HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
k. HO!
FREITAG, 21. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 117
Steuerreform wird geändert
Alle Fraktionen melden Wünsche an / Fällt die Ergänzungsabgabe?
Von unserer Bonner Redaktion
BONN. In der fast den ganzen Tag dauernden Debatte des Bundestages über Finanzminister Schaffers Gesetzentwürfe zur Steuer- und Finanzreform sprachen sich am Donnerstag alle Fraktionen für wesentliche Änderungen der Vorlagen Schaffers aus. CDU/CSU, SPD und BHE forderten vor allem eine größere Steuersenkung für die mittleren und kleinen Einkommen. Gegen die von Schaffer vorgeschlagene neue 2,5prozentige Ergänzungsabgabe, zur Einkommen- und Körperschaftsteuer sprachen sich alle Fraktionen mit Ausnahme der CDU/CSU aus. Hinsichtlich der gemeinsamen oder getrennten Veranlagung der Eheleute gingen die Meinungen auseinander.
Die vorgesehene Erhöhung der Um- »atzsteuer für den Großhandel stößt auf ebenso starke Kritik, wie die von der Regierung geforderte Ersetzung der bisherigen 7-c-Mittel für den Wohnungsbau durch Sozialpfandbriefe und andere Maßnahmen. Die SPD kündigte darüber hinaus an, daß in den bevorstehenden Ausschußberatungen in mehreren Anträgen eine Senkung der Verbrauchssteuern, vor allem für Zucker und Zündhölzer, gefordert und eine Neuordnung der Branntwein-Steuern vorgeschlagen wird.
Die Entscheidung über die endgültige Fassung der Gesetze wird nun in den zuständigen Bundestagsausschüssen fallen. Das gilt auch von der Frage des endgültigen Termins des Inkrafttretens der Reform und den Gesetzen über die Finarrzreform, das heißt über die endgültige Aufteilung der Steuern zwischen B jd und Ländern.
Nachdem Schäffer zu Beginn der Bundestagssitzung seine Vorlagen noch einmal begründet und betont hatte, daß jede Änderung seiner Tarife im Rahmen des haushaltswirt- schaftlich Möglichen bleiben müsse, bejahte für die CDU/CSU der Abgeordnete Dresbach in einer temperamentvollen Rede die vorgesehene Finanzreform. Auch seine Fraktion sei der Auffassung, daß der alljährliche „Viehhandel“ über den Bundesanteil an den Ländersteuern ein Ende haben müsse. Gleichzeitig forderte Dresbach,
Die Bevölkerung Südkoreas wählte am Donnerstag ihre dritte Nationalversammlung. Es war die ruhigste Wahl in der Geschichte der sechs Jahre alten Republik.
Der Generalsekretär der Ost-LDP, Herbert Täschner, soll nach einem Bericht des Informationsbüros West (IWE) »eines Postens enthoben worden sein.
Generalissimus Tschiangkaischek wurde am Donnerstag in Taipeh auf Formosa zu seiner zweiten Amtsperiode für sechs Jahre als Staatschef National- chinas vereidigt.
Premierminister Churchill teilte am Donnerstag im Unterhaus mit, daß die britische Regierung nicht von den amerikanisch- französischen Verhandlungen über ein eventuelles Eingreifen der USA in Indochina unterrichtet wurde.
Der 48jährige Diplomat Francois Lacoste ist zum neuen Generalresidenten von Französisch-Marokko ernannt worden. Er wird damit Nachfolger des Generals Guillaume der General- Inspekteur der französischen Streit- kräfle in Nordafrika bleibt.
^“'‘dtsiiiuenuuuisier Ui Gerhard Schröder führte in Bonn bei der konstituierenden Sitzung der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften als Leiter den Kölner Jugendstaatsan- ‘Palt Schilling in sein Amt ein. Bun- aesminister Dr. Schröder (rechts).
Bild: Keystone
der für einen Teil der CDU die Einführung der Bundesfinanzverwaltung unterstützte (für die SPD, FDP und BHE später entschieden eintraten) eine Durchführung der Neugliederung des Bundesgebietes.
Der SPD-Abgeordnete Prof. G ü - lieh folgte in vielen Punkten der Argumentation seines Vorredners, bezweifelte jedoch, daß Schäfflers Vorlagen wirklich eine endgültige Regelung der Finanzverfassung für Bund und Länder sein würden. Ebenso wie Dresbach setzte sich Gülich für eine Berücksichtigung der Pläne der Gemeinden ein. Er sagte: „Die Gemeinden sind die Stiefkinder des Bundes“. Zu bedauern sei, daß Schäfflers Vorlagen keine echte Reform, sondern eine „finanzpolitische Bastelei“ seien.
Für die FDP forderte Dr. Well- hausen eine Trennung der Steuer- Fortset 2 ung auf Seite 2
Stabsbesprechungen in Washington
Die militärische Situation in Südostasien / Aktion nach Genf?
LONDON. Aus diplomatischen Kreisen in London verlautete am Donnerstag, daß Fünf machte-Stabsbesprechungen über die militärische Situation in Südostasien unmittelbar bevorstehen. Die Besprechungen sollen in Washington zwischen Vertretern der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Australiens und Neuseelands stattfinden. Meldungen, daß auch Thailand und die Philippinen an der Konferenz teilnehmen sollen, konnten in London bisher nicht bestätigt werden.
In London wird jedoch an der Auffassung festgehalten, daß eine „gemeinsame Aktion“ von zwei Voraussetzungen abhängig gemacht werden sollte. Der Genfer Konferenz müsse bis zum letzten Augenblick eine Chance gegeben werden; ferner sei es unbedingt erforderlich, daß die freien asiatischen Völker von der Richtigkeit der „gemeinsamen Aktion“ überzeugt
sind. Diese Überzeugung könne sich aber erst einstellen, wenn in Genf klar bewiesen worden sei, daß eine Lösung des Indochinaproblems auf diesem Wege nicht mehr möglich ist.
Totgelaufen
GENF. In westlichen Delegationskreisen in Genf wird mit dem Gedanken eines Abbruchs der Indochina- Friedensverhandlungen gespielt, wie am Donnerstag von maßgebender Seite verlautete.
Die amerikanische Delegation soll gewillt sein, die Konferenz als Fehlschlag abzuschreiben, falls die Haltung des kommunistischen Blocks sich nicht grundlegend ändert. Man hat den Eindruck, daß die Verhandlungen über Indochina sich totlaufen, möchte sie allerdings auch nicht eher abbrechen, als Frankreich alle Möglichkeiten erschöpft sieht.
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Linkes Bild: Bundeskanzler Dr. Adenauer im Gespräch mit dem niederländischen Außenminister Beyen (Mitte) und Staatssekretär Hallstein bei der Sitzung des Ministerrates des Europarates in Straßburg, an der Außenminister von 14 europäischen Staaten tcünehmen. Rechtes Bild: Italiens Außenminister Piccioni (rechts sitzend) und Außenminister Bech von Luxemburg (ganz links) während der Sitzung. Bild: dpa
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Bemerkungen zum Tage
Nur vorläufig
hf. Die Erste Lesung der Gesetzentwürfe über die Steuer- und Finanzreform bestätigte, daß der Bundestag vor allem Schäffers Steuergesetz in wesentlichen Punkten ändern wird. Dabei läßt sich nach der ersten Grundsatzdebatte nur Voraussagen, daß von diesen Änderungen mit Sicherheit die Steuertarife für die kleinen und mittleren Einkommen im Sinne einer Senkung betroffen werden, und die vorgesehene Erhöhung der Umsatzsteuer für den Großhandel fortfallen wird. In diesen beiden Punkten besteht zumindest zwischen den beiden größten Fraktionen, der CDU/CSU und der SPD Übereinstimmung. Wenn man sich auch über das Ausmaß und die Methode der Senkung noch nicht einig ist. Daß die von der SPD ange-
„Gefahr für das Einigungswerk“
Adenauer vor dem Europarat in Straßburg / Neuer Präsident: Der Franzose Mollet
STRASSBURG. Bundeskanzler Dr. Adenauer appellierte am Donnerstag in Straßburg an die Völker Europas, das europäische Einigungswerk fortzusetzen. In einer Botschaft, die er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Ministerrates an die Beratende Versammlung des Europarates richtete, erklärte er: „Wir können befriedigt sein über das bisher Erreichte, aber der Erfolg darf uns nicht blind machen gegenüber den Gefahren, die das europäische Einigungswerk heute stärker bedrohen als in den ersten Jahren unserer gemeinsamen Existenz."
Der Kanzler gab einen Rückblick über die bisherigen Leistungen des Europarats und verkündete ein europäisches Aktionsprogramm, das eine Aktivierung der Arbeiten auf politischem, wirtschaftlichem, kulturellem und sozialem Gebiet vorsieht.
Der Kanzler sagte, seit Mai 1949
Opposition siegt in Irland
DUBLIN. De Valera, der in neunzehn der letzten zweiundzwanzig Jahre Irlands Ministerpräsident war, erlitt mit seiner Partei Fianna Fall bei den Parlamentswahlen vom Dienstag gegenüber den Oppositionsparteien eine Niederlage. Nach den letzten Ergebnissen konnte seine Liberale Partei 59 Mandate erringen. Die Oppositionsparteien, die gemeinsam eine Koalitionsregierung bilden wollen, konnten bisher 70 Sitze für sich verbuchen Vier fielen an die Unabhängigen. Die Entscheidung über dreizehn Mandate steht noch aus. De Valera kann also den Vorsprung der Oppositionsparteien nicht mehr auf- holen
De Valera ist seit 1932 Irlands Ministerpräsident, nur von 1948 bis 1951 war der jetzige Oppositionsführer John C o s t e 11 o an seine Stelle getreten. Während des Wahlkampfes richteten sich die Vorwürfe der Opposition vor allem gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung de Va- leras.
seien „große Fortschritte von fast revolutionärem Ausmaß“ erreicht worden. Er wandte sich gegen Versuche, einen Gegensatz zwischen der sogenannten großeuropäischen und der kleineuropäischen Auffassung zu konstruieren und sprach den Wunsch aus, daß sich auch die übrigen europäischen Staaten der engeren Gemeinschaft der sechs Länder anschließen werden.
Wegen der noch laufenden Saarverhandlungen hat der Kanzler seinen Aufenthalt in Straßburg um einen
Tag verlängert. Er wird erst heute nach Bonn zurückkehren. Die für kommende Woche vorgesehene Saardebatte im Europarat ist auf Beschluß aller Parteien von der Tagesordnung abgesetzt worden. Der holländische Sozialist van der Goes vanNaters wird jedoch seinen Saar-Kompromiß- plan vortragen.
Zum neuen Präsidenten der Beratenden Versammlung des Europarats wurde am Donnerstag im zweiten Wahlgang der französische Sozialistenführer Guy Mollet gewählt.
Widersfand auch bei der FDP
hf. BONN. Pf leiderer s Vorschlag für eine Reise von Abgeordneten nach Moskau und in andere Ostblockstaaten ist jetzt auch in der FDP auf starke Kritik gestoßen. Nach dem Bundesminister für besondere Aufgaben, Dr. Schäfer, der sich in einem Brief an den FDP-Vor- stand gegen Pfleiderers Vorschlag ausgesprochen hatte, haben auch Vizekanzler Blücher, Wohnungs- bauminister Preusker und Justiz
minister Neumaier ihre ablehnende Haltung zu erkennen gegeben. Auch Euler, der hessische Landesvorsitzende der FDP, der sich gegenwärtig auf einem Erholungsurlaub in Italien befindet, soll bereits bei der ersten Erörterung dieses Planes eine ablehnende Haltung eingenommen haben. An der Unterstützung von Pfleiderers Vorschlag durch die übrigen Vorstandsmitglieder der FDP und die Landesverbände haben die ablehnenden Stellungnahmen nichts geändert.
Saargespräch in der Endphase?
Weitgehendes Einvernehmen zwischen Adenauer und Teitgen
STRASSBURG. Bundeskanzler Dr. Adenauer und der stellvertretende französische Ministerpräsident Teitgen haben bei ihren Beratungen in Straßburg bereits ein weitgehendes Einvernehmen über Einzelheiten der deutsch-französischen Grundsatzerklärung zur Lösung des Saarproblems erzielt. In bestimmten Einzelfragen der politischen und wirtschaftlichen Europaisierung der Saar aber gehen die Meinungen noch auseinander.
Die Bemühungen Adenauers und Teitgens gehen dahin, die Grundsatzerklärung in Straßburg soweit zu formulieren, daß sie den Kabinetten zur Beschlußfassung vorgelegt werden
kann. Wie verlautet, ist aber beabsichtigt, In Straßburg ein gemeinsames Kommunique zu veröffentlichen, in dem die bisher erzielten Arbeitsergebnisse niedergelegt werden.
Gegenwärtig bemüht man sich. Staatssekretär Schumann zu den Saarverhandlungen in Straßburg hinzuzuziehen. Als Vermittler sind der belgische Außenminister S p a a k und der Schöpfer des Saar-Kompromiß- Planes, der holländische Sozialist van der Goes van Naters, tätig. Staatssekretär H a 11 s t e i n führt mit den deutschen Saarexperten stundenlange Gespräche, um den deutschen Standpunkt zu präzisieren.
kündigten Anträge über eine Senkung der Verbrauchs- und anderen indirekten Steuern, die heute 60 Prozent der ganzen Steuerlast ausmachen, eine Mehrheit finden werden, ist ebenso unwahrscheinlich wie eine Änderung der von Schäffer vorgesehenen gemeinsamen Veranlagung der Eheleute. Spürbar geringer geworden ist in den letzten Wochen bei den Koalitionsparteiea die Ablehnung der von Schäffer geforderten Einführung einer Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftssteuer und zu einer Erhöhung des Notopfers Berlin. In beiden Fragen kann Schäffer hoffen, ein« Mehrheit für seine Wünsche zu finden. Was den Termin des Inkrafttretens der Reform angeht, ändern alle anderslautenden Versicherungen der Bundesregierung nichts daran, daß e* beim 1. Januar 1955 bleiben und es auch nicht zu einer Vorwegnahme der Tarifreform zum 1. Oktober dieses Jahres kommen wird.
Die Einzelheiten der Änderungen, die zu erwarten sind, werden sich erst in den bevorstehenden Ausschußberatungen erkennen lassen. Völlig ungewiß erscheint am Anfang der Beratungen des Bundestages noch da* Schicksal der Gesetze über die Finanzreform. Mögen in dieser Frage di* Meinungsverschiedenheiten zwischen den Fraktionen des Bundestages auch relativ gering sein, die zwischen Bund
SPD: Gesetz aeaen Werbung
BONN. Ein Bundesgesetz, nach dem die Anwerbung für die Fremdenlegion unter dem Gesichtspunkt der Beihilf* zum Menschenraub bestraft werden kann, empfiehlt die der SPD nahestehende Bonner außenpolitische Korrespondenz.
und Ländern bestehenden Differenzen sind unverändert groß und Anzeichen für ihre Verringerung sind noch nicht zu erkennen. Der Bundestag wird in den Fragen der Finanzreform zweifellos mehr Minister Schäffer als den Ländern folgen. Daß, wie es von der FDP vorgeschlagen wurde, die Gesetze der Finanzreform noch von denen der Steuerreform getrennt werden, erscheint unmöglich, denn in der Finanzreform, in der Aufteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern und in der Festlegung des Bundesanteils liegen wesentliche Voraussetzungen für die Entscheidungen über die Steuergesetze. Darüber, daß die anfangs von Schäffer als großes geschichtliches Werk gepriesene Steuerreform nicht die große Reform ist und der Bundestag in wenigen Jahren wieder vor der Aufgabe stehen wird, die Steuergesetze zu korrigieren, ist kaum Pin Zweifei möglich
Noch kühler
Bericht des Wetteracntes Stuttgart
Am Ostrand des atlantischen Hochdruckgebiets dauert die Zufuhr kühler Meeresluft an. Dabei greift vom Norden her eine Teilstörung des östlichen Tiefdrucksystems auf unseren Raum über. Morgen überwiegend stark bewölkt, zeitweise leichter Regen. Mittagstemperaturen kaum über zehn Grad. Mäßige bis lebhafte Winde aus westlichen Richtungen Tiefsttemperaturen in der Nacht im allgemeinen um vier Grad. Morgen unbeständig nnd kShl.