HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
Verlagsort Calw
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MITTWOCH, 19. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 115
Adenauer wirbt für Europa
„Mehr Vollmachten und größere Aktivität“ / Holfmann will in Straßburg mitsprechen
STRASSBURG. Die Außenminister von 14 europäischen Staaten kamen im Rahmen einer allgemeinen Debatte in Straßburg überein, die bisher vom Europarat eingeschlagene Politik fortzusetzen. Als diesjähriger Vorsitzender des Ministerrats betonte Bundeskanzler Dr. Adenauer die Notwendigkeit, daß die Impulse, die vom Europarat in den vergangenen fünf Jahren seines Bestehens ausgegangen sind, auch weiterhin wirksam werden.
Adenauer machte im einzelnen seine Ministerkollegen mit dem Inhalt der Botschaft vertraut, die er am Donnerstag vor der Beratenden Versammlung vortragen will. Wie verlautet, wird die vom Kanzler geplante Botschaft weitgehend mit dem sogenannten Straßburg-Plan übereinstimmen, der eine stärkere Aktivierung des Europarates und weitere Vollmachten für ihn vorsieht.
Außerdem gab Dr. Adenauer einen Überblick über die Arbeit des Europarates im vergangenen Jahr. Er hob
insbesondere die Aktivität in der Flüchtlingsfrage hervor, wobei es erstmalig gelungen sei, das Vertriebe- nenproblem auf die internationale Ebene zu verlagern. Das vom Europarat geschaffene Flüchtlingskommissariat hat seine Arbeiten bereits aufgenommen.
Außerhalb des Ministerrates finden gegenwärtig zwischen Abgeordneten des Eüroparates informelle Saarbesprechungen statt. Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des
Bundestages, Dr. Gerstenmaier, führte Gespräche mit dem Schöpfer des Saarkompromißplanes, dem holländischen Sozialisten Goes van N a - t e r s. In offiziellen deutschen Kreisen rechnet man nicht damit, daß es in Straßburg zu einer endgültigen Einigung über die geplante Grundsatzerklärung kommt.
Der saarländische Ministerpräsident Johannes Hoffmann, der überraschend als Beobachter an der Straßburger Ministerratssitzung teilnahm, will sich, wie man in Straßburg erfährt* auch aktiv in die Besprechungen hinter den Kulissen einschalten. Von französischer Seite ist der stellvertretende Ministerpräsident T e i t g e n als Vertreter B i d a u 11 s erschienen.
EVG-Debatte weiter verzögert
Laniel wagt nicht das heiße Eisen anznfassen
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In dem eben fertig gestellten Erweiterungsbau des Europahauses in Straßburg trat am Dienstag der Ministerrat des Europarates zusammen, um über die politische Zukunft des Kontinents zu beraten. An den Beratungen nimmt Bundeskanzler Adenauer als Vorsitzender des Ministerrates teil. Bild: Keystone
Für eine Trennung der Steuerreform und der Finanzreform setzt sich der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Finanz- und Steuerfragen, Dr. Hans Wellhausen (FDP) ein, damit die Steuersenkung nicht verzögert werden brauche.
Englands Außenminister Eden beabsichtigt, am kommenden Freitag von Genf nach Paris zu fliegen, um an den französischen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Entente Cordiale teilzu- nehmen.
Ein Sprecher des USA-Aüß^ttniui- Bteriums erklärte, Außenminister Dul- les habe nicht die Absicht, in absehbarer Zeit nach Genf zur Ostasien-Kon- ferenz zurückzukehren.
Der französische Generalresident von Marokko, General Augustin Guillaume, ist am Dienstag nach Paris geflogen, nm mit der Regierung Besprechungen über die Situation in Marokko zu führen. Gleichzeitig gab es in Paris Gerüchte, daß Guillaume bald abgelöst werde.
PARIS. Der Ältestenrat der französischen Nationalversammlung hat am Dienstag getagt, ohne daß die Regierung Laniel, wie angekündigt, beantragt bat, der Rat solle den Zeitpunkt für den Beginn der Debatte über die Ratifizierung des EVG-Vertrages festsetzen.
Dem Hat lag weder ein Antrag Ministerpräsident Laniels noch ein Antrag des MRP vor, das sich noch vor kurzem für einen baldigen Beginn der Debatte nacnaruc.-h.nui emgeoeui hatte. Durch die Inaktivität Laniels ist die Ratifizierung des EVG-Vertrages weiter hinausgezögert worden. Der Ältestenrat ging auf die Frage des EVG-Vertrages überhaupt nicht ein.
Unter dem Druck des MRP hatte Laniel am 15. April angekündigt, er werde am 18. Mai den Ältestenrat ersuchen, den Zeitpunkt für den Beginn der Debatte festzulegen. In den Wandelgängen der französischen Kammer
wurde am Dienstag die Überzeugung geäußert, nach der Meinungsänderung Laniels könne nun mit einem Beginn der Debatte vor dem Herbst kaum gerechnet werden.
Zum Kern des Problems?
GENF. Nach der zweiten Geheimsitzung der Genfer Indochina-Konferenz wurde am Dienstagabend von unterrichteter Seite erklärt, man habe in uer id-ufiu^vertucijl.
die Standpunkte der französisuicn- Delegation und des kommunistisch gelerfkten Vietminhs in der Frage der Waffenruhe in Indochina anzunähei.i, um möglichst zu einem gemeinsamen Aktionsplan zu kommen. Nach der Erörterung der Frage des Abtransports der Verwundeten aus Dien Bien Phu würden die Besprechungen also zu dem Kern des Indochina-Problems vorstoß en.
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Bemerkungen zum Tage
Trotz Bomben wieder Transporte
12 Schwer- und 6 Leichtverletzte / Vietminh wirft Frankreich Bruch der Abmachungen vor
HANOI. Das Vietminh-Oberkom- mando in Dien Bien Phu hat am Dienstag trotz Wiederaufnahme der französischen Luftangriffe auf die Straße nach Sonla den Franzosen weitere 18 Verwundete zum Abtransport übergeben. Die Verwundeten — 12 Schwer- und sechs Leichtverletzte — trafen am Dienstagnachmittag mit Hubschraubern in Luang Prabang ein.
Das französische Oberkommando betonte, es wisse noch nicht, ob sich der kommunistische Oberbefehlshaber General G i a p durch die Übergabe der Verwundeten mit den neuen französischen Vorschlägen, die eine Beschleunigung des Abtransportes zum Ziel haben, einverstanden erklärt habe.
In Genf beschuldigte gleichzeitig der Vietminh-Botschafter in Peking, Hoang Van-hoan, auf einer Pressekonferenz das französische Oberkommando, das Abkommen über den Verwundetenabtransport gebrochen
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Heißer Boden
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Am besten Du rausgehen, dann ich Feuer einstellen.. .1
zu haben. Entgegen den eindeutigen Abmachungen sei die aus Dien Bien Phu nach Sonla führende Kolonialstraße 41 in der Nacht zum Dienstag von französischen Flugzeugen bombardiert worden, wobei auch 15 französische Kriegsgefangene ums Leben gekommen seien. Es liege allein beim französischen Oberkommando, ob der Abtransport der Verwundeten wieder aufgenommen werden könne.
Die neuen französischen Vorschläge zum Verwundeten - Abtransport, die unter anderem eine neutrale Überwachung der Kolonialstraße 41 vorsehen, um die Vietminh daran zu hindern, unter dem Schutz des Abkommens ihre Truppen an die Deltafront zu werfen, lehnte Van-hoan als „unrealistisch“ ab.
Verhandlungen in Kürze
PARIS. Die amerikanisch-französischen Indochina-Verhandlungen sollen in etwa einer Woche in Paris
beginnen, wurde amtlich in Paris bekanntgegeben. Die kürzlich nach Saigon abgeflogenen französischen Generale E 1 y , Satan und P e 1 i s - s i e r sollen sich an Ort und Stelle über die Lage informieren, um nach ihrer Rückkehr in einer Woche der französischen Regierung einen genauen Bericht vorlegen zu können, der bei den Verhandlungen mit den USA als Grundlage dienen soll.
Deprimierend
fh. Verhandeln „um jeden Preis“ oder handeln, das ist die Alternative, in die sich der Westen in der Indochinafrage immer mehr gedrängt sieht, seit; offensichtlich wUl.:-,
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u c u —viciinimi cuuy den hat nehmen lassen. Churchill und damit England hat sich jetzt noch einmal grundsätzlich für die erste Möglichkeit entschieden und das angesichts der Tatsache, daß Amerika, auf dringliche Einladung Frankreichs, eher zu einer militärischen Intervention in Südostasien bereit scheint. Churchills Parole lautet: erst Genf abwarten, erst jede Möglichkeit einer friedlichen Lösung versuchen. Daß damit derade diese friedliche Lösung — vorausgesetzt, man will Asien nicht einfach aufgeben — in Genf entschieden erschwert wird, ist dabei kaum zu übersehen. Der Bruch in der westlichen Front ist nun ziemlich perfekt und die Kommunisten werden jetzt noch weniger als früher zögern, vollständige Preisgabe Indochinas zu fordern. Bis Genf entschieden ist, wird auch die Schlacht um das Rote Delta entschieden sein, so daß sich die Kommunisten sogar ersparen können zu fordern, was sie bis dahin haben. Die Situation in Genf läuft doch nur noch auf eine Frage hinaus, anerkennt der Westen die militärische Inbesitznahme Indochinas durch den Vietminh oder tut er das nicht. Eine halb-part-Lösung ist längst verspielt. England scheint sich mit dieser Tatsache abgefunden zu haben, Amerika
Nehru macht Friedenspläne für Asien
In Korea: Union zwischen Nord und Süd / China in die UN
NEU-DELHI. Beide Häuser des indischen Parlaments haben am Dienstag die Außenpolitik des Ministerpräsidenten Nehru gebilligt, nachdem dieser weitere Vorschläge und Anregungen für die Sicherung des Friedens im Femen Osten unterbreitet hatte.
Tag der Verfassung
hf. BONN. Auch wenn die Bundesrepublik „mit Deutschland nicht identisch“ und nur die staatliche Organisation eines Teiles Deutschlands sei, so sei sie allein nach innen und außen berechtigt „die deutschen Interessen geltend zu machen“, erklärte Bun- desinnenminist.er Schröder zum fünften Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik am Sonntag, den 23. Mai. Das Grundgesetz sei, wenn es auch vorläufig ist eine vollgültige Verfassung.
Auf der Grundlage dieser Verfassung, so erklärte Schröder weiter, habe die Bundesrepublik Anerkennung und Achtung der freien Völker wiedergewonnen.
FDP steht allein
hf. BONN. Die Beratungen der Bundestagsfraktionen am Dienstag haben
bestätigt, daß in der Frage der künftigen Beziehungen der Bundesrepublik zu der Sowjetunion und den anderen Staaten des Ostblocks soweit Übereinstimmung besteht, daß alle Fraktionen für die Herstellung dieser Beziehungen „zu gegebener Zeit“ sind. Isoliert steht jedoch die FDP mit ihrem Vorschlag da. daß Abgeordnete die Sowjetunion, Rotchina und andere Staaten des sowjetkommunistischen Herrschaftsbereichs besuchen sollten.
Nach der CDU/CSU, der SPD und der Deutschen Partei erklärte am Dienstag auch der BHE, daß es nach seiner Auffassung nicht Aufgabe einzelner Abgeordneter sei, von sich aus diplomatische Aktionen zu starten, die der Regierung Vorbehalten sind. Nach der in parlamentarischen Kreisen dominierenden Auffassung ist Pfleide- rers Vorschlag erst nach der Herstellung diplomatischer Beziehungen zu den Ostblockstaaten, aber nicht vorher, diskutabel.
Für Korea schlug Nehru als ersten Schritt zur Wiedervereinigung des Landes die Bildung einer lockeren Union zwischen Nord- und Südkorea vor. Beide Regierungen sollen nach Nehrus Plan zunächst weiterbestehen, doch soll eine provisorische gesamt- koreanische Behörde gebildet werden, die ein Forum für eine gemeinsame Erörterung der das Land betreffenden Fragen bildet. Diese gemeinsame Arbeit könne zu gegenseitigem Verständnis und später zu einem engeren Zusammenschluß führen.
Für Indochina regte Nehru im Prinzip das gleiche Verfahren an, doch betonte er, daß dort zunächst einmal ein Waffenstillstand herbeigeführt werden müsse. In Genf seien bereits Anzeichen für einen Fortschritt zu beobachten. Ein Beispiel hierfür sei die Bereitschaft des Vietminh. die Frage eines Beitritts zur Französischen Union zu prüfen.
Nehru setzte sieb erneut für die Aufnahme der Volksrepublik China in die Vereinten Nationen ein und sagte, viele Probleme seien nur durch das Beiseitestehen Chinas entstanden Auch der Koreakrieg hätte vielleicht nicht stattgefunden, wenn China den Vereinten Nationen angehört hätte.
eben nicht. Bei Frankreich hat man den Eindruck, daß es immer noch etwas zu bekommen glaubt, wo es nichts mehr zu bieten hat. Verfahrener und deprimierender könnte die Situation kaum sein.
Au seiner Zeit
hf. Es ist eine zwangsläufige Konsequenz aus der Teilung Deutschlands und der größer werdenden außenpolitischen Handlungsfähigkeit Bonns, daß die Bundesregierung die Normalisierung ihrer Beziehungen zu den Ostblockstaaten ins Auge fassen muß. Es geht dabei nicht um die Schaffung freundschaftlicher Beziehungen oder um die Anerkennung des bolschewistischen Regimes, sondern um die Schaffung der Voraussetzungen für die Behandlung wirtschaftlicher, politischer und humanitärer Fragen. Es gehört also kein kühner Gedankenflug dazu, um Bemühungen zur Normalisierung der diplomatischen Beziehungen vorauszusagen.
Eine andere Frage ist der Vorschlag Pfleiderers, daß Abgeordnete nach Moskau und Peking reisen sollen. Diesen Vorschlag hat Dr. Adenauer mißbilligt. Auch wenn eine solche Reise nur eine nichtamtliche Erkundigungsreise hinter den Eisernen Vorhang sein würde, könnte sie doch im Ausland den Eindruck erwecken, als ob Bonn nun gar nicht erwarten könne, in ein möglichst enges Verhältnis zu den Ostblockstaaten zu kommen und einzusehen beginne, was Pfarrer Niemöller, Dr. Wirth. und Dr. Heinemann schon immer gesagt haben. Ein solcher Eindruck wäre fatal und dürfte auch nicht den Absichten Pfleiderers entsprechen. Aber so wie die Diskussion um Pfleiderers Vorschlag — nicht ohne Mitwirkung der FDP selbst natürlich — bisher gelaufen ist, können diese Wirkungen entstehen. Es wäre daher gut, den Vorschlag Pfleiderers nüchtern zu überprüfen und sich davor zu hüten, aus der „Reise nach Moskau“ eine Parole werden zu lassen.
Die schnelle Reaktion des stellvertretenden sowjetischen Hohen Kommissars auf Pfleiderers Vorschlag zeigt, wie groß die Gefahr ist, daß Bonns legitimes Interesse an der Normilisie- rung seiner Beziehungen zu den Ostblockstaaten in den Bereich der sowjetzonalen Propaganda und der sowjetischen Bemühungen um Vermehrung der Gegensätze in der westlichen Welt gezerrt wird.
Wir stimmen dem Bundeskanzler nicht darin zu, daß über das Thema unserer künftigen Beziehungen zum Osten am besten nicht gesprochen werden sollte, aber darin, daß Pfleiderers Vorschlag noch kein zu Ende gebrachter Aktionsplan ist, geben wir den Bonner Regierungskreisen, der GP T1 und der SPD, recht
Vereinzelt Regen
Bericht des Wetteramtes Stuttgart
Heute zunächst noch wolkig, erst morgen allmählich wieder aufheiternd. Nur noch vereinzelt etwas Regen, vor allem im Süden und Südosten des Landes. Höchsttemperaturen unter 20 Grad, nachts sehr kühl, im allgemeinen kein Nachtfrost.