MONTAG, 17. MAI 196 4

deutschen Panzerwaffe des zweiten Weltkrieges, Generaloberst a. D. Heinz Guderian, ist in der Nacht zum Samstag in Schwangau bei Füssen im Allgäu gestorben. Der Verstorbene wurde von Schwangau nach Goslar übergeführt, wo er bei­gesetzt werden soll.

Guderian wurde am 17. Juni 1888 ln Kulm (Westpreußen) als Sohn ei­nes preußischen Offiziers geboren. Er schlug die Offizierslaufbahn ein. Nach 1918 gehörte er unter anderem dem Stab derEisernen Division im Baltikum an. Später entwickelte er bei den Kraftfahrtruppen der Reichswehr seine Gedankengänge über eine moderne Panzerwaffe, die er in jahrelanger Arbeit in die Tat umsetzte. Im Jahre 1938 wurde er zum Chef der schnellen Truppen er­nannt und zum General der Panzer­truppen befördert. Im zweiten Welt­krieg spielte die Panzerwaffe unter Guderians Führung eine bedeutende Rolle beimBlitzsieg gegen Polen ebenso wie im Frankreich-Feldzug.

Adenauer glaubt nach wie vor an EVG

Letzte Vertrauensabstimmung im französischen Parlament als Beweis /Zuviel Kritik'

MÜNSTER. Bundeskanzler Aden- nach wie vor der festen Überzeugung

a u e r erklärte auf einer internatio­nalen Jugendkundgebung in Münster, er sei überzeugt davon, daß die EVG auch von Frankreich ratifiziert wer­de. Die in der letzten Woche stattge­fundene Abstimmung in der Natio­nalversammlung über das Schicksal der französischen Regierung habe ge­zeigt, daß sich dabei alle Gegner des Ministerpräsidenten L a n i e 1 und mithin auch der EVG zusammenge­funden und sich die Sozialisten der Stimme enthalten hätten.

Er glaube, daß die französischen Sozialisten im Parlament zu 90 Pro­zent für die EVG stimmen würden, keiner der sechs Unterzeichner-Staa­ten des EVG-Vertrages hätte vor zwei Jahren geglaubt, daß die Ver­träge heute noch nicht in Kraft ge­treten seien. Wenn die inzwischen verflossene Zeit auch große Enttäu­schungen gebracht habe, so sei er

Drei Kommunalthesen der SPD

Karlsruher Bundeskonferenz für verstärkten sozialen Wohnungsbau

KARLSRUHE. Die Vierte kommunal­politische Bundeskonferenz der SPD schloß am Samstag mit der Verkün­dung von drei Thesen zum Wohnungs­bau der Gemeinden, zu Gemeindefinanz­fragen und zur sozialen Gestaltung der Landgemeinden.

Darin fordert die Partei den Neu­oder Wiederaufbau von jährlich min­destens 300 000 Wohnungen für Fami­lien mit monatlichem Bruttoeinkommen bis 500 DM. Die Förderung dieser Woh­nungen mit zinslosen öffentlichen Mit­teln soll eine soziale Miete von höch­stens 1.10 DM für den Quadratmeter gewährleisten. Bund, Länder und Ge­meinden sollen für die Forderung die­ses sozialen Wohnungsbaus die erfor­derlichen Mittel aufbringen.

Zur Frage der Gemeindefinanzen lehnte die SPDdie sozialschädigende ständige Verschiebung der Steuerkraft von den direkten Steuern auf die Ver­brauchssteuern und Abgaben auf den Massenkonsum ab.

Schließlich fordert die SPD eine grundlegende soziale Neugestaltung der Landgemeinden gegen die kulturelle und zivilisatorische Unterentwicklung auf dem Lande, das durch Millionen Flüchtlinge und Vertriebene seine Struktur gewandelt habe. Bund und Länder sollen tatkräftig mithelfen an der Errichtung von Gemeinschaftsein­richtungen wirtschaftlicher, hygienischer und volksbildender Art.

Die kommunalpolitische Bundeskon­ferenz der SPD, an der etwa 1000 in- und ausländische Delegierte teilnah-

Lebenslänglich Zuchthaus

LÜNEBURG. Wegen dreifachen Mor­des, versuchten Mordes, schwerer Frei­heitsberaubung und versuchter Not­zucht verurteilte das Lüneburger Schwurgericht am Samstag nach sechs­tägiger Verhandlung den 56 Jahre al­ten Korbmacher Paul Schnurpfeil zu lebenslänglichem Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte.

Schnurpfeil wurde in drei Fällen für schuldig befunden, nach der sowjetisch­polnischen Besetzung seiner oberschle­sischen Heimatstadt Neiße deutsche Landsleute der polnischen Miliz und damit dem sicheren Tode ausgeliefert zu haben. Das Gericht ging mit seinem Urteil noch über den Antrag des Staats- Anwaltes hinaus, der nur in zwei Fäl­len auf Mord plädiert hatte.

men, tagte am Freitag und Samstag in Karlsruhe unter dem Vorsitz des stell­vertretenden Parteivorsitzenden Wil­helm M e 11 i e s.

Ollenhauer: Zu restauiativ

KARLSRUHE. Der SPD-Vorsitzende Ollenhauer erklärte auf einer Kundgebung anläßlich der Vierten kom­munalpolltischen Konferenz der SPD, die Sozialdemokratie werde sich bei den kommenden Auseinandersetzungen über die Finanz- und Steuerreform be­sonders dafür einsetzen, daß diese nicht auf Kosten der sozialen und der kul­turellen Leistungsfähigkeit der Gemein­den erfolge.

Die soziale Neuordnung in der Bun­desrepublik stehe noch immer aus. Die heute herrschende Mehrheit des Bun­destages verweigere hartnäckig, sich dieser nationalen Aufgabe zu unter­ziehen. Die restaurativen Kräfte in Staat und Wirtschaft hätten die Ober­hand, und die Freiheit der Demokratie sei bedroht durch eine neue Welle von Muffigkeit und Muckertum sowie durch totalitäre Ansprüche auf Erzie­hung und Kultur.

Dachstein-Opfer gefunden. Auf der Suche nach den noch immer vermißten letzten Opfern der Bergsteigertragödie am Dachstein fanden am Sonntag Män­ner der alpinen Gendarmerie eine wei­tere Leiche ungefähr 300 m von dem Biwakplatz entfernt, auf dem die Heil- bronner Gruppe genächtigt hatte.

Unruhen in Pakistan. Die Arbeiter­unruhen im ostpakistanischen Jute­revier, die am Freitag/Samstag nach den vorliegenden Berichten rund 100 Tote und mehr als 300 Verletzte ge­fordert hatten, sollen nach einer Mel­dung des pakistanischen Rundfunks in­zwischen auch auf die Provinzhaupt­stadt Dakka übergegriffen haben.

Das war unser Rommel in Kairo. Der deutsche Rommel-Dokumentarfilm Das war unser Rommel wird heute in der ägyptischen Hauptstadt im Rah­men einer Gala-Premiere aufgeführt. Auch die Witwe Generalfeldmarschalls Rommel nimmt an der Veranstaltung teil.

Tag der US-Streitkräfte. Mit gro­ßen Truppenparaden, Vorführungen der modernsten Waffen, Sportveranstaltun­gen und Militärkonzerten feierten am Samstag die in Deutschland stationter-

daß das Ziel doch erreicht würde.

Der Kampf' sei schwer und die Wahrheit breche sich in manchen Ländern nur langsam Bahn. Aber immerhin hätten schon vier Länder die Verträge ratifiziert. In der Bun­desrepublik seien in diesem Zusam­menhang oft Worte der Kritik gegen­über Frankreich zu hören, die zum Teil brechtigt seien, zum Teil aber auch über das Ziel hinausgingen. Wenn man gerecht sein wolle, müsse man auch die Schwierigkeiten Frank­reichs würdigen.

Adenauer sagte zu der Genfer Kon­ferenz, es sei dem törichtesten klar geworden, daß die Welt der Unfrei­heit stärker und geschlossener Zu­sammenhalte als die Welt der Frei­heit. Die Konferenz in Genf stelle an alle Völker der freien Welt die ab­solute Forderung, eine genau so feste Front zu bilden, wie dies die Regie­rungen hinter dem Eisernen Vorhang getan hätten. Nur wenn es gelinge, diese feste Front im Westen herzu­stellen,würden wir einen furchtba­ren Krieg verhüten können.

Adenauer sagte, es erfülle ihn mit großer Sorge, daß die öffentliche Mei­nung Deutschlands und der Welt ge­

radezu Wohlgefallen an Kritik finde. Das verrate eine schlechte Geistesver­fassung. Man dürfe kritisieren, müsse aber gleichzeitig sagen, wie man es besser machen wolle.

Die Kundgebung fand aus Anlaß der seit Donnerstag tagenden Euro­päischen »Jugendtage statt, bei denen 80 junge christliche Politiker aus der Bundesrepublik, Italien, Belgien, Holland und Frankreich europäische politische Probleme erörtert hatten.

Euiopäisches Programm

BONN. Für ein starkes und freies Europa will sich Bundeskanzler Dr. Adenauer in dieser Woche vor dem Europarat in Straßburg ein­setzen. Der Kanzler wird in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Mi­nisterrates den Außenministern der 14 Mitgliedstaaten ein Europäisches Aktionsprogramm vorlegen, ln dem die Aufgaben der europäischen Gre­mien für das kommende Jahr darge­legt werden. Nach einer Billigung durch den Ministerrat wird dann Dr. Adenauer das Programm der Bera­tenden Versammlung des Europara­tes in Form einer Botschaft vor­tragen.

Erschöpft aber glücklich

Triumphale Heimkehr Elizabeths von ihrer Weltreise

LONDON. Unter dem Jubel unüber­sehbarer Menschenmassen ist Königin Elizabeth II. am Samstag nach sechs­monatiger Abwesenheit wieder in Lon­don eingetroffen. Die Themse-Fahrt der königlichen JachtBritannia gestaltete sich zu einem gigantischen Triumphzug.

Millionen Engländer waren auf den Beinen, um das festliche Ereignis mit­zuerleben. Zwei Stunden und zwanzig Minuten stand die junge Herrscherin zusammen mit ihrem Gemahl, dem Herzog von Edinburgh, auf der Brücke derBritannia, als diese bei kaltem Wind und bedecktem Himmel der Hauptstadt entgegenfuhr. Die Königin wirkte etwas erschöpft, sah aber glück­lich und heiter aus.

Als sich das Schiff dem Tower näherte, betrat auch Premierminister

Kleine Weltchronik

ten amerikanischen Truppenteile den Tag der US-Streitkräfte.

Treffen der U -Bootfahrer. Auf dem ersten Bundestreffen der ehemaligen U-Bootfahrer beider Weltkriege in Hamburg appellierte am Samstag der frühere Fregattenkapitän Teddy Suhren an alle Siegernationen, die Großadmi­rale Dönitz und Raeder zu begnadigen. An dem Treffen nahmen über 2000 ehe­malige U-Bootleute teil.

Sowjet - Ballett zurückgerufen. Ein Sprecher des Moskauer Staatsballetts gab in Paris bekannt, das Ballett sei von der Sowjetregierung plötzlich zu­rückgerufen worden. Infolge der Er­bitterung der Bevölkerung nach dem Fall von Dien Bien Phu hatte die fran­zösische Regierung das Sowjetgastspiel in Paris verschoben.

Rußland gibt Schiffe zurück. Am Ein­gang des Bosporus ist am Sonntag aus dem Schwarzen Meer die erste Gruppe kleinerer Kriegsschiffe erschienen, die von der Sowjetunion während des zweiten Weltkrieges bei den Vereinig­ten Staaten geliehen wurden und nun-

Sir Winston Churchill, der sich am Freitag auf persönliche Einladung Kö­nigin Elizabeths an Bord derBritan­nia begeben hatte, die Brücke des Schiffes. Später kehrte er an seinen Amtssitz zurück. Königinmutter Eliza­beth und Prinzessin Margaret Rose gingen bei der Ankunft in London zur privaten Begrüßung des königlichen Paares an Bord der Jacht

Die Themse wimmelte von Fahrzeu­gen aller Art. Am Flußufer stand die Menge Kopf an Kopf. Mädchen und junge Frauen wurden von Männern auf die Schultern genommen, um die Ankunft der Königin besser beobach­ten zu können. Kinder schwenkten die Nationalfahne. Hunderte bevölkerten die Brücken.

mehr zurückgegeben werden sollen. Die Amerikaner werden die Schiffe im Marmara-Meer übernehmen.

Pius XII. warnt vor Materialismus. In einer Rundfunkbotschaft an dem 10. katholischen Kongreß in Freiburg (Schweiz) hat Papst Pius XII. am Sonn­tag die katholische Welt aufgerufen, im Geiste des Urchristentums einen Schutz­wall des Glaubens gegen den wie ein Meer anbrandenden Materialismus auf­zurichten.

Aggressiver Rehbock. Zwei Stunden lang kämpften eine 74jährige Insas­sin eines Altersheim und ihre 70jäh- rige Freundin aus Hammelburg in Franken gegen einen vermutlich toll­wütigen Rehbock, der sie auf einem Waldspaziergang anfiel. Erst mehreren zu Hilfe eilenden Waldarbeitern gelang es, das Tier in die Flucht zu schlagen. Eine der beiden Frauen erlitt schwere Unterleibsverletzungen. die andere Knochenbrüche.

Farbfotos für Tagespresse. Die Agfa- Aktiengesellschaft hat zurDrupa 1954 ein neues Verfahren herausgebracht, das die Wiedergabe von aktuellen Farbfotos in Illustrierten und Tages­zeitungen ermöglicht.

W1K1SCHAFT

Hände! mit Rußland?

Demnächst Verhandlungen

KÖLN. Der Ostausschuß der deut­schen Wirtschaft teilt zu Berichten über angeblich bevorstehende Wirtschafts- Verhandlungen mit der Sowjetunion mit, daß seine Vertreter auf der Ost-' West-Handelskonferenz in Genf mit der sowjetischen Delegation lediglich die baldige Aufnahme direkter Ge­spräche zwischen Delegierten des Ost­ausschusses und bevollmächtigten so­wjetischen Stellen über eine vertrag­liche Regelung des Waren- und Zah­lungsverkehrs erörtert hätten. Einzel­heiten, wie etwa der Umfang des Wa­renaustausches, seien nicht berührt worden. Es sei möglich, daß in nächster Zeit Mitglieder des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft mit einer sowjeti­schen Delegation Zusammentreffen, um grundsätzliche Fragen des Warenaus­tausches zu klären und einen vertrag­lichen Rahmen vorzubereiten. Einzel­geschäfte würden dabei nicht bespro­chen oder abgeschlossen. Als unzutref­fend wird es bezeichnet, daß am 26. Mal eine Konferenz von Bundesministern über einen vorbereiteten Handelsver­trag mit der Sowjetunion stattfinden soll.

China zum Handel bereit

GENF. Auf einer Pressekonferenz der Delegation der Volksrepublik Chi­na erklärte der chinesische stellvertre­tende Außenhandelsminister Lei Jen- min, die Bereitschaft seines Landes, mit allen Ländern auf der Basis der Gleichbehandlung und des gegenseiti­gen Nutzens Handel zu treiben. China sei auch weitgehend an einem Waren­austausch mit den USA interessiert. Peking bemühe sich, den Warenver­kehr mit Großbritannien, Westeuropa und den asiatischen Ländern zu ver­stärken. Lei Jen-min sagte, trotz der Einstellung des Handels zwischen den USA und China hielten amerikanische Außenhändler noch Verbindung mit chinesischen Handelsfirmen. China wür- auch ausländisches Kapital oder andere Investitionen nicht zurückweisen, wenn keine Bedingungen daran geknüpft würden.

^ Wirtaehaf+sfunP: &

1954 wurden von den Einzelhan­delsgeschäften um 10 Prozent hö­here Umsätze als im März erzielt, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag mit. Gegenüber April vorigen Jahres konnten die Umsätze dem Wert nach um 13 Prozent und der Menge nach um 15 Prozent überschritten werden.

Auf dem Kongreß der Arbeitsgemein­schaft der papier - und pappever­arbeitenden Industrie der Bun­desrepublik und Westberlins wurde am Samstag in Düsseldorf von der Industrie die Forderung nach einer größtmöglichen Stabilität der Rohstoffpreise erhoben.

Nach dem Aprilabschluß der Euro­päischen Zahlungsunion haben nur vier der 15 Mitgliedstaaten ln diesem Monat einen Überschuß erzielt. Großbri­tannien erzielte mit 78,9 Millionen Ver­rechnungseinheiten (Dollar) den größten Uberschuß, gefolgt von der Bundesrepu­blik (44,4 Millionen Dollar), der Schwel* (10,9 Millionen Dollart und Österreich (5,1 Millionen Dollar).

Firmen und Li nun uehmungen

STUTTGART. Daimler-Benz verteilt 8 Prozent Dividende. Die Daimler-Benz- AG Stuttgart-Untertürkhelm schlägt der zum 12. Juni einberufenen Hauptver­sammlung vor, aus dem Gewinn des Ge­schäftsjahres 1953 eine Dividente von 8 Prozent (Vorjahr 6 Prozent) zu vertei­len.

KORNWESTHEIM. 7 Prozent Dividende bei Salamander. Die Hauptversammlung der Salamander AG in Komwestheim bei Stuttgart genehmigte am Freitag den Ab­schluß für Geschäftsjahr 1953 und die Ver­teilung einer Dividende von 7 Prozent (Vorjahr 6 Prozent). Das vergangene Jahr brachte der Gesellschaft eine stetige Aufwärtsbewegung ohne konjunkturelle Schwankungen.

It/T'

ROMAN VON MAR.Y ßVRCHELL.

y~>

Copyright Oy Dr. Paul Herzog, Tübingen Durch Verlag v. Graberg & Görg, Wiesbaden. Berechtigte Übertragung: H. PassoW-Kernen

(22. Fortsetzung)

Nichts hätte indessen bezaubernder sein können als das Lächeln, das Geraldine beim Eintreten auf ihren Zügen trug. Sie entsprach aufs Haar genau dem Bilde von der berühm­ten Schauspielerin, die eine kranke Ver­wandte besuchen kommt und Sonnenschein Ins dumpfe Krankenzimmer mitbringt. Allein, es war sehr angenehm, zur Abwechslung ein­mal von Geraldine geküßt zu werden und sie in weichem, zärtlichem Tone sagen zu hören: »Aber du armes kleines Ding, was Ist denn mit dir los? Und dann, als Thea ziemlich verlegen irgend etwas kaum Verständliches murmelte:Oder was hat Lindsay mit dir angestellt, sollte Ich eher fragen."

Oh, er ist ganz bestimmt nicht schuld, Geraldine, rief Thea eifrig, als die Schwe­ster den Raum verlassen hatte.Gelt, du machst ihm gegenüber keine solchen Anspie­lungen, nicht einmal im Scherz. Er regt sich ohnehin schon genug über die Sache auf. Das will ich meinen. Geraldine eine blendende Erscheinung in einem kirschroten Jackenkleid, das ihren hellen Teint voll zur Geltung brachte, und einen perlgrauen Fuchs über den Schultern, den Theas Pflegerin ihren Kolleginnen bereits bis zum letzten Haar be­schrieb, lächelte Thea ln einer etwas zuckersüßen Weise an.Ich hätte von Lin erwartet, daß er besser auf mein Cousinchen achtgibt, wenn er mit ihr ausfährt. Besonders wenn er sie mitnimmt, ohne mir ein Wört­chen davon zu sagen.

Nein, Geraldine das das war alles meine Schuld.

Was denn, kleine Maus? Geraldine hatte sie noch nie so genannt, deshalb war sie dar­über eher erschrocken.

Ich ich habe es dir bloß zufällig zu sagen vergessen, daß Ich mit Lin mit Mr. Varlon ausfahre Aber er selbst glaubte sicher, du weißt davon Er hat mich damals weißt du, an dem letzten Abend, wo ich mit den Dorleys zusammen war so nebenbei ein­geladen, und nachher habe ich es irgendwie vergessen.

Bis dahin hatte Thea nicht gewußt, wie schlecht sie zu schwindeln verstand, und so spürte sie denn auch unter Geraldines be­lustigtem Blick, wie sie über und Uber er­rötete.

Aha, meinte diese. Und Thea wußte, daß sie genau im Bilde war. Doch sie ließ die Sache auf sich beruhen und fragte anderes: wie sie sich jetzt fühle; ob sie ordentlich gepflegt werde?Uebrigens habe ich dir Obst mitgebracht, sagte sie dann,die Schwester hat es mir abgenommen.

Die ganze Zeit, die sie noch dablieb, plau­derte Geraldine angenehm und unterhaltlich von Nichtigkeiten und berührte mit keinem Wort die Angelegenheiten, die Thea so drin­gend am Herzen lagen und die zu bereinigen waren. Erstens, ob es sich wohl einrichten ließ, daß sie die Zeit Ihrer Rekonvaleszenz ln Geraldines Wohnung zubrachte und auch nach­her noch so lange dort bliebe, bis sie eine Bürostelle gefunden hätte: denn sie hatte keine Ahnung, wohin sie sonst gehen sollte. Zwei­tens hätte sie doch gerne gewußt, wie Ihre Cousine sich zu der Tatsache stellte, daß sie heimlicherweise mit Lindsay Varlon ausge­fahren war. denn ein wenig fühlte sie sich ihr gegenüber immer noch schuldig und fürchtete, ein ständiger unausgesprochener Vorwurf könnte ihre Beziehung zueinander gespannt machen.

Und dann, als Geraldine schon im Gehen war sie stand gerade auf, um sich zu ver­abschieden, bemerkte sie ganz nebenbei: Kay Pelham wohnt jetzt bei mir, erinnerst du dich, sie spielte die Ingfenue im selben Stück wie ich. Aber Nelly hat alle deine Sachen sehr

sorgfältig zusammengepackt und weggeräumt, und später werden sie sich dann leicht trans­portieren lassen.

T-transportieren . . stammelte Thea und wußte, sie war jetzt Aug in Aug mit der Geral­dine, vor der sie sich von Anfang an gefürch­tet hatte.Aber darf ich denn nicht zu dir zurückkommen?

Mein liebes Kind, es ist höchst unbestimmt, wann du hier entlassen wirst, und du wirst wohl nicht von mir verlangen, daß ich mich in meinen Plänen nur nach dir richte.

Nein natürlich nicht. Aber wenn dies nicht dazwischengekommen wäre, hättest du mich doch auch noch einige Zeit bei dir be­halten .

Nun ist aber etwas dazwischengekommen, argumentierte Geraldine scharf.Es tut mir leid, Thea, daß ich dir das sagen muß, aber bei deiner gebrauchsunfähigen Hand ist es sehr fraglich, ob du dich so bald selber er­halten kannst und daß ich dich auf unbe­stimmte Zeit bei mir haben soll, ist doch ein bißchen Zumutung, meinst du nicht?

Aber was soll ich denn tun? fragte Thea ratlos.

Das weiß ich wahrhaftig auch nicht. Aber Lin weiß bestimmt Rat, erwiderte Geraldine, und in ihrem Ton lag so viel kalte Bosheit, daß Thea, auch wenn sie vorher ahnungslos ge­wesen wäre, Geraldines Motiv für diesen Hieb jetzt klar durchschaut hätte.

Geraldine . begann sie dennoch flehend. Allein diese schien keine Zeit mehr an ihr Cousinchen verschwenden zu wollen.

Kindchen, es tut mir leid, aber sie blickte auf ihre brillantbesetzte Armbanduhr, ich bin in höchster Eile Es ist schon eine halbe Stunde später als ich glaubte, und wenn ich Glück habe, langt es mir gerade noch, daß ich rechtzeitig im Theater bin. Laß dirs gut gehen und werde bald gesund. Auvoir. Und drau­ßen war sie, ehe Thea noch etwas entgegnen konnte.

Doch wäre sie auch länger geblieben, was ließ sich denn noch sagen? Wie setzte man es durch, daß man in einer Wohnung gedul­det wurde, wo man augenscheinlich höchst

unerwünscht war? Geraldine besaß bloß ein überzähliges Zimmer, und wenn sie es einer Freundin überlassen wollte, warum brauchte sie dann eine kleine lästige Cousine darin einzuquartieren und dazu noch für ganz unbestimmte Zeit?

Wenn ich nur wüßte, was ich tun soll, murmelte Thea unglücklich vor sich hin Oh, ich möchte so gern etwas Sicheres wegen meiner Hand wissen. Wenn ich Geraldine eine genaue Zeit angeben könnte, ließe sie vielleicht mit sich reden Natürlich würde sie sich zuerst wieder weigern, und es ist auch scheußlich, wenn man sich so aufdrängen muß, aber wenigstens könnte ich ihr einen vernünftigen Vorschlag machen

Diese Nacht schlief sie zum ersten Male ziemlich schlecht, doch am nächsten Morgen erfüllte die Nachricht, daß der Gipsverband am heutigen Tag wegkommen sollte, sie mit freudiger SpannungVielleicht ist es aber nötig, daß man die Hand noch einmal ein- gipst. warnte die Schwester, um den Jubel in den sie eben ausbrechen wollte, zu dämp­fen,Sir Norman will Sie einmal unter­suchen.

Wer ist Sir Norman? fragte Thea inter­essiert.

Oh, Sir Norman Pranbook. der bekannte Orthopäde. Mr. Varlon läßt ihn herkommen, damit er sich ihren Fall einmal anschaut.

So. Mr Varlon? lächelte Thea und wurde noch froher gestimmt durch diesen neuer­lichen Beweis seiner Fürsorge. Allein das Herausnehmen der Hand aus dem Gipsverband und die Untersuchung selbst waren für "> ie arme Thea viel unangenehmer, als sie er­wartet hatte Es tat sehr weh und machte sie verängstigt und unglücklich und obwohl hir Norman sie sehr freundlich, wenn auch etwas unpersönlich behandelte, wurde sie anderer­seits durch sein allzuhäufigesTch. tch menr und mehr beunruhigt

Wird es bald ganz gut sein? fragte sie ihn zum Schluß unter Aufbietung all tnres Mutes.

(Fortsetzung folgt)

% ,*