BERICHTE AUS DEUTSCHLAND
Etat rede des Einammimsters
„Risiko eines Defizits muß in Kauf genommen werden“
Finanzielle Möglichkeiten des Landes äußerst angespannt / Weiteres Anwachsen des Personalbestandes der Verwaltung
Ui. STUTTGART. Finanzminister Dr. Frank hat dem Landtag am Mittwoch den Etat 1954 für Baden-Württemberg vorgelegt und in einer großen Rede die finanzwirtschaftliche Lage des Landes geschildert. Er sagte, die stürmische Aufwärtsentwicklung der Wirtschaft in den vergangenen Haushaltjahren, die es immer wieder gestattet habe, die voranschlagsmäßigen Fehlbeträge wenigstens zu einem Teli abzudecken, könne bei der künftigen Finanzplanung nicht mehr in Rechnung gestellt werden. Der neue Etat müsse als äußerste finanzielle Kräfteanspannung gedeutet werden, die notwendig sei, um die entscheidenden Aufbauarbeiten in Baden-Württemberg fortzusetzen. Dabei habe die Regierung das Risiko eines nicht unerheblichen Defizits bei einer zur Zeit noch mäßigen Verschuldung des Landes bewußt in Kauf genommen, damit nicht eine Reihe wichtiger Maßnahmen ausblieben. Die finanziellen Möglichkeiten des Landes seien in diesem Haushaltjahr bis an die Grenze des Möglichen angespannt, weitere nennenswerte Belastungen ertrage der Etat nicht. Frank warnte vor der gefährlichen Illusion, der Finanzminister verfüge noch über irgendwelche verborgene Schätze, mit denen er noch weitergehende Ansprüche an das Budget bestreiten könnte.
Keinerlei Reserven
Der Entwurf des Haushaltplans sieht, wie schon berichtet, im ordentlichen Haushalt bei 1871 Millionen Einnahmen und 2039 Millionen Ausgaben einen Fehlbetrag von 167,8 Millionen DM vor. Der außerordentliche Haushalt ist auf der Einnahmen- und Ausgabenseite mit 369,6 Millionen ausgeglichen.
Frank meinte, wenn die Steigerung des Sozialproduktes 5 Prozent nicht erheblich überschreite, so enthalte das geschätzte Steueraufkommen keinerlei Reserven. Für das Land bestünde auch keine Möglichkeit mehr, wie im vergangenen Jahr, eine steuerfreie Anleihe aufzunehmen. Der Haushaltplan basiere auf der Beibehaltung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftssteuer mit 38 Prozent. Sollte der Bundesanteil aber, wie geplant, auf 42 Prozent festgesetzt werden, so müßten 56 Millionen mehr an den Bund abgeliefert werden. Für den Finanzausgleich zwischen den finanz- starken und finanzschwachen Ländern müsse das Land 77,6 Millionen DM, also 16,7 Millionen mehr als im vergangenen Jahr abliefern. Die Tenden
zen, die sich bei der Neuordnung des horizontalen Finanzausgleichs bemerkbar machten, seien mehr als zuvor eine ernste Gefahr für die stabilen Finanzverhältnisse Baden-Württembergs.
rRohausgaben und Kürzung s- k 1 a u s e 1
Hinter allen Überlegungen finanzpolitischer Natur stehe die Sorge um den defizitären Charakter des Planentwurfs, fuhr Frank fort. Zwar habe der Ministerrat seinerzeit beschlossen, daß bei der Aufstellung des Haushaltplanes 1954 in jedem Einzelplan die Gesamtsumme der Rohausgaben des ordentlichen Haushalts gegenüber 1953
um 5 Prozent gekürzt werden müsse, doch hätten sich diesem Beschluß ernste Widerstände entgegengestellt. Immerhin habe diese „Kürzungsklausel“ das Abschlußbild des Haushaltplans günstig beeinflußt.
Die Regierung habe versucht, eine gewisse Rangfolge und Schwerpunktbildung bei den ins Gewicht fallenden Ausgaben vorzunehmen. Auch hier seien erst Ansätze vorhanden, doch werde die „Schwerpunktbildung“ in den nächsten Haushaltjahren stärker in den Vordergrund treten. Die Regierung könne nicht alle staatlichen Aufgaben mit der gleichen Intensität betreiben und die erforderlichen Mittel bereitstellen.
Wohnungsbau wie vorgesehen
In diesem Jahr habe sich die Regierung zu einer maßvollen finanziellen Einschränkung bei der Bereitstellung von Mitteln für die allgemeine Gewerbeförderung und von Zuschüssen für den Wiederaufbau kriegszer- störtEr Schulen entschließen müssen. Daneben seien aber wiederum mehr Mittel für Schulbauten leistungsschwacher Gemeinden vorgesehen. Keine Einschränkung erlaubten der Wohnungsbau, der Wiederaufbau der Hochschulen und die Förderung der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung.
Der Minister ging sodann in seiner Rede auf einzelne Probleme ein. Voran behandelte er die finanziellen Beziehungen zwischen dem Land und seinen Gemeinden und teilte mit, daß neben dem geplanten inneren Finanzausgleich an freiwilligen Leistungen des Landes an Gemeinden und Gemeindeverbände vorgesehen seien: an Beiträgen, Beihilfen und Zuschüssen 54,4 Millionen und an Darlehen 18,36 Millionen. Rechne man die kommunale Finanzausgleichsmasse von rund 205,5 Millionen hinzu, so ergebe sich ein Gesamtanteil von 25,7 Prozent der Gemeinden und Gemeindeverbände am Aufkommen der Einkommen- und Körperschaftssteuer.
Erhöhung des Personalbestandes
Mit großer Sorge sprach Dr. Frank über die Entwicklung des Personalbestandes in der Staatsverwaltung. Alle Bemühungen, eine weitere Vermehrung der Stellen zu verhindern, seien gescheitert. Die Gesamtzahl der Staatsbediensteten solle nach dem Entwurf
von 97192 im vergangenen Jahr auf 98 934 erhöht werden. Der Zugang sei vor allem bei der Verkehrspolizei, der Straßenbauverwaltung der Wasserwirtschaft, der Vermessungsverwaltung, dann bei den verschiedenen Schulen, der Steuerverwaltung, der Flurbereinigung und beim Flüchtlingsministerium erforderlich. Dementsprechend sei ein Besoldungsaufwand gegenüber 1953 von 45 Millionen DM vorgesehen.
Bei einem Gesamtausgabenvolumen von 2039 Millionen entfielen 673,2 Millionen, das seien 30 Prozent, auf den Besoldungsaufwand.
Einer weiteren, den Landesfinanzen
gefahrdrohenden Entwicklung der Per- ...
sonalausgaben könne nur dadurch be- nen Mark.
Die Verwaltung der deutschen Hütten
Alpenverein zur Dachsteintragödie / Keine unvorbereiteten Bergfahrten
gegnet werden, daß die Ministerien und das Parlament künftig bei Stellenanforderungen äußerste Zurückhaltung übten.
Fünfjahresp1an für Hochschulen
Ausführlich sprach der Minister über die vorgesehenen Leistungen für die wissenschaftlichen Hochschulen. Die Regierung sei bemüht, den Bedürfnissen an Baumaßnahmen für die Hochschulen in einem Fünfjahresplan nachzukommen, der einen Gesamtaufwand von 150 Millionen Mark erfordere. Zur Ausführung dieses Planes seien im vergangenen Jahr 31,8 Millionen bereitgestellt worden, der neue Etat sehe als zweite Rate 31,4 Millionen Mark vor. Die Regierung sei bemüht gewesen, die Stellen für Professoren, Dozenten und Assistenten zu vermehren, darüber hinaus seien als Sondermaßnahme fünf Millionen Mark für ein „Hilfswerk für die Hochschulen“ vorgesehen. Der gesamte Einzelplan der Kulturverwaltung, der im Entwurf mit 306 Millionen Zuschußbedarf abschließe, zeige, daß sich Baden-Württemberg die Pilege und Förderung des kulturellen Lebens viel kosten lasse.
Die Gesamtverschuldung des Landes wurde von Dr. Frank mit einer Milliarde angegeben, dem stünden Darlehensforderungen in Höhe von 914,3 Millionen gegenüber. Die Nettoverschuldung von 88,5 Millionen Mark gestatte die Aufnahme von Anleihen im Gesamtbetrag von einhundert Millio-
HS. STARNBERG. Der Deutsche Alpenverein faßte auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Starnberg, die von über 300 Delegierten aus 183 Sektionen aus dem ganzen Bundesgebiet besucht war, wichtige Beschlüsse über die Verwaltung der deutschen Hütten in Österreich. Mit überwältigender Mehrheit billigte das „Edelweiß-Parlament“ einen Vertrag des Deutschen Alpenvereins mit dem Treuhänder für den deutschen Hüttenbesitz in Österreich, Prof. Martin Busch in Innsbruck! Er tritt am 1. Juni 1954 in Kraft und betrifft 179 deutsche Alpenvereins-Hütten in allen Teilen der österreichischen Alpen, die seit Kriegsende in Österreich beschlagnahmt sind und treuhänderisch
verwaltet werden. In schwierigen, fast zwei Jahre dauernden Verhandlungen hat der Verwaltungsausschuß des Deutschen Alpenvereins versucht, seinen Sektionen wieder zu einem angemessenen Einfluß auf die Verwaltung ihrer Hütten, deren Bedeutung für das Bergsteigen, das Hochgebirgswandern, die Erholung und körperliche Ertüchtigung von Jugend und Alter gar nicht überschätzt werden kann, zu verhelfen. Durch den neuen Vertrag werden nun die ehemaligen Besitzer in den Stand gesetzt, die Verwaltung ihrer Hütten wieder zu übernehmen, während die Treuhandverwaltung fortdauert. Der Vertrag ist so gestaltet, daß er dem Treuhänder ermöglicht; die Erhaltung aller deutschen
Das ist der kleine 50-ccm-Quickly-Mo- tor, mit dem Gustav Adolf Baumm im fliegenden NSU-Liegestuhl seine Weltrekorde fuhr. Dreieinhalb Pferdekräfte stecken in dem kleinen Motor.
Bild: Keystone
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Hütten in Österreich, die einen Wert von über 25 Millionen DM repräsentieren, noch besser als bisher wahrzunehmen.
Seit dem Wiedererstehen des Deutschen Alpenvereins im Jahr 1950 in Würzburg hat die große Gemeinschaft der deutschen Bergfreunde eine verheißungsvolle Entwicklung genommen. Damals schlossen sich unter dem Edelweiß 90 000 Mitglieder zusammen; heute sind es bereits wieder. 124 000.
Das „Edelweiß-Parlament“ befaßte sich ferner mit dem erschütternden Dachstein-Unglück, bei dem 13 Schüler und Lehrer umkamen. In einer Empfehlung an die Kultminister aller deutschen Länder tritt der Alpenverein dafür ein, daß bei allen Jugend-Bergfahrten, die von unerfahrenen Lehrkräften geleitet werden, die Führung einem erprobten Bergführer übertragen werden soll. Der Alpenverein und seine Sektionen erklären sich ferner bereit, allen beteiligten Stellen mit Rat und Tat bei der Vorbereitung und Durchführung von Bergfahrten Jugendlicher und bei der Ausbildung der in Betracht kommenden Lehrkräfte behilflich zu sein. Weiter regt der DAV an, daß die Jugend im Geographie-Unterricht auch über die Gefahren der Berge und über den Naturschutz aufgeklärt wird. Es soll, wie der Vorsitzende Jennewein unterstrich, mit dieser Initiative keineswegs bewirkt werden, daß die Jugend von den Bergen ferngehalten wird. Der Alpenverein will nur verhindern, daß künftig Bergfahrten ohne sachgemäße Ausrüstung und kundige Führung unternommen werden.
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