen Berichten scheint jetzt festzustehen, daß es noch nicht zu ernsthaften Kämpfen gekommen ist. Die „nationale Befreiungsarmee“ gab am Montagamorgen zu, daß bisher nur ein schmaler Grenzstreifen erobert wurde. Die Häfen Puerto Barrios und San Jose, die am Freitag als besetzt gemeldet wurden, befänden sich noch in Händen der guatemaltekischen Regie
in der Lage gewesen, die Waffenlieferungen im Werte von vielen Millionen, die über Stettin verschifft worden seien, selbst zu bezahlen. Mit den Unruhen in der Zone des D anama- kanals wolle der Kommunismus die USA-Flotte und damit einen Nerv der amerikanischen Machtposition treffen.
An der Tagung in der evangelischen Akademie nahmen unter anderen Bundesfamilienminister Dr. Franz- Joseph Würmeling, der Präsident des Bundesgerichtshofes, Dr. Hermann Weinkauf, Ministerpräsident Dr. Gebhard Müller, der Justiz- und der Kultusminister von Baden-Württemberg sowie die evangelischen Landesbischöfe von Württemberg und Baden und Generalvikar Dr. Hagen, Rottenburg, teil.
rungstruppen. Im Hauptquartier der Befreiungsarmee wurde jedoch betont, daß die wichtige Bahnlinie zwischen der Hauptstadt und Puerto Barrios bereits unterbrochen sei. Der Vormarsch auf Jutiapa, 75 Kilometer
Haas schwer gestürzt
BELFAST. Motorrad - Weltmeister Werner Haas (Augsburg) ist am Montag heim Training zum „Großen Preis von Ulster“ (Irland) verunglückt. Er wurde mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, nach einer ersten Untersuchung erscheint es möglich, daß Haas einen Schädelbrudi erlitten hat.
südlich der Stadt Guatemala, gehe zügig voran. Mit der Entscheidungsschlacht um die Hauptstadt sei innerhalb der nächsten 48 Stunden zu rechnen.
Die guatemaltekische Regierung hat am Montagmorgen sämtliche Autos des Landes und die gesamten Esmin- vorräte beschlagnahmt.
ständige Presse- und Informationsamt nicht die Aufgaben des Koordinierungsausschusses ausführen soll, antwortete Lenz, das liege bei der Entscheidung des Bundeskanzlers.
Im Verlauf der Pressekonferenz kam es zu einer lebhaften Diskussion zwischen Lenz und den Journalisten, die in zahlreichen Fragen ihre Bedenken gegenüber dem Ausschuß und ihre Besorgnis hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit zum Ausdruck brachten.
Ein teures Schauspiel
cc. Ein 36 Tage währendes Schauspiel ist in der vergangenen Woche in Washington zu Ende gegangen. Zum letzten Male saßen am Donnerstag Hunderttausende von amerikanischen Familien vor dem Fernsehapparat, um den „Prozeß“ Armee gegen McCarthy oder umgekehrt zu beobachten. Das Ergebnis dieses Dramas, das die amerikanische Öffentlichkeit über einen Monat mehr bewegte als die wuchtigsten Vorgänge der Welt- und Innenpolitik, ist eine allgemeine Ernüchterung. Es gibt in diesem Streit keinen Sieger, sondern nur Besiegte.
Der Armeeminister Stevens und seine Berater sind schlecht weggekommen, man wird wohl bald, wenn sich die Wellen etwas geglättet haben, an die Ersetzung des Heeresministers denken müssen. Die Moral der Armee wurde weiter untergraben. McCarthy selbst hat in den Augen vieler amerikanischer Bürger viel von seinem Glanz verloren, und Berichterstatter, die alle Sitzungen des Untersuchungsausschusses miterlebten, glauben, daß er den Höhepunkt seiner Popularität überschritten habe. Meinungsumfragen scheinen das zu bestätigen. Die Zuschauer am Fernsehgerät erhielten einen zu genauen Einblick in seine Arbeitsweise, die aus dem Vorbringen von Verdächtigungen besteht und aus dem Übergehen zu neuen, ebenso unbewiesenen Verdächtigungen, wenn sich die ersten Vorwürfe als unbegründet erweisen.
Der härteste Schlag aber wurde der Republikanischen Partei versetzt. Ein republikanischer Minister und seine Mitarbeiter stritten sich 36 Tage vor aller Öffentlichkeit mit einem republikanischer Senator und seinen Mitarbeitern herum. Anhänger der beiden Richtungen unter den Republikanern
ten Abkühlung und Erfrischung suchten, kehrten nicht wieder zurück.
Allein in Nordrhein-Westfalen ertranken nach vorliegenden Meldungen 24 Menschen beim Baden. In Niedersachsen waren es zehn. In Bremen forderte der „nasse Tod" zwei Opfer und in Süddeutschland vier.
Unglücklich endete in Berlin ein übermütiger Scherz. Irl der Havel Badende neckten sich mit den Passagieren eines Fahrgastdampfers, wobei ein Angestellter des Dampfers, der mit Flaschenverschlüssen nach den Badenden warf, über Bord fiel und ertrank.
Gegen Abend kam es in vielen Teilen des Bundesgebietes zu Gewittern und Temperaturstürzen. Taubeneiergroße Hagelkörner richteten in Westfalen auf den Feldern beträchtliche Schäden an. Auch im Berchtesgadener Land, besonders Im Wimbachtal verursachte ein Gewitter große Verwüstungen.
In Berlin wurden durch Blitzschlag drei Menschen verletzt und in Nord- rhein-Westfalen ein Mann getötet und ein Kind schwer verletzt.
machten außerhalb, der Sitzungen dl* nötige Begleitmusik. Und da die Aussagen der einen kämpfenden Partei absolut gegen die Aussagen der anderen standen, beide beschworen, kanm sich der Zuschauer nicht dem Eindruck entziehen, daß von der einen oder der anderen Partei unter Eid gelogen wurde. Für die Vereinigten Staaten als Ganzes gesehen und für die von ferne zuschauende Welt dagegen kann sich das teure Schauspiel gelohnt ha- len. Es scheint, daß das gesunde Empfinden des amerikanischen Volkes dia Gefahren des McCarthyismus und aller seiner Begleiterscheinungen zu erkennen und eine Korrektur vorzunehmen beginnt.
Wasser — Kraft
re. Der Sonderminister Waldemar Kraft wird in Kürze zum Sonderbeauftragten der Bundesregierung für Fragen der Wasserwirtschaft ernannt werden. Sein neuer Auftrag ist ihm bereits vom Bundeskanzler bestätigt worden. Damit finden die Kombinationen um einen Sonderauftrag für Kraft endlich ihre Klärung. Erst hieß es, er werde Verkehrssicherheitskommissar, um dem Chaos auf den Straßen zu steuern. Nach seinem eigenen politischen Verkehrsunfall auf dem Bielefelder Parteitag hieß es, er solle die Zuständigkeit für Zonenrandgebiete übertragen erhalten, wofür der westdeutsche Ostpolitiker, der sich in der Vertriebe- nenpolitik von Schleswig-Holstein di* Sporen verdient hatte, wohl am geeignetsten gewesen wäre. Finanzminister Schäffer aber sah einen solchen Sonderbeauftragten des Bundes als höchst unerwünscht an, weil dessen Auftrag nur auf vermehrte Anzapfungen seines Haushaltes hinausgelaufen wäre. So unterblieb auch digser Start. Vom Sachlichen her gesehen allerdings bedauerlich. Nun wird Kraft das Wasser bewegen, dessen Zuständigkeit an sich beim Wirtschaftsministerium, dem Verkehrs- und Innenministerium in Bonn liegt. Der Sonderbevollmächtigte, der damit Koordinierungsaufgaben übernimmt, drückt einen Stil aus, d r kürzlich auch mit dem Auftrag n Staatssekretär a. D. Lenz, Propaga: - daaufgaben zu übernehmen, in Erscheinung trat. Dennoch bedeutet c. r Wasserauftrag an Kraft, daß dieser zunächst vom Erfolg begleitete Politiker nach seinem Verzicht auf den Parte - Vorsitz aus dem aktiven politischen I. - ben ausscheidet. Dort, wo er in Zukunft seine Kraft einsetzt, wird er jedenfalls keine Wellen mehr schlagen, aber vielleicht noch Wogen glätten können. Man sieht den stiernackigen, gutmütigen Mann, der etwas von Osten wußte, nur ungern im Westri so in den Hintergrund rücken.
Vereinzelte Schauer
Bericht des Wetteramtes Stuttgart
Heute veränderliche Bewölkung. Vereinzelte Schauer, zum Teil mit Gewittern. Etwas kühler als bisher, aber Mittagstemperaturen noch zwischen 22 und 25 Grad. Schwache, in Gewittern vorübergehend auffrischende Winde wechselnder Richtung. Tiefsttemperaturen nachts zwischen 12 nnd 15 Grad. Mittwoch mäßig warm, etwas unbeständiger.
„Nur Rationalisierung der Informationen“
Vorsitzender Dr. Lenz verteidigt den Koordinierungsausschuß / Journalisten bleiben bedenklich
Von unserer Bonner Redaktion
an dem sich nach den Vorstellungen des Bundeskanzleramtes Vertreter der Ministerien und der Koalitionsparteien beteiligen sollen, habe einzig und allein die Aufgaben für eine einheitliche Planung der wichtigen politischen Verlautbarungen, sowie für eine rationelle Verwendung aller zur Information der Öffentlichkeit bestimmten Mittel zu sorgen.
Lenz erklärte, ' öffentliche Meinungsumfragen hätten ergeben, daß die deutsche Öffentlichkeit weitgehend an den politischen Problemen uninteressiert und nur sehr mangelhaft unterrichtet sei. Auch gegenüber dem Ausland soll der Ausschuß die Vertretung des Standpunktes der Regierung aktivieren und für die Vermehrung des Verständnisses für deutsche Fragen tätig sein.
Die Frage, warum das für die Koordinierung der Verlautbarungen und die Pressepolitik der Regierung zu-
Lediglich private Kontakte
GENF. Der wichtigste der privaten Kontakte in Genf, die der Weiterführung der Indochinakonferenz dienen, war am Montagmittag eine Begegnung zwischen dem britischen Delegationschef Lord R e a d i n g und dem sowjetischen Botschafter Nowi- ko w, der seit der Abreise Molo- tows und Gromykos die Sowjetdelegation in Genf führt. Lord Rea- ding hatte vorher eine Unterredung mit dem französischen Gesandten Roux und dem amerikanischen Delegationsleiter, Botschafter Johnson. der französische Delegationschef, Botschafter C h a u v e 1, wird erst am Nachmittag in Genf zurück sein und
Heißester Tag fordert Todesopfer
24 Ertrunkene allein in Nordrhein-Westfalen / Schwerste Gewitter
HAMBURG. Der bisher heißeste Tag des Jahres im Bundesgebiet und in Berlin brachte zugleich eine traurige Unfallbilanz. Viele der Ausflügler, die am Sonntag vor der glühenden Hitze aus den Städten geflohen waren und in Freibädern und Ausflugsgebie-
trifft dann mit Johnson zusammen. Ob Ministerpräsident Mendös- France in dieser Woche nach Genf kommt, wird in französischen Kreisen als fraglich bezeichnet.
Keine Ruhe in Marokko
PARIS. Im Zentrum von Rabat wurden in der Nacht zum Montag drei verdächtige Marokkaner von einem Polizisten in der Nähe einer Straße angerufen, in der wenige Stunden zuvor eine Bombe explodiert war. Die Marokkaner eröffneten sofort das Feuer. Es kam zu einer Schießerei, in die auch herbeieilende Gendarmeriebeamte eingriffen. Ein Polizist wurde verwundet.
Schlacht um Guatemala steht noch aus
Sowjetveto vor UN / USA: Inner amerikanische Angelegenheit