DONNERSTAG, 13. MAI 1954

Wirtschaft. W e if ere Erleichterung des Auslandreiseverkehrs

Die neuen Devisenbestimmungen bringen wesentliche Lockerungen und Vereinfachungen

FRANKFURT (Main). Zur Erleichte­rung des Reiseverkehrs nach dem Aus­land wird Deviseninländern der Er­werb von Devisen, deren Mitnahme oder Überweisung in das Ausland so­wie ihre Verwendung zur Bestreitung der dort entstehenden Reisekosten und zum Erwerb von Gegenständen des persönlichen Gebrauchs allgemein ge­nehmigt.

Wie die Bank deutscher Lander mit­teilt, gilt diese Erleichterung für Ge­schäftsreisen, soweit die Devisen nach Art und Dauer der Reise benötigt wer­den. Für den Aufenthalt in Ländern, mit denen sich der Zahlungsverkehr in frei konvertierbarer Währung abwik- kelt, gilt diese allgemeine Genehmi­gung nur bis zum Gegenwert von 150 DM je Tag und für eine Reisedauer bis zu 45 Tagen. Die allgemeine Genehmi­gung gilt ferner für Dienstreisen bis Zur Höhe der in den Sonderbestim­mungen für Auslandsreisen zugelasse­nen Beträge, für Reisen mit dem Ziel der Auswanderung bis zu einem Ge­genwert von 1500 DM sowie für Privat­reisen nach Ländern, mit denen der Zahlungsverkehr der Bundesrepublik Über ein Zahlungsabkommen im Ver­rechnungswege abgewickelt wird. Bei Privatreisen darf je Person und Ka­lenderjahr ein Höchstbetrag im Gegen­wert von 1500 DM, bei Teilnahme an Gesellschaftsreisen ein weiterer Betrag lm Gegenwert von 200 DM je Teilneh­mer und Reise mitgenommen werden.

Im Reiseverkehr nach dem Ausland können Deviseninländer Luft- u. Schiffs­passagen gegen DM-Zahlung ohne An­rechnung auf die Spesensätze (Ge­schäftsreisen) und den Jahreshöchstbe­trag (Privatreisen) erwerben. Soweit Reisen ohne Inanspruchnahme des für Privatreisen festgesetzten Jahreshöchst­betrages durchgeführt werden sollen, zum Beispiel Reisen zu Studierzwek- ken, aus gesundheitlichen Gründen oder familiären Anlaß, sind Sondergeneh­migungen bei der obersten Landesbe­hörde für Wirtschaft zu beantragen.

Nicht verbrauchte ausländische Geld- sorten ausgenommen Dollar und Schweizer Franken können dem Rei­senden auf Antrag von der zuständigen Landeszentralbank belassen werden.

Der Reisende kann über diese Werte bei einer, späteren Reise verfügen. Die Verwendung für andere Zwecke ist nur mit besonderer Genehmigung der zu­ständigen Landeszentralbank zulässig.

Die Zukujnft der Verkehrstarife

BONN. Am Mittwoch traten in Bonn auf Einladung des Bundesverkehrs­ministers Sachverständige der Ver­kehrsträger und der verladenden Wirt­schaft zusammen, um über die zukünf­tige Gesetzgebung auf dem Gebiet der Verkehrstarife zu beraten. Im Mittel­punkt dieser voraussichtlich bis zum Herbst d. J. dauernden Diskussionen wifd dieKernfrage stehen,ob das gemein­wirtschaftliche Tarifsystem beibehalten oder durch Tarife auf Selbstkosten­basis ersetzt werden soll. In engem Zusammenhang damit steht die Frage

DM-Wechselkurse

Die folgenden DM-Wechselkurse sind tägliche Frankfurter Devisennotierungen (Geld): ausgedrückt in DM für je 100 Ein­heiten der aufgeführten ausländischen Währungen

11. 5. 12. 5.

USA-Dollar.419,5 419,5

Kanadischer Dollar . . 426,4 426,5

Schweiz. Franken (frei) 97,885 97,88

Schweiz. Franken (verr.) 95,90 95,90

Englisches Pfund . . . 1173,9 1173,5

Französischer Franken 1,1905 1,1904

Holländischer Gulden . 110,34 110,315

Belgischer Franken . . 8,338 8,335

Schwedische Krone . . 80,62 80,59

Dänische Krone . . . 60,385 60,365

Norwegische Krone . . 58,65 58,62

Basler DM-Notierung: Ankauf 100, Ver­kauf 103. 100 DM - 482,50 Ostmark, 100 Ostmark «= 22,96 Westmark.

der Betriebs- und Beförderungspflicht sowie des Tarifzwangs. Ferner stehen das künftige Tarifsystem und Tarif­schema zur Debatte. Auch soll unter­sucht werden ob die Güterverkehrs­tarife volkswirtschaftlich in einem an­gemessenen Verhältnis zum gesamten Preisniveau stehen. Ein wichtiger Punkt ist weiter das Verhältnis der Tarifreform zur europäischen Verkehrs­integration. Ziel der Sachverständigen­beratungen ist die Ausarbeitung eines Gutachtens, das dem Bundesverkehrs­minister als Grundlage für die vorzu­schlagenden Maßnahmen dienen soll.

Kleinwagen im Vormarsch HANNOVER. Der Generaldirektor des Volkswagenwerkes. Dr. Nordhoff, vertrat die Ansicht, daß der Kleinwa­gen eindeutig im Vormarsch sei. Diese Entwicklung zeige sich in ihren An­sätzen auch bereits in Amerika. Weiter erklärte er. das große Aktivum des deutschen Exportes sei die Qualität. Die deutsche Automobilindustrie dürfe sich nicht auf eine billige Massenferti- gigung abdrängen lassen, denn darin seien ihr andere Länder überlegen. Es sei das Bestreben des Volkswagen­werkes. fertige Automobile zu expor­tieren. Die Zollerleichterungen beim Export von Einzelteilen fielen nicht

ins Gewicht, da die im Vergleich zu einem fertigen Wagen wesentlich höhe­ren Verpackungskosten diese Vorteile übersteigen würden. Die Vorteile für das Importland, das seine eigenen Arbeiter beschäftigen wolle, seien mit 1020 Arbeitsstunden für den Zusam­menbau eines Volkswagens auch so ge­ring, daß die mit hohen Kosten ver­bundene Errichtung eines Montage­werkes mit kaufmännischen Gesichts­punkten nicht zu vereinbaren sei.

Fast 1,3 Milliarden DM Kredite

BONN. Die 105 privaten Teilzahlungs­banken in der Bundesrepublik gewähr­ten 1953 insgesamt 1,264 Milliarden DM Teilzahlungskredite, wie aus dem Jah­resbericht des Wirtschaftsverbandes Teil­zahlungsbanken hervorgeht. 29 Pro­zent dieses Betrages entfielen auf Kre­dite zur Beschaffung von Produktions­mitteln und Gebrauchsgütern mit aus­schließlich gewerblichem Verwendungs­zweck,' 71 Prozent auf Käufe sonstiger Verbrauchsgüter. Die durchschnittliche Laufzeit der Kredite hat sich gegenüber dem Vorjahr um zwei auf elf Monate längert. Einschließlich der Anzahlungen haben die privaten Teilzahlungsbanken im vergangenen Jahr Warenkäufe im Werte von gut 1,5 Milliarden DM finan­ziert.

s.° Qelährdet der Sport den Sonntag?

Württembergischer Landessportverband wehrt sich gegenDiffamierungen

Der württembergische Landessportbund stellt fest, daß im Entwurf des Gesetzes über die Sonntage und Feiertage vom 3. März 1954 der Sport als einzige Organi­sation genannt ist und damit offenbar als sonntagsgefährdend angesehen wird.

Der Verwaltungsausschuß des württem- bergischen Landessportbundes e. V. faßte zu diesem Gesetzentwurf eine Entschlie­ßung, in der es heißt:

Die Sportorganisation ist die größte, echt freiwillige Gemeinschaft in unserem Lande, sie bietet die Freizeitgestaltung, welche dem Menschen bei der Last und in der Hast der heutigen Tage übrig ge­blieben ist. In ihr sind Angehörige aller kirchlichen Richtungen einträchtig und un­terschiedslos vereint.

Die Tatsache, daß in dem Gesetzentwurf als einzige Personenvereinigung der Sport aufgeführt wird, empfinden wir als eine Diffamierung sowohl der aktiven sportlichen Betätigung, als auch der Tätig­keit der vielen tausend Helfer, welche sich in jeder freien Stunde, und so auch sonn­tags, freiwillig und ehrenamtlich im Sportbetrieb selbst wie auch in der Ver­waltung zum Wohle der Gesundheit unse­res Volkes zur Verfügung stellen und in vielen Fällen Aufgaben erfüllen, welche an sich Sache des Staates selbst sind.

Wenn der Gesetzentwurf in der derzei­tigen Fassung verabschiedet werden wür­de, träfe er vor allem die Jugend. Die Ju­gendarbeit würde lahmgelegt werden. Die staatspolitische Erziehung der Jugend, die mit dem Sportbetrieb untrennbar verbun­den ist, wäre gefährdet, wenn nicht un­möglich gemacht.

Der Sport wünscht keine Sonderrechte gegenüber anderen Organisationen, aber er wehrt sich dagegen und hält es für un­tragbar, daß Verbote erlassen werden, ö:e nur ihn betreffen und die Menschen, die sich ihm zu ihrer Freude und Entspannur.5 hingeben. Es erscheint deshalb unve- - stündlich, daß solche Verbote überhau p. in Erwägung gezogen werden.

Die Vertreter des Sportes geben der Hoffnung Ausdruck, daß es ihnen ermög­licht wird, im Verwaltungsausschuß des badisch-württembei-gischen Landtages und im Ausschuß Jugend und Sport mit Ihr,.: Bedenken gehört zu werden.

Das Schaufenster des Handwerks

Deutsche Handwerksmesse München, dieMesse des individuellen Bedarfs

tz. MÜNCHEN. DieMesse des individuellen Bedarfs will die Deutsche Handwerksmesse, die heuer zum sechstenmal in München stattfindet, sein. Das Handwerk will mit dieser großen, repäsentativen Schau beweisen, daß es nicht nur mit der Industrie konkurrieren, sondern gerade spezielle Wün­sche des einzelnen Verbrauchers weit besser erfüllen kann. In sechs Jah­ren wurde daher die Messe zu einer von europäischem Rang. Seit Wochen bereits war die 32 000 Quadratmeter große Ausstellungsfläche in neun Hal­len von 1300 Ausstellern ausverkauft, während im Vorjahr noch fünf Hallen mit 20 000 Quadratmetern genügten. Auch die ausländische Betei­ligung ist erheblich angewachsen.

Die Mode ist in diesem Jahr in München Trumpf. Das Mode- und Be­kleidungshandwerk, dem allein zwei große Hallen zur Verfügung stehen, wird mit Nachdruck in den Vorder­grund gestellt, weil München durch die kürzlich erfolgte Gründung des Deutschen Mode-Institutes zum Zen­trum des westdeutschen Modeschaffens geworden ist.

Ein bizzarrer, surrealistischerMode- Garten ist das Kernstück der Halle 4, in dem sich weibliche Einhörner, weibliche Torsi und stilisierte Tau­ben aus Papiermache um einen wei­ßen Gipsbaum tummeln. Die Figuren und der Baum sind kunstvoll mit auserlesenen französischen Stoffen dra­piert. Gleich daneben werden auf einemPerlon-Stand erstmals die Geheimnisse des Perlon ausgeplau­dert. Jeder 10 000. Besucher wird hier mit einer Perlon-Garnitur beschenkt.

Auf der Galerie desselben Saales fällt eine schlanke, schwarz-weiße surreali­stische Eva-Figur auf, beherrschend auf einer durch vier Drahtreifen symboli­sierten Erdkugel stehend, die mit hauchzarten Tüllfahnen garniert ist. Gleich daneben wird, auf 10 m hohe, harfenähnliche Gebilde drapiert,deut­sches Tuch gezeigt, während an einer Längswand sechs europäische Länder vor typischen Landschaftsbildern je ein für dieses Land typisches Modell zei­gen, das über eine Puppe aus Korbge­flecht gestülpt ist; Italien, Spanien, Schweden, Deutschland, Österreich, England, die Schweiz und Frankreich, das als erstes europäisches Mode­land in der Mitte durch ein weiteres Modell vertreten ist. Neben der Aus­stellungDer modische Schuh macht die Frau eines Münchner Redakteurs durchgehäkelten Schmuck von sich reden. Aus weißem Garn hat sie be­zaubernde Halskettchen und Ohrringe,

die wie Traumblüten aussehen, gehä­kelt und mit Draht verstärkt.

In der zweiten, der Mode gewidmeten Halle, führen täglich zweimal deutsche und ausländische Modeschöpfer ihre neuesten Kollektionen vor. Dior wird dazu kommen und der Spanier Vargas Cehagavia. Das Renommierstück aber wird Mr. Hartwell sein, Hofschneider seiner Majestät der Königin Elizabeth von England. Es ist ihm zugedacht, glanzvolle, repräsentative Roben zu zei­gen.

Empfangen aber wird der Besucher der Messe von der Bundesfachschau des westdeutschen M ö b e J - Handwerks, das zu beweisen sucht,daß wir nicht nur altmodische Barockmöbel bauen, son­dern durchaus gediegene und zeitnahe Möbel fabrizieren. Gerade bei der Ein­richtung einer Wohnung spielen indivi­duelle Gesichtspunkte eine weit grö­ßere Rolle als bei anderen Gebrauchs­gegenständen. Trotzdem läßt die Schau hypermoderne Möbelformen vermissen. Es gibt wohl dreieckige Stühle, Sitz­körbe und phantasievoll geschwungene Tischplatten, aber etwa einestromli­nienförmige Couch gibt es in München nicht zu sehen. Vor allem aber sind die Möbel farbiger als bisher; man scheut sich nicht mehr, etwa eine Tischplatte feuerrot oder eine Sitzgelegenheit him­melblau anzustreichen. Etwa 20 inein­ander übergehende Wohn-, Schlaf- und Arbeitsräume wollen zeigen, wie der individuelle Charakter eines Raumes durch die Möbel bestimmt ist, die darin stehen.

Gleichzeitig mit den deutschen stellen diesmal auch ausländische Schreiner in einer kleinen SchauModerne Möbel­formen des Auslandes ihre Erzeugnisse aus. Größere Gruppen kommen aus der Schweiz und Schweden, kleinere aus Dänemark, Holland und Finnland.

Das Zimmer- Handwerk läßt auf einem etwa 40 qm großen Balkon sechs untereinander in der Ausführung ver­schiedene gerade und eine geschwun­gene Treppe hinaufführen. Auf dem Balkon werden Dutzende verschiedener Brüstungen und Geländer, sowie zehn verschiedene Parkettböden gezeigt.

Sehr schöne Keramik-, Glas- und Korbwaren sowie moderne, unsymme­trische Holzschalen zeigt eine geschlos­sene Schau der Betriebe des nordost­bayerischen Grenzlandes, das trotz sei­ner Leistung wegen der ungünstigen Verkehrslage zu den deutschen Not­standsgebieten gehört.

Sechs ausländische Staaten, von den 13 beteiligten, sind in einer Halle mit geschlossenen Schauen vertreten: Ita­lien, am umfangreichsten vertreten, brachte Stoffpuppen, Keramik und Web­waren, die Iren kamen mit handgeweb­ten Stoffen, Frankreich mit modischen Kleinigkeiten für ein gemütliches Heim, Spanien zeigt die Erzeugnisse seines Töpferhandwerks, Jugoslawien einige Teppiche und Marokko orientalisches Allerlei.

Nicht im olympischen Programm 808 m und Fünfkampf der Frauan

Das Leichtathletik-Programm für dto olympischen Spiele 1956 in Melbourne stand am Dienstag auf der Tagesordnung der Sitzung des CIO-Exekutiv-Komitees mit den internationalen Sportverbänden ln Lausanne. Der Vorschlag des internationa­len Leichtathletikverbandes (IAAF), den 800-m-Lauf und den Fünfkampf für Frauen in das olympische Programm aufzuneh­men, fand bei den ClO-Vertretern wenig Verständnis, so daß beide Wettbewerbe in Melbourne kaum stattfinden werden. Da­gegen soll das bisherige Programm in der Leichtathletik nicht gekürzt werden.

Der internationale Ski-Verband (FIS) forderte einen 30-km-LangIauf für Män­ner und eine 15-km-Frauenstaffel für die Winterspiele in Cortina dAmpezzo. Die FIS drohte, diese Wettbewerbe als Welt­meisterschaften in unmittelbarer Nähe Cortinas auszutragen, wenn ihre Forde­rung abgelehnt würde.

Württembergs Boxer verloren

Eine württembergische Amateurbox­staffel verlor am Dienstagabend in Falcar- ragh (Westirland) gegen eine irische Aus­wahl. Die Begegnung sollte fünf Kämpf» umfassen, aber der Schwergewichtskampf wurde abgesagt, weil der Gegner für den Deutschen H. Eder nicht erschien. Im Ban­tamgewicht H. Amerein gegen B. Robert­son (I) stoppte der Schiedsrichter in der 3. Runde wegen einer Verletzung über dem rechten Auge von H. Amerein den Kampf ab. Leicht: H. Schichta verlor gegen Brown (I) nach Punkten. Weiter: H. Wohlers ver­lor gegen J. Mcguire (I) nach Punkten. Mittel: A. Rapp schlug L. Harlex (I), vom Schiedsrichter ebenfalls in der 3. Runde abgestoppt.

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Bei der Schach-Weltmeisterschaft ln Moskau gab in der 23. und vorletzten Par­tie der Titelverteidiger Botwinnik nach dem 28. Zug gegen den Herausforderer Smyslow auf, so daß beide Konkurrenten vor der letzten Partie je 11,5 Punkte aufzu­weisen haben. Die Entscheidung in diesem mehrwöchigen Turnier fällt also erst in der letzten Partie.

Eine sowjetische Eishockeymannschaft wird zu Beginn der neuen Saison am Wett­bewerb um den Samt- und Seidepokal ln Krefeld teilnehmen.

D-Zug-Mord wird rekonstruiert

Täter beschuldigen sic* gegenseitig / Dritter Mann leugnet

WÜRZBURG. Der Mord im Wien- Ostende-Expreß vom 17. November vo­rigen Jahres soll heute auf dem Bahn­hof Würzburgrekonstruiert werden. Die Belgierin Simone de Ridder war von den beiden Hauptangeklagten des Würzburger Schwurgerichtsprozesses, den Jugoslawen Stefan Matosic und Ivan Stefulj, kurz vor Kitzingen aus dem mit 80 km^st-Tempo dahinrasenden Zug geworfen worden. Sie starb kurze Zeit später im Krankenhaus.

Die Rekonstruktion des Mordfalles soll Aufschluß darüber geben, wie die beiden Täter, die sich gegenseitig den Hauptanteil zuschreiben, die Frau über­fielen. Matosic hat nur zugegeben, daß er es war, der die Frau aus dem Fen­ster warf,aber mit den Füßen zu­erst, um sie nicht zu töten. Sein Kom­plize habe sie aber als erster angegrif­fen. Dagegen sagte Stefulj, daß die Initiative von Matosic ausgegangen sei.

Die Rolle, die derHintermann Mirko Bodrusic spielte, ist noch nicht geklärt Er soll Matosic und Stefulj bei ihren Verbrecherplänen beraten haben, ba­stritt aber bisher mit dem Mord im D-Zug etwas zu tun zu haben.

Frau verübte Raubüberfall

HAMBURG. In einem Hamburger Pfandleihhaus wurde die 53 Jahre alte Inhaberin von einer 25jährigen Frau überfallen und mit einem Hammer niedergeschlagen. Auf die Hilferufe der Überfallenen drangen Straßenpas­santen in das von innen verschlossene Pfandleihhaus ein, ergriffen die Täte­rin und übergaben sie der Polizei.

Die deutsche Studienreisegesellschaft e. V. Nürnberg, veranstaltet vom 28. August bis 19. September eine zweite Studienreise für Druckereifachleute nach den USA.

Tradition oder neue Formen?

Probleme des III. Deutschen Studententages / Korporationen im Staat

16 000 Studenten und Studentinnen »ind zur Zeit an den Hochschulen und Akademien Münchens immatrikuliert. Nur ein kleiner Teil von ihnen hatte Zeit und Geld, an den Tagungen und Diskus­sionen des III. Deutschen Studententa­ges teilzunehmen. Mehr als 2000 Studen­ten waren aber aus Westdeutschland und Westberlin zu dieser repräsentati­ven Veranstaltung der deutschen Stu- üentenschaft erschienen. Der Bundes­präsident hatte die Tagung eröffnet und der Bundesinnenminister hatte als Ver­treter der Bundesregierung auf der Schlußkundgebung gesprochen. Dazwi­schen kam eine Reihe namhafter Refe­renten zu Wort, die dem Studententag durch ihre Ansprachen Form und Ge­sicht gaben.

Professor Romano Guardini sagte, echte Forschung frage nicht nach der Verwendbarkeit der Ergebnisse, die in unerbittlicher, methodischer Strenge als Wahrheit anerkannt werden. Man müsse zur Erkenntnis stehen auch unter Hint­ansetzung der eigenen Person. Das sei letztlich eine Charakterfrage. Die Uni­versität sei der Ort, jeneAskese zu entwickeln, die vor denVerführungen der Brauchbarkeit schütze. Der Publi­zist Walter Dirks gestand den Studenten v einzi ? es Priv üeg gegenüber anderen olksschichten die Chance zu, während nres Studiums die Freiheit zur Wahr- , eit zu nutzen, sich nicht mit den beste- flÜa en üiteressenkonstellationen abzu- .... en unc l sich aus der Verantwortung r das Ganze zur Kritik zu erziehen. Frolf j dens chaftliche Debatte über die hi» e - V er studentischen Korporationen, * S1 au * d ' e von Dirks gegebene vwc des studentischen Privilegs

gründete, bewies, daß man die Ausein- tei! rS ! bung um Formen, Ziele und et- mc- e ^ u . swüdlse des studentischen Ge­meinschaftslebens nicht leicht nahm.

Der Streit um Farbentragen und Men­surenschlagen trat in den Hintergrund. Die Korporationsgegner verlangten nicht mehr ein Verbot dieser Äußerlich­keiten, sie forderten die korporierten Studenten auf zur Mitarbeit am Auf­bau des Staates und der Gesellschaft. Überraschenderweise gaben die farben­tragenden Studenten zu, daß sich das Bekenntnis zum demokratischen Staat in ihren Reihen erst langsam entwickele und daß es für sie eine Aufgabe bedeu­te, an der Gestaltung der Demokratie mitzuwirken.

Vielleicht war das Münchener Ge­spräch ein Zeichen dafür, daß sich die traditionsgebundenen und -belasteten Korporationen wirklich um einen neuen Geist be'tnühen. Vielleicht werden mit diesem neuen Geist dann auch neue For­men gefunden. Der Bundesinnenmini­ster deutete diese Möglichkeit jedenfalls in seiner Schlußrede an.

Walter Dirks hatte bereits in seinem Referat von der Kritik als der Aufgabe des Studenten gesprochen. In den Ge­sprächen bekannte man sich zu der Auf­fassung, daß der Student nicht nur zur Selbstkritik sondern auch zur politischen Kritik aufgerufen sei. Professor Hork- heimer sagte:Die Vaterlandsliebe des Akademikers besteht darin, daß er sei­nem Volke die Wahrheit sagt.

Im Anschluß an den Studententag tra­fen sich die Mitglieder des Verbandes der deutschen Studentenschaften im Kloster Andechs Die Vorsitzenden aller Allgemeinen Studentenausschüsse nah­men als Vertreter der 123 000 westdeut­schen Studenten an dieser Mitglieder­versammlung teil. Die bestehenden Spannungen innerhalb der Studenten­schaft wurden bereits auf zwei Presse­konferenzen offenbar. Der Bundesvor­sitzende des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes erklärte, die politi­

schen Verbände würden alles daran set­zen, um eine Spaltung der Studenten­schaft in korporierte und nichtkorpo- rierte Studenten zu verhindern. Sollte es dennoch dazu kommen, so müsse man die Korporationen dafür verantwortlich machen. Diese dagegen wendeten ein, ihr zunehmendes Gewicht in den studen­tischen Ausschüssen sei auf demokra­tische Weise zustande gekommen. Es liege an der übrigen Studentenschaft, sich durch höhere Beteiligung an den Wahlen in allgemeinen Studentenaus­schüssen einen größeren Anteil zu sichern. Auf einer anderen Pressekon­ferenz haben die Vertreter der politi­schen Verbände erklärt, man werde, falls ein farbentragender Student zum ersten Vorsitzenden des Verbandes deutscher Studentenschaften gewählt werde, die entsprechenden Konsequen­zen ziehen. Den politischen Verbänden, die nach Auffassung der korporierten Studenten nur einen Bruchteil der Stu­dentenschaft repräsentierten, sprachen aber die Korporationen das Recht ab, sich zum Anwalt der nichtorganisierten Studenten zu machen.

Einheit herrschte nur bei den katho­lischen Verbindungen und Gemeinschaf­ten. Sie veranstalteten auch zum ersten Male einen Kommers, der die Angehö­rigen der farbentragenden und nicht­farbentragenden katholischen Verbin­dungen zusammenführte.

Kulturelle Nachrichten

In den Schulen" Baden-Württembergs wurde gestern des in Stuttgart gebo­renen Lyrikers Caesar Flaisch- len gedacht, der vor 90 Jahren in Stuttgart geboren wurde. Das erste Gedichtbändchen FlaischlensVom Ha- selnußroi erschien in schwäbischer Mundart. Flaischlen, der im Jahre 1920 starb, wurde auf dem Stuttgarter Prag­friedhof begraben. Seine 75 Jahre alte Witwe lebt in Berlin.

Die sommerlichen Theaterveranstal­tungen in dem Stuttgarter Höhenpark

Killesberg werden am kommenden Samstag mit einer Aufführung der AusstattungsrevueIm Weißen Rößl am Wolfgangsee von Ralph Benatzky eröffnet. Die Auffüh­rungen werden dann jeweils samstags um 20 und sonntags um 16 und 20 Uhr wiederholt.

Die Staatliche Akademie der bilden­den Künste in Stuttgart eröffnet am Samstag eine Ausstellung mit Schülerarbeiten aus sämt­lichen Klassen. Die Ausstellung wird vom 15. bis 31. Mai in den Räu­men der Akademie, Am Weißenhof, ge­zeigt.

Der zweite Band derN e u e n Großen Völkerkunde von Prof. Dr. Hugo Bernatzik, der die Erd­teile Asien und Australien behandelt, ist erschienen. Der neue Band gibt in seinem Textteil und in seinem außer­ordentlich umfangreichen Bildteil ein prägnantes Bild der Naturvölker Asiens und Australiens (Verlag Herkul, Frank­furt).

Das Stuttgarter Kunstkabinett Kette- rer stellt zur Zeit im Kunstgebäude am Schloßplatz dieendgültige Manuskript­fassung (von 1858) des weltbekannten KinderbuchesStruwwelpeter von dem Frankfurter Arzt Heinrich Hoffmann aus. Das Manuskript wird auf der diesjährigen Kunstauktion Ketterers vom 18. bis 20. Mai angebo- ten werden.

Zum neuenVorsitzendender Deutschen Sc h i 11ergese 11 Schaft Ist der Direktor der Landes­bibliothek Stuttgart, Dr. Wilhelm Hoff­mann, gewählt worden. Der bisherige Vorsitzende, Prof. Dr. Ackerknecht, der sein Amt altershalber am 1. April nie­dergelegt hat, ist zum Ehrenmitglied der Deutschen Schillergesellschaft ernannt worden. Zweiter Vorsitzender der Deut sehen Schillergesellschaft wurde Zei­tungsverleger Joseph Eberle.

Dies unversitatis

Auch in diesem Semester wird der Senat der Universität Tübingen an der Einrichtung desdies universitatis festhalten. An den dazu bestimmten Tagen soll im Zusammenwirken ver­schiedener Fakultäten oder Disziplinen die Forschungsarbeit der Universität allen Studierenden sowie den Freunden der Universität und der Öffentlichkeit dargestellt werden.

Am Freitag, dem 21. Mai, werden nach der Immatrikulationsfeier am Vormit­tag in der Neuen Aula Prof. Dr. Wer­ner Braunbeck überDie Bedeutung der modernen Atomkern-Forschung" (Auditorium maximum, 17 Uhr c. t.) und Prof. Dr. Hans Schneider überFünf Jahre Grundgesetz (Auditorium maxi­mum, 20 Uhr c. t.) sprechen. Während der Immatrikulationsfeier spricht Prof. Dr. Eduard Spranger überStudium und Lebensführung.

DerDies universitatis ist nicht zu verwechseln mit demDies academi- cus (stets der Donnerstag), der mit sei­nen Vorlesungen für Studierende aller Fakultäten dem Gedanken derUni­versitas literarum dienen soll.

50 Jahre Piper-Verlag

Der Verlag R. Piper & Co.. München, besteht am 19. Mai 50 Jahre. 1904 hatte ihn der aus dem mecklenburgischen stammende, im vergangenen Oktober gestorbene Reinhard Pipermit gro­ßen Hoffnungen, aber geringen Mit­teln gegründet. Der umfangreiche Verlagskatalog Pipers enthält Namen wie Dostojewski Schopenhauer, Jas­pers, Morgenstern und Spoerl. Die we­sentlichen Epochen und Gestalten der Geistes- und Kulturgeschichte vom Klassischen Altertum bis zur deutschen Romantik und zur Blütezeit Amerikas erstanden in groß angelegten Büchern von Joseph Gregor. Richard Benz, Hausenstein und Van Wyck Brooks. Intensive Pflege erfuhr bei Piper vor allem die Dichtung.

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