Verlagsort Calw
HEIMATBLATT FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
MONTAG, 17. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 118
Königin Elizabeth von England und der Herzog von Edinburgh in der sechsspännigen Karosse während der Fahrt vom Westminster-Pier zum Buckingham-Palast, die durch jubelnde Menschenspaliere führte. Die Bevölkerung von London bereitete ihrer Königin nach deren Rüdekehr von der Weltreise einen triumphalen Empfang.
Bild: dpa
MmiimimiimiimimiMmiimiHumHiiiiiHimHmituiHiHmiimimimiHi
Als erster spanischer Minister, der nach dem Kriege Deutschland besuchte, ist gestern der Landwirtschaftsminister der Regierung Franco, Cavestany, in Bonn eingetroffen.
Ministerpräsident Nehru hat am Samstag vor dem Parlament die Bereitschaft Indiens bekanntgegeben, durch seine Vermittlung in irgendeiner Form und notfalls auch in Genf zur Lösung der koreanischen und indochinesischen Fragen beizutragen.
Der australische Außenminister Casey sprach am Sonntag in Canberra die Hoffnung aus, daß es bald zu gemeinsamen Militärbesprechungen der interessierten Staaten über die Auswirkungen der militärischen Entwicklung in Indochina auf Südostasien kommt.
Acht Millionen Wähler werden am kommenden Donnerstag in Südkorea zur Wahlurne gehen, um die 203 Mitglieder des Parlaments zu wählen.
Kritische Lage im Tonking-Delta
Franzosen militärisch zu schwach / Nachschub durchs „Tal der Explosionen“
HANOI. Die Lage der Truppen der französischen Union im Tonking-Delta spitzt sich immer mehr zu und ist nach Ansicht gutunterrichteter Beobachter gefährdet, wie am Sonntag aus Hanoi berichtet wird. Die Franzosen geben offen zu, daß ihre Streitkräfte einem Generalangriff der kommunistischen Vietminh-Truppen in diesem Gebiet nicht widerstehen können.
Bereits jetzt befinden sich mindestens 90 000 Aufständische im Delta- Gebiet des Roten Flusses, das etwa 15 000 qkm groß ist. Sie durchstreifen dieses Gebiet fast unbehindert. Die französischen und vietnamesischen Truppen haben nur die Städte fest in der Hand. Aber schon am unmittelbaren Stadtrand entgleitet ihnen die Kontrolle.
Auf dem flachen Land ist ihre Herrschaft auf die befestigten Stützpunkte beschränkt. Tagsüber kontrollieren sie auch die Hauptstraßen, die jedoch nach Einbruch der Dunkelheit immer wieder von den Vietminh-Truppen vermint werden. Der Vormittag muß regelmäßig dafür verwandt werden, die Minen wieder zu beseitigen, so daß der eigentliche, Verkehr erst mittags einsetzen kann.
Das gleiche gilt für die Eisenbahnstrecke zwischen der Hauptstadt die
ses Gebietes, Hanoi, und dem Seehafen Haiphong. Durch diese Behinderung des Verkehrs werden die Nachschubprobleme für das französische Oberkommando immer schwieriger. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen werden täglich Eisenbahnwagen und Lkws durch hochgehende Minen beschädigt, so daß die Soldaten den Weg von Haiphong nach Hanoi bereits das „Tal der Explosionen" nennen.
Nach dem Fall Dien Bien Phus ist die Lage der französischen Unionstruppen im Tonking-Delta noch kritischer geworden, da jetzt 40 000 Elitesoldaten des Vietminh für den Einsatz im Tonking-Delta freigeworden sind.
Die letzten Entwicklungen haben unter der vietnamesischen Bevölkerung starke Nervosität ausgelöst. Auf französischer Seite befürchtet
In Genf hinter verschlossenen Türen
Thema: Waffenruhe in Indochina / Skepsis angesichts der jFrontlage
GENF. Auf der ersten Geheimsitzung der Indochina-Konferenz am Montagnachmittag soll über den Vorschlag Frankreichs verhandelt werden, zuerst einen Waffenstillstand in Indochina festzulegen. Der kommunistisch gelenkte Vietminh hatte gefordert, zunächst die grundsätzlichen Vereinbarungen über politische Souveränität der Indochinastaaten und über den Abzug der französischen Truppen zu treffen.
Giap hat Nebenabsichten
Austausch der Verwundeten von Dien Bien Phu verschleppt
HANOI. In Dien Bien Phu haben am Sonntag neue Verhandlungen zwischen französischen Offizieren und Vertretern des Vietminh über den Abtransport der Verwundeten begonnen, der am Samstag vorübergehend unterbrochen wurde. Die französische Delegation soll in erster Linie vom Vietminh die Wiederherstellung des Flugplatzes von Dien Bien Phu verlangen, damit zum Abtransport der Verwundeten Dakotaflugzeuge eingesetzt werden können, da der Abtransport mit Hubschaubem und leichten Aufklärungsflugzeugen zu lange dauern würde.
Bis zum Abschluß der Verhandlungen hat das französische Oberkommando den Abtransport eingestellt, nachdem in den ersten beiden Tagen nicht einmal 30 Verwundete ausgeflogen werden konnten.
In Kreisen des französischen Oberkommandos in Hanoi wurde darauf hingewiesen, daß der Vietminh mit seinem Angebot, die Verwundeten auszutauschen, offensichtlich strategische Ziele verfolge und nicht nur aus Menschlichkeit gehandelt habe.
So verlange der Vietminh-Befehls- haber General Giap, daß während der Evakuierung die rund 110 km lange Straße von Dien Bien Phu nach Sonla nicht von französischen Flugzeugen angegriffen werden dürfe. Da der Abtransport bisher nur
Ulbricht erkrankt?
BERLIN, in einer Meldung des sowjetzonalen Nachrichtendienstes über einen Empfang des Staatspräsidenten Wilhelm Pieck zu Ehren der Teilnehmer des in Ostberlin tagenden Nationalkongresses, wird in einer Aufzählung der anwesenden Gäste der stellvertretende Ministerpräsident Heinrich Rau als „amtierender Ministerpräsident“ bezeichnet. Gerüchtweise verlautet in diesem Zusammenhang, daß Walter Ulbricht erkrankt sein soll Nach einer Mel-
,? 8 . ^ es Informationsbüros West soll sich Ulbricht nach bisher noch unbestätigten Informationen am 12 . Mai in ein russisches Krankenhaus begehen haben.
durch Hubschrauber erfolgen könne und infolgedessen mehrere Wochen in Anspruch nehmen würde, bedeute dies, daß der Vietminh in der Lage wäre, seine Truppen unbehelligt durch die französischen Luftstreitkräfte von Dien Bien Phu zum Tonking-Delta zu werfen.
Großbritannien und die USA wollen, wie an unterrichteter Stelle verlautet, einen Kompromiß Vorschlägen. Sie setzen sich für eine Waffenruhe mit „einigen politischen Regelungen“ ein. Eine Waffenruhe allein wird auf britischer und amerikanischer Seite als unbefriedigend bezeichnet. Gleichzeitig aber lehnen es Eden und Bedell S h m i t h ab, politische Bedingungen anzunehmen, die nicht als dauerhafte Regelung anerkannt werden könnten.
In diplomatischen Kreisen wird die Ansicht vertreten, die Skepsis der Westmächte gegenüber den politischen Vorschlägen der kommunistischen Seite habe sich angesichts der andauernden Angriffe der Vietminh- Truppen verschärft, da man mit der Möglichkeit rechnet, daß die kommunistische Gruppe Zeit dafür gewinnen will, militärisch vollendete Tatsachen zu schaffen. Deshalb drängt die westliche Seite auf eine rasche Lösung.
Wieder einmal um den Termin
Die Nationalversammlung vor einer Vorentscheidung zur EVG
PARIS. Am Dienstag tritt die von den Fraktionen und Ausschüssen gebildete „Vorsitzendenkonferenz“ der französischen Nationalversammlung zusammen, um über die Festsetzung eines Datums für den Beginn der Debatte über die Ratifizierung des Europäischen Verteidigungsvertrages zu beschließen. Damit fällt endlich in Frankreich eine Vorentscheidung über das Schicksal des vor fast zwei Jahren in Paris Unterzeichneten EVG-Vertrages.
Für die Beschlußfassung der Konferenz, die etwa dem Ältestenrat des Bundestages entspricht, sieht man drei Möglichkeiten:
1. Daß kein Termin für die EVG- Debatte festgelegt werden kann, da die französische Bedingung einer grundsätzlichen Vereinbarung mit Deutschland über die Saarfrage noch nicht erfüllt ist, oder
2. daß die Debatte bis zum Herbst zurückgestellt wird oder
3. daß die Debatte möglichst bald, vielleicht schon im Juni, beginnen soll. Ein solcher Beschluß ist aber höchst unwahrscheinlich.
Es wird mit harten Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern und den Gegnern der EVG gerechnet, wobei die Letzteren auf einen weiteren Aufschub von Frankreichs Stellungnahme hinarbeiten. Die katholischen Volksrepublikaner (MRP) als eifrigste Verfechter einer baldigen Ratifizierung würden wahrscheinlich bei den Sozialisten Unterstützung finden, die die französischen Ratifizierungsbedingungen für erfüllt halten, aber doch erst auf einem Sonderkongreß Ende Mai ihre Stellungnahme festlegen wollen.
Niemand kann allerdings an der Tatsache Vorbeigehen, daß Außenminister B i d a u 11 (MRP) für die Dauer der Genfer Indochina-Verhandlungen unabkömmlich ist. Außerdem rechnet man in Paris ziemlich allgemein mit einem Regierungswechsel nach der Genfer Konferenz.
man, daß die vietnamesischen Offiziere mit ihren Einheiten zur gegnerischen Seite übergehen könnten, falls es sich endgültig heraussteilen sollte, daß die Entwicklung zugunsten des Vietminh verläuft.
Erste Vorstöße
HANOI. Die Vietminh - Truppen haben in der Nacht zum Sonntag mit schweren Granatwerfern und Maschinengewehren den Beschuß des 48 km südlich von Hanoi liegenden Stützpunkts Phuly fortgesetzt, der das erste Ziel des erwarteten Großangriffs der Kommunisten auf das Delta des Roten Flusses zu sein scheint. Phuly liegt an der Straße, die von Hanoi zu den Reisanbau- und Textilherstellungsgebieten im Südosten des Deltas führt.
Vfß ausgeschieden
Der 1. FC Kaiserslautern (4:3 über Köln) und Hannover 96 (3:1 über VfB Stuttgart) _ haben sich gestern für das Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft qualifiziert. Besonders überraschend war dabei die eindeutige Niederlage des VfB gegen den Nordmeister.
Deutscher Turnersieg
Mit 342,40 ; 341,85 Punkten hat Deutschland gestern den Knnstturn- länderkampf gegen die Schweiz gewonnen. Bester Einzeltnrner war Weitmeister Stalder vor Adalbert Dickhut.
Erster Frischauf-Erfolg
Im ersten Spiel um die Deutsche Handballmeisterschaft kam Frischauf Göppingen über Rheinhausen zu einem 10:16 - Erfolg. Die beiden stärksten Gegner der Gruppe, Hasse- Winterbek und Harleshausen, trennten sich 12:12 unentschieden.
West-Süd-BIock: 211111110 2 2 2 (Ohne Gewähr)
Bemerkungen zum Tage
Eden kommt zu Hiite
sch. Gleichzeitig mit den Verhandlungen über den Waffenstillstand in Indochina ist nunmehr die angelsächsische Diplomatie in Aktion getreten, um die geschwächte Stellung Frankreichs zu stärken sowie die Bedingungen für einen Waffenstillstand abzuklären. Zur Stärkung Frankreichs dienen die französisch - amerikanischen Verhandlungen, die der französische Botschafter in Washington, Bonnet, auf Veranlassung Bidaults begonnen hat.
An der Weigerung der Vereinigten Staaten, sich aktiv am Krieg in Indochina zu beteiligen, zweifelt aber fast niemand mehr. Die amerikanischen Militärfachleute geben für dieses Nein allzu überzeugende Gründe. Sie weisen darauf hin, daß in Indochina amerikanische Divisionen festgelegt würden, ohne eine wirkliche Entscheidung erzwingen zu können. Schließlich bliebe ja China ständig als drohende Gefahr im Hintergrund ähnlich wie in Korea. Darüber ist sich heute auch Frankreich im klaren. Deswegen zielen die jetzigen Besprechungen auf eine Garantie von Hanoi sowie der indo- chinesischen Gebiete südlich des 20,Breitengrades ab.
Frankreich verlangt nicht mehr von seinen Partnern, als was es aus eigener Kraft mit befreundeter Unterstützung vielleicht noch halten kann, nämlich diese Gebiete südlich des 20. Breitengrades und die Stadt Hanoi am Delta des Roten Flusses. Bidault hofft, daß Dulles bereit sein könnte, diese Gebiete zu garantieren und damit zugleich eine klarere Demarkationslinie für einen Waffenstillstand zu schaffen.
Gleichzeitig setzt Eden seine Verhandlungen mit Nehru fort, dem er einen zweiten Brief geschrieben hat, um die indische Vermittlung in Indochina zu erwirken. Jetzt wird klar, was England von Indien wünscht. Zunächst eine Kommission, die als neutrale Instanz die Demarkationslinie für
.....
Der Abtransport der französischen Verwundeten aus der von den Kommunisten eroberten Festung Dien Bien Phu gestaltet sich äußerst schwierig, weil auf dem stark zerstörten Rollfeld bisher nur Hubschrauber landen können, die nur wenige Verwundete aufzunehmen in der Lage sind. Größere Hubschrauberverbände stehen den Franzosen nicht zur Verfügung. Bild: Keystone
den Waffenstülstand ausarbeiten soll. Im zweiten Stadium nach der Unterzeichnung des Waffenstillstands soll Indien dann Truppen nach Indochina senden, um diese ohne Zweifel unübersichtlichen und verwickelten Demarkationslinien zu überwachen. Im zweiten Stadium könnten sich die übrigen „Colombo-Mächte“, also Pakistan, Ceylon, Burma und Indonesien mit kleinen Kontingenten ebenfalls an dieser neutralen Kommission beteiligen.
Dieser Plan ist in greifbare Nähe gerückt, seitdem Molotow eine derartige Kontrolle des Waffenstillstands durch Neutrale zusagte.
Jedenfalls Ist das Konferenzbarometer in Genf etwas gestiegen ...
Gdingen an der Adria
rp. Durch Verhandlungen mit Jugoslawien sind die Amerikaner einer Lösung des Triestproblems nähergekommen, die im wesentlichen auf dem Verschwinden des Freistaates durch seine Aufteilung an Italien und Jugoslawien beruht, wobei die Stadt Triest an Italien fallen soll. In einem Interview mit der „New York Times" hat sich Marschall Tito mit einer Lösung einverstanden erklärt, vorausgesetzt, daß die Westmächte, und das heißt in erster Linie die Vereinigten Staaten, Jugoslawien helfen, einen anderen Hafen aufzubauen. Die drei Westmächte sollen sich nach Tito verpflichten, für die Aufgabe aller jugoslawischen Ansprüche auf Stadt und Hafen Triest, Jugoslawien einen anderen Hafen in Kopar — dem früheren Capo d’Istria — zu bauen, dazu eine Eisenbahn, die den neuen Hafen über Laibach (Ljubljana) mit dem jugoslawischen Eisenbahnnetz verbindet. Diese Vorschläge sind dazu angetan, einige historische Erinnerungen zu wecken. Als nach dem ersten Weltkrieg der Freistaat Danzig geschaffen wurde, der auch nicht aus viel mehr als aus einer großen Hafenstadt bestand, deren Hinterland zum größten Teil fremdes Staatsgebiet bildete, genügten den Polen die ihnen in Danzig zugesicherten Rechte nicht und sie bauten das daneben liegende Fischerdorf Gdingen unter großen finanziellen Opfern zu einem modernen Hafen aus. Um wieviel mehr Energie werden die Jugoslawen daran wenden, Kopar zu einem großen Hafen zu machen. w%nn sie — nach den geschilderten Plänen — in Triest nicht einmal die Rechte haben werden, die die Polen in Danzig hatten! Sehr schnell wird ein zweites Gdingen, diesmal an der Adria, der italienischen Stadt Triest, die kein italienisches Hinterland hat, das wirtschaftliche Todesurteil sprechen. Es ist deshalb fraglich, ob die vorgeschlagene Lösung der Triestfrage in Italien und vor allem bei den Italienern in Triest selbst hingenommen werden wird
Unbeständig
Bericht des Wetreramtes Stuttgart
Im Süden des Landes anfangs zum Teil noch föhnig anfgeheitert, sonst allgemein teils leichter, teils stärker bewölkt und später auch wieder etwas Regen. Kein Nachtfrost Hefst- temperaturen zwischen fünf und zehn Grad, Tageshöchsttemperataren um 19—22 Grad. Schwache bis mäßige, in der Richtung wechselnde Winde.