FREITAG. 14. MAI 1954
Wer den Wunsch hat Soldat zu werden ...
Der Fragebogen des Amtes Blank / Nur die „Parteizugehörigkeit“ fehlt
Mehrheit ist friedlich
HAMBURG. Die überwältigende Mehrheit aller Deutschen glaubt fest an eia friedliches und demokratisches Deutschland und will die Zusammenarbeit mit den freien Völkern aus aufrichtiger Überzeugung pflegen, sagte der amerikanische Hohe Kommissar Botschafter Dr. James B. C o- n a n t am Donnerstag in Hamburg vor Mitgliedern der Amerika-Gesellschaft.
„Kein Machtstreben“
th. STUTTGART. Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Dr. Hermann, setzte sich auf einer Veranstaltung der Jungen Union Stuttgarts für ein harmonisches Zusammenwirken von Staat und Kirche zum Wohl der Menschen ein. Obgleich die Landesverfassung an vielen Stellen ein Bekenntnis zum Christentum enthalte, seien wir von einem christlichen Staat, der die Gesetze der christlichen Ethik zu seiner Grundlage mache, weit entfernt. Zur Frage des Klerikalismus sagte Dr. Hermann, daß es auch unter den Geistlichen Vertreter gäbe, die versuchten, die ihnen vom Kirchlichen her verliehene Macht auszunütajen. Das sei aber menschlich und komme auch in anderen Berufen vor. Im allgemeinen sei es so, daß der Klerus heute nicht nach Machtstellung strebe, weil er an seiner seelsorgerischen Aufgabe genug zu tragen habe.
STUTTGART. In einer vom Verwal- tungsausschuß des Landtags veranstalteten öffentlichen Informationssitzung wurde den Vertretern der Kommunalen Verbände am Donnerstag Gelegenheit gegeben, sich zu dem Entwurf für den inneren Finanzausgleich zwischen Staat und Gemeinden und der Gemeinden untereinander zu äußern.
Mit Ausnahme des Vertreters des Württembergischen Gemeindetags, Direktor Öchsle, stimmten die übrigen Vertreter der Kommunalen Verbände lm Ergebnis der vorgesehenen Neuordnung zu. Daraufhin hat der Verwaltungsausschuß in einer internen Sitzung gegen wenige Gegenstimmen beschlossen, die Beratung des Entwurfs festzusetzen. Er beschloß ferner, das Gesetz rückwirkend vom 1. 4. 1954 an ln Kraft treten zu lassen.
Die von Direktor Öchsle geltend gemachten Bedenken des Württembergischen Gemeindetags richteten sich vor allem gegen eine finanzielle „Gleichschaltung“ der Gemeinden des Landes lm Rahmen des vorgesehenen Finanzausgleichs. Der gesetzliche Aufgabenkreis der Gemeinden sei in den einzelnen Regierungsbezirken sehr verschieden, infolgedessen müsse zunächst nach einer Ubergangslösung gesucht werden. In diesem Falle wäre der Würt- tembergische Gemeindetag zu Zugeständnissen bereit.
Öchsle lehnte vor allem die rückwirkende Inkraftsetzung des Gesetzes ab.
NP. BONN. Die fünf Blätter Din A 4, die dieser Tage an rund 140 000 Deutsche vom Amt Blank verschickt worden sind, Armieren nicht als „Fragebogen“, sondern als „Bewerbungsbogen“ für „Personen, die sich freiwillig für eine Verwendung als Soldat (militärisches Personal) in den deutschen Streitkräften der EVG bewerben“. Wer den Wunsch hat, wieder Soldat zu werden, und irgendwann einmal in der Bonner Ermekeilkaserne schriftlich angefragt hat, wurde säuberlich registriert.
Früher hieß es: Reichen Sie ein Gesuch ein und fügen Sie handgeschriebenen Lebenslauf und die beglaubigten Abschriften Ihrer Geburts- und sonstigen Urkunden bei. Heute entfällt der Lebenslauf alter Form ganz, während „die Angaben zur Person, zur Vorbildung und zur militärischen Laufbahn bei der späteren persönlichen Vorstellung durch Urkunden oder Bescheinigungen zu belegen sind". Der Fragebogen, in der Aufmachung bereits auf ein spezifisches Karteisystem abgestimmt und bereit, sich von Hollerithmaschinen kreuz und quer ausbeuten zu lassen, will „zur Person“ auch wissen, welche finanziellen Verpflichtungen der Bewerber eingegangen ist. „Auf die spätere Abgabe
Da viele Gemeinden Ihre Haushaltspläne schon fertiggestellt hätten, würde eine solche Maßnahme ein unheilvolles Durcheinander in den gemeindlichen Finanzplänen zur Folge haben.
Finanzminister Dr. Frank entgeg- nete, die Probleme würden nicht einfacher sein, wenn die Entscheidung wiederum hinausgezögert werde. Der gegenwärtige Status sei aber unhaltbar.
Flugzeug-Ehrengeleit für Elizabeth. Ein Geschwader der britischen Luftstreitkräfte flog am Donnerstag von Großbritannien der königlichen Jacht „Britannia“ entgegen, auf der Königin Elizabeth und der Herzog von Edinburgh die letzte Etappe ihrer Heimreise von Gibraltar zurücklegen.
USA bauen 60-Tonnen-Panzer. Ein neuer, schwerer amerikanischer Panzer ist zum erstenmal der Öffentlichkeit vorgeführt worden. Der neue Panzer, der T-43,. ist mit 60 Tonnen der größte, der bisher in den USA gebaut wurde.
97 Bergtote in einem Jahr. Die bayerischen Berge haben vom 1. April 1953 bis zum 31. März 1954 insgesamt 97 Todesopfer gefordert, gegenüber 50 im Jahr zuvor.
Himalaja-Expedition in Karatschi. Die österreichisch-deutsche Himalaja- Expedition unter Führung von Mathias Rebitsch ist an Bord der „Victoria“ in Karatschi eingetroffen. Bei einem Emp-
einer verbindlichen Schuldenerklärung bei Beginn des Dienstes wird hingewiesen“. Diese Frage hat ihre Gründe, vielleicht auch die nach den Angehörigen im Ausland, in der sowjetisch besetzten Zone und in den benachbarten Ostgebieten. Sind die Antworten nachprüfbar? Müssen die unter Ziffer 13 geforderten Referenzen wirklich „möglichst“ von „Amtspersonen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens“ geliefert werden? Und warum wird bereits auf diesem doch unverbindlichen Bewerbungsbogen nach dem Bekenntnis gefragt? Nach dem Grundgesetz ist kein Staatsbürger verpflichtet, derartige Fragen zu beantworten. Aber wer ist schon so rechtskundig?
Die Zahlengruppen und Buchstaben vor, neben, über, hinter oder unter den Rubriken bilden sicher den Schlüssel zu dem Werbesystem, das jeden Aspiranten in eine Kategorie einpaßt, so daß später z. B. alle Funkmaate mit Spezialerfahrung im Dezimalverkehr, nicht älter als 33 Jahre, unbescholten, des Englischen mächtig und k. v., mit einem Griff zur Hand sein können. Die Zweckmäßigkeit dieser Methode, jeden Mann an den rechten Platz zur möglichst wirkungsvollen Verteidigung des europäischen Vaterlandes zu dirigieren, hat uns Amerika gelehrt. Der Lebenslauf vergangener Epochen hatte unglücklich weite Maschen, so daß ein Versicherungsmathematiker mit viel größerer Wahrscheinlichkeit durchrutschte und sich dann als Schütze III am M. G. in der Ukraine wiederfand, während man ihn notwendig als Entzifferer feindlicher Funksprüche anderswo gebraucht hätte. Oder verbirgt sich hinter dem Zahlenmosaik auch eine Wertskala, die womöglich dem unverheirateten Zwanzigjährigen eine größere militärische Brauchbarkeit attestiert als dem versorgungsberechtigten ehema- I ligen Feldwebel mit drei Kindern?
Kleine Weltchronik
fang der pakistanisch-deutschen Kultur-Gesellschaft wurden die sieben Bergsteiger und sechs Wissenschaftler herzlich begrüßt.
Für Atomkanonen requiriert. Zur Anlage eines sechsten Übungsplatzes für amerikanische Atomkanonen in Rheinland-Pfalz sollen nach Angaben des Landratsamtes Kaiserslautern 32 Hektar Ackerland einer Gemeinde bei Landstuhl requiriert werden.
Großbritannien senkt Diskontsatz. Die Bank von England hat am Donnerstag den Diskontsatz von 3'f* Prozent auf 3 Prozent gesenkt, um die notwendigen großen Investitionen der britischen Industrie zu erleichtern.
Urteil gegen Mossadeq bestätigt. Das persische Armee-Berufungsgericht hat die Berufungsklage des ehemaligen
Interessanterweise wird „zur Vorbildung“ u. a. nicht nach der Parteizugehörigkeit gefragt. Es heißt nur: frühere oder jetzige Zugehörigkeit zu Vereinen, Organisationen (ohne Parteien). In der Spalte sollen „alle Gesellschaften, Verbindungen, Institute, Vereine, Klubs oder andere Organisationen politischer, bc.uflieber, sportlicher oder kultureller Art“ aufgeführt werden. Unter die Vorbildung fallen nicht nur Sch ’.- und Berufsausbildung, sondern auch sogenannte „Befähigungsnachweise“, vom Kraftfahrlehrschein über Funkpatente bis zur Reit- und Fahrlehrerprüfung, außerdem „lückenlose“ Angaben über die ausgeübten Zivilberufe.
v. U. ROM. Mit der heute gültigen Parteienkonstellation ist selbst jene schwache Mehrheit nicht zufrieden, welche sie bildet: Nämlich die Regierungsfront aus Christlich-Demokraten, Liberalen und Sozialisten, mit grundsätzlicher Unterstützung noch verbliebener „historischer“ Republikaner und den übrigen Südtiroler Abgeordneten. Dabei spielt nicht nur Unbehagen mit, bei geringstem Anzeichen von Untreue in den eigenen Reihen durch eine massive Opposition überstimmt werden zu können (was bereits geschah), sondern es offenbaren sich auch Bedenken prinzipieller Natur.
Als prononcierter Vertreter eines gemäßigten Rechtskurses muß innerhalb des Partito Democristiano heute wie gestern der kluge Giuseppe P e 11 a gelten. Ihm hat sich de Gasperis langjähriger Staatssekretär Andre- o 11 i zugesellt, der unter der kurzlebigen Herrschaft Fanfanis Innenminister war, und dem S c e 1 b a eine Art „Vergnügungsministerium“ — vergeblich — offerierte. Diesen Männern und ihrem Freundeskreis leuchtet die Part
persischen Ministerpräsidenten Mossadeq abgewiesen und das im vergangenen Dezember wegen Hochverrats gegen Mossadeq ausgesprochene Urteil von drei Jahren Einzelhaft bestätigt.
Pins XII. arbeitet wie früher. Papst Pius XII. bat wieder seine volle Tätigkeit aufgenommen. Wie im Vatikan verlautete, hat er sich damit allerdings etwas über die Ratschläge seiner Ärzte hinweggesetzt. Nur die täglichen Audienzen finden noch nicht wieder statt.
Zum Schutz von Kulturgütern. Auf der Haager Konferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ist eine Konvention zum Schutze von Kulturgütern im Kriege einstimmig angenommen worden.
Dänemark will Visumzwang auf- heben. Dänemark wird voraussichtlich vom 1. Juni an den Visumzwang für Deutsche aus der Bundesrepublik auf- heben.
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Vor einer großen Prüfung
Zu der kritischen Lage in Frankreich schreibt die „New York H er ald Tribüne“:
„Nur großer Mut und allerklarsies Denken kann jetzt die Franzosen davor bewahren, in eine Krise abzugleiten und ehrlos unterzugehen. Der Preis für die Kapitulation ist in Genf genannt worden: Der Außenminister des Vietminh hat Bedingungen gestellt die praktisch die Machtübernahme des Kommunismus in ganz Indochina bedeuten. Der kommunistische Vorschlag ist mit einem vortrefflichen Köder versehen: Der Austausch der Gefangenen und eine unverbindliche Zusage, Man wolle darüber beraten, ob Indochina weiter Mitglied der Französischen Union bleiben kann. Frankreich sieht sich jetzt einer der größten Prüfungen seiner Geschichte gegenüber.“
nerschaft mit den Sozialdemokraten nicht ein. Die „sozialistischen Bindungen“ zwischen S a r a g a t und Nennt — kombin.eren sie — bildeten eine ständige Gefahr für eine von Ersterem und seiner Partei abhängige Koalition und deren Regierung. Sie wollen ein satteifestes Kabinett des Bürgertum« unter Einschluß der Monarchisten, evtl sogar der Neofaschisten.
Diese Rechnung ginge auf, wenn di« nach rechts tendierenden Kräfte innerhalb der Christlich-Demokraten di« ganze Partei mit sich zu reißen vermöchten. Das wäre aber nur für den unwahrscheinlichen Fall möglich, daß die Regierungssozialisten hinter dem Rüchen ihrer Koalitionsgenossen mit Nenni zu „packeln“ begännen. Nach Lage der Dinge werden also die internen Auseinandersetzungen in der christlich-demokratischen Partei andauern.
Dazu trägt bei, daß seit einiger Zelt Gerüchte im Umlauf sind, Pietro Nenni bereite seine Wandlung von einem Saulus zum Paulus vor. Bei hinreichenden Garantien sozialer Art werde er dem EVG-Vertrag die Zustimmung seiner Fraktion verschaffen und selbst in di« Regierung eintreten. — Aber während die Regierungsbereitschaft der Monarchisten notorisch ist (wobei sie keinerlei Preis fordern), kann das Hoffen und Harren auf eine Sinnesänderung de« Führers der Linkssozialisten eventuell nur ein frommer Wunschtraum bleiben.
„Kirchentaii — keine Parade“
BERLIN. Mit „großer Entschiedenheit“ spricht sich Kirchentagspräsident Dr. Reinold von Thadden-Trieg- 1 a f f in der Kirchenzeitschrift „Berliner Sonntagsblatt“ gegen jede möglich« Mißdeutung des bevorstehenden Evangelischen Kirchentages in Leipzig aus. „Wir wollen unter keinen Umständen eine sogenannte .machtvolle Demonstration 1 , weder im politischen, noch im kirchlichen Sinn“. Es sei auch kein« „Paradevorführung eines blühenden Gemeindelebens“, das weder im Osten noch im Westen existiere, beabsichtigt.
Neuordnung des Finanzausgleichs
Der Gemeindetag hat Bedenken wegen der Rückwirkung Von unserer Stuttgarter Redaktion
Parteipolitische Neugi uppierung ?
Italiens Christliche Demokraten zwischen links und rechts
Copyright by Dr. Paul Herzog, Tübingen — Durch Verlag V. Graberg & Görg, Wiesbaden. Berechtigte Übertragung: H. Passow-Kemen
ROMAN VON MARY BURCHEU
(20. Fortsetzung)
„Ja“, sagte Thea gefügig zu der zierlichen, hübschen Schwester, die wie durch ein Wunder auf einmal vor dem Bett stand. Bald darauf erhielt sie etwas zum Trinken, und dann schlief si ein Diesmal war es ein wirklicher normaler Schlaf, nicht die beklemmende Bewußtlosigkeit von vorhin.
Morgenlicht lag im Zimmer, als sie aufwachte, doch es war nicht besonders hell, und nachdem sie eine Weile still gelegen hatte, unterschied sie ein sanftes Rauschen, das vom geöffneten Fensterspalt herkam. Ein dünn- fädiger Regen mußte draußen niedergehen. Immer deutlicher nahm sie auch andere Sinneseindrücke auf, und plötzlich kehrte die vollständige Erinnerung an das wieder, was geschehen war, insbesondere an den Augenblick unmittelbar vor dem Zusammenstoß. Sogleich stieg aber eine schreckliche Angst um Lindsay Varlon in ihr auf.
Sie selbst war augenscheinlich mit nicht allzu schweren Verletzungen davongekommen — wenn sie sich auf ihr Gefühl verlassen durfte —, und man hatte sie in ein Spital gebracht. Was aber war ihm zuge- stoßen? Sie hob den Kopf aus dem Kissen — was mit mehr Anstrengung verbunden war, als sie gemeint hatte — und ließ den Blick herumwandern auf der Suche nach einer Glocke Sie fand eine neben sich auf dem Tischchen. Es war eine blanke, kleine Messingglocke. Und als sie die Hand danach ausstreckte, spürte sie auf einmal deutlich Ihre andere Hand — die linke. Diese lag neben ihr auf der Bettdecke, ganz schwer und
bewegungslos und dick mit Gaze umwickelt. Beinahe, wie wenn die Hand nicht mehr zu ihr gehörte, dachte sie.
Sie betrachtete sie mit ängstlicher Verwunderung und einem gewissen Widerwillen, doch weil die Angst um Lindsay in ihrem Denken immer noch die Oberhand hatte, griff sie entschieden nach der Glocke und läutete so kräftig sie konnte. Als die Schwester erschien, fragte sie bloß: „Wo Ist Mr. Varlon?“
„Er kommt lm Laufe des Vormittags zurück, um nach Ihnen zu sehen“, verhieß Ihr die Schwester. „Wie fühlen Sie sich?“
In der ungeheuren Erleichterung darüber, daß er noch imstande war, irgendwohin .zurückzukommen 1 , vergaß sie eine Weile alles andere, so daß die Schwester ihre Frage wiederholen mußte.
„Ach, danke, ich fühle mich ganz wohl“, sagte sie dann. „Mir kommt es nicht vor, als oh ich schwerkrank wäre. Ich bin doch nicht krank, oder?“
Die Schwester lachte und erwiderte: „Nein, nein.“ Aber mit solcher Munterkeit, daß man doch den Eindruck hatte, dies sei ihre übliche Antwort auf solche Fragen, auch wenn sie nicht durchaus mit der Wahrheit übereinstimmte.
„Ist Mr. Varlon verletzt?“
„Nichts von Bedeutung. Nur Schürfungen und ein paar leichte Schnittwunden. Wir konnten ihn bald wieder entlassen. Zuerst dachten wir, er hätte den Arm gebrochen- — den, welchen er Ihnen vors Gesicht hielt —, aber er war nur ein bißchen gequetscht und geschwollen von dem starken Stoß. Sie haben beide wirklich Glück gehabt und können ganz ohne Sorgen sein.“
„Habe ich keine Kratzer im Gesicht?“ Sie ließ die Hand prüfend über Wangen, Nase und Stirn fahren, spürte aber erst oben am Kopf einen Verband.
„Nein, Ihre Schönheit hat .licht Schaden gelitten“, .neinte die Schwester lächelnd.
„Am Kopf habe ich einen Verband.“
„Ja. Sie haben scheints einen Schlag bekommen, der Sie ängere Zelt bewußtlos
machte. Jetzt ist aber alles wieder auf guten Wegen.“
Was sie da erfuhr, tönte merkwürdig beruhigend, dachte Thea. Dann schaute sie wieder auf die linke Hand. „Wie stehts mit — dieser Hand da?“ Von neuem hatte sie das Gefühl, die Hand gehöre nicht mehr zu ihr, besonders darum, weil keine Reaktion erfolgte, wenn sie sie zu heben versuchte.
„Die linke Hand? Ah, die muß noch ein Weilchen eingegipst bleiben“, meinte die Schwester so leichthin, als hätten die meisten Leute die eine oder andere Hand eingegipst. „Jetzt haben Sie aber genug geredet. Ich bringe Ihnen gleich etwas zum Frühstück, und nachher werden Sie wohl wieder schlafen wollen.“
Nach dem Frühstück lag sie behaglich da und döste ein wenig vor sich hin; dazwischen lauschte sie auf die entfernten Geräusche des Spitals, die trotz der gepolsterten Türen zu ihr hereindrangen, und dachte an nichs Besonderes. Von Zeit zu Zeit bohrte ein dumpfer Schmerz in ihrer linken Hand und im Vorderarm, aber nicht so stark, daß ihre Ruhe dadurch dauernd gestört worden wäre.
Als sich die Tür öffnete, blickte sie dem Eintretenden gespannt entgegen, in der Hoffnung, es wäre Lindsay, doch es war nur ein etwas betont selbstsicherer, dabei aber freundlicher junger Mann, in welchem sie den Spitalchirurgen vermutete, begleitet von der Schwester. Er stellte derselben ein paar Fragen, als läge Thea selbst immer noch bewußtlos und könne über sich keine Auskunft geben; dann, im Gehen, lächelte er ihr noch zu und sagte: „Es geht Ihnen jetzt besser, nicht wahr?“ Dies tönte eher wie eine Feststellung als wie eine Frage, und bei Thea verstärkte sich der Eindruck, diese Leute wüßten mehr über sie, als sie selbst. Sie antwortete: „Ja, danke. Ich fühle mich schon fast wieder gesund.“
„Soso?“ lachte er. „Nach Hause lasse ich Sie zwar noch nicht so schnell. Aber ich sehe, es geht mit Ihnen rasch vorwärts.“ Damit ging er zur Türe hinaus und überließ sie ziemlich erregenden Gedankengängen. Bei seiner Bemerkung, sie dürfe noch nicht so schnell nach Hause, hatte sie sich plötzlich vorgestellt, wie
sie nach Hause ginge — zu Geraldine, an di* sie bis zu diesem Augenblick nicht gedacht hatte. Geraldine, die jetzt sicher wußte, daß sie mit Lindsay ausgefahren war und, noch schlimmer, daß sie dies vor ihr verheimlicht hatte.
Später war sie soweit beruhigt, daß sie sich versöhnlicheUnterredungen mit Geraldine ausdachte, als die Türe von neuem aufging und die Schwester mit noch bezaubernderem Lächeln als vorher Lindsay Varlon hereinkomplimentierte.
„Oh, Mr. Varlon!“ Thea stieß einen schweren Seufzer der Erleichterung aus, und wäre ihr« linke Hand nicht so völlig blockiert gewesen, so hätte sie ihm wohl beide Arme entgegengestreckt. Er kam ohne ein Wort zu sagen durchs Zimmer auf sie zu und schloß sie geradezu in die Arme, so daß es genau so war, als hätte sie ihm wirklich die eigenen Arm« entgegengestreckt. Er sah jetzt tatsächlich alt aus, wie er war, und wirkte auch sonst seltsam grau und kummervoll, dachte sie, und er achtete kaum darauf, als die Schwester mit schelmischer Miene mahnte: „Nicht zu viel reden, wenn ich bitten darf, und länger als eine halb« Stunde kann ich Ihnen nicht erlauben.“
„Sie dürfen bleiben, so lange Sie wollen“, flüsterte Thea trotzig. „Die hat doch kein« Ahnung, was mir gut tut.“
Und da lächelte er zum ersten Mal, und unversehens küßte er sie auf die Wange und fragte: „Wie geht es Ihnen jetzt, Kind?“
„Ach, schon fast gut. Sie brauchen nicht so besorgt dreinzuschauen. Oder ist es noch von dem Schrecken, daß Sie so schrecklich ernst und — und verstört dreinsehen?“
„Nein, nein, der Schrecken ist schon überstanden. Ich bin bloß so schrecklich froh, dan Sie wieder bei Bewußtsein sind und reden wi« sonst“
„Vielleicht wirklich nicht. Aber erst als wir Sie ins Spital gebracht hatten, war ich sicher, daß ich Sie nicht zu Tode gefahren hatte“, sagte er, und etwas von der Qual der ersten fürchterlichen Spannung malte sich dabei in seinen Zügen. (Fortsetzung folgt)
Ziehung 1. Klasse der
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IOII BEI ALLEN STAATL. LOTTERIE - EINNAHMEN