Verlagsort Calw HEIMATBLATT
FÜR STADT UND LAND
CALWER ZEITUNG
FREITAG, 14. MAI 1954
AMTSBLATT FÜR DEN KREIS CALW
Gegründet 1826 / Nr. 111
Korea-Debatte versackt
Der Westen macht in Gent sein letztes Angebot / Abreisepläne der Außenminister
GENF. Anf der Genier AnBenministerkonferenz haben der französische Außenminister B i d a u 11 nnd sein britischer Kollege Eden am Donnerstag die Grundsätze ihrer Länder für eine Wiedervereinigung Koreas in Freiheit aufgestellt, ohne die eine Regelung des Koreaproblems nicht möglich sei Hauptpunkt dieser Grundsätze ist die Abhaltung freier Wahlen unter der Aufsicht der Vereinten Nationen, die von den kommunistischen Delegierten jedoch bereits abgeiehnt wurde.
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Nach der Einnahme von Dien Bien Phu nimmt die rote Koalition in Gen/ i* der Indochina-Frage eine immer schärfere Sprache an. Unser Schaubild verdeutlicht die tatsächliche Stellung der Vietminhs in Indochina, die bereits strategisch und wirtschaftlich wichtige Teile des Landes in Besitz haben und ständig im weiteren Vormarsch begriffen sind.
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Bemerkungen zum Tage
Bidault, der in der Koreadebatte der Konferenz zum ersten Male das Wort ergriff, betonte, jeder Plan für die Wiedervereinigung des Landes müsse die Garantie enthalten, daß die beiden Teile Koreas in allen zu bildenden gemeinsamen Organen proportional zu ihrer Bevölkerungsstärke vertreten seien. Es sei ferner erforderlich, daß bei jeder Wahl die Freiheit der Stimmabgabe gesichert sei und neutrale Beobachter mit ausreichenden Machtbefugnissen zur Kontrolle der Wahlen ausgestattet würden.
PARIS. Ministerpräsident L a - niel hat am Donnerstagnachmittag vor der Abstimmung über die von ihm gestellte Vertrauensfrage erklärt, mit dem Fall von Dien Bien Phu habe die zweite Phase des Krieges in Indochina begonnen.
In der Nationalversammlung herrschte am Donnerstagnachmittag bei Beginn der Sitzung immer noch eine recht feindliche Stimmung gegenüber dem Ministerpräsidenten und seinem Kabinett. Trotzdem wird allgemein erwartet, daß sich wiederum die Mehrheit der Abgeordneten dafür entscheidet, der Forderung des Ministerpräsidenten auf eine Verschiebung der geforderten Indochinadebatte zu entsprechen, statt während der Genfer Konferenz die Regierung zu stürzen und damit möglicherweise die Auflösung der Nationalversammlung und die Ausschrei-
Die Fünfmächte-Abrüstungskonferenz, an der Vertreter der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Kanadas und der Sowjetunion teilnehmen, hat in London begonnen.
Einen Antrag, die diplomatischen Beziehungen der USA mit der Sowjetunion und den anderen kommunistischen Staaten abzubrechen, haben zwei Senatoren im amerikanischen Kongreß eingebracht.
Churchill hat dem britischen Unterhaus zugesichert, am Montag eine Erklärung über die alliierten Bestrebungen zum Abschluß eines südostasiatischen Sicherheitspaktes abzugeben. Gleichzeitig erklärte er, die Regierung behalte sich das Recht vor, Vorschläge anzunehmen, ohne zuvor das Parlament zu Rate zu ziehen.
Bundeskanzler Adenauer wird Anfang nächster Woche nach Straßburg fahren, um als diesjähriger Vorsitzender des Ministerausschusses des Europarates den Jahresbericht vorzutragen.
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An der Wiege Europas
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Außenminister Eden, der nach Bidault sprach, legte der Konferenz fünf Grundsätze für die Regelung der Koreafrage vor. „Wenn wir uns über diese fünf Grundsätze einigen, dann kann die Konferenz zu der praktischen Arbeit übergehen und die einzelnen Bestimmungen und Maßnahmen ausarbeiten.“
Edens fünf Punkte sind:
L Wahlen zur Bildung einer gesamtkoreanischen Regierung.
2. Diese Wahlen sollen den wahren Volkswillen widerspiegeln und die
bung von Neuwahlen heraufzubeschwören.
Laniel betonte, daß Frankreich den Krieg in Indochina zu einem Ende bringen wolle und in Genf auf dieses Ziel hinarbeite. Solange die Verhandlungen noch im Gang seien, gebe es keinen Grund, die Hoffnung sinken zu lassen.
BONN. Die Grundzüge seines Entwurfes für das Rentenanpassungsgesetz will Arbeitsminister Storch bereits am 21 Mai in seiner Beantwortung der großen SPD-Anfrage über die Sozialreform bekannt geben. Rund sechs Millionen Leistungen der Angestellten-, Invaliden- und Knappschaftsversicherungen werden von diesem Gesetz betroffen. Das Gesetz, das eine möglichst einfache Durchführung seiner Bestimmungen erlauben soll, kann nach Auffassung der zuständigen Bundesressorts nur gleichzeitig mit der Steuerreform, also wahrscheinlich erst am 1. Januar 1955 in Kraft treten.
Die Beratungen über die Sozialreform, von denen 36 Millionen Sozial-
BONN. CDU, SPD und FDP wollen in der ersten Lesung der Gesetzentwürfe über die Steuer- und Finanzreform am 20. Mai im Bundestag wesentliche Abänderungswünsche zu Scbäffers Entwürfen anmelden. Die von Schaffer vorgesehenen Tarife, die Frage einer Erhöhung der Umsatzsteuer für den Großhandel, die vorgesehene Ergänzungsabgabe zur Einkommens- und Körperschaftssteuer und die von Schaffer inzwischen vorbereitete Erhöhung des Notopfers Berlin um 10 Prozent werden im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen über die Steuergesetze stehen.
Hinsichtlich des Termins des Inkrafttretens der Reform wird in parlamentarischen Kreisen nicht mehr mit dem 1 Oktober, sondern mit dem I. Januar 1955 gerechnet. Die CDU und die SPD wollen sich im Bundestag vor allem für eine Senkung der Tarife bei den kleinen und mittleren Einkommen einsetzen. Die Erhöhung der Umsatzsteuer für denGroßhandel von 1 auf 1,5 Prozent wird von der Mehrheit in allen Fraktionen des Bundestages mit der Begründung abgelehnt, daß diese Erhöhung letztlich auf den Verbraucher abgewälzt würde.
Gegen den Fortfall der Paragraphen 7c und 7d werden sich voraussichtlich nur die Sozialdemokraten und diese nur gegenüber dem Ar-
Bevölkerungsdichte in Nord und Süd berücksichtigen.
3. Die Wahlen sollen frei und geheim sein. Alle Erwachsenen dürfen ihre Stimme abgeben.
4 . Die Wahlen sollen international überwacht werden, nach Ansicht der Westmächte durch die Vereinten Nationen.
5. Jeder Koreaplan muß die Bedingungen schaffen, die einen Abzug der ausländischen Truppen ermöglichen. Die Aufgabe der UN-Streit- kräfte besteht darin, Frieden und Sicherheit in Korea herzustellen. Sobald dies erreicht ist. werden sie zurückgezogen.
Der von Nordkorea unterbreitete Koreaplan unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von den Plänen Bidaults und Edens. Er fordert Wahlen ohne „ausländische Einmischung“ und den Abzug aller Truppen noch vor den Wahlen.
Es ist nicht bekannt, ob sich die Delegierten bereits auf ein Datum für den Abbruch der Besprechungen festgelegt haben. Sie sollen jedoch den Plan, noch weitere Vorschläge für die Wiedervereinigung Koreas vorzulegen, aufgegeben haben, da sie der Ansicht sind, der sowjetische Widerstand gegen jede Überwachung der koreanischen Wahlen durch die Vereinten Nationen lasse einen neuen Vorschlag sinnlos erscheinen. Wie verlautet, beabsichtigen einige der Außenminister, rasch abzureisen.
versicherte, die in 2200 Institutionen der Sozialversicherung zusammengefaßt sind, betroffen werden, werden nach Auffassung parlamentarischer Kreise erst Ende des Jahres in das entscheidende Stadium treten können. Nach Auffassung des Arbeitsministeriums soll sich diese Reform nicht nur auf die Sozialversicherung beschränken, sondern die Bereiche der Kriegsopferversorgung und der öffentlichen Fürsorge einbeziehen. Das Arbeitsministerium hat in den bisherigen Besprechungen mit den anderen Ressorts an der Auffassung Minister Storchs festgehalten, daß die Einführung eines auch von Schäffer befürworteten Bedürftigkeitsprinzips nicht möglich sei.
Die Katze aus dem Sack
hr. Auf der Generalversammlung des Internationalen Presseinstituts, die zur Zeit in Wien stattfindet, hat der frühere französische Staatspräsident Auriol die französische Haltung zu Deutschland in einer Weise gekennzeichnet, die für uns sehr aufschlußreich ist. Wir können ihm dafür nur dankbar sein. Auriol begründete, warum sich die Mehrzahl des französischen Volkes gegen die Europäische Verteidigungsgemeinschaft unter Einschluß Westdeutschlands sträubt, mit einer Offenheit, die man sonst an Politikern nicht gewöhnt ist. Solange Deutschland geteilt sei, aber gleichzeitig an dem Anspruch auf Wiedervereinigung festhaite, können ihm, erklärte der frühere Staatspräsident, von Frankreih keine Divisionen zugestanden werden. Die Kriegsgefahr sei in diesem Falle zu groß. Sei aber, so meinte er dem Sinne nach, Deutschland wie- dervereinigt, so dürfe es, zumindest im Rahmen der Europäischen Vertei- digungsgemeinshaft, deshalb nicht wiederbewaffnet werden, weil dann dieses Deutschland infolge seines natürlichen Übergewichts über Frankreih zu einer Führungsrolle in Europa kommen müßte, bzw. zum Schiedsrichter zwishen Ost und West werde. Also, folgert Auriol. darf Frankreih der EVG erst dann zustimmen, wenn die Frage der deutschen Einheit geregelt ist. Wie geregelt, darüber
schweigt der Franzose. Aber aus seinen Folgerungen ergibt sich klar, was in Wirklihkeit gesagt werden soll. Nämlich: Eine Verteidigungsgemein- shaft mit Westdeutschland ist für Frankreih erst dann akzeptabel, wenn vorher sichergestellt wird, daß die Wiedervereinigung Westdeutschlands mit Mitteldeutschland ein für allemal ausgeschlossen ist. Direkter ist diese, die letzte der französishen Vorbedingungen für die Ratifizierung der EVG. bisher noch nie ausgesprochen worden.
Dementitis
ho. Botschafter Herbert Blankenhorn, der Chef der Politishen Abteilung des Bonner Auswärtigen Amtes, ist kürzlich in Genf gewesen. Er hat sih von befreundeten Diplomaten über den Stand der Genfer Verhandlungen unterrichten lassen und die deutsche Auffassung zu vershiedenen politishen Problemen erläutert. Das ist niht nur das gute Reht, sondern sogar die Pflicht des Botschafters Blankenhorn und kein Mensh dürfte etwas an einer solchen Reise auszusetzen haben.
Wohl aber muß in diesem Zusammenhang einmal gesagt werden, daß an einer gewissen Praxis, die sih immer stärker in Bonn breit mäht, eine ganze Menge auszusetzen ist Im Falle der Blankenhom’shen Genf-Reise war es z. B. so, daß sie selbstverständlich niht geheim bleiben konnte — dazu steht Blankenhorn viel zu sehr im Blickpunkt des Interesses der Diplomaten und Journalisten. Statt sih aber nun im Bonner Auswärtigen Amt in diskretes Shweigen zu hüllen, wurde kategorish dementiert, daß Blankenhorn nah Genf fahren würde. Vielmehr hieß es, er werde lediglih am Genfer See, in Montreux, an einer Tagung der Nouvelles Equipes Internationales teilnehmen.
Es war aber doch geplant und zwar sehr gründlich und von vorneherein und niht etwa durch, einen Zufall entstanden. Warum also, so muß man sih wirklich fragen, das höhst überflüssige Bonner Dementi? Gewiß hat sih besonders in den letzten Jahren gezeigt, daß es für manche Sparte der Hohen Politik besser ist, wenn sie sih etwas mehr hinter den Kulissen und niht im Blickfeld der Öffentlichkeit abspielt. Es wird sih deshalb auh manchmal ein Dementi, wo es eigentlih nichts zu dementieren gibt, nicht vermeiden lassen. Was aber soll die Praxis der dauernden Dementis bei politishen Handlungen, die totsiher doh an das Licht der Öffentlichkeit kommen und bei denen es übrigens auh gar nihts zu verheimlichen gibt? Unter Diplomaten und Journalisten in Bonn ist es bereits ein feststehender Slogan geworden, eine amtlich dementierte Nahriht als unbedingt richtig und zuverlässig zu bezeichnen Muß das wirklih so sein?
Schön
Bericht des Wetteramtes Stuttgart
Der hohe Luftdruck bleibt weiterhin maßgebend für das Wetter Süddeutschlands. Dabei gelangt allmählich etwas kühlere Festlandluft in unseren Raum. Morgen vorwiegend heiter, trocken, Mittagstemperaturen zwischen 20 und 25 Grad. Nachts im allgemeinen nicht unter 5 Grad, in gefährdeten Lagen jedoch stellenweise leichter Bodenfrost.
Die Fraktionen melden Aenderungswünsche an
Schaffers Entwürfe zur Steuerreform vor der ersten
Von unserer Bonner Redaktion
Lesung im Bundestag
tarischer Kreise die Mehrheit des Bundestages den Vorschlägen Finanzministers Schäffers folgen.
Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme zu den Abänderungsvorschlägen des Bundesrates Schäffers Tarifvorschläge bestätigt und ist auch in allen anderen wesentlichen Punkten den Argumenten der Länderfinanzminister nicht gefolgt.
tikel 7c aussprechen. Nach Auffassung der SPD reichen die im Wohnungsbau-Prämiengesetz vorgesehenen Maßnahmen nicht aus, um den Wohnungsbau in ausreichendem Maße zu fördern. In der Frage des Bundesanteils an dem Einkommen- und Körperschaftsaufkommen der Länder wird nach Ansicht parlamen-
Nur unter drei Bedingungen
WASHINGTON. Vor dem Außenpolitischen Senatsausschuß hat der amerikanische Außenminister Dul- 1 e s erklärt, die Vereinigten Staaten seien bisher nicht um die Entsendung amerikanischer Truppen nach Indochina ersucht worden und die dortige Lage habe auch kein direktes amerikanisches Eingreifen gerechtfertigt
Dulles nannte nach Mitteilung von Ausschußmitgliedem drei Voraussetzungen, unter denen die Entsendung von Truppen möglich sei. Den drei assoziierten Staaten Indochinas müsse die zugesicherte Selbständigkeit gewährt werden, die Vereinten Nationen müßten eingeschaltet werden und die Zustimmung des Kongresses zum Kriegseintritt müsse vorliegen.
Delegation in Dien Bien Phu
HANOI Die französische Delegation für die Verhandlungen über den
Abtransport der Schwerverwundeten ist am Donnerstag von Luang Pra- bang nach Dien Bien Phu abgeflogen. Die französischen Luftstreitkräfte setzten auch am Donnerstag ihre rollenden Angriffe gegen die kommunistischen Stellungen im Delta des Roten Flusses fort.
Kein Bundesrecht
bg. KARLSRUHE- In einem gestern veröffentlichten Beschluß stellt das Bundesverfassungsgericht fest, daß das Besatzungsrecht, welches die Besatzungsmächte vor dem ersten Zusammentritt des Bundestages erlassen haben, nicht Bundesrecht geworden ist. Ferner hob das Bundesverfassungsgericht hervor, es seien ihm für die Prüfung deutschen Rechts auf seine Vereinbarkeit mit dem Be. satzungsrecht gesetzlich keine besonderen Zuständigkeiten zugewiesen. In den einzelnen Fällen könnten also die mit deD Fragen befaßten Gerichte selbst entscheiden.
Laniel will Krieg beenden
Noch eine Gnadenfrist für die französische Regierung?
Rentenanpassungsgesetz vorbereitet
Storch gibt am 21. Mai die Grundzüge bekannt
Von unserer Bonner Redaktion